Kind Mund zugehalten

Wir haben ein 5jähriges Kind, welches ich über alles liebe. Leider kann die Mutter nicht wirklich lieben. Dadurch kommt es seitens des Kindes primär der Mutter gegenüber immer wieder zu Verhaltensauffälligkeiten. Wenn das Kind frustriert ist, schreit es und dann ist die Mutter überfordert und schreit massiv zurück (nochmals viel lauter als das Kind), was dann natürlich dazu führt, dass das Kind in der Zukunft erst recht schreit, weil es ja der Mama nacheifert. Die Mama scheint das partout nicht verstehen zu wollen oder können. Da sich zuletzt auch schon die Nachbarn beschwert haben, habe ich heute dem schreienden Kind zwei Mal den Mund für einige Sekunden zughalten, als es lauter wurde, die Mutter war da noch nicht laut geworden aber schon wütend und genervt. Obwohl es nicht doll und nicht lange war, bin ich von mir selbst erschrocken. Sonst bin ich in Trotz-Situationen des Kindes immer geduldig. Die Mutter feuerte dabei beide Male sofort an: "Ja genau so, das ist richtig" wobei es mich beide Male (es war jeweils kurz hintereinander) dazu brachte, sofort aufzuhören, weil es nicht richtig sondern falsch war und sich in Kombination mit ihren Worten sogar richtig grausam anfühlte. Mir ging es ja letztlich um den von den Nachbarn monierten Lärmpegel und nicht um Bestrafung. Die Worte der Mutter zielten auf Bestrafung ab, wodurch sich das Gefühl der Grausamkeit bei mir einstellte. Als die Mutter dann keinen Bock mehr hatte ist sie aus dem Zimmer gegangen, was das Kind natürlich frustriert, aber dann habe ich mit dem Kind das Zähneputzen abgeschlossen und dabei war das Kind dann komplett unauffällig.

Mir ist klar, dass bei uns einiges im Argen liegt. Und ich werde dem Kind nie wieder den Mund zuhalten. Ich möchte jedoch wissen, wie MEIN Verhalten zu bewerten ist. Letztlich ist es ja schon als ein minder schwerer Fall von körperliche Misshandlung zu bewerten, oder? Ich kann nur mich selbst ändern und muss daher ein solches Verhalten von mir reflektieren, zumal ich wohl das alleinige Sorgerecht anstreben werde, wobei ich den Umgang mit der Mutter trotz allem weiterhin stark begrüße. Die Mutter übernimmt nur nicht die Verantwortung und leidet leider eindeutig unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung, wodurch dem Kind auch mehrfach mit Liebesentzug und "wenn Du nicht machst was ich sage oder mich nervst kommt Mama vielleicht eines Tages nie wieder nach Hause" gedroht wurde, was ja eine gesunde Mutter niemals sagen könnte.

Ich bin dadurch eh mit der Situation überfordert und es kostet mich irre viel Kraft. Aber ich tue alles in meiner Macht stehende, um unser Kind zu unterstützen, stelle die Arbeit (im Gegensatz zur Mutter) hinten an um für das Kind da zu sein und erkläre ihm, dass Mama nur blufft, damit wir machen was sie sagt aber Mama auf jeden Fall nach Hause kommt (wenn eine gewisse Zeit vergeht, dann beginnt ihr das Kind offenbar doch irgendwann leid zu tun, obwohl die Mutter zu echter Empathie ansonsten kaum fähig zu sein scheint). Da sagt das Kind am späten Abend schon mal: "Aber ich muss keine Angst haben, das Mama nicht kommt, oder?" wodurch ich merke, dass meine Intervention wirkt. Außerdem konnte ich die Mutter inzwischen dazu bewegen, zu bestätigen, dass sie immer nach Hause kommt, egal ob das Kind lieb, frech oder nervig ist. Das konnte ich erreichen, nachdem sich das Kind durch den Bindungsstress der Mutter plötzlich einnässte und war von dort aus ein mehrtägiger Kampf, bis es eingesehen wurde.

So viel zum Kontext. Ich möchte eure Meinung zu meinem heutigen Fehlverhalten hören, dem Kind den Mund zuzuhalten.

Bearbeitet von Sven1979
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Ich bewerte jetzt wirklich nur dein Verhalten, möchte dich aber dringend dazu bitten, euch professionelle Hilfe zu holen, eine Therapie für die Mutter anzustreben und/oder (das würde ich tun) mit dem Kind auszuziehen. Ganz ganz schlimm, was das Kind hier ertragen muss. Jetzt hab ich es doch bewertet ...
Zu deinem Verhalten - ja, ich empfinde es als körperliche Gewalt, dem Kind den Mund zuzuhalten. Man bedenke, das Kind sucht dringend die Aufmerksamkeit der Mutter, möchte geliebt werden, wird ständig abgewiesen und gibt sich selbst die Schuld dafür. Sehr traurig und frustrierend.
ABER angesichts dessen, was das Kind an psychischer Gewalt erlebt, würde ich mir darüber nun nicht den Kopf zerbrechen.
Es war falsch, aber das weißt du. Ich würde mich entschuldigen und dem Kind erklären, wie es dazu kam, dass es falsch war und du das nie wieder tun wirst. Davon wird es kein Trauma haben. Von dem Verhalten der Mutter aber schon. Das ist grausam.

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Na ja schwierig... ein 5 jähriges Kind, dass sich so verhält, ist schon stark verhaltensauffällig und sollte schon lange mal vom Psychologen und Zentrum der frühen Intervenzion betreut werden. Das Verhalten, was das Kind an den Tag bringt und wie es auf gewisse Situationen reagiert ist nicht in Ordnung in dem Alter. Du kannst es lieben, du kannst es tolerieren, dir kann das Verhalten deiner Partnerin auf den Sack gehen. Alles richtig, alles begründet. Es verbessert aber nicht das Verhalten des Kindes. Holt euch Hilfe, bevor es richtig schhlimm wird. Sie kommt mit dem Kind nicht klar, aber evtl. eben da liegt das Problem - ein Kind, dass "frustriert" hin und her schreit in dem Alter und nicht mit sich reden lässt, ist schon "anders" als die meisten anderen in seinem Alter. Mit deiner schützenden Hand hilfst du den einen Konflikt zu lösen, aber nicht die Situation. Die Frau ist frustriert, du willst es nicht sehen, anstatt ihr zu helfen, machst du Vorwürfe, was sie noch alles falsch macht. Das sie nur noch das Gefühl hat, lieber in dieses Chaos nicht zurück zu wollen (ewig brüllendes kompliziertes Kind, ein Partner, der die Probleme nicht sieht und nicht "hilft") kann ich durch aus nachvollziehen. Und ein 5 jähriges Kind "überlebt" es, wenn man ihm beim schreien wie verrückt kurz den Mund zuhällt... überlege bitte ganz stark, wo die Grenzen liegen - eure... weill ihr hättet bestimmt 1-2 Jahre zurück bereits Hilfe suchen müssen. Wenn du denkst, Probleme lösen sich von alleine - das tun die nicht. Kind wächst da raus? Das tut es auch nicht. Es kommen noch Probleme dazu. Glaubst du, die Partnerin wird mit einem schwierigem Kind ohne deine Unterstützung fertig? Nein, wird sie nicht.

Und was ich liebe sind die Papis, die die Probleme als "normal" abstempeln, Kind lieb knuddeln und "alles ist gut" spielen und Mama muss die strenge sein, die die Grenzen und Regeln aufzeigt...Ihr redet beide aneinander vorbei, schon seit langem.

Und lasse es dir bitte von einer Mutter sagen, die lange nicht sehen wollte, dass ihr Kind autistisch und verhaltensauffällig ist und ja wir haben uns Hilfe geholt... Therapien, Zentrum der frühen Intervention, spezieller Kindergarten. Die haben UNS beigebracht, wie man mit dem Kind so umgeht, dass wir nicht verrückt werden und das Kind sich wohl und verstanden fühlt. Aber es war ein langer Weg. Solange ihr zwei nicht die gleiche Sprache spricht, läuft das alles gegen die Wand - für euch als Paar und auch für das Kind, was dazwischen steht.

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Oh, ich habe das Gefühl, du redest eher von dir als vom TE….

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Ist sie oft mit eurem Kind alleine?

Ich hätte nach solchen Aussagen Angst, dass sie das künftig auch macht, wenn du nicht da bist. Oder schlimmeres.

Ehrlich gesagt würde ich an deiner Stelle das Jugendamt mit ins Boot holen.

Wer betreut das Kind überwiegend? Du oder sie? Kannst du öfter übernehmen?

Ist das Kind viel außer Haus, z.b. im Kindergarten? Wie verhält es sich da?

Gibt es Großeltern, die präsent sind?

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Alles, was da bei euch abläuft, klingt total gestört.
Wenn dir wirklich was an deinem Kind liegt, holst du ganz schnell kompetente Hilfe von Außen!
Der Junge hat jetzt wirklich lange genug gelitten.
Alles Gute

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Vielen Dank für die Antworten. Ich hatte letzte Nacht tatsächlich noch ein gutes Gespräch mit der Mutter, das beste Gespräch seit langem. Demnach hat sie ebenfalls ein Interesse, mir das Sorgerecht zu übertragen und würde dem keine Steine in den Weg legen. Das klang glaubwürdig und ist sehr positiv, sie ist halt auch davon frustriert dass sie merkt, dass das Kind die Verhaltensauffälligkeiten der Mutter gegenüber zeigt und wenn sie "an eine andere Bezugsperson übergibt" sich das Kind plötzlich "benimmt".

Ich glaube der Mutter, dass es keinen "Sorgerechts-Kampf" (nur des Gewinnens wegen, auf die weitreichende Verantwortung hat sie eh keine Lust) und das sie so viel Empathie mit dem Kind hat. Sowas soll man aber erst glauben, wenn es schon eingetreten ist, da bei einer solchen narzisstischen Persönlichkeitsstörung immer wieder alles andere der Selbsterhaltung des (makellosen) Selbstbildes untergeordnet wird und man in Beziehungen mit dem "Prinzip Hoffnung" bei Laune gehalten wird.

Natürlich habe ich mich heute morgen beim Kind für's Mund zuhalten entschuldigt, nachdem ich erklärt habe, was ich damit bezwecken wollte und warum es eine dumme Idee war.

Betreffend der Umgangszeiten mit dem Kind: Mir hat Corona mit Lockdown und Homeoffice den Weg geebnet, für's Kind da zu sein. Ich hätte ansonsten mein Kind kaum kennengelernt! Nun habe ich fast 100% Homeoffice und kann mir die Nachmittags-/Abend-Arbeitszeiten in der Regel frei einteilen. So verbringe ich die Zeit mit dem Kind, bringe das Kind auf den Spielplatz etc. und seit jeher habe ich die Strategie, was schönes mit dem Kind zu unternehmen falls die Mutter wütend/ überfordert ist. Und wenn das Kind etwas mit der Mutter unternimmt, dann ist es meist so, dass die Mutter da auch Lust drauf hat (Freundinnen mit Kindern die Spielkameradinnen sind besuchen etc.). Da bin ich dann auch glücklich drüber, da sie (obwohl es nicht selten beim bereit machen Stress gibt) unterm Strich gute gemeinsame Erlebnisse haben und es währenddessen auch vergleichsweise wenig Stress zwischen den Beiden gibt (im Gegensatz zu wenn sie zusammen zum Spielplatz gehen). Durch berufliche Ambitionen der Mutter sind wir so oder so sehr sehr viel alleine/ ohne die Mutter.

Tagsüber ist das Kind 7 Stunden im Kindergarten. Aus Sicht des Kindergartens gibt es keine dokumentierten Verhaltensauffälligkeiten. Das Kind ist sozial, spielt und tobt dort sehr gerne. Natürlich bin ich aber auch stärker sensibilisiert für die für uns spezifischen problematischen Verhaltensweisen und einige Dinge mögen aus Sicht der Erzieher auch etwas untergehen, da manch andere Kinder stärkere Verhaltensauffälligkeiten zeigen um welche die sich kümmern müssen. Einmal rief das Kind, es hasst seine Mutter, worauf mich eine Erzieherin bei der Abholung zur Seite nahm, um es mir zu erzählen. Da die Mutter dem Kind zuvor schonmal sagte, dass sie das Kind hasse, ist mir letztlich klar wo das her kam.

Es gibt Großeltern, die sich super und viel um das Kind kümmern.

Gemessen an den Umständen ist das Kind psychisch ziemlich stabil.

Das Problem mit der "Hilfe von Außen" ist, dass die Mutter mit der genannten Persönlichkeitsstörung praktisch "immun" gegen jede Selbstreflektion und Veränderungswillen an sich selbst ist und es bei ihr nur Wut und Abwehrmechanismen triggert, was dann alle inneren Konflikte nach außen projiziert und jedes konstruktive Gespräch in weite Ferne rückt. Die professionelle Hilfe müsste also nur bei mir und dem Kind ansetzen.

Bearbeitet von Sven1979
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Du klingst sehr reflektiert und mit einem guten Blick aufs Kind. Ich würde dir raten wegen des Sorgerechts schnellstmöglich zum Jugendamt zu gehen (bevor sich die Mutter das anders überlegt) und für dich und das Kind eine Erziehungsberatung aufzusuchen.
Und du siehst das schon richtig, eigentlich bräuchtet ihr Eltern Unterstützung , denn das Kind reagiert nur auf euch bzw. die Mutter. Aber da diese uneinsichtig ist, musst du versuchen, das irgendwie gut fürs Kind aufzufangen.

Ich arbeite mit verhaltensauffälligen Kindern und glaub mir, meistens sind die Kinder nicht das Problem. Die Eltern aber einfach unwillig/sehen ihren Anteil nicht. Deswegen versuche ich die Kinder zu stärken.

Ich wünsche dir alles Gute, bleib dran für dein Kind!

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