Umgang mit ADS-Kind

Wie schon mal in einem anderen Thread berichtet, habe ich einen 13,5jährigen Bonussohn, der ADS hat.

Er ist eigentlich ein sehr lebensfroher und liebevoller Junge, aber vorallem das ständige Lügen und die Unselbstständigkeit was die Schule betrifft, machen uns langsam zu schaffen.

Wir können ehrlicherweise nicht mal wirklich sagen, ob er lügt oder ob er wirklich dauernd so unaufmerksam ist. Wenn mein Mann ihn fragt, ob er eine HÜ hat oder für einen Test lernen muss, heißt es immer nein. Und das obwohl mein Mann sicher nicht jemand ist, der ihn dann das ganze Wochenende damit quält. Er bietet einfach seine Hilfe an, wenn er was braucht.

Aktuell steht eine sehr wichtige Prüfung zwischen zwei Noten an, die über seine weitere schulische Laufbahn entscheidet. An sich sollte er das wissen, man hat mit ihm darüber gesprochen. Man hat bei solchen Gesprächen aber immer irgendwie das Gefühl, dass er sich für nichts wirklich verantwortlich fühlt und ihm egal ist, wie die Sachen ausgehen. Er lebt gefühlt oft so in den Tag hinein und blickt null voraus.
Angeblich wusste er wieder nicht genau, wann diese Prüfung ist, obwohl ers selbst ins Elternheft reingeschrieben hat. Jedenfalls wurde er dann von einem Ausflug mit seinem Freund wieder zwecks Lernen zurück beordert.
Mein Mann war ziemlich sauer, hat ihm das auch erklärt, aber wie oben erwähnt zeigt er da nicht wirklich eine Reaktion drauf. Er tut förmlich so, als wäre nichts (kommt mir manchmal wie in der "Truman Show" vor). Die Kindsmutter hat mit ihm telefoniert und war ziemlich sauer (hat sie meinem Mann erzählt); mein Mann fragt ihn dann "Und, war Mama sauer?" ... "Nö, gar nicht!" Selbstschutz? Lüge? Oder kann er Emotionen nicht erkennen?
Auf Autismus wurde er schon ausgetestet - negativ.

Es ist für uns alle mittlerweile sehr mühsam. Mein Mann hat heute stundenlang mit ihm gelernt. Die Stimmung war bei allen im Keller. Und ich weiß genau, nächstes Schuljahr geht es genauso weiter.

Wir wissen überhaupt nicht, wie wir zu ihm durchdringen sollen.
Wir wissen auch nicht, ob er uns viel vorspielt oder wirklich so "unbesonnen" ist.
Man hat oft das Gefühl, er reagiert auf Dinge total unnormal - ich weiß nicht wie ichs besser ausdrücken soll.

Ich hab von ADS nicht viel Ahnung. Meine Mutter, die Lehrerin ist, meinte, dass es mit dem Alter schon etwas schwierig ist, etwas dagegen zu tun. Ich kann auch schwer einschätzen, ob man jemanden in dem Alter zumuten kann, dass er sich schon selbst mit dieser Thematik auseinander setzt. Man findet ja heute schon alles im Internet.

Hat jemand Tipps / Erfahrungen damit?

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Hi
Ich würde euch für das nächste Schuljahr raten, ihm Nachhilfe zu organisieren. Jede Woche, gleiche Zeit
Falls das finanziell nicht möglich ist, dann auch hier feste Lerntage und Zeiten festlegen.

Dann wird es zur Gewohnheit und ist nicht stundenlang vor einer Arbeit.

Der Streit um absichtlich oder unabsichtlich vergessen bringt doch nichts. Ggf kann man ein zuverlässiges Kind aus der Klasse regelmäßig um Updates bitten oder es gibt einen Klassenchat in dem man fragt.

Ja, in dem Alter sollte das eigentlich klappen. Aber auch ohne ADS fließen bei meinem Sohn die Infos nur spärlich

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Ich denke vorrangig solltet ich euch mal mit der Diagnose intensiv beschäftigen. Es gibt sicherlich auch Beratungsmöglichkeiten für Angehörige, bzw Eltern.

Was deine Mutter damit zu tun hat, wenn sie gar nicht im Thema ist, das erschließt sich mir nicht.

Aktuell könnt ihr noch nicht mal zwischen bewußter Lüge oder Verpeiltheit (was bei ADS ja nun wirklich nicht ungewöhnlich ist) unterscheiden. Aber eure Reaktionen zeigen ihm klar, das ihr ihm ausschließlich eine Lüge unterstellt. Das wird nicht funktionieren, sondern die Fronten nur verhärten. Das wird ja im beschriebenen Szenario mit dem Ausflug richtig deutlich.

Ich vermute der Junge bekommt in irgendeiner Form therapeutische Unterstützung. Auch dort könnt ihr nachfragen, wo ihr vernünftige unetrstützung bekommen könnt.

Mit ADS lebt man nun mal auch irgendwie in einer anderen Welt, zu der bekommt ihr aber nur Zugang, wenn ihr das wollt und versteht.

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Wie wird denn das ADHS (Die Differenz Mietunterkunft in ADS und ADHS ist veraltet) behandelt? Welche Therapien gibt es, ist er medikamentös eingestellt? Wann wurde es diagnostiziert und was wurde seit dem getan?

Ich habe selber ADHS und eine 8,5 jährige Tochter mit Diagnosen! Ein ADHS-ler kann oft nicht anders! Ich würde raten erstmal dringend Informationen einzuholen und euch beraten zu lassen!

Und dann lasst den Kerle eigene Erfahrungen machen! Er wird schon merken, dass es Konsequenzen hat, wenn er nix mehr tut!

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Sind mal Medikamente versucht worden?

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Wohnt das Kind dauerhaft bei euch ? Oder wechselt er ?

Zusammen an einen Tisch, wenn er auch bei der Kindsmutter lebt, ist die auch mit dabei, und dann Regeln festlegen.
Jeden Tag nach der Schule Elternheft zeigen
Was gibt es an Hausaufgaben
Kurz, alle Stunden abfragen, ob es was gab.

Immer, jeden Tag nach der Schule.

Und dann müsst ihr euch bewusst machen, dass mit 13 schon der eigene Kopf zählt und sei er auch noch so vernagelt. Da geht nicht immer der einfache, gerade Weg, da werden schon mal Umwege genommen. Das müßt ihr auch zulassen können. Ab 12 Jahren ist erziehen vorbei, ab da ist es ein begleiten.

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Ja. ADS-Kinder können seehr verpeilt sein. Habe selber einen.
Die gesamte Schulzeit über habe ich teilweise täglich mit ihm Hausaufgaben gemacht - als er älter wurde "nur" noch kontrolliert, ob er alles erledigt hat.
Ich habe sämtliche angesagten Schulaufgaben im Kalender eingetragen und drauf geachtet, dass lange genug vorher mit intensivem Lernen begonnen wurde.
Habe auch gemeinsam mit ihm gelernt und ihn regelmäßig abgefragt. In Mathe (sein Problemfach) hatte er zusätzlich über Jahre hinweg wöchentlich Nachhilfe.

Es ist mühsam. Aber es gibt ja auch genügend Kinder, die nicht ADS haben und auch die entsprechende Unterstützung brauchen.

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Was ist mit Diagnose? - Oder Hilfen? oft KANN ein AD(H)S Kind einfach nicht anders und ohne Hilfe oder Ergo-Plan und recht langes "steuern" der Eltern packen es viele nicht alleine, auch nicht, wenn sie älter werden.
Man muss passend fürs Kind eben Krücken bauen bzw. das Kind sollte welche gemeinsam herausfinden, annehmen und dann auch anwenden, - das könne (online)Kalender sein, feste Lernzeiten, Wecker, Lernpläne usw...

Mein 15jähriger braucht bis heute täglich "planerische" Hilfe, ist aber sehr kooperativ, wenn wir ihn an bestimmte HA oder Klassenarbeiten bzw. das Lernen erinnern.

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>>> Die Kindsmutter hat mit ihm telefoniert und war ziemlich sauer (hat sie meinem Mann erzählt); mein Mann fragt ihn dann "Und, war Mama sauer?" ... "Nö, gar nicht!"<<<

Hi,
ich hab eigentlcih keine Ahnung, daher sollte ich den Mund halten. ABer bei diesen Satz hab ich so MItgefühl bekommen,d ass ich trotzdem was sagen will.
Ich habe schon erlebt, dass Kinder genau bei solchen fragen genauso reagieren..ja aus Selbstschutz. DAs ist ein Vorführen und war erniedrigend für diese Kinder und mit der Lüge wollten sie der Erniedrigung entkommen.

Das ist ein "na hat Mama ordentlich geschimpft? hab ich nicht gesagt, dass du Ärger kriegst? hab ich nicht Recht gehabt?" das Kind weiß, wenn es sagt, dass mama sauer war geht es weiter "guck sag ich doch, weil du einfach nicht gelernt hast, Mama sieht es wie ich...du musst endlich...".

Egal ob "weil Teenie" oder "ADHS" das dürfte in den seltesten Fällen zieldienlich sein.

Übrigens..meine Beobachtung (nich wissenschaftlich belegt, wobei Verdrängung ja ein bekannter Mechanismus ist) ..wenn manche Kinder/Jugendliche Stress mit Themen haben, dann blenden sie die Themen aus und das führt vermehr zu Problemen in diesem Bereich, was zu mehr Verdrängung führt.

Also, wenn z.B. Thema Schule Stress bedeutet, dann versucht das Kind, alles was mit Schule zu tun hat einfach nur schnell abzuhaken..mit einem "nein hab nichts auf", "ja hab ich gemacht"...oder indem es schnell rausgeht zum Spielen, Bücher nicht einpackt, Sachen nicht aufschreibt usw.

Egal ob "weil Teenie" oder "ADHS" soetwas könnte auch mit reinspielen.

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Hey!

Ich habe selbst adhs und es ist wirklich phasenweise sauschwer.
Phasenweise auch nur, weil ich gelernt habe, damit umzugehen. Mein Hirn ist dann wie ein Sieb.
Beispiele: Mein Mann bittet mich, etwas auf die Einkaufsliste zu setzen. "Mach es bitte sofort." Vergesse ich oft, natürlich.
Mein Mann möchte sich ein Brötchen mit Nutella machen und findet es nicht. Wo steht das Nutella? Im Kühlschrank, steinhart. Manchmal steht da auch der Zimt oder die Taschentuchpackung.
Manchmal fragt er mich, ob ich dies und das schon gemacht habe. Ich sage dann schnell "ja"- ich wollte es gerne machen. Ich will ja nicht anecken und möchte es schnell nachholen. Vergesse ich natürlich, irgendwann stellt er das dann fest und merkt, dass ich nicht ehrlich war.
In der Schule konnte ich mich nie auf Hausaufgaben konzentrieren und habe sie nie gemacht. Da war ich wie dein Bonussohn. Ich war völlig überfordert. Zudem hatte ich Angst vor schlechten Leistungen.

Helft ihm bei der Organisation. Fragt ihn nicht, ob er lernen müsse, sondern guckt gemeinsam mit ihm durch das Notizheft. Kooperiert mit den Lehrern, ob sie gegenzeichnen können, wenn etwas vollständig ist.

Mittlerweile bin ich selbst Lehrerin, habe meine Symptome meist im Griff.
Es gibt eine ads/adhs-Schule für Eltern. Die würde ich mal besuchen.

Wie wird er denn behandelt? Bekommt er eine Medikation?
Ihr müsst eben begreifen, dass ads eine Erkrankung ist und dass die Patienten, selbst mit größtem Willen, nicht so funktionieren wie gesunde Menschen. Wenn ihr Druck macht, führt das eher zu wachsender Überforderung.
Wurde früher denn ordentlich mit ihm gelernt bzw er angeleitet, damit er es lernen konnte oder ist das im Rahmen der Trennung der Eltern hintenrüber gefallen?
Ganz oft erlebe ich in meinen Klassen völlig aufgeschmissene Kinder, die hoffnungslos überfordert sind. Auch in Jahrgang 8 oder 9. Die Mütter schimpfen wie die Rohrspatzen, dass die Kinder es doch "jetzt mal" können müssen. Gelernt haben sie es nie.


Liebe Grüße
Schoko

Bearbeitet von schokofrosch
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Danke für deinen wertvollen Erfahrungsbericht.
Leider ist aufgrund der Trennung vieles hinten runtergefallen. Man hat immer irgendwie mit ihm gelernt, aber es ihm nie beigebracht, wie er sich selbst leichter tut.

Gemeinsames Vorgehen ist nach der Trennung leider auch schwer durchsetzbar, weil die Kindsmutter da einfach ihren eigenen Kopf hat und oft sehr chaotisch ist. Einen Nachhilfelehrer sollte er ja schon seit Ewigkeiten haben. Wollte sie auftreiben, ist bis heute nicht geglückt.

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"und oft sehr chaotisch ist."

Ich ahne, von wem er das ads hat.
Ihr könnt versuchen, wenigstens bei euch eine Struktur zu installieren. Nimmt er Medikamente? Das könnte einiges erleichtern.

Nachhilfelehrer wird nichts bringen, weil das Problem ein anderes ist. Sprecht mit den Lehrern, wie ihr ihn unterstützen könnt.

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