Polyamorie und offene Beziehungen

Hallo alle hier!
Mich bewegt seit einigen Wochen diese Thematik aus persönlichen Gründen. Die genauen Umstände möchte ich hier gar nicht en détail diskutieren - nur soviel: die Thematik kommt durch meinen Mann in mein Leben. Ich selbst empfinde, dass mir zwar die Grundgedanken der Polyamorie teils nah sind ("Liebe ist grenzenlos und warum sollte man sie beschränken..."), ich aber dennoch einen inneren Widerstand spüre... einmal aufgrund meines Wesens, und dann spielt meine Lebenssituation sicher eine große Rolle: in wenigen Wochen kommt unser drittes Kind zur Welt und mein Grundbedürfnis ist das Gegenteil von Experimentieren. Aber auch bisher habe ich schlicht nicht das Bedürfnis gehabt, mit anderen Männern eine Beziehung einzugehen, die Sexualität einschliesst. Und letzteres ist wohl durchaus ein Punkt, der für meinen Mann dazugehört - er möchte nicht nur und explizit intensive platonische Freundschaften.

Worum es mir hier geht, ist eine Diskussion mit Euch... ich habe mehrere Beiträge zum Thema auf urbia gefunden und war (positiv) überrascht, dass viele der Antworten nicht sofort in die moralische Ecke gingen oder dogmatisch oder pseudo-biologisch argumentiert haben.

Ich möchte ausdrücklich nicht bestätigt werden in meinem Empfinden. Also natürlich freue ich mich auch, wenn andere ähnlich denken und fühlen (dann ist man nicht so alleine mit seiner Sicht der Dinge), aber möchte v.a. Input und einfach wissen, wir ihr über all das denkt. Das Problem ist nämlich: ich habe viele gute Freunde (eher Mädels), aber es scheint mir nicht möglich, dieses Thema wirklich intensiv mit ihnen zu durchdenken. Vielleicht fühlt es sich für mich zu intim an, weil noch recht frisch... und oftmals doch schwer für mich... ich meine aber auch, dass viele sich quasi bedroht fühlen könnten durch die reine Thematik. Dass man sich, wenn man da kein persönliches Interesse hat (oder haben muss, wie ich zurzeit), lieber nicht mit beschäftigt.

Soweit. Ich fasse in meinen Worten zusammen, um was es geht (recht allgemein und grob zunächst):

Offene Beziehungen definiere ich mal als solche Beziehungen, bei der beide (oder bei "Halboffenen" nur ein) Partner neben der Hauptbeziehung weitere primär sexuell ausgerichtete Kontakte haben ("Swinging"). Oft sind das gezielt nur kurze Episoden bzw. geben sich Paare mehr oder weniger viele Regeln. Oft, um die Hauptbeziehung nicht zu gefährden - also um aufkeimende Gefühle mit den externen Kontakten zu vermeiden (etwa: "mit jemand anderem nur maximal zweimal Treffen", "keine Übernachtungen - aufgewacht wird zu Hause", "nicht mit Bekannten/Freunden etc."...) und Safer Sex spielt natürlich eine sehr große Rolle. Ist übrigens auch ein ziemlicher Knackpunkt für mich: will und kann ich tatsächlich ein vermehrtes Risiko auf mich nehmen, zumal als Mama dreier kleiner Kinder, mich mit etwas potenziell tödlichem anzustecken (z.B.HIV, HPV...) - weil mein Mann da entsprechend unterwegs ist? Denn einen 100%igen Schutz gibt es bei aller Vorsicht ja nicht.

Polyamorie im Gegensatz zu den offenen Beziehungen basiert auf der Grundüberzeugung, dass LIEBE NICHT EXKLUSIV IST. (Das ist für mich kein neuer Gedanke, und im Grunde gefällt mir die Grundhaltung vielleicht auch. Allerdings empfinde ich dann bezüglich der Sexualität anders, dazu unten mehr). Hier geht es darum, LANGFGRISTIGE und VERBINDLICHE Beziehungen zu haben - zu mehr als einem anderen Menschen. Alles ist allen bekannt, alles wird kommuniziert und ist Transparent und entsprechend der Theorie kümmert man sich achtsam und liebevoll umeinander und v.a. um beteiligte, die mit unguten Gefühlen... Eifersucht und Verlustängsten zu kämpfen haben. Die Konstellationen und wie es gelebt wird, sind da natürlich ganz unterschiedlich. Von mehreren Menschen, die gemeinsam unter einem Dach leben, in eibnem Haushalt, die gemeinsamen Kinder versorgen etc - wo es u.U. keine "Hauptpaare" gibt, sondern jeder mit jedem Paar ist... über solche, die eine "Primärbeziehung" haben (oft heisst das eben auch: gemeimsamer Haushalt, die meisten Zeit miteinander), und dann "Secondary"- und vielleicht "Tertiary"- Beziehungen... bis hin zu solchen, die jede Hierarchisierung ablehnen - weil sie sie im Widerspruch sehen zu dem Anspruch, Liebe sei nicht exklusiv und solle mit Abstufungen nichts zu tun haben - und die mehrer zumindest theoretisch gleichwertige Beziehungen haben. Natürlich gibt es hier auch Übergangsformen zur oben beschriebenen offenen Beziehung. Also vielleicht so, dass zusätzlich zu den zwei, drei... festeren und verbindlicheren Beziehungen es doch noch ab und an unverbindliche "Abenteuer" gibt.

Für mich bedeutet die Beschäftigung mit diesen Theman gerade eine sehr große Herausforderung. Ich merke, dass ich mich sehr sehr auf mich besinnen muss, um nicht den Halt zu verlieren... denn (scheinbare) Gewissheiten sind verloren, das ist einfach so. Selbst wenn mein Mann an uns festhält und sich die Zukunft mit mir - als Hauptpartnerin - vorstellt. Da es mir eher wesensfremd ist und außerdem für mein Empfinden sehr viel Unsicherheit mit sich bringt, ist es schwer für mich, zumal angesichts der bevorstehenden Geburt. Dass es gerade jetzt aktuell geworden ist...

Mein Empfinden ist, wenn ich über all das lese: die erstaunlich zahlreichen Zeitungsartikel (online) sind irgendwie alle gleich - gar nicht besonders kritisch-ablehnend, sondern neugierig und offen. Erstmal positiv! Aber schnell hat mich das frustriert zurück gelassen, weil es irgendwie als "hip" und fast schon "neuer Mainstream" rüber kommt - v.a. als das bessere Lieben... oder als das richtigere. Letztlich kommt für mein Empfinden meist rüber, dass die Monogamie tatsählich - wie viele "Polys" meinen - sowieso nicht funktionert... unserer Natur zuwider läuft. Siehe Scheidungsrate (hälfte aller Ehen in Deutschland) und hohe Fremdgehrate (was inkludiert: Lug und Betrug) werden als Beweis genommen. Auch scheint es die Haltung zu geben, dass Polyamorie die echtere, reifere Liebe ist - und wer es monogam will und Bedenken hat, der ist eben noch unreif, verhaftet im Besitzdenken und Verlustängsten. Die es zu überwinden gilt. Ergebnis ist dann auch eine bessere Welt...

Ich empfinde selbst in etwa so: ja, ich kann andere Männer attraktiv finden. Ja, ich kann mich freuen, wenn jemand mir hinterherschaut oder wiederholt Augenkontakt aufnimmt. Vielleicht würde ich daraus auch einen Miniflirt werden lassen können und ihn geniessen. Das alles nehme ich (und gebe ich) gerne als eine Art Geschenk. Aber wenn es zur Sexualität und meiner Vorstellung von Beziehung kommt, dann ist es so: ich möchte mich mit Haut und Haaren uns Seele und Körper einem Mann hingeben. Ich möchte alles auf diese Karte setzen. Und natürlich wünsche und hoffe ich, dass er das ebenso empfindet: dass diese Intensität, diese Vertrautheit nur so möglich ist... in dieser Tiefe. Und dass da mein uns sein Bedürfnis deckungsgleich sind. Und ich wünschte, es wäre so mit meinem Mann. Ich will nicht irgendeinen. Ich will mich ihm hingeben. Meine Liebe ihm schenken. Ich finde nicht die postulierte Freiheit in den oben erläuterten Konzepten. Wir sind wesensmässig begrenzt. Immer. Es gibt immer irgendeine Grenze. Warum soll es so viel mehr Freiheit bringen, sich promiskuitiv zu verhalten? Manchmal habe ich auch den Eindruck, dass es etwas mit der Angst vor dem Verlassenwerden zu tun hat für manche, die poly wählen. Denn selbst wenn eine Beziehung irgendwie enden oder weniger intensiv werden sollte... dann hat man immer noch die anderen. Provokativ könnte man also behaupten (was ich so gar nicht tun mag): dass die Liebe zu einem Menschen die mutigere Form ist. Und - das als zunächst letzten Gedanken: ja, Gespräche teilt man selbstverständlich mit Freunden und hat vielleicht auch sehr nahe Freundschaften. Warum also plötzlich bei der Sexualität meinen, da könnte einem ein Mensch alles geben?
Trotzdem... das ist mein trotzdem...

Und nun hoffe ich, dass eine differenzierte Diskussion entsteht... moralische Dogmen helfen, glaube ich, nicht weiter. Ich selbst fühle mich manchmal am Scheideweg: ich will nicht, dass mein Mann etwas "deckelt" - es würde unserer Liebe und Beziehung nicht helfen. Ich will auch, dass er glücklich ist. Und weil ich ihn nicht aufgeben mag wegen all dem, lasse ich mich darauf ein, prüfe, was für mich geht. Aber ich habe Angst. Angst, dass letztlich ICH es sein werde, die den Weg nicht mit ihm gehen kann. Und fast fühle ich mich... schuldig deswegen. Im Sinne dieser "Reife/Unreife"-These ("Wenn Du ihn wirklich liebst, dann freust Du Dich, wenn es ihm gut geht - auch wenn das in den Armen einer anderen ist").

Ich danke allen, die diesen langen Text gelesen haben, und schonmal für Eure Antworten!

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Hallo nane,
Ich weiß nicht, ob ich in meiner Antwort zu 100% auf die Moralkeule verzichten kann, aber ich verspreche dir, ich meine es nicht böse.
Gleich vorweg: ich, ganz persönlich, kann mir nicht mal ansatzweise vorstellen, eine, wie auch immer geartete Form, offener Beziehungen zu leben. Auch Polyamorie schließe ich für mich aus. Das bedeutet aber nicht, dass ich Paare verurteile, die sich zu einem solchen Lebensmodell entschlossen haben. Im Gegenteil, ich finde es interessant und es macht mich auch irgendwie neugierig, wie das im Alltag gelebt wird. Ganz spannend eigentlich...
Was ich allerdings nicht in Ordnung finde, ist der Zeitpunkt, den dein Mann gewählt hat, um diese Thematik auf den Tisch zu bringen. Wenn ich das richtig verstanden habe, warst du zu dem Zeitpunkt bereits schwanger. Stimmt das so? Es tut mir leid, aber dieses Vorgehen wäre für mich ein absolutes No Go. Ich bin keine der Frauen, die sich ab positivem Schwangerschaftstest in rosa Zuckerwatte packen, aber ich finde es unfair, wenn eine Frau sich in dieser Zeit solche Gedanken um ihre Beziehung/Ehe machen muss. Ich meine ihr seid ja nun schon länger zusammen und ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses Thema ihm jetzt erst unter den Fingernägeln brennt. Warum hat er also nicht gewartet, bis ihr euch mit dem dritten Kind neu eingefunden habt und sich auch eure Paarbeziehung wieder eingependelt hat.
Und dann ein weiterer Punkt: wie soll das denn ganz praktisch gelebt werden? Ich meine so im Alltag mit drei Kindern? Sollen die Kinder auch involviert werden in eure Zweit-/ Drittbeziehungen? Das wiederum fände ich unverantwortlich.
Wäre schön, wenn du mal was dazu schreibst wie das in der Praxis ablaufen soll...
Lg Kokosmilch

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Hallo Kokosmilch,

ich weiß, was Du meinst. Warum jetzt und nicht schon früher oder später... nach der sensiblen Phase von Schwangerschaft, Geburt und vielleicht erstem Babyjahr. Die Frage ist nicht glasklar zu beantworten. Ich denke, wir beide, meine Mann und ich, waren in den bisherigen Jahren unserer Ehe oft sehr beschäftigt mit dem "Außen" und unserem eigenen, einsamen "Innen". Wir haben versäumt, uns einander wirklich zu zeigen, mit all den Bedürfnissen und Verletzlichkeiten und Stärken... und allem eben. Wir beide waren hungrig nach Liebe. Auf allen Ebenen. Und konnten uns einander offenbar nicht verständlich machen. Das ist erst jetzt geschehen. Und warum jetzt? Weil ich - wie in den beiden Schwangerschaften zuvor auch - eine heftige Übelkeit mit ebenso heftiger Depression hatte, über Wochen bis Monate. Eine sehr sehr zehrende Zeit, die alles, was brach liegt und im argen, ans Licht holt. Weil der Leidensdruck so groß wird... ich habe auf begleitete Paartherapie gedrungen, und er war (wie auch schon zuvor, wenn ich so etwas angesprochen hatte), zurückhaltend. Ich denke, er war, als wir uns kennen lernten, auf der Suche nach einer Partnerin für's Leben. Dann ging alles sehr schnell bei uns - wir wurden ohne das geplant zu haben zu einer Familie... und es war nicht nur eine Vernunftentscheidung, das so zu leben. Aber wir hatten keine Zeit, uns tief und ganz in die erste Verliebtheit hineinzubegeben, uns davon tragen zu lassen, den anderen zu entdecken, Geist, Körper... und wenn es dann anhaltend oder immer wieder schwierig ist, Bedürfnisse (emotionale, körperliche) mehr und mehr oder anhaltend zu kurz kommen... dann, ja dann - je nachdem, was für ein Typ man ist - wendet man sich anderen Möglichkeiten zu. Selbst wenn man das vielleicht nie wollte. So wird sich bei ihm diese Seite entwickelt haben... oder das, was an Offenheit für alternative Liebeskonzepte jetzt bei ihm vorhanden ist, hat sich aus der Not heraus entwickelt, ist aber wohl tatsächlich für ihn denkbar. Also mittlerweile abgekoppelt von einer Not oder massiv unerfüllten Bedürfnissen. Also - lange Rede... jetzt war es an der Zeit - nach dieser letzten aktuellen Krise - alles auf den Tisch zu legen, keine Heimlichkeiten mehr zu haben. Ich habe das eingefordert. Ich glaube, er stand unter einem sehr großen Druck und hätte sich mir da vielleicht nicht offenbart, wenn ich nicht immer wieder diese absolute Offenheit verlangt/gewünscht hätte. Ich möchte nicht, dass etwas, das sowieso da ist und seine Wirkung entfaltet, unausgesprochen bleibt. Und umso destruktiver sein kann. Denke ich. Ja, der Zeitpunkt ist aus meiner weiblichen und gebärenden Sicht der ungünstigste überhaupt. Aber es ist für ihn kein kleines Thema gewesen. Kein "mal drüber nachgedacht haben" und auch noch "gut damit warten können". Er wird darunter gelitten haben, sich diese oder jene Gedanken zu machen, diese und jene Phantasien zu haben... und das starke Empfinden, etwas zu unterdrücken, mehr und mehr. Ich glaube, es hat keinen anderen Weg gegeben, als jetzt. Für ihn. Und damit auch für mich. Und: all das hat bei uns das möglich gemacht, was uns in all den bisherigen 8 Jahren nicht gelungen war. Bei mir ist es wohl so eine Art Aufwachen durch eine Art "Schock" gewesen.

Und zur Praxis. Genau das ist ein Teil der großen Unsicherheit. Man mag Pläne machen... Pläne, von denen ich denke, dass ich zumindest mit diesem klar kommen könnte, oder das wenigstens versuchen will... aber: wird es so laufen? Ich weiß selbst nicht genau, was mir machbar erscheint, gemessen v.a. an meiner Emotionalität und dem, was mir wesensgemäß ist... dem, was ich mir wünsche. Und auch rein praktisch. Ich weiß es nicht. Oder anders: wenn mein Mann und ich das Hauptpaar sind (weil auch er das so will und fühlt! ...Ich ja sowieso)... und sich an unserem Zusammenleben nicht wesentlich etwas ändern würde... und zwar (Voraussetzung!) nicht nur, weil es die Kinder und der Alltag erfordern und es anders schwer zu organisieren wäre... sondern, weil wir beide es so wollen und lieben. Und dann gibt es da eine zweite Frau in seinem Leben... in einer anderen Stadt... mit der er vielleicht alle 2-4 Monate (mal so, mal so) über's WE zusammen ist. Und vielleicht auch mal mehrere Tage am Stück (aber das Thema "längere Urlaube" wäre sicher ein sehr sensibles... aus finanziellen und zeitlichen Ressourcen: wo nimmt man etwas weg... wie verbringe ich diese Zeit...). Wenn das ihn voll ausfüllen würde, was dieses Bedürfnis angeht... das ist dann, so glaube ich, ein Szenario, was für mich noch am ehesten vorstellbar ist.

Natürlich - so sind wir sozialisiert... habe ich Angst. Es gibt da ja diesen Spruch. So ähnlich wie: "Pläne machen kann man so viel man will, das Leben macht, was es will". Natürlich: Verliebtheit ist eine sehr starke Macht. Und wenn man fern von gemeinsamen Daueralltag und Kinderstress (den es ja gibt), und Arbeitsstress mit jemandem nur immer schöne, aufregende Zeit verbringt... dann vielleicht umso mehr. Und es kann der Wunsch nach intensiverem Kontakt entstehen, nach mehr Zeit etc. pp. Und dann... ich weiß es nicht: wenn es mir näher rücken würde... mehr und mehr ein Teil meines/unseres Alltags sein sollte. Das - so empfinde ich jetzt - wäre vielleicht nicht lebbar für mich.

Es ist also noch nichts eindeutiges geplant. Und das trägt zu dem immer wiederkehrenden Gefühl der Unsicherheit und der Angst sehr viel bei. Wenn er ganz klar wüsste - und schon "immer" gewusst hätte, was er da braucht und will... natürlich kann es sich selbst dann ändern... ja, vielleicht wäre es so und so schwer für mich.
Was aber bleibt ist mein unbedingter Wille zu ihm. Daher ist es so, dass sein Thema auch meines ist.

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Danke für deine ausführliche und sehr reflektierte Antwort. Ich habe sie jetzt mehrmals durchgelesen und weiß ehrlich gesagt nicht, was ich dir raten soll.... wärst du eine Freundin von mir, würde ich dich wahrscheinlich an den Schultern packen und versuchen wachzurütteln... Ich finde euer Vorhaben nämlich ziemlich gefährlich. Zum einen, würde dein Mann also dieses anfängliche Gefühl der Verliebtheit, welches ihr nur sehr kurz und in "reduzierter" Form genießen konntet, mit einer anderen Frau erleben. Und zwar, vermutlich über einen überdurchschnittlich langen Zeitraum hinweg, da die Treffen nur sehr selten stattfinden könnten und sich so der Spannungsbogen, durch gegenseitiges Vermissen und Vorfreude immer weiter spannen würde. Stelle ich mir ehrlich gesagt schon extrem schmerzhaft vor... wie wäre das für dich, die Vorfreude in den Augen deines Mannes, auf eine andere Frau, bereits Tage im Voraus sehen zu können, während auf dich ein Wochenende allein mit drei Kindern wartet, die dich unter Umständen noch ständig fragen, wo denn Papa ist? Ist deine Liebe wirklich so groß und vor allem so selbstlos, dass du dich in diesen Momenten noch aufrichtig für deinen Partner freuen könntest?
Und der nächste, in meinen Augen noch wichtigere Punkt ist: Wo bleibst du bei der ganzen Sache? Ich habe bisher noch nirgends gelesen, dass du dich auch nach einem weiteren Partner sehnst... im Gegenteil, du schreibst, dass das Thema dadurch zu deinem Thema wird, weil es deinen Mann beschäftigt. Im Prinzip finde ich das richtig, die Belange meines Partners sind meine Belange. Aber deine Auslegung der Sache hat für meinen Geschmack zu viel von Selbstaufgabe.
Und wenn es tatsächlich um dieses Gefühl der Verliebtheit geht, das bei euch zu kurz kam, warum versucht ihr nicht, genau dieses Gefühl innerhalb eurer Beziehung wieder aufleben zu lassen? Wie wäre es, mit einem Pärchenwochenende alle 2-4 Monate, anstelle einer neuen Frau alle 2-4 Monate?

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Das ist mir alles zu kopflastig, was du schreibst. Du analysierst, wägst ab und machst dir einen riesigen Kopf und das passt meiner Meinung nach nicht zu eurem Vorhaben.
Ich würde an deiner Stelle die Finger davon lassen, es würde dich höchstwahrscheinlich nicht glücklich machen.

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Hallo Schnabel2009,

ja, es ist nichts, was ich mir gewünscht habe. Ja, es ist eine sehr große Herausforderung für mich. Aber es geht nicht darum, ob ich die Finger davon lassen kann oder sollte. Es ist mein Mann, für den diese Sache wichtig zu sein scheint. Wie sehr, wie genau, in welchem Ausmaß - das weiß ich nicht, weil er es auch noch nicht sagen kann. Aber damit, dass sie ein Teil von ihm ist, ist sie für mich relevant... "diese Sache". Ich will ihn nicht aufgeben, nicht deswegen. Ich wünsche mir, ich könnte loslassen so weit, dass ich das, was wir haben, genießen kann. Dass ich ganz vertrauen kann. Dass ich mich für ihn freuen kann, weil er sein darf, wie er ist. Das wünsche ich mir für ihn. Das wünsche ich mir für mich. Das ist also mehr die Frage: sind wir uns hier so wesensfremd in diesem einen Punkt, dass wir hier keinen Weg finden, der beiden gerecht wird? Diesen Weg will ich finden, diesen Weg suche ich. Also ist ein Anfang, darüber zu lesen, mich wie hier vielleicht auszutauschen. Irgendwann mit Polys zu sprechen... ich muss ein Gefühl dafür bekommen, was es heissen könnte. Daher denke ich viel darüber nach - und so bin ich auch einfach gestrickt. Ich muss auch immer geistig die Dinge durchdringen. Aber ja - was Du vielleicht auch sagen willst: nicht so viel nachdenken, sondern auf das Bauchgefühl hören. Aber: sind meine Ängste mein Bauchgefühl, meine Intuition, die wahre innere Weisheit? Oder nicht vielmehr das unbedingte zu meinem Mann stehen wollen, mit ihm sein und leben wollen. Ihn so sein lassen können, wie er ist?

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Ich denke, dass es ein unmögliches Unterfangen ist, sich darauf einzulassen und es überhaupt nicht zu wollen. Da müsstest du schon alle Emotionen ausknipsen können und das wirst du nicht schaffen, eben weil du deinen Mann so liebst.
Hier geht es ja nicht um ein Haustier, was man gerne hätte--es geht um abgenicktes fremdvögeln und ICH könnte damit nicht leben.

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Das ist ein spannendes Thema und kann eine Alternative sein. Aber da sowohl die, die ablehnen als auch die, die befürworten deinem Text nach mit wertenden Attributen arbeiten - unmoralisch, untreu und was weiß ich - die eine Seite, die die 1:1 Beziehung bevorzugt, dafür die andere Seite: unreif, emotionale Erpressung: wenn du ihn/sie liebst usw. könnte ich hier niemanden "Recht" geben.

Ich denke, beide Varianten klappen nur, wenn sich alle Beteiligten einig sind, VORHER darüber geredet haben und niemand nur dem anderen zuliebe etwas tut, womit er selbst nicht zurechtkommt.

In deinem Fall lautet meine Frage, wann deinem Mann die Idee zur Polyamorie gekommen ist, vor eurer Heirat bzw. vor dem ersten Kind oder erst jetzt? Ich kann alle deine Bedenken absolut nachvollziehen und deinem Text nach zu urteilen, wirst du mit Polyamorie auch nicht glücklich. Das heißt aber nicht, dass du unreif wärest oder dich "weiterentwickeln" müsstest, um dem anderen Bedürfnisse zu erfüllen, die du weder erfüllen willst noch kannst.

Ich bewundere Leute, die damit wirklich klarkommen, kann sicher auch eine Bereicherung sein. Für mich wäre es nichts, aber nicht aus moralischen Gründen. Ich fühe mich deshalb aber weder unreif noch egoistisch, Dir viel Kraft bei allem, was du vorhast und ich hoffe, dein Mann entscheidet nicht etwas über deinen Kopf hinweg, WEIL du ihn liebst und ihn nicht verlieren willst.

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Hallo Milchreisbubilein,

ja, der Wahrheitsanspruch der einen wie der anderen Seite ist schwierig. Es zeigt das sehr menschliche Bedürfnis, sich "auf der richtigen Seite" zu befinden, bzw. die eigene Lebensweise mit Grundsätzen... Glaubenssätzen... zu legitimieren.

Ich denke auch, beides - oder alles, was man leben kann - gelingt nur, wenn man sich einig ist. Ja, ich habe mir das nicht gewünscht. Und ja, es ist keine Unreife, diesem Konzept der Vielliebe nichts abgewinnen zu können... danke trotzdem, dass Du es noch einmal so deutlich geschrieben hast... für mich persönlich fühlt es sich auch nicht nach dem Wachsen oder dem mich-Weiterentwickeln an, das mich erfüllt, das mich "zieht".

Und ich weiß es einfach nicht... ich weiß es ja nicht, was geschehen wird. Wie es mir damit geht, welchen und ob ich einen Weg damit finden kann, der GUT ist für mich. Ich habe nicht vor, mich aufzugeben. Ich habe nicht vor, zu leiden und meine Bedürfnisse, mein Wesen hinten an zu stellen. Aber ich will versuchen, loszulassen... und Wege zu finden, gemeinsam.

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Wow. Welch schöne Denkensgrundlage. Vielen Dank dafür.

Gebe zu, das Thema beschäftigt mich auch, nur unter anderen Voraussetzungen: Single und auf der Suche nach einem vernünftigen Lebenskonzept bzw. einem, welches meinen Bedürfnissen gerecht wird.

Mein Fazit bisher - vor allem theoretische Überlegungen liegen dem zugrunde (habe aber in monogamen Partnerschaften gelebt als auch "geteilt", war da aber die "Neue" und es führte zumeist dann in eine monogame Beziehung, also kein richtiges polygames Leben) -

... : es gibt kein richtiger oder falscher. Beide von dir angesprochene Liebesweisen sind für sich gesehen, perfekt.

Auf der einen Seite hat man diese Verbundenheit und das Zusammengehörigkeitsgefühl in einer monogamen Partnerschaft. Natürlich versucht man immer einen Partner zu finden, der so viele "Wellenlängen" wie möglich von einem selbst abdeckt. Man kann also durchaus sehr glücklich mit einem allein leben.

Da jeder Mensch aber unverwechselbar ist, ist es schade um viele schöne Lebensmomente, die man in einer rein monogamen Lebensweise verpassen würde. Man verliebt sich und es ist möglich in mehrere Menschen gleichzeitig verliebt zu sein und diese sogar zu lieben. Auch wenn man genau die gleichen Dinge tut, je nachdem wer dabei ist, fühlt es sich einfach anders an und IST auch anders. Schön einfach, so viele Facetten mit zu bekommen.

Solche Verabredungen wie "ohne übernachten" etc., würde ich nicht machen. Bei polyamorösen Beziehungen geht es ja nicht nur darum, das rein körperliche auszuleben, sondern eben auch schöne, intime Momente zu teilen wie das gemeinsame Einschlafen, Frühstücken.. zeitloses Dasein einfach.

Für denjenigen der zuhause sitzt dann in dem Moment, schwer zu ertragen, wenn man sich es vorstellt. Für den anderen das Gegenteil. Nur wenn beide, beide Situationen aushalten könnten, sollte ein polygame Lebensweise angestrebt werden.

Große "Tiefe"/Nähe halte ich ihn beiden Fällen (monogam/polygam) für sehr gut möglich. Gehe nicht davon aus, dass eine polygame Lebensweise zu mehr Oberflächlichkeit in der jeweiligen Beziehung führt.

Der Satz, der mir am meisten aufgefallen ist "es ist mutiger sich für eine monogame Beziehung zu entscheiden": jein. Ja, da es vielleicht ein größerer Kampf ist, da alles an einem Partner liegt und nirgends "Kompensation" herkommen kann. Nein, da man "angstvoll" versucht seinen kleinen Kosmos zu schützen und Angst hat, nicht bestehen zu können.

Wo ich auch noch versuche dahinter zu kommen: habe festgestellt, dass wenn man jemand wirklich liebt, ihm das beste wünscht und möchte, dass derjenige glücklich ist. Nur ist mein persönliches Glück gleichwertig. "Ich bin glücklich, wenn der andere glücklich ist" und "wer liebt, lässt auch los" - das kann ich nicht hundertprozentig unterschreiben :).

Entschuldige, wenn der Text nun nicht schlüssig geschrieben- bin einige Male unterbrochen worden und meine Gedanken waren woanders. Möchte es aber dennoch nicht löschen, da ja Ansätze meiner Denkweise vorhanden. Bei mehr Zeit und Konzentration: vielleicht mehr :).

Wünsche Dir alles Gute & achte auf DEIN Herz- das ist am wichtigsten!

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Hallo fassungslos67!

Danke Dir für Deine Antwort! Ja, es ist wohl ein großer und vielleicht nicht der menschlichen Natur wirklich enstprechender Anspruch, dieses "wer liebt, lässt los und freut sich für die Freuden des anderen"... und vielleicht macht ein achtsamer, liebervoller Umgang miteiander (ein "idealer") das Ganze nicht lebbarer für einen Menschen, der da ganz anders fühlt. Also: ja, mein persönliches So-Sein gilt ebenso... sonst macht es auch keinen Sinn.

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Du darfst mich Edison nennen - wir sind jetzt seit 13 Jahre zusammen und kennen schon eine Menge Wege, wie das mit der offenen/polyamourösen Beziehung NICHT für uns funktioniert. Wir hatten dann immer mal wieder monogame Phasen, aber haben uns eben auch wieder raus gewagt... beide haben wir eben auch eine hohe Eigenmotivation das zu tun, da wir beide sexuelle Neigungen haben, die wir nicht teilen (andere teilen wir sehr wohl) und auch unsere wenigen Freundschaften sind sehr tief und exklusiv - undenkbar, dass ein Sexpartner nur ein flüchtiger Bekannter bleibt...

Die wichtigste Erkenntnis für mich: Du kannst den anderen am meisten akzeptieren und nur ganz wenig ändern... Statische Regeln/Absprachen wenn sie keiner hohen Eigenmotivation folgen (nicht ohne Gummi wegen Krankheiten) sind fürn Arsch, sobald da eine 3. Komponente ins Spiel kommt, die hat nämlich auch ein Eigenleben und Bedürfnisse.
Den "Mut" zur Monogamie seh ich aber auch nicht wirklich.... jahrelanges nebeneinanderher leben, kein Sex, viel Streit, am Ende fremdgehen... auch aus eigener und befreundeter Erfahrung kann ich sagen, dass ein wenig Input von aussen extrem belebend und gut wirken kann. Klar, waren nicht all unsere Erfahrungen gut, manche sogar richtig murks, aber sie haben meinen Mann und mich immer deutlich weiter voran gebracht, so Thema Selbst- und Paarerkenntnis.

Nach 3 Jahren Monogamie bin ich es jetzt, die wieder nach aussen drängt und mal schauen, wie gut dieser Weg jetzt funktioniert - und er freundet sich auch schon mit dem Gedanken an, welche Optionen sich jetzt für ihn so bieten könnten....


Wichtig ist miteinander reden, reflektieren und unvoreingenommen sein und auch gerne immer wieder neu justieren, was geht und was nicht.

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"Den "Mut" zur Monogamie seh ich aber auch nicht wirklich.... jahrelanges nebeneinanderher leben, kein Sex, viel Streit, am Ende fremdgehen..."

Ich hoffe du fasst das jetzt nicht falsch auf, ich meine das nicht böse, denn ihr habt ja anscheinend einen/euren Weg gefunden. Ich (die ich da ganz anders denke und fühle) frage mich aber, warum ihr eigentlich zusammen seid, wenn ihr nie langfristig zufrieden miteinander seid? Glaubst du nicht, dass du einen Menschen finden kannst, bei dem du all das bekommst, das du dir wünschst?

LG

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Wir sind langfristig miteinander - ich will mit diesem einen Mann alt werden. Aber es gibt eben auch Bedürfnisse/Wünsche, die er nicht erfüllen kann. Und kein Mensch erfüllt alle Bedürfnisse... und ich hatte bei Sex nie wirklich einen größeren Exklusivitätsanspruch wie Schach spielen oder Sport machen. Und wenn dann zum Sex noch Freundschaft kommt ist das schon ziemlich "polyamourös."

Und warum sollten wir uns einen anderen Partner suchen, nur weil wir teilweise andere sexuelle Interessen haben, wenn wir ansonsten das Gefühl haben, im anderen die berühmte "bessere Hälfte" gefunden zu haben?
Und... ich verbring mit meinen Sexgeschichten insgesamt weit weniger Zeit (über die mein Mann nicht verfügt) als meine Mutter mit ihrem Gesangsverein oder ein Freund mit seinem Sport... im Gegenzug bin ich dann rundum ausgeglichen udn zufrieden.

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Hallo,

ich gestehe, ich habe nicht den ganzen Text gelesen.

Ich weiß, dass es Menschen gibt, die behaupten der Mensch wäre nicht für Monogamie geschaffen. Ob das so ist oder nicht, interessiert mich herzlich wenig.

Ich höre da auf mich und mein Bauchgefühl. ICH will nicht mit mehreren Männern intim sein und mir reicht ein Mann völlig aus. Ich kann mir auch nicht vorstellen weitere Männer oder Frauen so zu lieben, wie ich meinen Mann liebe. Umgekehrt ist es mir auch wichtig, dass mein Mann nur mit mir intim ist. Für mich hat das viel mit Vertrauen zu tun. Ich kann und will mich da auch gar nicht x Menschen öffnen. Da mein Mann und ich diese Meinung teilen, ist Monogamie für uns kein Problem und Polyamorie kein Thema.

Wissen kann ich es natürlich nicht, aber ich bezweifle, dass sich meine Meinung dazu in 10 oder 20 Jahren ändern wird und sollte mein Mann seine Meinung ändern und aktiv Polyamorie ausleben wollen, müsste er das wohl ohne mich tun.

Du solltest da mMn auch einfach auf dein Bauchgefühl hören. Mag sein, dass eure Beziehung dann auseinander geht, weil eure Vorstellungen von Beziehung zu unterschiedlich sind, aber dann ist das so. Es ist natürlich schön, dass du versuchst dich auf die Wünsche deines Partners einzulassen, aber verbiegen musst du dich nicht.

Überleg für dich, was du wirklich MÖCHTEST, nicht was du deinem Mann zu Liebe ertragen kannst.

LG

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Zitat Metha "Ich höre da auf mich und mein Bauchgefühl. ICH will nicht mit mehreren Männern intim sein und mir reicht ein Mann völlig aus. Ich kann mir auch nicht vorstellen weitere Männer oder Frauen so zu lieben, wie ich meinen Mann liebe. Umgekehrt ist es mir auch wichtig, dass mein Mann nur mit mir intim ist. Für mich hat das viel mit Vertrauen zu tun. Ich kann und will mich da auch gar nicht x Menschen öffnen. Da mein Mann und ich diese Meinung teilen, ist Monogamie für uns kein Problem und Polyamorie kein Thema. "

Nun... so geht es mir wohl auch. Ja, es hat viel mit Vertrauen zu tun, sehr viel. Die mögliche Nähe uns Intensität bringt jeden Hunger nach anderen intimen Kontakten, auch nach Zärtlichkeiten, für mich zum Verschwinden. Für mich. Zumal es Menschen gibt, die beides beschreiben... eine Frau, die polyamurös lebt, ihr Partner lebt damit an ihrer Seite... (hier ist der Mann der, welcher so empfindet wie Du und ich) sagt, dass es für sie v.a. Bereiche ihrer Sexualität sind, die sie mit ihrem Mann nicht leben kann, aber leben will - und sie das Neue, Aufregende, den Kick sucht. Dieser aber auch etwas "oberflächlicheres" ist als das, was sie mit ihrem Mann (auch in sexueller Hinsicht!) teile.

Ich weiß, dass es nur geht für mich, wenn ich nicht "ertrage". Wobei ich nicht weiß, welchen Gefühlen ich mich stellen wollen würde... wenn ich keinerlei Wille hätte, auch hinenzugehen, wenn es mir nicht ganz leicht fällt... dann würde dieser Beitrag keinen Sinn machen, meiner. Denn das ist es ja: die Suche nach einem Weg, der mich nicht zu einem passiv ertragenden Teil der Beziehung werden lässt. Sondern die Suche danach, ob für mich ein altiver Weg hier möglich ist (im Sinne von: dies ist meine Entscheidung). Ich weiß: ich muss das nicht tun.

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Hallo,

ich lebe mit meinem Mann eine offene Beziehung. Dieses Modell ist nicht das Beziehungsmodell für jedes andere Paar, aber ich habe das Bedürfnis, auch wenn ich meinen Mann liebe, sexuelle/freundschaftliche Beziehung zu anderen Menschen einzugehen. Die Rede ist nicht von häufig wechselnden Sexualpartnern, sondern von festen Affären. Wichtig ist die Absprache: was kann ich erzählen und was nicht? Was ist erlaubt und was nicht? Auch die Eifersucht darf nicht vorhanden sein, die Beziehung muss eine grundsolide Basis und viel Vertrauen haben.
Damit kommen wir gut klar. Natürlich gab und gibt es auch mal Streit und Diskussionen, das bleibt nicht aus. Eine Rückkehr in die Monogamie möchte ich nicht mehr.

LG
Mistel

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Hallo Mistelzweigi!

Danke für den Einblick in Dein Leben und Lieben!
Ich möchte Dich gerne fragen...: das Thema Eifersucht wird in der Polyamourie-Literatur ja eher so gesehen, dass sie unvermeidbar sei. Vielleicht sogar mehr im polyamourösen Kontexten als in offenen Beziehungen, bei denen es zwar (wie bei Dir) keine ONSsein müssen, sondern auch längerfristige Affären... aber vielleicht doch nicht von der Intensität wir es in der polyamouroe angestrebt wird (langfristige verbindliche Beziehungen).

Also: Eifersucht wird als i.d.R. vorhanden beschrieben... und dann beschrieben, dass man sich gerade um denjenigen, der das empfindet, besonders kümmert... verständnisvoll ist, redet... ein wenig hat mich dieses Bild irgendwann (beim Lesen)... genervt. Es kam nicht nur der Eindruck rüber, sondern an vielen Stellen wurde auch formuliert, dass es eine Art Unreife ist. "Sozialisiert" sowieso. Das Gegenteil davon scheint dann eine (in meinen Augen, als Naturwissenschftlerin) unhaltbare Pseudo-Naturalisierung zu sein... nämlich der Art, dass, wenn wir uns nur von unseren sozial geformten Fesseln befreien, wir alle polyamurös leben würden und dies eine bessere Welt wäre.

Meine Frage an Dich dazu wäre: bei Euch kommt tatsächlich keinerlei Eifersucht vor, keine Verlusängste, keine irgendwie belastenden Gefühle... wie ist das für Deinen Mann, wenn Du zu einem anderen gehst. Und wie umgekehrt?

Und warum meinst Du (entgegen der Poly-Literatur), dass es mit Eifersucht etc. nicht gehen kann?

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Eifersucht ist ein normales Gefühl. Auch kann ich dem nichts abgewinnen, daß man sie überwinden muss, weil sie als falsch und anormal dargestellt wird. Es kommt darauf an, wie man damit umgeht. Der Umgang damit ist erstmal sich zu fragen: warum bin ich eifersüchtig? Was sind meine Bedenken und Befürchtungen? Und offen darüber mit dem Partner reden.
Uns hat es geholfen, daß wir erstmal in einen Swingerclub nur für Pärchen gegangen sind, damit ich meinem Mann zeigen konnte, daß eine offene Beziehung eine Bereicherung sein kann und nicht das Ende einer Partnerschaft bedeutet. Auch der Austausch mit anderen ist hilfreich, aber der Partner muss auch bereit sein diesen Schritt zu gehen.

"Meine Frage an Dich dazu wäre: bei Euch kommt tatsächlich keinerlei Eifersucht vor, keine Verlusängste, keine irgendwie belastenden Gefühle... wie ist das für Deinen Mann, wenn Du zu einem anderen gehst. Und wie umgekehrt?"

Natürlich gab es Eifersucht und Angst den Partner an einen anderen zu verlieren. Auch Gefühle und Vorstellungen, daß ein anderer Mensch was geben könnte, was man selbst nicht geben kann. Ich habe in Gesprächen meinen Mann über meine Vorlieben erzählt, daß es für mich auch wichtig ist diese ausleben zu können. Mein Mann kann dies nicht, weil es nicht seinem Naturell und Vorlieben entspricht. Er verstand mich und war auch erleichtert.
Anfangs war es für meinen Mann seltsam, wenn er wusste, daß ich mich mit jemanden getroffen habe. Aber als er selbst fündig wurde, verstand er mich. Ich kann sagen, ich gönnte ihm aus vollem Herzen diese Erfahrung, weil ich selbs weiß, wie schön es sein kann.
Wir kamen uns auch näher, weil es weniger Geheimnisse zwischen uns gab und wir uns die Chance gegeben haben die Sexualität gemeinsam, aber auch unabhängig auszuleben. Bis zu diesem Punkt gab es Zweifel, Streits und Diskussionen. Wir haben geredet, uns gegenseitig die Gedanken und Gefühle erzählt. Das half sehr viel. Es klappt aber auch nur, wenn Vertrauen und eine stabile Basis vorhanden ist.

"Und warum meinst Du (entgegen der Poly-Literatur), dass es mit Eifersucht etc. nicht gehen kann?"

Wenn eine ständige, nagende Eifersucht vorhanden ist, dann mindert es erheblich das Vertrauen und ohne das funktioniert keine Beziehung. Ab und zu ist Eifersucht in Ordnung, ganz wird sie nie verschwinden, denke ich. Wie ich schon schrieb, müssen beide Partner damit umgehen und darüber reden können und sich ernst genommen fühlen.


Ich hoffe, ich konnte Deine Fragen beantworten.

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Hallo!

Dein Bauchgefühl sagt Dir ganz klar - NEIN!!! Ich will das nicht!

Das lese ich aus Deinem Text.

Zudem hat das Verhalten Deines Mannes für mich einen Beigeschmack. Du erwartest euer drittes Kind, die Figur hat sicherlich gelitten, was aber auch ganz normal ist.
Nun wo das Nest gut gebaut und gut gefüllt ist mit drei Zwergen möchte der Gatte nicht nur täglich Erbsensuppe (Dich) sondern auch gerne mal ein Steak
(andere Beziehungen).
Er hat also auf der einen Seite das Heimchen am Herd das sich um Kinder und die Oberhemden kümmert und auf der anderen Seite einen Freibrief für aussereheliche Kontakte.
So sehe ich das - kurz und knapp auf den Punkt gebracht.

Und jetzt lies Dir nochmal meinen allerersten Satz durch...

Da wirst Du nicht mit glücklich werden.

Alles Gute

misses_b

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Liebe Misses_b,

ob ich damit glücklich sein kann, das weiß ich noch nicht. Ja, ich habe mir das nicht gewünscht... und vielleicht ist es für mich nicht lebbar. Aber ich will alle Möglichkeiten ausloten.

Ich will meinen Mann. Ich liebe ihn. Ich will ihn weder verbiegen noch ihn sich für mich und unsere Liebe selbst deckeln lassen. Ich glaube, zumindest wenn es wirklich etwas ist, das zu ihm gehört, dass er das wohl leben muss. Alles andere hilft uns wenig.

Und: ich will glücklich sein, ja. Darauf werde ich Acht gebe. Auf mich, darauf, wie es mir damit geht - mit dem, das dann geschehen wird.

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Ich halte es für absolut nicht möglich, Millionen von Menschen hinter einem einzigen Lebensmodell zu vereinen. So, wie es Religion und Gesellschaft gerne vorgeben wollen. Das kann gar nicht funktionieren und hat noch nie zu etwas Gutem geführt.

Ich für meinen Teil sehe es so, dass Liebe nun einmal sehr vielfältig ist. Genau so vielfältig, wie die Vorstellungen und Bedürfnisse der unterschiedlichsten Menschen. Die einen lieben Frauen, die andren Männer, wieder andre beides, die einen nur einen, die andren mehrere, einzeln, zusammen, was weiß ich. Finde ich alles völlig in Ordnung. Jeder muss für sich selbst wissen, wie er leben möchte und was ihn glücklich macht.

Die einzige Einschränkung, die für mich auch indiskutabel ist, ist, dass alle Beteiligten bedingungslos einverstanden sein müssen mit dem Lebensmodell, für das sie sich mit ihrem (ihren) Partner(n) entscheiden. Aus deinem Post, der sich sehr nachdenklich und abwägend liest, meine ich herauszulesen, dass du doch Bedenken hast.

Dann würde ich mich auf keinen Fall darauf einlassen. Schon gar nicht deinem Mann zuliebe. Wenn du dich jetzt auf etwas einlässt, hinter dem du nicht zu 100% stehst, damit er glücklich ist, wirst du ihm das früher oder später übel nehmen. Weil es an dir nagen wird und du ihm - und sei es unbewusst - die Schuld dafür geben wirst. Was, wenn wirklich - was ich euch wirklich nicht wünsche! - mal etwas sein sollte? Er sich eine Krankheit einfängt, würde sich bei dir da nicht eine leise Stimme melden von wegen 'ich hatte gleich Bedenken'? Würdest du es ihm vorwerfen?

Würde ich mir sehr genau überlegen, ob ich das Risiko, die Beziehung zu belasten, eingehen würde.

Schuldig solltest du dich keinesfalls fühlen. Menschen entwickeln sich und mit diesem 'bis der Tod uns scheidet' konnte ich noch nie etwas anfangen. Dein Mann scheint sich sein Leben aktuell etwas anders vorzustellen, als du es tust.
Für mich - nur für mich - wäre das Grund, unsere Beziehung zu überdenken und mir darüber klar zu werden, ob ich da mitgehen will oder nicht. Wenn du schreibst, du prüfst, was für dich geht, du Angst hast, nein, das ist keine gute Grundlage. Dann gibst du nämlich nicht ihn, sondern dich selbst ein stückweit auf. In erster Linie bist du für dein Glück verantwortlich - nicht für seines.

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Liebe Dornpunzel,

ja, ich bin für mein Glück verantwortlich. Wohl auch "zuerst". Ich weiß... wer nicht selbst einverstanden ist, kann nicht wirklich geben... ich wünschte nur so sehr, einen Weg zu finden. Mit meinem Mann.