Rückstellung ja oder nein

Hallo ihr Lieben,

unser Sohn wird Mitte Juli 6 Jahre alt und wäre somit schulpflichtig. Wir Eltern sehen/sahen ihn dort noch lange nicht, daher gab es Gespräche mit der Schulleitung, die eine Rückstellung genehmigen wird, wenn der Kinderarzt dies auch befürwortet. Termin steht noch aus.

Nun ist es jedoch so, dass meinem Mann Zweifel kommen, da unser Sohn aktuell einige Fortschritte macht. Einige Punkte als Strichpunkte:

-er traut sich noch nicht, Kindergartenbus (7 Kinder) zu fahren, was soll dann mit dem Schulbus (ca 30-40 Kinder) werden? Letzte Woche wollte er jedoch mal mit mir zusammen Kita-Bus fahren, was wir demnächst angehen
- er war erst bei einem Freund alleine zu Besuch, sonst geht er nur mit meiner Anwesenheit. Auch hier tut sich aktuell etwas, er war neulich eine Stunde bei einem weiteren Kind alleine im Garten spielen. Kindergeburtstag alleine ist weiterhin undenkbar
- er traut sich noch nicht, alleine einen Verein zu besuchen. Auch wenn ich dabei bliebe (am Becken- oder Hallenrand), traut er sich nicht
- er bewegt sich nicht frei im Haus. Im Hellen geht er nicht alleine in andere Etagen, im
Dunklen bleibt er nur im gleichen Raum wie ich
- bis vor einem Jahr sprach er nur mit ihm bekannten Personen, dies bessert sich gerade deutlich
- in die Kita geht er aktuell gerne, vor 1,5 Jahren war es jedoch noch so schlimm dass ich eine zweite Eingewöhnung machen musste. Nach einem kleinen Vorfall (ein Sturz, nicht dramatisch) war er so traumatisiert, dass er die Kita verweigerte und eine richtige Angststörung entwickelte, die nach der erneuten sehr langen Eingewöhnung (ca 3 Monate) besser wurde
- er hat in der Kita Freunde, die dieses Jahr eingeschult werden, die Freundschaften sind aber eher fragil. Einer der zwei Freunde haut und beißt ihn regelmäßig, der zweite ist meinem Sohn ein Anker weil er sehr selbstbewusst ist. Die beiden haben aber wenig gemeinsame Interessen und es kommt nur alle +-4 Wochen zu Spielverabredungen.
-er ist kognitiv durchschnittlich entwickelt, interessiert sich für vieles und ist sprachlich sehr fit. Schulische Themen interessieren ihn mäßig, er kann noch keine Buchstaben schreiben, zeigt noch kein Interesse an Lesen lernen o.ä. Rein kognitiv würde er die Schule gut bewältigen können
- er ist noch ziemlich verspielt
- er schläft im Elternbett, schläft nur mit viel Körperkontakt ein, schläft selten durch, hat viele Alpträume
- hat panische Angst vor Puppen, Spinnen und weiterem (schon einer Phobie ähnelnd), zerdenkt vieles („wir fahren mit der Kita zum Ausflug. Was ist wenn ich da Bauchweh kriege? Was mache ich wenn ich auf Klo muss? Was mache ich wenn ich Heimweh bekomme?“)
- er somatisiert immer wieder mal, wenn etwas Neues ansteht, wenn in der Kita etwas vorgefallen ist etc. „Ich kann heute nicht in die Kita, ich habe Bauchweh“
- Therapien bisher keine, da ich einen therapeutischen Beruf habe und wir Fortschritte sehen. Bei Rückschritten würden wir natürlich Hilfe suchen (was wir zb in der Phase der Kita-Verweigerung taten)


Zusammengefasst: es gibt viele soziale und emotionale „Baustellen“, es gibt aber auch aktuell eine positive Entwicklung.
Was denkt ihr darüber? Wie würdet ihr entscheiden? Ich halte die Entwicklung für toll, aber fragil, mein Mann sieht es anders, würde den Schritt der Rückstellung aber mitgehen. Ich bin nun irritiert, will nichts übertragen oder falsch entscheiden. Daher würde mich objektives Feedback sehr freuen

Bearbeitet von Inaktiv
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Ich würde dringend einen Kinderpsychologen aufsuchen. Das Verhalten liest nicht absolut nicht normal und ich glaube auch nicht, dass es sich "nur" durch ein Jahr länger Kiga einfach doo verbessern würde, dass eine Rückstellung Sinn macht. Er ist ja nicht verspielt oder kognitiv nicht weit entwickelt oder hat Probleme seine Emotionennzu regulieren, sondern echt massive Auffälligkeitennin Richtung Angststörung.
Ich habe immer wieder ängstliche Schüler und co., aber ich glaube das in diesem Fall die Entscheidung Einschulung oder nicht dringend von Fachpersonen beurteilt werden sollte. Und nein, das bist du als Mama nur sehr bedingt - kenne ich als Lehrerin und gleichzeitig Mama von einem behinderten Kind nur sehr gut. Man ist da nicht objektiv, egal wie sehr man das versucht.

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Ja du hast recht, ich bin nicht objektiv.
Bisher haben wir uns mit dem Kita-Sozialarbeiter ausgetauscht, Psychologe bisher noch nicht. Ich schließe es aber nicht aus, das zu tun wenn wir in einem Dreiviertel Jahr noch da stünden wo wir jetzt stehen.

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In einem Dreivierteljahr ist es aber zu spät, um etwas für das nächste Jahr zu verbessern! 😲

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alles was Du beschreibst sind Wesenheiten. - Schüchtern, etc...
Das Sozial-Miteinander und ob man den Schulstoff packt sind eher Kriterien. -- Schüchtern, teils Verschüchtert sind viele Kinder und sie werden sicherer, sobald das Umfeld gewohnter wird.

Ich kann dir nur mitteilen, wie krass ich die Zeit von Mai bis September bei meinem Sohn damals empfunden habe.
KLein. Extrem schüchtern, ruhig, schnell ängstlich beim 6. Geburtstag im Mai sodass ich mir ebenfalls extrem Sorgen in Richtung Schulanfang gemacht habe .... -- und bei der Einschulung einfach ein komplett gereifteres Kind. -- in diesen 4-5 Monaten hat sich soooooooooooo viel getan. Die Enwicklungssprünge waren echt heftig. Ausserdem waren ihm die Freunde wichtig und ein Anker, die zum gleichen Jahr eingeschult wurden.

Tatsächlich ist mein Sohn heute noch sehr ruhig und schüchtern und kein Draufgänger. Er ist mittlerweile 15. Manche Dinge sind einfach CHaraktersachen, mit denen man lernen muss umzugehen, statt auszuweichen (wie z.B. Rückstellung).

Wie sieht es die Erzieherin im Alltag ohne die Sachen, die Du gerade aufgezählt hast? Wie war die Einschulungsunersuchung?
Daheim sind Kinder oft anders als im Kindergarten. Meine Tochter z.B. ist zuhause: laut, schnell, Draufgängerisch, herrisch, lustig, aktiv. --- im Kindergarten und in der Schule ist sie das extrem schüchteren Mäuschen, was den Mund nicht aufkriegt.
Deswegen würde ich mich auf das Urteil der Erzieherin verlassen und nicht Dein Urteil, wie er sich bei Euch zuhause benimmmt.

Bearbeitet von tr357
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Meine Tochter ist aus August. Wir haben lange gehadert. Vom kognitiven wär es absolut kein Problem gewesen. Feinmotorik, Grobmotorik und co alles super. Aber sozial/emotional war ich mir unsicher. Sie ist vom Typ schüchtern.

Aber all deine beschriebenen „Probleme“ deines Kindes hatten wir nicht in dem Alter. Spielbesuche waren möglich, Geburtstage, Vereine (allerdings auch erst mit 5,5). Dennoch ist mein Kind schüchtern und still. Anschluss findet sie schwerer und ist eben nicht so offen. Der Kindergarten hat es dennoch befürwortet sie hin zu schicken. Sie sei sozial soweit. Wär sie aber wie euer Kind gewesen, hätte ich keine Sekunde über eine Einschulung nachgedacht. Das meine ich nicht böse, aber sozial/emotional ist etwas, was man zu Hause zwar fördern kann, aber es ist ein Prozess. Kognitiv sind ja viele schon soweit. Kein Kind aus Sommer wurde hier zurück gestellt, weil es kognitiv Probleme hatte oder jemand sich Sorgen gemacht hat es würde den Schulstoff nicht packen. Sozial/Emotional ist eben entscheidend. Die Schule ist ein hartes Pflaster im Vergleich zum Kiga. Auf dem Schulhof sind 1-2 Aufsichten (natürlich abhängig von der Anzahl der Kids) für alle Kinder. Da muss man schon einstecken und sich behaupten können. Natürlich wird es immer schüchterne Kinder geben. Meine Tochter wird auch immer schüchtern bleiben, aber ich finde es schon extrem was er sich alles noch nicht traut. Ich würd lieber warten und ihm das Jahr zum Reifen noch geben.

Aber das ist natürlich nur meine Meinung von außen betrachtet. Ihr wisst es besser. Hier in nds sind Juli-September Kinder Flexikinder. Eine Mail bis Mai reicht und sie bleiben im Kiga. Von 14 Flexikindern kam nur meine Tochter zur Schule. Hier ist es eher normal, dass sie ein Jahr länger bekommen. Ausnahmen bestätigen immer die Regel. Das erste Schuljahr war mein Kind extrem still. Aber sie hatte schon im Kiga viele Freunde. Jetzt in der 2. Klasse ist alles prima. Ist eine gute Schülerin und traut sich endlich sich zu melden und dabei zu sein. Also selbst wir haben es sehr gemerkt dass Schule anders ist. Und sie hatte sozial/emotional gar nicht mehr so große Probleme gehabt

Bearbeitet von juli111
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Was sagen denn die ErzieherInnen? Meist haben die ja ganz gut im Blick, ob die Kinder das packen.

Bei uns ist es nicht so einfach zurück zu stellen. Obwohl mein Kind absolut nicht schulreif war (dabei ging es um kognitive Fähigkeiten nicht um charakterliche) , bekamen wir die Genehmigung nicht. Es hieß dann "dann wiederholt er eben ein Schuljahr".

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Hi,
dein Bauch grummelt, du bist vom Fach und kennst dein Kind am besten. Ich finde deine Bedenken absolut nachvollziehbar.

vlg tina

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Ja, in eurem Fall würde ich zu einer Rückstellung raten.

Jedes Kind ist anders, auch was Entwicklung angeht, nur weil sich ein Kind innerhalb von 3 Monaten " gemacht " wird es mit deinem Sohn genauso.

Schule bietet, im Gegensatz zur Kita, viel Freiraum, also Zeit die die Kinder nur unter sich sind, ohne einen Erwachsenen. Das müssen Kinder aushalten können. Nur als Beispiel, es gibt zig Situation in der Schule, die gerade schüchternen Kindern schwer fallen, die aber mit dem Alter besser werden.

Gib ihm die Zeit.

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So wie du deinen Sohn beschreibst würde ich weder eine Rückstellung noch eine allfällige Therapie ohne vorherige Abklärung/Diagnostik in Erwägung ziehen. Beziehungsweise, wenn die Zeit zu kurz bemessen ist (wegen Wartefristen) für eine Abklärung, würde ich ihn zurückstellen und parallel die Abklärung in Angriff nehmen.
Wenn es dumm läuft, stellt ihr ihn zurück, und die Baustellen bestehen auch in einem Jahr noch.

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Zwei Anmerkungen zu aufgekommenen Fragen:

- mein Mann und ich haben schriftlich Ziele vereinbart, mit Zeitlinien bis wann sie zu erreichen wären. Sollte uns dies nicht gelingen, werden wir uns Hilfe holen. Bisher stehen wir im Austausch mit dem Kita-Sozialarbeiter und einer befreundeten Sozialpädagogin
-die Erzieher sehen ihn als schulfähig, sagen aber auch dass sie diesen Schritt auch mit uns gehen würden und sie ihn sehr gern ein weiteres Jahr bei sich betreuen. Schuleignungsuntersuchung war bei uns eine rein Körper Untersuchung, der Arzt sagte mir, dass für alle weiteren Themen die Rektorin zuständig sei.

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"- mein Mann und ich haben schriftlich Ziele vereinbart"
Das ist nicht euer Ernst, oder?
Ihr vereinbart schriftlich die Entwicklung eures Kindes und verliert das Kind dabei völlig aus dem Blick. Der Kleine hat doch jetzt schon deutliche soziale Defizite und Ängste und gehört dringend in eine KJP-Praxis. Die Wartezeiten hier bei uns liegen zwischen 6 Monaten und 1 Jahr.
Ich kann dir sagen, wenn ihr da jetzt nicht schnellstens tätig werdet, werden sich die Ängste verstärken und können (natürlich müssen sie nicht) zu Folgestörungen führen.
Weder du noch Sozialarbeiter noch Sozialpädagogin sind da die richtigen Fachleute, die ihm bei der Lösung seiner Probleme wirklich helfen können.
Das alles ganz unabhängig von der Rückstellung, die ist vielleicht gar nicht nötig, wenn er rechtzeitig Hilfe bekommt. Aber um ihm mehr Zeit zu verschaffen, wäre das schon eine Option.

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Ich würde die Möglichkeit der Rückstellung nutzen.
In der Schule muss sich dein Sohn mit vielen anderen Kindern auseinandersetzen, ohne deinen Schutz. Es ist auch anders als im Kindergarten, die Lehrer sind in der Regel nicht so dicht dran wie die Erzieherinnen. Es wird einfach schon ein Stück Selbständigkeit vorausgesetzt.
Das Zurückstellen macht aber nur Sinn, wenn ihr dieses Jahr intensiv nutzt.
Und , ehrlich gesagt, auch unabhängig von deiner Begleitung.
Dein Sohn wird sich an andere Menschen und Situationen gewöhnen müssen, ohne dass du seine Hand hältst. Wie soll er sich sonst entwickeln können ?
Vielleicht findet ihr Gruppen, in denen er sich alleine zurecht findet, um das Miteinander üben zu können.
Über das Kognitive würde ich mir am wenigsten Sorgen machen.