Autismus? Sind Erfahrene hier ?

Hallo.
Ich habe eine Tochter (11) die immer mehr (sichtbar) auffällig ist.
Jetzt sprach mich eine Fachkraft an, ob ich nicht Mal an Autismus, oder eine in die Richtung gehende Störung gedacht habe.
Ich erzähle einfach Mal, wie sie agiert:

Sie hat die offizielle Ads Diagnose, eingestellt auf Medikinet. Ohne Medikamente hat sie eine ganz klare 15 Minuten Grenze. Lernt man zb mit ihr drüber, kann man eigentlich von vorne anfangen.
Sie hat massive Wutanfälle wegen den kleinsten Dingen wobei sie selber kommuniziert, das sie null weiss wohin mit ihrer wut.

Sie ist sprachlich und vom Wortschatz sehr viel weiter als normal, dies fiel auch bei den Testungen auf

Sie ist sozial sehr engagiert, leider auch hier eher "ungefiltert" und grübelt lange und oft über die Probleme anderer und sorgt sich massiv.

Das massivste Problem ist aber, sie kommt null, wirklich gar nicht mit den kleinsten Veränderungen zurecht. Neue Farbe an der Wand? Wutausbrüche, Tränen, 2 Wochen schlecht schlafen (ehrlich)
Neuer Esstisch? Drama !!!
Vorgestern eine größere Anschaffung, für sie als Kind super, die Möglichkeit für sie wirklich toll. Sie ist völlig ausgerastet. Und damit meine ich wirklich völlig. Mit heulen, wüten, usw. 2 Stunden lang.
Nächsten Tag habe ich sie mir alleine geschnappt da konnte sie "filtern" und überlegen.

Änderungen in der Tagesplanung? Ganz schlimm.
Dabei zerstört sie auch Dinge, wirft um sich usw.


So. Sind vlt Leute hier sie sich auskennen und mir eine grobe Einschätzung geben können? Ich weiss das ersetzt keinen Arzt und checken lasse ich es eh. Aber..nur für mich?
Danke.

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Autismus ist einfach sehr viel mehr als das, was man üblicherweise überall liest. Autismus ist nicht nur ein auffälliges Verhalten - der gesamte Körper ist auffällig. Du beschreibst ein auffälliges Verhalten. Sicher, ein Autist KÖNNTE sich so verhalten, muss er aber auch nicht. Ich habe 2 Kinder mit Autismusdiagnose … aber so ein Verhalten haben sie nie an den Tag gelegt, noch nicht mal ansatzweise. Autisten sind auch nur Menschen mit ganz vielen verschiedenen Eigenschaften, die sie haben oder nicht haben …

Und bei einem Kind, welches bekanntermaßen seit 11 Jahren derartige Probleme mit jeglicher Änderung hat … warum ändert ihr etwas ohne es vorher immer wieder anzukündigen und darüber zu sprechen? Setzt euch jeden Abend eine halbe Stunde hin und besprecht den nächsten Tag, die nächste Woche, den nächsten Monat … eben alles, was ihr schon wisst. Macht Kalender und tragt dort alles ein. Hängt den Kalender so, dass jeder ihn einsehen kann.
Besprecht jeden Kauf im Voraus und plant ihn exakt. Zeigt immer wieder dem Kind, wie das neue Teil aussehen wird. Schneidet notfalls ein kleines Bild aus oder druckt es aus und legt es an die Stelle.

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…die Autismusdiagnose kann dir nicht helfen. Nur du kannst deinem Kind helfen. Dein Kind wird nicht anders - egal ob mit oder ohne Diagnose.

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Eine Diagnose, wir auch immer sie aussieht, hilft schon.
Ich bemühe mich zb für sie einen Psychologen zu finden. Immer bekomme ich zu hören das ohne eine Diagnose nix zu machen ist. Oder auch für mich/ die große Schwester damit wir auch damit richtig umgehen lernen
Eine gewisse Routine hat man ja, wobei die Ausbrüche deutlich exzessiver geworden sind.
Mein Kind bleibt mein Kind. So oder so liebe ich sie
Aber vlt kann ich ihr dann gezielter helfen ? Weiss ich nicht.

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Hey!

Mal kurz aus meiner eigenen Medikinet-Erfahrung: Wann hat sie diese Aussetzer?
Stunden nach der Medikineteinnahme?
Klar, könnte es sich um den Meltdown eines Autisten handeln. Aaaber: ADS-Patienten können auch einen Rebound haben, wenn die Wirkung des Medikamentes nachlässt. Ich kenne das selbst von mir- Halleluja. Ich merke das natürlich und flippe nirgendwo aus. Aber ein Kind?
Sprecht eure Beobachtung mal bei dem Psychiater an, der eurer Tochter die Medikamente verschreibt.
Ist sie denn sonst auffällig? Sozialverhalten, Augenkontakt, Freundschaften?

Liebe Grüße
Schoko

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Hallo!

Mein Sohn (9) hat mit 6 die ADHS-Diagnose bekommen und gerade wurde zusätzlich Asperger diagnostiziert. Er ist ebenfalls auf Methylphenidat eingestellt. Zuerst bekam er auch Medikinet bzw. Medikinet Retard, aber leider reichte da die Wirkdauer nicht.

Alleine von dem was du berichtest sehe ich viele Parallelen zu meinem Sohn. Wenn dein Gefühl dir sagt, dass da was ist, dann lass sie testen. Ich brauchte diese Gewissheit auch.

Liebe Grüße

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Wie schon gesagt, kann sein muss nicht sein. Unsere Tochter ist im Autismus-Spektrum (alt: Asperger) und sie reagiert auf Veränderungen auch so wie Du deine Tochter beschreibst. Und leider lässt sich nicht jede Veränderung vermeiden. Die Reaktionen sind dann heftiger, wenn auch andere Dinge für sie "aus dem Lot" sind. (Momentan ist z.B. ihre Klassenlehrerin für länger erkrankt und sie haben jeden Tag andere Lehrer - das spiegelt sich sofort in ihrem Verhalten wieder, ihr Akku ist schneller leer und sie hat weniger Kapazitäten für andere Veränderungen). Seit mehreren Monaten möchte sie ein neues Bett (ein Hochbett), aber gleichzeitig darf ihr Zimmer nicht verändert werden - ein unlösbares Problem, was sich erst mit ganz viel Zeit lösen wird. Was hat die Diagnose uns gebracht? Zunächst einmal die Erleichterung, dass es nicht an uns liegt, dass wir keine schlechten Eltern sind.

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Guten Morgen.

ich habe deinen Post schon gestern gelesen, wusste aber nicht so recht was ich dir antworten soll. Zu meinem Kind (10) gibt es unheimlich viele Parallelen.

Auch mein Sohn kommt mit Veränderungen nur sehr schlecht zurecht. Leider kann man nicht immer alles planen und vorhersehen, bspw. wenn in der Schule plötzlich ein anderer Lehrer vor dem Kind steht, als im Stundenplan.

Er ist unglaublich unempathisch und unsozial. Er bietet niemals Hilfe an. Wenn die Lehrerin die Schüler bittet jemandem zu helfen, fühlt er sich nicht angesprochen. Wenn jemand hinfällt, er würde darüber steigen. Demjenigen aufzuhelfen kommt ihm einfach nicht in den Sinn.

Er hat 1-2 Freunde, aber alle anderen Kinder interessieren ihn absolut nicht. Gar nicht! Sie existieren für ihn schlichtweg nicht.

Er hat ein extrem umfangreiches Wissen über griechische und nordische Götter. Er weiß gefühlt alles darüber.

Ich könnte noch ewig weitererzählen. Viele Sachen fallen mir so gar nicht weiter auf, weil mein Vati, mein Bruder und ich recht ähnlich ticken, aber mein Sohn toppt halt alles nochmal um ein gutes Stück.

Er geht seit 10 Wochen, Wunsch der Schule, zur Psychotherapie aufgrund einer sozialen/ emotionalen Störung. Seit letzter Woche steht Asperger im Raum. Wir werden dies auf jeden Fall testen lassen. Ich möchte einfach wissen, was mein Kind hat. Wir kommen super klar mit ihm, aber sein Umfeld leider nicht. Es wäre einfach schön, wenn man eine Diagnose hätte, auf die man sein Verhalten ein Stück weit schieben könnte. Ich weiß, das klingt nach einer Ausrede, aber die ständigen Beschwerden seiner Schule machen mir echt zu schaffen. Ich erhoffe mir, dass es danach einfacher wird, auch weil er einen Schulbegleiter bekommen soll und „nur“ mit einer sozialen/ emotionalen Störung ist es hier bei uns quasi unmöglich einen zu bekommen. Mit einer Asperger/ Autismus Spektrum Störung wäre es so viel einfacher. Mein Kind würde sich dann hoffentlich besser in das Schulleben einfügen und die Mitschüler hätten ebenfalls mehr Ruhe im Unterricht.

Leider kann ich dir nicht wirklich helfen. Wir stehen auch noch ganz am Anfang. Aber ich wünsche euch auf jeden Fall alles Gute.

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Liebe ChaosElsen,
unser Sohn ist diagnostizierter Autist und schon 51, allerdings ist er so schwer betroffen und hat noch hie und da andere Wehwehchen, dass er noch bei uns wohnen muss.

Jorge war schon immer sehr auffällig und ich habe geahnt, dass etwas mit ihm nicht stimmt.
Er hat bis er acht Jahre alt war eingenässt und ins Bett gemacht, außerdem bestand er darauf, mit einem Lederkoffer mit rostigen Beschlägen vom Dachboden zur Schule zu gehen, auch wenn die anderen Kinder dafür ausgelacht haben.

Er ist hochbegabt (IQ 130) und zeigt ein ausgeprägtes Interesse an Kunst und der deutschen Sprache (er ist Savant) und sagt das auch dauernd, das ist so eines der ersten Dinge, die er erwähnt, wenn er jemand neuen kennenlernt. Allerdingst wird sehr schnell deutlich, dass er dafür an einfachsten Alltagsaufgaben wie das binden der Schuhe und eine angemessene Kleiderwahl scheitert (er ist ein Savant und trägt nur geblümte Sakkos ohne Hemd darunter, wenn man ihn lässt :-D)

Er regt er sich dann auch auf und wird sehr sauer, wenn etwas nicht nach seinem Willen läuft. Die anderen merken halt recht schnell, wie etwas mit ihm nicht stimmt und machen sich leider über ihn lustig, wenn sie intolerante Menschen sind.

So haben wir neuerdings die Polizei vor der Tür gehabt, weil Jorge sich im Internetz mit Leuten angelegt hat, die ihn nur verhohnepiepelt haben und unsere Adresse veröffentlich hat, dass die herkommen und sich mit ihm Schlagen sollen. Zum Glück hat sich das Problem jetzt gelöst.

Zeigt deine Tochter denn noch andere Auffälligkeiten, wie zum Beispiel mit dem Essen oder das nicht ignorieren können von Provokationen bzw. Frustrationen? Eine Fachärztliche Diagnose kann hier hilfreich sein, auch wenn es an die Beantragung von weiteren Hilfen, wie beispielsweise einen Therapiehund, geht.

Liebe Grüße und viel Kraft,
Marlies

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Ja das kann schon sein.
Ich habe selber ADS, Asperger und emotional-instabile PS. Es gibt da allgemein so viele Überschneidungen dass sehr viele "neurodiverse" mehrere Diagnosen haben.
"Reine" AD(H)S ler die solche Probleme mit der Ändernung von Routinen etc. haben, kenne ich eigentlich nicht.
Autisten schon. Da gehören ja Routinen auch zu den Diagnosekriterien.
Ich habe heute (mit 40) noch Probleme wenn sich Dinge in meiner Umgebung ändern etc. so schlimm dass bei einem falschen Joghurt einen Meltdown bekomme ist es aber nicht mehr.

Im Endeffekt ist es egal was man für ein Label draufklebt, wichtig ist dass man lernt die Emotionen zu regulieren.
Ich fand DBT dabei am hilfreichsten die hat mir echt das Leben gerettet, glaube für die Diagnose emotional-instabil muss man mindestens Teenager sein, bei Kindern wird die nicht vergeben. Und man muss auch erste einen Therapeuten finden der das macht. Abmulant ist ganz schwierig, ich bin dafür dann auch stationär gewesen.

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Hallo,

Ich bin Mami eines Asperger Mädchens. Was Du beschreibst könnte auf Autismus hindeuten, muss es aber nicht. Dies können nur Fachleute herausfinden.

Aber ganz unabhängig davon, beobachte Dein Kind und schau was es braucht. Wenn sie keine Veränderung möchte dann verändere nichts. Plane die Tage ganz genau und bereite sie auf alles gut vor. Sorge dafür dass es möglichst keine Plan Änderungen gibt. Wenn ihr an unbekannte Plätze geht gib ihr Zeit alles anzuschauen.

Ich könnte Dir jetzt 1.000 Tipps geben, aber das würde den Rahmen sprengen. Kannst mich aber gerne anschreiben.

Liebe Grüße
Sunny