Kind ja oder nein / Psyche / Ausbildung / Umschulung Problematik (sehr lang)

Hallo, ich brauche mal eure Hilfe und ein paar Gedanken von außerhalb zu meiner Situation. (Achtung: sehr lang)

Mein Mann und ich haben bereits eine 2 jährige Tochter - ein absolutes Wunschkind. Nun bin ich aktuell in der 5. Woche durch eine Verhütungspanne schwanger und bin hin und hergerissen was ich tun soll.

Zu mir:
Ich bin 32 Jahre, habe in meiner Jugend und den 20ern mit schweren psychischen Problemen zu kämpfen gehabt. Musste damals Anfang 20 meine Ausbildung abbrechen und ich stand kurz davor Erwerbsminderungsrente zu bekommen.. Durch Therapie und Reha habe ich nach einigen Jahren zurück ins Leben gefunden. Ich konnte über mehrere Jahre ungelernt einen Job annehmen und dann kam unser Wunschkind. Mir wurde ausserdem eine Schwerbehinderung von 50 GdB zugesprochen.

Bedingt durch Umzug nach Geburt, musste ich meinen über 5 Jahre ausgeübten Job zum Ende der Elternzeit aufgeben und habe während der Elternzeit einen Minijob gehabt. Nun beziehe ich seit ein paar Monaten AlG1 - eigentlich war nun der Plan durch die Arbeitsagentur eine Umschulung anzufangen für nächstes Jahr bzw. ich habe mich auch eigenständig auf zu mir passende Berufe für eine Ausbildung beworben und einige Verfahren davon sind noch am laufen.

Durch die Schwangerschaft jetzt wird alles durcheinander geworfen und ich weiß nicht wo mir der Kopf steht...

Sofern ich regulär einen Ausbildungsplatz finde, würde ich den auch schwanger unterschreiben, dann wäre zumindest die Ausbildung 1 Jahr nach Geburt sicher...

Ja nur was wenn nicht? Eine Umschulung brauche ich mit Schwangerschaft gar nicht starten, denn die würde mit Beginn des Mutterschutz (und dadurch Abmeldung Alg1) automatisch beendet werden...

Hinzu kommt:
Ich hab bei der damaligen Geburt ein Trauma erlitten, bin nach der Geburt innerlich unbemerkt verblutet und hatte 24 Stunden später knapp 1 1/2 Liter Blut in meinem Bauchraum schwimmen, bis ich mal ernst genommen wurde von den Ärzten und dann ging alles ganz schnell. Habe das ganze wohl nur knapp überlebt, aber nie wirklich realisiert, auch die Zeit danach war echt schwer - ich sah meine Tochter lange nicht - war wie ein Cyborg verkabelt und war gedanklich absolut gar nicht bei Geburt & Kind. Es hat wirklich lange gebraucht, bis ich mein Kind "lieben" konnte. Das Wochenbett war ebenfalls von Depressionen begleitet und es war alles andere als schön. Nebenbei musste ich mich auch von der Not OP erholen und "Blut" bilden. Bekam zwar mehrere Transfusionen, allerdings nur bis Punkt X, da ich jung war, sollte den Rest mein Körper machen...

Durch die Schwangerschaft jetzt bin ich extrem getriggert und ich bin schon am überlegen mich daher wegen der Psyche krankschreiben zu lassen und mir vorallem für mein Trauma endlich Hilfe zu suchen. Im Alltag habe ich es oft beiseite geschoben, in Situationen wie Krankenhaus Aufenthalte da kam jedoch meine Angst / Panik schon alleine, wenn ich OP ähnliche Räume gesehen habe...

Ich habe in Erfahrung gebracht, das wenn ich ins Krankengeld rutsche, sich mein Anspruch auf AlG 1 pausiert, was gut wäre, so hätte ich nach der Geburt die Möglichkeit nach Tag X bzw. sobald es passt meinen Restanspruch Alg1 gültig zu machen und dann in Ruhe in die Umschulung zu starten....

Ist das moralisch verwerflich, so auf das Krankengeld zu setzen? Ich habe ja einen triftigen Grund mich "rausnehmen" zu lassen.. Oder?
Das ich durch den Krankengeld Bezug kaum Elterngeld habe ist mir egal - ich liege so oder so beim Mindestsatz und habe nichts zu verlieren. Mir ist die Möglichkeit eine (gut bezahlte) Umschulung zu machen im Nachhinein wichtiger, da ich ja auch nicht jünger werde... und meine psychischen Probleme bestehen ja leider auch wenn ich es lange gut verdrängt habe... Trotzdem bin ich für meine 2 jährige eine gute Mama, ich manage hier zuhause alles und eigentlich fehlt es uns an nichts. Depressionen waren so lange kein Thema mehr, da ich mittlerweile ein gefestigtes mindset und einen Plan habe / hatte... Aber wie gesagt ehrlich sein muss, dass ich alles rund um die Geburt verdrängt habe. Ich musste ja auch stark sein für unsere Tochter... und auch für mich selbst, denn in den Zustand von damals wollte ich nie wieder kommen.

Mein Mann ist leider auch seit längerer Zeit psychisch nicht auf der Höhe, bei ihm steht neben der psyche auch long covid im Raum. Ihm wird zum Glück im Januar durch eine Reha geholfen und ich hoffe das es ihm besser geht danach.

Die Schwangerschsft ist gerade absolut ungünstig und ich bin mir unsicher ob wir es bekommen sollen, oder nicht. Mein Mann steht mir zur Seite, egal wie die Entscheidung ausfällt.

Was würdet ihr mir raten?

Danke fürs Lesen. Bitte keine Vorwürfe, das kann ich nun wirklich nicht gebrauchen.

Liebe Grüße
Unsicher - was tun

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Meine ehrliche Meinung: Ihr solltet beide zuerst einmal gesund werden, im Job ankommen und dann erst über ein zweites Kind nachdenken. Ihr habt beide riesige Baustellen, die nicht kleiner, sondern eher täglich größer werden.

Ich bin so alt wie du und würde jetzt erst einmal sehen, dass ich mein Leben und das meiner Familie ordne.

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Tatsächlich würde im Job ankommen eine Mindestzeit von 3 Jahren bedeuten. Natürlich wäre das rein finanziell der logische und vermutlich auch richtige Schritt.
Auf der anderen Seite, sollten wir uns dann nochmal für ein Kind entscheiden, falle ich dann schon altersbedingt fast bzw. ziemlich sicher in eine Risiko Schwangerschaft, auch wollte ich "so spät" eigentlich nicht nochmal Mama werden und noch ist alles für ein Baby "vorhanden". Ob man dann nochmal die Nerven hat in ein paar Jahren von vorne anzufangen, wenn die Große quasi schon in die Schule geht, ist auch nochmal die Frage.

Trotzdem kann ich alles was du schreibst nachvollziehen, eben weil es logisch gesehen das richtige wäre..

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Du darfst aber nicht nur sehen, dass man irgendwann zu alt ist um Kinder zu bekommen, sondern irgendwann ist man auch für Arbeitgeber unattraktiv, wenn man mit Mitte 30 noch keine Ausbildung hat, krank ist und zwei Kleinkinder Zuhause hat.

Kinder können toll sein, aber bei der Planung sollte man die Rosarote Brille abziehen und realistisch denken.

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Hallo du, in deiner Haut möchte ich nicht stecken und würde unter den Voraussetzungen kein Kind bekommen wollen. Wäre es nicht besser alle Baustellen, ob nun gesundheitlich oder beruflich, in den Griff zu kriegen und dann gegebenenfalls über ein zweites Kind nachzudenken? Ich lese aus deinem Text auch kein Einziges Argument für ein zweites Kind bzw. überhaupt einen Kinderwunsch heraus. Ich denke ihr würdet das momentan alle nicht verkraften. LG

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Hallo und erstmal vielen Dank für deine Antwort!
Auch wenn es aus dem Text nicht hervorging, besteht schon in gewisser Hinsicht ein Kinderwunsch. Ich wollte immer gerne 2 haben, der Abstand zwischen den beiden wäre auch echt schön. Ich hab es zwar nicht konkret geschrieben, aber wenn die Situation so klar wäre, bräuchte ich keinen Rat. Ich finde es hat beides seine Vorteile und Nachteile. So muss ich mit dem Abbruch leben lernen, oder mir weiter den Kopf zerbrechen wie es beruflich weitergeht, sollten wir das Kind doch behalten. Beides übersteigt meine jetzigen Kapazitäten und ich würde die Entscheidung am liebsten gar nicht treffen wollen, aber muss am Ende eine Lösung finden.

Liebe Grüße
Unsicher - was tun

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Hallo

Du bist 32 und hast noch keine Ausbildung. Jetzt hättest Du eine Chance für eine Umschulung.
Wenn Du eine Schwerbehinderung von 50 hast, bekommst Du dann eine halbe Rente?

Kann es sein, dass Dein Mann psychisch nicht arbeitsfähig wird? Wie lange dauert denn seine Reha? In der Zeit wirst Du alleine sein.

Falls Du möchtest, vereinbare doch mal einen Beratungstermin z. B. bei Pro Familia.

Freundliche Grüsse

tm

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Hallo,
auch danke für deine Antwort,
nein ich bekomme keine Rente aufgrund der Schwerbehinderung. Ich bin grundsätzlich beruflich normal einsetzbar.

Das ist mir bewusst, dass ich in der Zeit alleine bin. Die Reha ist für 5 Wochen angesetzt kann aber ggf verlängert werden. Er bezieht derzeit Krankengeld, er wird aber absehbar wieder arbeitsfähig sein.

Danke für den Tipp mit dem Beratungstermin, den werde ich wohl auf jeden Fall vereinbaren. Vielleicht kann man da auch nochmal alle Möglichkeiten durchgehen.

Auch werde ich nochmal ein intensives Gespräch mit meinem Mann führen, ob wir uns das wirklich zutrauen.

Liebe Grüße
Unsicher - was tun

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Warum sollte man eine halbe Rente bekommen?
Man kann eher ohne Abzüge in Rente gehen.

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Hallo

Auch ich empfehle dir eine professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Es gibt ja in deiner Situation viele "Formalien" zu berücksichtigen, da macht es Sinn mit jemandem zu sprechen, der sich richtig gut auskennt. Dazu kommt dann noch die gesundheitliche und psychische Komponente sowohl bei dir als auch bei deinem Mann. Was sagt er denn eigentlich zu deiner Schwangerschaft?

Als Außenstehende ist schnell gesagt "ich empfehle dies oder das" - man muss ja nicht mit den Konsequenzen leben. Schreib dir doch deine Argumente für und gegen ein zweites Kind zum jetzigen Zeitpunkt mal auf und geh die Liste dann mit einem Profi zusammen durch.

Ist dein Mann denn gesundheitlich auf einem guten Weg oder besteht die Gefahr, dass er arbeitsunfähig wird? Dann wäre es natürlich wichtig, dass du möglichst gut ausgebildet bist und mehr zum Familieneinkommen beitragen kannst.

Einfach ist die Entscheidung wirklich nicht. Ein Abbruch ist nichts schönes aber auch nichts, wofür du dich schämen müsstest in deiner Situation. Herz oder Kopf - ich wünsche dir, dass du zu der Entscheidung kommst mit der ihr, du und deine Familie, am besten leben könnt.

Alles Liebe für dich!

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Woe bist du denn im Moment versichert?

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Wie meinst du das? Ich schrieb doch ich beziehe aktuell AlG 1 und darüber bin ich versichert.

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Dan wird dein Kg aber sehr niedrig sein.
Bedenke, das du beides nachversteuern musst.

Ihr solltet sowohl eure gesundheitlichen und eure finanzielle Situation erstmal ordnen.

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Ich bin ein zweites Kind nach so einer ersten Geburt für meine Mutter.
Also, ein post trauma Kind.
Es war immer bisschen eine Gänsehautgeschichte, dass sie fast gestorben wäre bei der Geburt meines Bruders. Und dass es mich doch gibt.

Du hast einen Plan und ich finde den nicht verwerflich.
Eigentlich zwei Pläne. Entweder das mit dem Ausbildungplatz wird noch was oder das mit der Krankschreibung und dann Umschulung und alles in Ruhe angehen.
Für einen Menschen lohnt sich das.
Verwerflich wäre vielleicht, darüber hinwegzugehen und dir nicht zukommen zu lassen, was du brauchst, um es zu schaffen.
Gesellschaftlich gesehen bringst du ja einen Steuerzahler zur Welt.

Die Aussicht, dass dein Mann jetzt bald die Reha machen kann, ist gut.
Um die Geburt aufzuarbeiten. Hast du schon an eine (oder deine) Hebamme gedacht.
Als erster Schritt. Es ist oft so, dass mit der zweiten Schwangerschaft erst alles wieder "hochkommt". Und dann ist auch die Zeit dafür gut.

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Ich danke dir wirklich für deine Worte. Auch wenn ich die Worte der anderen nachvollziehen kann, so muss ich sagen, dass du mir wirklich Mut machst.

Ja ich habe einen Plan, der ist vielleicht nicht Bilderbuch, aber zugegeben - mein Leben ist es auch bisher nicht gewesen. Für viele mag mit 35 eine Umschulung / Ausbildung spät sein und ich wünschte ich hätte das alles mit 25 schon fertig gehabt, aber so lief es nunmal nicht.

Ich möchte für mein Kind(er) ein gutes Vorbild sein, darum werde ich auch um die Ausbildung kämpfen.

Ja ich habe bereits eine Hebamme und habe morgen meinen ersten Besuch von ihr und werde auch da fragen, was sie mir da vielleicht für Hilfen empfehlen kann.

Zudem habe ich noch meine beste Freundin, die mir gerade sehr zur Seite steht und mir hilft mich zu sortieren.

Ich werde die Tage zu meinem Hausarzt gehen und alles mit ihm besprechen. Ich hoffe auch das ich schnell (auch wenn unwahrscheinlich) einen Therapieplatz bekomme.

Ich möchte schon das Kind haben und es macht mir Mut deine Geschichte zu lesen. Am Ende findet man immer eine Lösung.

Danke fürs Mut machen, das habe ich gerade wirklich gebraucht.

Liebe Grüße
Unsicher - was tun

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Gerne.
Ich freu mich, dass mein Beitrag dich ermutigt hat. Du willst ja dein Kind bzw. auf jeden Fall ein zweites. Und das wäre auch ein Zeitfaktor und ungewiss, ob es später besser ist oder überhaupt nochmal zu einer Schwangerschaft kommt.

Hebamme und Hausarzt - das ist gut.
Es gibt so viele Bilderbücher.
Schön ist, wenn es gut ausgeht! Und es kommt auch auf die Farben an, mit denen du malst!
Du hast auf deinem Weg sicher viel mitbekommen und weißt mehr als ein durchschnittlicher Mensch, wie man sich selbst lenken kann, auch wenn es schwer ist oder schwer aussieht.

Denn die Kraft kommt ja auch aus dem, was du schaffen möchtest. Das ist schon spürbar, dass dein Kind dir ein Ansporn ist.
Wichtig ist, dass du die Hilfe hast, die du brauchst.
Und das weißt du ja auch: im richtigen Moment Hilfe annehmen ist ein Zeichen von Stärke!
Du machst das bestimmt gut!

Bearbeitet von post trauma kind
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Sicher ist sie nicht.
Die können dich nach der Ez sofort kündigen, bwz in der Probezeit.