Kleinkind-Geschwister schlagen und beißen ununterbrochen

Ich bin leider mit meinem Latein am Ende und ehrlicherweise auch sehr verzweifelt. Die aktuelle Situation bringt mich sehr an meine Grenzen und zum Leidwesen meiner Kinder auch darüber hinaus.
Die beiden sind gerade 3 und 16 Monate und beißen, hauen und schubsen in jeder freien Minute was ich wirklich so meine. Ich kann sie nicht eine Minute allein ums Eck lassen um zur Toilette zu gehen geschweige denn eine Kleinigkeit zu essen zuzubereiten ohne dass sie sich direkt wieder verletzen. Bei Geburt des Jüngsten sind wir bewusst sehr behutsam an die neue Konstellation herangegangen, haben seine große Schwester in die Babypflege mit einbezogen, sie bestärkt in der neuen Rolle als “große Schwester” und sehr viel Alleinzeit mit Mama und Papa ermöglicht. Immer mit dem Gedanken dass keine Eifersucht aufkommt. Dennoch hat sie von Anfang a das Baby gepiesackt und ab und an auch geschlagen/gezwickt. Wir mussten immer dabei sein, ohne Ausnahmen.
Aktuell wird es jedoch immer schlimmer. Der Kleine wird umgeschubst und seit neuestem auch zu jeder Gelegenheit gebissen obwohl sie das seit sicher einem Jahr nicht mehr getan hat (war eine Zeit lang in der Kita ein Thema). Anlass ist beispielsweise wenn er ihr etwas wegnimmt, was im Spiel natürlich sehr oft vorkommt. Oft nimmt sie ihm aber auch Dinge ab und heißt dabei. Er wehrt sich mittlerweile auch und schlägt mit Vorliebe zu. Das tut er auch wenn er etwas von ihr möchte, sprechen kann er ja noch nicht.
Wir haben es bereits mit verschiedenen Reaktionen versucht: vorrangig die Methode ruhig bleiben, allem nicht Zuviel Beachtung schenken und in ruhigem Tonfall deutlich machen dass wir das Verhalten nicht dulden. Verletztendes Kind aus dem Raum nehmen (was nur geht wenn wir zu zweit sind weil ich kein Kind allein lassen will mit seinen Emotionen). Aber auch laut werden. In letzter Zeit brodeln meine Gefühle für meinen Geschmack viel zu viel über und ich schaffe es nicht mehr ruhig zu bleiben weil die beiden keine 5min Zeit zusammen verbringen können. Teils treffen sie im Hausflur aufeinander und s geht schon los. Gebissen und gehauen wird auch ohne Scham wenn ich direkt dabei sitze und mit ihnen zusammen spiele. Es ist nicht möglich die beiden permanent auseinander zu halten weil ich sie am Nachmittag allein betreue. Langsam weiß ich nicht mehr weiter, ich bin wirklich am Ende. Kein schöner Ausflug, kein entspannter Morgen am Wochenende, nichts verläuft ohne Probleme.
Wir geben uns als Mama und Papa wirklich immens Mühe auf die Bedürfnisse von beiden zu achten aber ich habe zunehmend das Gefühl dass nichts gut genug ist.
Wichtig ist zu erwähnen dass die beiden seit kurzem auch beide in die Krippe gehen. In verschiedenen Gruppen aber sie begegnete sich viel in der Einrichtung. Dort gibt es keine Probleme, ganz im Gegenteil: unsere Große gilt als besonders fürsorglich. Der Kleine hingegen hat eher einen Ruf als Rambo und geht auch mit anderen Kindern recht wild um, was aber sicher auch am Alter liegt. Dennoch bestärkt mich das natürlich in dem Gedanken dass wir irgendwas falsch machen als Eltern.
Kennt jemand solche Geschwistersituationen und/oder hat eine Idee?

Bearbeitet von Purpur
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Ganz ehrlich, wenn das bei uns so extrem wäre, würde ich das Wohnzimmer mit einem Absperrgitter in zwei Teile teilen und jedem Kind eine getrennte kleine Spielecke einrichten. Und wenn sie sich schlagen oder dergleichen, kommt jeder auf seine Seite und das Gitter bleibt zu. Klar werden die Kinder das erst nicht so toll finden, aber eindeutig brauchen sie Sicherheit voreinander, um überhaupt mal entspannen zu können. Bei so viel Streit sind die Kinder ja auch dauer-angespannt. Das ist keine gute Basis, um eine Verbesserung zu bewirken. Da muss erstmal Ruhe reinkommen.

Wenn meine Kinder Streit hatten, nehme ich übrigens das verletzte Kind auf den Schoß und tröste und schütze es vor eventuellen weiteren Angriffen, während ich gleichzeitig verbal auch mit dem anderen Kind in Kontakt bleibe.

Bearbeitet von Inaktiv
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Danke dir für deine Gedanken. Das ist natürlich eine rabiate Idee aber Trennung ist bei den beiden ganz oft wirklich unumgänglich. Sie ist in einem Alter in dem sie schon gern mal allein in ihrem Zimmer spielt, die Möglichkeit zum Rückzug hat sie ja. Aber Mama soll halt auch dabei sein… ich denke fast wenn wir das Wohnzimmer zweiteilen gibt es Streit darüber auf welcher Seite Mama nun sein soll 🙈

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Naja ich finde es zwar auch hart, aber ich würde dann auf der Seite desjenigen bleiben, der nicht geschlagen hat. Solange keiner haut, können ja alle sich an der gleichen Stelle aufhalten.

Meine Kinder streiten erstaunlich wenig, aber wir haben auch, als es phasenweise zu Konflikten kam, für das ältere Kind einen Bereich im Wohnzimmer abgetrennt um eine (meist freiwillige) Trennung zu ermöglichen. Denn gerade in Konfliktsituationen oder wenn die Kinder nicht gut drauf sind, will ja kein Kind alleine in ein anderes Zimmer gehen, obwohl sie eigentlich Pause voneinander brauchen.

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Nimmst du denn in den letzten 16 Monaten tatsächlich keine Unterschiede war? Bei uns lief es immer in Etappen. Immer wenn unsere Kleinere sich eine neue Fähigkeit angeeignet hat und sich damit plötzlich mehr Raum eroberte, wurde es für unser großes Kind schwierig. Es gab mehr Streit und mehr Körperlichkeiten.
1 1/2 zu 3 war auch bei uns eine herausfordernde Entwicklungsphase. Gut begleiten, Alleinemomente ermöglichen, niemanden beschuldigen, lieber das weinende Kind trösten, als mit dem anderen zu schimpfen, auch davon verabschieden, etwas über Kinderversorgung hinaus zu schaffen und tief in den Bauch atmen. Seit unser kleines Kind über zwei ist, ist die Geschwisterbeziehung wirklich zauberhaft

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Einen Unterschied nehme ich insofern wahr als dass nicht nur die Große den Kleinen ärgert sondern dass es natürlich nun auch zunehmend anders herum der Fall ist. Er versteht und kann nun eben viel mehr und ist daher einfach ebenfalls offensiver (wobei ich ganz stark merke dass es viele Impulse sind bei ihm, weniger zielgerichtet).
Ich hoffe auch schlichtweg dass die Zeit für uns arbeitet was dieses Thema angeht… Wir sind beide sehr sehr bemüht das Thema gut zu begleiten, ich habe sehr viel Angst, dass die Situation zwischen den beiden die spätere Geschwisterbeziehung belasten könnte. Ich tröste auch IMMER zuerst und artikuliere mit etwas Abstand dem anderen Kind was hier gerade falsch lief. Aber ich gebe auch zu dass es mir aktuell sehr schwer fällt immer ruhig zu bleiben, es ist einfach echt belastend. Da tut es gut zu hören, dass diese Phase auch irgendwann ein Ende haben wird… Danke dir!

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Oje, das hört sich verzwickt an.
Ich würde als erstes Spielsachen nach Kindern in eigene getrennte Bereiche sortieren und mit einem Symbol für jedes Kind (z.B. Schmetterlingsticker und Ballsticker) kennzeichnen.
Ebenso sollte es fixe mit Symbol gekennzeichnete Zahnputzbecher, Zahnbürsten, Essensstühle, Besteck, etc. geben.
Dann hat jedes Kind seines und da fällt schon mal Konfliktpotential raus.
Natürlich kann man nicht alles Spielzeug nach Kind aufteilen, das würde ich dann als Gemeinschaftsspielzeug kennzeichnen.
Z.B. eine Puppenküche.
Bei Streit kann dann drum gewürfelt werden, wer zuerst spielen darf. Es wird eine Eieruhr gestellt und nach der abgelaufenen Zeit ist das andere Kind dran.
Oberste Regel wäre bei mir: keine Gewalt. Auch keine Gegengewalt und wer haut, muss vielleicht eine kurze Auszeit machen und sich 2-3 min auf einen Stuhl setzen.
Danach die Situation gemeinsam durch besprechen und schauen, wie man es das nächste Mal besser machen kann.
Es gibt auch ganz gute Bücher zu dem Thema Wut.
Das mit beiden Kindern, auch dem Kleinen lesen und dann zusammen immer und immer wieder üben.
Z.B. „was machen wir, wenn wir ganz zornig werden, weil jemand ein Spielzeug nicht teilen will? Oder uns sogar etwas wegnimmt? sollen wir dann hauen? Nein, wir stampfen die Wut ganz fest in den Boden.“
Und dann gleich Lösungswege aufzeigen, wie sie handeln sollen, wenn so eine Situation auftritt.

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Haben die Kinder (vor allem das Ältere) Möglichkeiten, allein in Ruhe zu spielen?

Wir hatten hier bei gleichem Altersabstand und Alter ein ähnliches Problem. Irgendwann fiel mir auf, dass einem der Große eigentlich echt leid tun konnte: Egal womit er spielte oder was er sich aufbaute, das Kleine Geschwisterchen kam, zerstörte die eben mühsam aufgebaute Autoschlange oder funkte dazwischen. Allein im Kinderzimmer spielen war aber auch keine Option, denn er war mit seinen drei Jahren nun mal auch noch klein und wollte in meiner Nähe sein.

Unser Gamechanger war, dass wir ein großes Kaminschutzgitter besorgt haben. Damit habe ich getrennte Spielbereiche im Wohnzimmer geschaffen. Man konnte ihm förmlich ansehen, wie dankbar und erleichtert er war und danach knallte es natürlich trotzdem noch oft, aber längst nicht mehr so extrem.

Ein tolles Buch zu dem Thema ist auch "Willi und sein Wüterich". Eigentlich für Kinder geschrieben, aber das hat mir in manchen Punkten echt die Augen geöffnet.

Und ein weiterer Punkt der uns sehr weiter geholfen hat: jedes Kind füllt seinen "Liebestank" anders auf. Ich habe lang versucht, z.b. gleich viel Exklusivzeit mit jedem Kind zu verbringen, und trotzdem klebten sie beide an mir, buhlten um meine Aufmerksamkeit und ich hatte das Gefühl, egal wie viel ich gebe es ist irgendwie nie genug. Durch eine Familienberatung kamen wir dann darauf, dass es nicht unbedingt darum geht, dass jedes Kind immer gleich viel Zeit, Aufmerksamkeit usw. bekommt. Meine Tochter ist eine Kuschelmaus; ihr reichen oft ein paar Minuten ausgiebiges Kuscheln, lesen und gemeinsam Musik-hören, bis der Mama-Tank wieder voll ist und sie sich wieder gut allein beschäftigen kann. Mein Sohn mag das auch, aber viel wichtiger ist ihm Anerkennung; z.B. in dem man irgendein Lego-Bauwerk besonders würdigt und sich erklären lässt oder seine Unterstützung bei einer Aufgabe braucht, die man allein natürlich nieeee schaffen würde. Schau mal nach "Die 5 Sprachen der Liebe" von Gary Chapman

Und auch wenn das aktuell ein schwacher Trost ist: Es wird besser! Meine beiden Großen sind jetzt 4 und 2,5 und können sich zwar nach wie vor extrem fetzen, aber auch wirklich toll miteinander spielen

Bearbeitet von Maximama90
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Meine Kinder sind zwar etwas jünger. Genau 1 und 2 Jahre und mir ist aufgefallen dass sie gar nicht streiten wenn sie alleine im Zimmer sind. Sobald ich dabei bin nehmen sie sich gegenseitig alles weg. Die Große schubst den Kleinen um usw. Hast du mal versucht die beiden alleine zu lassen? Das funktioniert hier auch mal für 1/2 Stunde.
Sonst finde ich es wichtig die Geschwisterliebe aktiv zu fördern. Vor den Kindern nie schlecht über deren Geschwisterbindung zu sprechen. Eher darüber sprechen was sie gerne gemeinsam machen.
Und die große Ermutigen dem kleinen Geschwisterchen Dinge beizubringen, so dass sie sich gemeinsam beschäftigen und Spaß daran haben. Ich habe meine große immer wieder aufgefordert ihrem Bruder zu erklären welches Tier welches Geräusch macht, jetzt macht sie das schon von selbst mit einem Bich und sie haben richtig Spaß dabei.

Bearbeitet von K1lug
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Hi Purpur, was für ein gutes Thema! Ich habe mir alle Antworten durchgelesen und einiges davon für mich mitgenommen, denn wir haben eine ähnliche Situation. Der Große ist 2,5 die Kleine ist 1,5. Ich setze auf eine Art "ausharren". Also schlichten, trösten, erklären, trennen, abwarten... wiealle Phasen wird auch diese mega ätzende Phase vorbeigehen.
Etwas wollte ich aber noch erwähnen (auch wenn es aktuell verpönt ist), ganz fiese Sachen, die wirklich zielgerichtet darauf absehen dem anderen Schmerzen zuzufügen werden hier rigoros bestraft. Die Strafe heißt Auszeit alleine und ist die letzte Eskalationsstufe. Allerdings wirkt es vor allem beim Großen für Tage Wunder. Meist reicht es danach nur noch zu sagen "wenn ich noch mal sehe dass du deine Schwester haust/trittst/beißt, gibt es eine Auszeit".