Schwere, aber wunderschöne Geburt im Geburtshaus (in Romanlänge 😅)

In der Nacht von Samstag auf Sonntag ist unser zweites Kind zur Welt gekommen ❤️ Ein Mädchen, ebenso wie ihr Bruder durch ICSI entstanden.

Zur Vorgeschichte:
Meine erste Geburt in der Klinik vor gut 2,5 Jahren war mit einer Dauer von 2 Stunden eine sehr flotte und einfache Angelegenheit, allerdings nicht so selbstbestimmt, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich durfte meine Position nicht selbst wählen, nach Gabe von Wehenhemmern habe ich kaum noch Wehen gespürt und die Austreibungsphase war dann im Grunde ein Powerpressen auf Ansage der Hebamme. Danach mussten wir noch eine Woche in der Klinik verbringen, die für mich wirklich schlimm war (extremer Schlafmangel, völlige Isolation dank Corona, gesundheitliche Probleme meines Kindes, kaum Körperkontakt, Stillprobleme, ständiges Abpumpen…). Ich mache deswegen niemandem Vorwürfe und wäre zur Geburt unserer Tochter auch wieder in diese Klinik gegangen, wenn es nötig gewesen wäre. Trotzdem habe ich mich im Nachhinein oft gefragt, ob das eine oder andere mit einer anderen Betreuung nicht besser hätte laufen können. Deshalb habe ich mich zu Beginn meiner zweiten Schwangerschaft früh für eine Geburt im Geburtshaus entschieden. Und nun weiß ich, dass diese Entscheidung goldrichtig war 🙂

Und nun zur Geburt selbst:
Ab Samstagmorgen (39+4) hatte ich unregelmäßig Wehen und bekam allmählich den Verdacht, dass es losgeht. Nachmittags wollten wir eigentlich noch zu einer Geburtstagsfeier fahren. In der Hoffnung, dass die Wehen mit etwas Ruhe regelmäßiger und kräftiger werden, schickte ich meinen Mann und meinen Sohn allein dorthin. Gegen 15.30 Uhr rief ich die Hebamme an, um sie schon einmal vorzuwarnen. Wir vereinbarten, dass ich mich wieder melde, wenn die Wehen regelmäßiger kommen. Erst einmal legte ich mich aufs Sofa und machte einige Entspannungsübungen. Dadurch ließen die Wehen allerdings wieder nach. Wenn ich umherlief, wurden sie wieder stärker. Ich beschloss, mit der Bewegung noch zu warten, bis mein Mann und mein Sohn auf der Feier abends gegessen hatten und sich auf den Rückweg machten, und bat meine Mutter, gegen 19 Uhr zu kommen, um unseren Sohn zu betreuen. Als dann alle da waren, kamen die Wehen auch prompt im 4-Minuten-Takt. Das hat mir wieder gezeigt, was für eine große Rolle der Kopf bei der Geburt spielt. Ich rief die Hebamme an und sie war wie ich der Meinung, dass wir uns auf den Weg machen sollten, da meine erste Geburt so schnell gegangen war und sich die zweiten ja in der Regel noch weniger Zeit lassen. Gegen 20 Uhr waren wir im Geburtshaus.

Dort wurden wir herzlich von der 1. betreuenden Hebamme und einer Hebammenschülerin empfangen, die ebenfalls bei der Geburt dabei sein sollte. Wir richteten uns erst einmal ein und schwatzten etwas mit den beiden. Um die Wehen wieder anzuregen, die während der Fahrt nachgelassen hatten, fing ich danach an, durch das Geburtshaus zu wandern. Mal stellte ich mich ans offene Fenster und sog die Stimmung der abendlichen Großstadt auf, mal wippte ich etwas auf dem Pezziball und ließ das Becken kreisen, mal stützte ich mich auf Wickeltisch oder Sprossenwand, um eine Wehe zu veratmen. So verbrachte ich etwa eine Stunde allein und alle ließen mir diese Ruhe. Untersuchungen oder CTGs gab es nicht. Die Hebamme hatte nur zu Beginn einmal die Herztöne des Babys abgehört.

Meine erste Geburt wäre zu diesem Zeitpunkt schon vorbei gewesen - die zweite fing gerade erst richtig an. Damit war also schon einmal klar, dass ich die Norm nicht erfüllen würde 😅 Als die Wehen schmerzhafter wurden, ging ich zurück zu meinem Mann in den Geburtsraum. Dort hörte die Hebamme noch einmal die Herztöne ab, erkundigte sich, was wir brauchen, und zog sich dann wieder zurück, weil ich lieber noch etwas mit meinem Mann allein sein wollte. Er massierte mir nun bei jeder Wehe den unteren Rücken, was die Schmerzen viel erträglicher machte. So ging es noch ein Weilchen. Langsam fing ich an zu tönen und es wurde anstrengend. Die Hebamme kam zurück und blieb, kontrollierte ab und an die Herztöne, hielt sich bis auf ein paar bestärkende Worte sonst aber im Hintergrund. In dieser Phase kam ich im Vierfüßlerstand auf das Bett gestützt am besten mit den Wehen zurecht. Mein Mann saß zuerst neben mir und massierte mir weiter fleißig den Rücken, später saß er vor mir auf dem Bett, sodass ich meine Arme um ihn legen konnte (und ihn bei besonders fiesen Wehen fast zerquetschte - was er charmanterweise aber leugnet 😁). Irgendwann fingen mir in dieser Position allerdings die Beine an zu zittern und ich konnte die Wehenpausen kaum noch zum Krafttanken nutzen. Ich merkte, wie ich bei den Wehen immer mehr verkrampfte und immer schlechter atmete. Die Pausen wurden auch immer kürzer. Daraufhin schlug die Hebamme vor, es einmal mit dem Gebärhocker zu probieren. Das fühlte sich in der nächsten Wehe aber völlig falsch an. Danach versuchten wir es mit der Seitenlage. Die Entspannungspausen waren himmlisch, die Wehen dafür fast unerträglich, ich hatte unglaubliche Rückenschmerzen. Also zurück in den Vierfüßler. Auch nicht mehr viel besser. Die Wehen waren jetzt wirklich intensiv und ich wollte, dass nun endlich mein Kind kommt. Inzwischen war auch die zweite betreuende Hebamme im Geburtshaus eingetroffen. Die Fruchtblase war immer noch nicht geplatzt, und das obwohl mir vorher vom Chefarzt der Plan-B-Entbindungsklinik prophezeit worden war, dass es aufgrund meines vielen Fruchtwassers wahrscheinlich wie bei meiner ersten Geburt mit einem Blasensprung losgehen würde. Von wegen - die Blase hielt sich hartnäckig. Ich fragte die Hebamme, ob es nach dem Blasensprung leichter sein würde, und sie meinte, dass es dann zumindest meist schneller geht. Also bat ich sie, sie zu öffnen. Sie wollte mich vorher erst untersuchen und stellte fest, dass der Muttermund 8 cm auf war, der Rest allerdings problemlos vom Köpfchen weggeschoben werden würde (das war die erste und einzige vaginale Untersuchung während der gesamten Geburt). Das manuelle Öffnen der Fruchtblase klappte allerdings nicht und ich kämpfte mehr und mehr mit den Schmerzen. Von meiner ersten Geburt kannte ich die in der Form nicht, das hier war etwas völlig anderes. Die Hebamme äußerte deshalb den Verdacht, dass sich das Baby vielleicht falsch eingedreht hat. Sie fragte auch, ob ich den Drang hätte zu schieben. Hatte ich nicht so richtig, bei meiner ersten Geburt allerdings auch nicht, also versuchte ich es einfach, und dann ging es tatsächlich etwas besser vorwärts. Die Herztöne des Babys waren die ganze Zeit absolut tiefenentspannt. Nach ein paar weiteren Wehen platzte endlich mit einem großen Peng die Fruchtblase. Meinen Mann, den ich umklammert hielt, spürte ich lachen - hören konnte ich es wegen meines eigenen Geschreis nicht 😅 Kurz danach schlug die Hebamme vor, für die nächste Presswehe ein Bein aufzustellen. Ich war skeptisch, befürchtete noch mehr Schmerzen, aber es war ein wunderbarer Tipp. Dadurch schien sich irgendwo ein neuer Winkel aufzutun und das Köpfchen kam voran. Nach eins, zwei weiteren Wehen fragte sie, ob ich probieren wolle, mich umzudrehen, in eine tiefe Hocke zu gehen und mich rücklings auf meinen Mann aufzustützen. So kam meine Kleine dann um 2.01 Uhr auf die Welt. Ich spürte, wie der Kopf austrat. Es brannte unglaublich - der berühmte Ring of Fire. Ich wollte einfach nur weiter pressen, die Wehe war aber eigentlich schon vorbei. Die Hebamme bremste mich, um das Gewebe zu schonen. Ich hielt inne. Mit der nächsten Wehe wurde der Kopf geboren. Wieder Warten auf die nächste Wehe. Mit dem Körper kam noch einmal das gleiche Brennen, ich machte wieder langsam, und dann endlich, endlich war meine Tochter geboren, zusammen mit "Niagarafällen" von Fruchtwasser, wie es die Hebamme später beschrieb 😁 Die Kleine war unfassbar schön: kein zerknautschtes Gesicht, kein langgezogener Kopf, keine Käseschmiere. Einfach nur ein perfektes, rosiges Baby. Die Hebamme reichte sie mir hoch und half mir zusammen mit meinem Mann aufs Bett. Dann wurde erst einmal gekuschelt. Das waren Momente purer Glückseligkeit. Ich war so froh, die Schmerzen los zu sein und meine gesunde Tochter auf der Brust zu haben, und auch die Hebammen waren froh und glücklich und versuchten zu ergründen, auf welchem abenteuerlichen Weg sich mein Kind hier gerade durch den Geburtskanal bewegt hatte: der Kopf schräg, danach hätten sich die Schultern einstellen müssen, taten sie aber wohl nicht richtig, sodass der Rücken nicht normal gebeugt ausgetreten ist, sondern eher gerade. Wahrscheinlich aufgrund der großen Fruchtwassermenge, durch die mein Kind sehr viel Platz für Bewegung hatte. Eins war für mich auf jeden Fall klar: Es hatte verdammt wehgetan 😅 Mein Mann durchtrennte die Nabelschnur, nachdem sie völlig auspulsiert war. Etwas später kam noch eine kräftige Wehe und ich drückte die Plazenta hinaus. Daraufhin kam es zu einer relativ starken Blutung. Die zweite Hebamme bereitete eine Oxytocin-Spritze vor, um sie zu stillen, das war dann aber doch nicht nötig. Also hatte ich die gesamte Geburt auch ohne einen einzigen Pieks oder irgendwelche Medikamente überstanden. Ich wollte eine natürliche Geburt und habe sie bekommen.

Meine Tochter hatte in der Zwischenzeit angefangen, nach meiner Brust zu suchen, und fing auch direkt an, kräftig zu saugen. Nachdem ich mit meinem Sohn aufgrund großer Stillprobleme ein sehr schweres Wochenbett gehabt hatte, war das für mich noch einmal ein ganz besonderer Moment.

Danach verbrachten wir noch eine ganze Weile im Bett. Ich trank einen ganzen Krug Wasser leer und aß eine Suppe, die wir mitgebracht hatten. Die Hebamme fragte, ob wir zuschauen wollen, wenn sie die Plazenta untersucht. Wollten wir, also zeigte und erklärte sie uns alles. Sie untersuchte mich noch, um nach Geburtsverletzungen zu schauen, meinte aber schon, dass es sich nicht so angefühlt hätte, als sei ich gerissen, und so war es auch (die zweite Geburt ohne Riss!). Ich hatte lediglich ein paar Schürfungen abbekommen. Die U1 machte sie ebenfalls direkt vor uns auf dem Bett: Unsere Tochter war gesund und munter, 49 cm lang, Kopfumfang 33 cm - die gleichen Maße wie damals bei ihrem Bruder, der drei Wochen früher auf die Welt gekommen war - dafür war sie mit 3.740 g allerdings genau 750 g schwerer. Die Hebamme machte Abdrücke von beiden Füßen und ging hinaus.

Im Hintergrund hörten wir einen Sektkorken knallen. Kurz danach kamen die zwei Hebammen und die Hebammenschülerin mit einem Tablett mit einer Kerze, fünf Gläsern alkoholfreiem Sekt und ein paar kleinen, sehr sehr schönen Geschenken für das Baby und den großen Bruder um die Ecke. Außerdem lag die Karte mit den beiden Fußabdrücken dabei, auf deren Rückseite sie noch eine persönliche Botschaft geschrieben hatten. Sie gratulierten uns alle noch einmal und wir stießen an.

Dann wurde es langsam Zeit, den Heimweg anzutreten. Vorher wollte mich die Hebamme noch zur Toilette begleiten, um zu schauen, ob ich Wasser lassen kann. Den ersten Versuch mussten wir abbrechen, da mein Kreislauf nicht mitmachte. Ich hatte etwa 600 ml Blut verloren. Ich legte mich wieder hin und trank noch eine Limo. Ein paar Minuten später ging es dann, ohne dass mir schwarz vor Augen wurde. Ich zog mich an und mein Mann unsere Tochter. Nachdem wir unsere Sachen gepackt und sie in die Babyschale gelegt hatten, gingen wir los. Die Hebamme bot mir für den Weg zum Auto einen Rollstuhl an, ich lehnte aber ab, da ich testen wollte, ob ich es zu Hause bis in unsere Wohnung schaffen würde, und es ging problemlos. Dann fuhren wir durch die Nacht nach Hause. Inzwischen war es 5 Uhr. Dort begrüßte uns die Oma, die kein Auge zugetan hatte und ihr viertes Enkelkind sehr gerührt begrüßte. Danach legten wir uns mit unserer Tochter noch für ein Stündchen ins Bett. Die Sonne ging auf, unser Sohn wurde wach und es begann ein neuer Tag für unsere Familie, die über Nacht um einen kleinen Menschen größer geworden war.

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1

Sehr schöner Bericht. Alles Gute 🥲

2

Ach wie schön 😭😭🩷 Glückwunsch zu eurem Familienzuwachs 🍀🍀🍀🍀

3

Danke deinen schönen Bericht! Herzlichen Glückwunsch zur Geburt:)

4

Wow, wow, wow!
Stark!
Und wunderbar beschrieben!
Könntest Autorin sein?!😍
Herzlichen Glückwunsch zur Geburt!
Sowas liest man gern:)
Bin schon ganz aufgeregt und freue mich sehr auf die zweite Geburt. Heute ET-18, wir planen eine Hausgeburt, wie schon beim ersten Baby, was auch ein absoluter Traum war😍❤️

7

Vielen Dank! Zur Autorin reicht's nicht, aber ich verdien mein Geld mit dem Schreiben von Texten, ich hab also ein bisschen Übung 😉

Ich wünsch dir eine schöne und reibungslose Hausgeburt!

10

Danke ☺️

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Wunderschöner Bericht (auch wenn ich persönlich niemals im Geburtshaus entbinden wollen würde)❤️ herzlichen Glückwunsch zur Geburt 🎉🍀

8

Das ist auch eine Entscheidung, die für jeden ganz persönlich passen muss. Danke dir!

6

Wunderschöner Bericht ! 🫶

Alles liebe euch noch

Ja Geburtshaus ist so toll , selbstbestimmt ohne große Untersuchungen mit eigener Kraft das Baby auf die Welt zu bringen 🫶

Wünschte ich hätte mich bei meinen Kids eher getraut , leider erst bei Kind 4 die Erfahrung machen dürfen !

9

Freut mich, dass es für dich auch so eine gute Erfahrung war! Ganz lieben Dank.

11

Wunderschöne Geburt.
Sehr schön geschrieben!
Ich wünsche euch als Familie alles gute

12

Ich hab beim lesen vor Freude geheult 🥺🥺. Alles Gute!