Sehe ich die Aussage zu hart?

Ein Vater zu seiner 16jährigen Tochter (Gymnasium, mittelmäßige bis gute Schülerin): Erst kommt die Schule. Dann kommt der Haushalt. Danach kommt lange Zeit gar nichts und dann erst der Sport.

Mich hat es echt aus den Socken gehauen, dass es so was in der heutigen Zeit noch gibt. Und dass der Vater ihr das auch noch so knallhart sagt.

Meine Kollegin versteht das nicht, aber ich finde es krass, dass ein Leben mit 16 schon nur aus Pflichten bestehrn soll. Schule ist wichtig, klar, mithelfen sollte ein Teenager auch (die genannte Tochter muss aber schon ordentlich ran, während die Teilzeit arbeitende Mutter laut Tochter grad mal die Füsse hochhebt, wenn sie saugt)., aber das klingt für mich, als ob die Tochter an Tagen, wo es blöd für sie läuft, den ganzen Tag ackern sollte (Aufstehen Schule, Haushalt, Lernen, Bett).

Aber mal ehrlich, jeder von uns kennt diese Tage, wo man echt zu nix kommt, aber nicht umsonst ist man mit 18 erst volljährig und darf wählen, den Führerschein machen, ein Konto eröffnen sowie vieles andere. Sollte man da als Minderjährige nicht wenigstens den Vorteil haben, dass man eben auch zum Sport gehen kann, wenn die Mathearbeit ansteht und noch Staub auf dem Regal liegt?

Ok, mein Vater war auch so ein Typ, wenn er einen Auftrag ausser der Reihe erteilte und eine von uns sagte, sie müsse lernen, hat er das zähneknirschend akzeptiert, stürmte aber oft eine Viertelstunde später das Zimmer in der Hoffnung, uns beim Lesen der Bravo zu erwischen. Was er aber in diesem Fall ohnehin nie geschafft hätte, da er nie daran dachte, sich anzuschleichen, was meine Schwester in dem Fall tat, weil sie "ja nur mal gucken will, ob du echt lernst, weil nicht dass du faul im Bett liegst und ich für dich mitarbeiten muss".

Mein Vater erwartete auch, dass man dann bis abends paukte und nicht um acht den Krimi ansah. Aber er hat mir zum Beispiel nie verboten, die Pferde zu versorgen, bis alles picobello war oder auszureiten, wenn ich eine Fünf geschrieben hatte. Obwohl die Pferde mein Hobby waren und somit praktisch Freizeit. Er nannte es sogar "versündigen", dass ein anderer Vater im Dorf seine Kinder nonstop lernen liess (was auch der einzige Grund war, weshalb sie nicht im Haushalt helfen mussten, aber die mussten echt NUR pauken).

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Mich würde interessieren, wie beruflich erfolgreich der Vater ist. Ob er die Erwartungen, die er an seine Tochter hat, selbst erfüllen konnte/kann?

Ich empfinde den Druck, dem unsere Kinder z. T. ausgesetzt sind, als besorgniserregend. Es reicht nicht mehr, einfach "nur" gut zu sein.

Ja, Schule ist wichtig. Aber unsere Kinder sind nur einmal jung. Wann sollen sie denn auch mal unbeschwert sein dürfen? Wenn sie in Rente gehen?

Ich habe an einer weiterführenden Schule gearbeitet. Auch wenn es nur als Reinigungskraft war, habe ich einiges mibekommen. Den Druck, die Angst zu versagen.

Ich habe einen Schüler gesehen, der mit Bauchkrämpfen kam, vor lauter Angst zu versagen. Er hat sich mitten auf dem Flur übergeben, so schlecht war ihm. Niemand hat sich um ihn gekümmert, weil sie selbst gestresst waren. Ich habe ihm gesagt, er soll sich erst einmal hinsetzen, ich werde schon alles wegmachen. Rund 20 min später saß er immer noch da. Ich habe ihn gefragt, ob es ihm etwas besser geht, er verneinte. Ich habe ihm gesagt, daß er sitzenbleiben soll, ich versuche Hilfe zu holen. Zum Glück war an diesem Tag die medizinische Pflegekraft in der Schule und ich konnte ihn zu ihr bringen. Eine Woche später habe ich den Jungen wiedergetroffen. Er kam zu mir, hat sich bedankt, daß ich nicht weggesehen habe und auch später blieb er auch oft stehen. Ich habe mir immer ein paar Minuten Zeit für ihn genommen, weil ich einfach gemerkt habe, wie gut ihm das getan hat.

Ich habe noch mehr Fälle gesehen, wo Schüler verzweifelt in einer Ecke gesessen haben, bei manchen liefen die Tränen, aus lauter Angst zu versagen. Oder ein Fall, bei dem ich das Blut wegwischen mußte, weil eine Schülerin sich selbst verletzt hat.

Ich frage mich dann immer, wieviel Druck von den Eltern kommt? Ich frage mich dann, ob die Eltern wirklich nichts von der Verzweiflung ihrer Kind mitbekommen, oder besser: Mitbekommen WOLLEN!?!

Als meine Kinder so alt waren, daß sie sich für eine berufliche Laufbahn entscheiden mußten, gab es von unserer Seite aus nur 2 Vorgaben: Keine kriminelle Karriere und sie müssen von ihrem Gehalt leben können, weil wir sie nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag finanzieren werden.

Hat funktioniert. Während Kind 1 studiert hat, hat Kind 2 sich für einen Handwerksberuf entschieden (obwohl er vom schulischen her auch hätte studieren können). Und Beide sind zufrieden in ihrem Job.

Viele Grüße
Trollmama

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Der Vater ist selbständig mit einem kleinen Betrieb. Die Mutter arbeitet teilzeit und rührt wohl zu Hause keinen Finger...

Dass ein Schüler in der Schule erbricht und sich keiner kümmert, ist hart. Ich hab selbst (allerdings als Erwachsene) mal mitten in der Stadt auf der Treppe gesessen und geheult, die Leute gingen vorbei, ein paar guckten komisch und nur eine Dame fragte mich, ob sie helfen könne. Der Mann meiner Kollegin hat MS und ist teilweise sehr schlecht zu Fuß, der wird, obwohl seriöse Erscheinung, am Bahnhof öfter mal schief angeguckt: Wie, um die Zeit schon besoffen?

Aber dass man bei Kindern wegguckt? Bei uns hätte früher irgendjemand einen Lehrer geholt.

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Naja ich kenne auch junge Eltern (um die 40) die ihren 4 Kindern klipp und klar vermitteln, wenn sie in der Schule stinkfaul sind, wird das zu Lasten der Sporteinsätze/Musikhobbys gehen.
Zuhause sind die Kinder für ihre Zimmer verantwortlich und helfen ansonsten nur sporadisch mal beim Holz stapeln o.ä.
Alter 8 bis 15. Sie kommen aber auch noch genug zum Spielen, mit dem Fahrrad herumzutoben usw.
Aber Schule steht auch auf Platz 1.
LG Moni

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Für mich sind Kinder keine Haushaltshilfen. Auch wenn es der Gestzgeber in der Tat auch noch so sieht. Wie das auszulegen ist und wo die Grenzen leigen, ist nicht definiert?! Meines Erachtens völlig überholt ...

https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1619.html

Ob Schule und Pauken wirklich an erster Stelle steht, bezweifele ich ebenfalls. Die Zeiten, wo "gute Zeugnisse" die Eintrittskarte in die Arbeitswelt waren, sind lange vorbei, man unterscheidet lediglich nach dem Abschluss - Noten in Einzelfächern sind Irrelevant!

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Nichts anderes hört meine Enkelin von den Eltern und mir 😎 Sie steht gerade mitten in der Mittlere Reife-Prüfung und lernt aber von sich aus recht gewissenhaft.
Einzelnoten waren mir egal und bei meinen Kindern war auch nur das Gesamtergebnis wichtig.
Aber einfach zu sagen, Schule sei doch nicht so wichtig und die Kinder sollen ihre Kindheit genießen dürfen, finde ich grenzwertig. Wie soll es dann z.B. ohne Schulabschluss weitergehen?
Ja, wir haben genug freie Stellen - aber seltsamerweise auch viele gute(!!) Schulabgänger, die auf zig breitbandige Bewerbungen keine Antwort von Firmen bekommen, selbst mit MR und in Ballungszentren wie Stuttgart. Ist mir ein absolutes Rätsel. Ich glaube, viele Firmen warten eben doch auf DEN Bewerber mit Traum-Abinote. 🤔
LG Moni

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"Ja, wir haben genug freie Stellen - aber seltsamerweise auch viele gute(!!) Schulabgänger, die auf zig breitbandige Bewerbungen keine Antwort von Firmen bekommen, selbst mit MR und in Ballungszentren wie Stuttgart. Ist mir ein absolutes Rätsel. Ich glaube, viele Firmen warten eben doch auf DEN Bewerber mit Traum-Abinote. 🤔"

Ist mir auch ein Rätsel, aber darauf bekommt man keine Antwort. Manchmal steckt der Teufel im Detail, meiner Tochter hat das Schwimmabzeichen /Silber zum Durchbruch verholfen, die anderen Top-Abiturientinnen konnten wohl diesbezügich nichts bieten#kratz

@fruehchenomi

Hat Deine Enkelin denn auch ein Schwimmabzeichen?

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Ich, junge Mutter Ende 30 mit Kindern von 0 bis zum Teenageralter, halte von diesen drakonischen Methoden gar nichts. Sport und Hobby sind wichtig für die physische und mentale Gesundheit und das soziale Miteinander, gerade musische Hobbies tragen zur Bildung bei. Das würde ich nie beschränken. Wenn Kinder in der Schule "faul" sind, hat das idR einen Grund. Ich konzentriere mich lieber darauf, diesen Grund zu finden und daran zu arbeiten.
Ich würde aber auch nie Strafen wie Hausarrest verhängen. Fand ich in meiner Jugend schon sinnfrei, finde es immer noch sinnfrei. Bisher konnte ich mit meinen Kindern immer einen gemeinsamen Weg finden ohne Strafen. Und, oh Wunder, sie helfen trotzdem im Haushalt und die Schulkinder sind gut in der Schule.

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Nach so einer Antwort habe ich gesucht. #pro Ich finde es so schrecklich, Kinder zu bekommen, die dann 24/7 funktionieren müssen und allenfalls im Lernen noch ihren "Freiraum" bekommen und ansonsten Arbeiten und Tätigkeiten abseits der Schule pausenlos von den Eltern diktiert bekommen, vom drakonischen Vater meist noch schlimmer als von der ehrgeizigen Mutter. Meine Güte, echt. #schock Sind dann Menschen, die mit Mitte 20 den Kontakt abbrechen, und mit Mitte 30 auf einen Platz für Psychotherapie warten. :-(

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ganz pflichtenlos und unbeschwert kann man es heute nicht mehr laufen finde ich.

Ja: schule sollte wichtig sein und ausreichend auf die Klassenarbeiten lernen, dass was einigermaßen gutes bei rauskommt.

Ja. sport darf man nicht schwänzen. - Sie sitzen eh viel zu viel in der Gegend rum.

Dann kommt für mich Ausgleich, Freizeit , Freunde und das Mithelfen im Haushalt fällt bei uns nicht ins Gewicht. Es läuft täglich etwas nebenher, bewegt sich aber im zeitlich überschaubaren Rahmen (Müll rausbringen, Mal mähen helfen, Spülmaschien ausräumen etc) und am Wochenende ist einmal auf dem Kinderstockwerkt groß aufräumen/saugen/kinderbad putzen angesagt und die zwei schaffen das wenn sie sich anstrengen in einer halben Stunde.

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Ist halt für uns ein aus dem Kontext gerissener Satz. Kennst du die Familie besser oder eher flüchtig? Weist du wie sie vorher drauf war bzw. wie es generell dort so abgeht?

Kann natürlich ein absolut strenger Vater sein - kann aber auch ne absolut trödelige Tochter sein der jetzt mal geholfen wird Verantwortung zu übernehmen und ihr Leben zu sortieren. Denn auch wenn man mit 16 noch ein Kind ist, ist das leider ne wichtige Zeit für Noten und zu lernen wie man einen (später eigenen) Haushalt führt.

Ich hatte ziemliche laissez-faire Eltern und wäre froh gewesen wenn ich nicht erst in meiner eigenen Bude gelernt hätte wie oft man staubsaugen muss.

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Nein, trödelig ist die Tochter nicht. Ein Teenager halt. Die Eltern sind streng und auch geizig (die Tochter ist wohl teilweise echt sauer, wenn andere erzählen, dass für ihren Führerschein gespart wird etc.) und auch eine Nachbarin hat mir schon bestätigt, dass die Mutter nachmittags in der Sonne lag, während die Tochter die Fenster putzte. Aber sie muss sogar ein bis zwei Euro Spritgeld bezahlen, wenn die Eltern sie mal irgendwohin fahren. Und auch das hat mein Vater nie von mir verlangt.

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„Ein Teenager halt“ klingt genau nach dem was ich meine. Bisschen ziellos, bisschen dödelig, bisschen planlos. Finde da ne gewisse Strenge schon angebracht.

Wäre es anders herum okay wenn die Mama Fenster putzt und das Kind liegt in der Sonne? Auch Mütter haben mal Freizeit verdient. Ebenso wie man mit 16 den Bus nehmen kann. Ein Taxi ist deutlich teurer als 2 Euro Mama Taxi 🤷🏼‍♀️ hält sie ja auch niemand davon ab selber für ihren Führerschein zu sparen. Manche Familien sehen halt nicht ein so viel Geld dafür dazugeben. Vom können mal abgesehen.

Und dein Vater ist der einzige Vater der jemals alles richtig gemacht hat oder warum vergleichst du die beiden die ganze Zeit?


Alles in allem klingt das für mich nach einer normalen Familie die halt etwas mehr wert auf Disziplin und Hausarbeit legt. Mit 16 halt auch kein Unding mehr. Du sagst selber man ist „erst“ mit 18 erwachen. Das sind aber „nurnoch“ 2 Jahre. Soll sie dann von heute auf morgen auf einmal alles alleine können und gelernt haben wie man sein Leben halbwegs im Griff hält obwohl sie bis zu dem Punkt machen durfte was sie wollte?

Wie gesagt, ich musste mit 18 ausziehen und durfte bis dato genau so leben - keine Sorgen, keine Pflichten, keine Verantwortung. Einzig den Job den ich mit 16 anfangen musste hat mir Struktur gegeben. (Und das Geld für die Wohnung) Stand dann nicht nur einmal vor meiner Waschmaschine und hab mich gewundert was nun schon wieder ist. Klar, man lernt dann halt alles und irgendwie klappt das schon. Hätte mir aber Jahre an Stress erspart wenn meine Eltern mir so simple Sachen wie Wäsche waschen und Fenster putzen achonmal gezeigt hätten. Ist nämlich nicht alles ✨mal eben✨ wenn man es denn ordentlich haben will.

Bearbeitet von Stinktier
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Ich finde die Aussage super und Recht hat er. Die Schule ist so extrem wichtig, das können Teenies gar nicht abschätzen. Und du siehst ja nicht hinter die Kulissen. Vielleicht ist sie zu Hause stinkefaul und kriegt nichts gebacken und das nicht nur ein Tag..

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Meine beste Freundin ist so aufgewachsen. An den meisten Tagen war es so: Schule, lernen/Hausaufgaben, Haushalt, Schlafen.
Sie hat kein Taschengeld bekommen, wenn sie mal was brauchte oder wollte musste sie es sich verdienen und extra Aufgaben übernehmen.

Sie wurde nicht geschlagen oder ähnliches, aber hat sie mal was nicht /nicht gut genug erledigt oder eine schlechte Note bekommen, musste sie noch mehr tun.

Sie ist mit 17 ausgezogen und hatte echt lange zu kämpfen und macht ne Therapie um besser klarzukommen. Sie hat nicht gelernt abzuschalten, runterzukommen und auch mal Dinge liegen zu lassen usw. Das hat sie krank gemacht, körperlich und seelisch.

Also ja, ich finde diese Aussage und diese Art der Erziehung furchtbar.

Sicher, Schule ist wichtig, dass Kinder/Jugendliche helfen auch, aber Ausgleich und seelisches Wohlbefinden sind mindestens genauso wichtig.

LG#winke

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„Sehe ich die Aussage zu hart?“

Ja, siehst du.
Die eigentliche Frage ist, wie es umgesetzt wird. Die Aussage ist nicht verkehrt, wobei ich Sport auch sehr wichtig finde. Aber im Groben und Ganzen sehen wir das genauso. Die Umsetzung davon ist allerdings nur ein Bruchteil. Mein Sohn arbeitet nachmittags vielleicht eine halbe Stunde für die Schule und kümmert sich fünf Minuten um den Haushalt - mit der gleichen Prämisse.

Und wenn es streng zugeht: Ja, sie ist Schülerin, d.h., ihre Hauptaufgabe ist die Schule. Meine Tochter ist vom Typ her eher so, dass sie Sachen direkt machen muss, mein Mann auch. Das ist echt schlimm, wenn der umgeschaltet hat auf Arbeit-Ende kommt auch im Haushalt gar nichts mehr. Mein Sohn braucht eher nach der Schule Pause und arbeitet dann. Also mit viel Druck und zwingen. Die meiste Zeit verbringt er mit Spielen und Gucken: bei einer ähnlichen Prämisse.

Was ich nicht verstehe: wieso „in der heutigen Zeit noch gibt“? Früher war das doch eher so, dass Schule für Mädchen als nicht so wichtig erklärt wurde. Ist doch eher so, dass es gerade heute wichtig ist.

Viele Grüße