Immer Streit - beide zu rechthaberisch

Hallo liebe Expertin,

ich hätte auch gern einen Rat von Ihnen. Mein Mann und ich lieben uns sehr und haben auch ein Baby, aber wir streiten und viel zu viel. Keiner von uns beiden kann mal zurückstecken, wir sind beide sooo rechthaberisch. :-[

Wenn einer eine Meinung vertritt, versucht der jeweils andere, ihn auf Teufel komm raus umzustimmen. Daraus entwickelt sich immer Riesenstress.

Wenn wir zB bei einer Entscheidung über das Baby uneins sind, kann man auch nicht normal diskutieren. Eine fühlt sich angegriffen und schießt dann zurück, einer ist beleidigt und fühlt sich verletzt usw. Und schon ist wieder Riesenstreit.

Wenn wir uns wieder vertragen, versprechen wir uns jeden Mal hoch und heilig, respektvoller miteinander umzugehen und dem anderen seine Meinung zu lassen.
Warum können wir das nur nie durchhalten??

Wir ärgern uns beide, dass wir so sind. Warum kann bloß keiner zurückstecken ?? #klatsch Jeder meint, der andere würde ihn unterdrücken ...

Ich hoffe wirklich, Sie haben einen Rat für mich. Ansonsten läuft nämlich alles prima in der Beziehung und wenn wir einer Meinung sind, sind wir ein Herz und eine Seele.

Vielen lieben Dank schon mal für Ihre Antwort!

Viele Grüße
Nele mit Anton *3.8.

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Willkommen im Leben. :-)

Die Art miteinander zu streiten ist meistens der Knackpunkt in Beziehungen. Bei "gutem Wetter" mag man ja ein Herz und eine Seele sein, ist man allerdings unterschiedlicher Ansichten, treten die Misstöne und Spannungen zutage.
Wichtig ist bei Streitigkeiten, die unterschiedlichen Ansichten sachlich und ruhig zuvertreten, Tatsachen und Fakten fair, von beiden Seiten und in gegenseitigem Respekt zu beleuchten.
Dinge und Umstände können immer unterschiedlich bewertet oder gewichtet werden, das liegt in der Natur des Menschen und seiner Subjektivität. Der gegenseitige Respekt sollte es dabei aber gebieten, dem anderen zuzuhören, nicht stur auf seinem eigenen Standpunkt zu beharren und auch mal sich und dem anderen einzugestehen, wenn man mal daneben lag.
Das wichtigste ist aber: Reden, bzw. die Bereitschaft signalisieren, dass man ein Problem auch konstruktiv und in gegenseitigem Respekt angehen möchte. Das ist fair und partnerschaftlich.
Reden ist Gold, Schweigen ist Müll.

Viele Grüße

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Liebe Nele,

als ich Ihre Zeilen gelesen habe, sah ich im Geiste das Bild eines Tanzes vor mir.
Ich glaube nämlich nicht, dass Ihr Problem etwas mit Rechthaberei zu tun hat.
Sie haben sich ja schon so sehr bemüht, die Auseinandersetzungen zu meiden, bisher erfolglos.
Und wenn "trotz besten Willens" keine Veränderung eintreten will, steckt da oft etwas anderes dahinter.
Und nun komme ich zu dem Tanz:
Könnte es sein, dass Sie beide - so wie man sich beim Tanzen manchmal ganz nahe kommt - manchmal ZU NAHE kommen? Wenn das so wäre, dann müssen Sie sich immer wieder "wegschubsen", damit jeder seine eigenen Schritte tun kann. Ansonsten treten Sie sich ständig auf die Füße.
Und wenn man sich dessen nicht bewusst ist, dann fällt der Schwung, mit dem man den anderen von sich stoßen muss, eben ein bisschen kräftiger aus.
Untersuchen Sie deshalb bitte einmal, ob Sie beide nicht zu eng in den guten Zeiten miteinander sind.
Das ist ja die Herausforderung jedes Paares: Einen guten Ausgleich zu finden zwischen den Bedürfnissen nach Freiheit UND den gleichzeitig bestehenden Bedürfnissen nach Bindung.
Treffen Sie sich denn auch einmal allein mit Freundinnen? Geht Ihr Partner allein mit einem Freund zu einer Veranstaltung?
Das muss nicht wöchentlich sein. Aber jeder von Ihnen braucht auch das Gefühl, trotz der Familie, die an erster Stelle steht, auch noch ein autonomes Individuum zu sein.
Vielleicht brauchen Sie sich nicht mehr so "auseinander zu schubsen", wenn Sie freiwillig "ein bisschen Luft" zwischen sich lassen.

Ich hoffe, ich habe mit meiner Einschätzung den "Knackpunkt" bei Ihnen getroffen.

Alles Gute wünscht Ihnen

Barbara Kiesling