Wie gewöht man Kind das Lügen ab?

Ich spreche hier nicht von kleinen Kindern, wo das scheinbar zur Entwicklung gehört und bis zu einem gewissen Grad üblich ist. Und es sind auch nicht die klassischen kleinen Notlügen.

Ich beobachte das vermehrt bei den Kindern meines Mannes. Während es anfangs eher immer der Älteste war (mittlerweile 14, hat ADS) und das Lügen in erster Linie dazu benutzte, um sich vor schulischen Aufgaben zu drücken, zieht nun der Mittlere (11) nach.
Mein Mann und ich legen viel Wert auf Ehrlichkeit. Wir mögen dieses Gelüge überhaupt nicht, vorallem weil wir keinen Grund erkennen können. Mein Mann hat ggüber seinen Söhnen oft erwähnt, dass er ihnen nicht den Kopf abreißt, wenn sie zb zugeben, dass sie was kaputt gemacht haben. Er wird aber wütend, wenn er sie bei einer Lüge erwischt.

Das dürfte die Kinder aber völlig kalt lassen.
2 aktuelle Beispiele:
Wir finden im Kinderzimmer ein Fußballpickerl mitten am Fenster, das sich kaum ablösen ließ. Mein Mann fragt daraufhin wers war. Trotz mehrmaligen Fragen wars natürlich zuerst wieder niemand. Erst als er wieder darauf hingewiesen hat, dass er niemanden den Kopf abreißt kam vom 11jährigen ein gespieltes "Ach, lass mich mal überlegen, ich kann mich nicht mehr genau erinnern ... aber vielleicht könnte ich es gewesen sein." Meinen Mann hat das sehr geärgert, dass ihn sein Sohn selbst nach dem langen Gerede noch auf so eine "blöde Art" gekommen ist und nicht einfach gesagt hat, ok ich wars.

Dann geht er seit September Fußball. Seit einigen Wochen fehlt er ständig beim Training. Erst letzte Woche meinte er, er hätte einen so verspannten Nacken, er könne nicht zum Training, nur um dann trotzdem mit seinen Brüdern Fußball zu spielen.
Gestern ruft er seinen Vater an und meint, er hätte so Bauchweh, er könne nicht zum Training. Wir haben dann vom Ältesten erfahren, dass er auch bei der Mutter seit Wochen kaum hingeht und ihm immer irgendwas weh tut.
Mein Mann hat ihn dann später auf die Seite geholt und gefragt, ob er denn noch hin will oder nicht mehr mag. Er hat trotz mehrfachem Bemühen meines Mannes darauf beharrt, dass ihm wirklich was weh tut und er schon noch will.
Das ganze ist in unseren Augen aber nicht glaubwürdig, vorallem weils ihm - kaum ist das Training abgesagt - dann immer urplötzlich wieder gut geht.

Ich verstehe das Verhalten einfach nicht. Mein Mann ist alles andere als böse oder nicht verständnisvoll. Man macht sich bei gewissen Themen irgendwo auch Sorgen (so wie die Sache mit dem Fußball ... könnte dort ja auch gemobbt werden oä) bzw. in anderen Situationen kommt man sich einfach veräppelt vor.

Unsere ständigen Bekundungen, dass wir Lügen nicht mögen dürfte bei ihnen nicht ziehen. Wie kann man dieses Verhalten ändern?

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Bei so Märchen wie Bauchschmerzen und dann doch zu Hause Fußball spielen würde ich ganz anders reagieren. Dazu käme es gar nicht erst.

Wenn es ihm nicht gut geht (& ihr wisst dass es nur gelogen ist), dürfte sich das Kind bei Zwieback und Tee im Bett erholen.
Und ich würde darauf hinweisen, dass das der Mannschaft gegenüber nicht fair ist, und er bei weiteren fehlen abgemeldet wird. Bringt ja nichts.
Aber mit den Geschwistern weiter toben wäre hier nicht mehr.

Ihr mögt lügen nicht, zurecht. Da würde ich mir passende Konsequenzen überlegen.

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Es gab bei uns an dem Abend für ihn tatsächlich nur Butterbrot. Er hätte natürlich wieder zu Aufstrich und fetter Wurst gegriffen, aber da wurde freundlich aber bestimmt auf seine schlimmen Bauchschmerzen hingewiesen. Er hats dann akzeptiert und brav sein Butterbrot gegessen.

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Ich kann mir vorstellen, dass es Gründe dafür gibt.
Der Sticker am Fenster: Da hat man ohne nachzudenken vielleicht aus Langeweile einen Sticker ans Fenster gepappt. Und dann hört man plötzlich unerwartet (subjektives Empfinden) „WER WAR DAS DENN? LOS, GEBT ES ZU!!!“
Und dann erschreckt man sich und die Gedanken fangen an zu rasen - huch, was das falsch, bekomme ich jetzt Ärger?
Und dann traut man sich nichts zu sagen.

Mit dem Fußballtraining kann es auch einfach sein, dass er vorher immer denkt „och, nööö!“ Ohne zu wissen, warum. Vielleicht bekommt er wirklich Kopf- oder Bauchschmerzen aus Stress, die dann weggehen, wenn die“Gefahr“ gebannt ist. Das Training muss gar nicht schlimm sein, vielleicht überfordert ihn nur die Zeit oder die Tatsache, dass er hingehen muss.

Ich hatte mit Anfang 20 einen Ballettkurs. Selbst gebucht, für meine Verhältnisse recht teuer und wenn ich da war, machte es immer Spaß. Aber sehr oft musste ich mich da hin quälen, immer an dem Abend hätte ich lieber geschlafen, wäre mit Freunden weggegangen. Manchmal ging ich nicht hin bzw. wäre zu spät gekommen und war dann richtig erleichtert, den Abend frei zu haben. Obwohl die Trainerin und die anderen Teilnehmerinnen sehr nett waren und mir das richtig Spaß machte.

Möglicherweise geht es deinem Sohn ähnlich.
Ich habe nie herausgefunden, woher diese Sperre, dorthin zu gehen, eigentlich genau kam.

Bearbeitet von Toschkalee
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Er hat schlichtweg keine Lust los zum Training zu gehen.
Ich spiele seit über 20 Jahren Volleyball und trotzdem: wenn ich von der Arbeit zu Hause bin, muss ich mich wirklich überreden los zu gehen. Bin ich erstmal da, ist ja alles gut, aber dieses aufraffen. Oder bei Kindern: das unterbrechen was ich grad mache... mein Kind hat das auch. Kurz vorher mag er nicht. Er lässt sich aber keine Ausrede einfallen und ich bekomm ihn noch überredet.
Ich würde hier - wie schon geschrieben - mehr durchgreifen. Fußball mit dem Bruder ist eben nicht, wenn man nicht zum Training kann. Bei Bauchschmerzen ist man mit Tee im Bett... Kurz: er wird sich sicher keine Krankheiten mehr ausdenken, wenn man ihn dann auch krank behandelt.

Bei dem Ding am Fenster: ja mei... sie wissen ja, dass es falsch war. Klar ist es blöd zu sagen, dass es keiner war, aber ich würde da hier auch keine Nummer draus machen. Wenn es keiner von beiden war, dann müssen es beide eben zusammen weg machen.

Ich glaube, dass die Kinder dann lügen, wenn sie eben Schiss vor der Reaktion haben. Kann also doch nicht so easy ablaufen.
Die Fußballsache würde ich aber unter Ausrede und nicht mit dem bösen Wort "Lüge" verbuchen. Das macht sicher was mit den Kids.

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Wenn er zu krank ist um zum Fußball zu gehen, wäre hier Schonung angesagt.
Also zu Hause bleiben, hinlegen, Schonkost und entweder Hörbuch hören oder lesen.

Alles andere läuft hier nicht -- die Große ist 16 und der Kurze wird 10.

Das wissen beide auch und sagen nur ab, wenn es nicht geht.

Oder sind ehrlich und sagen, wenn sie keine Lust mehr zum Sport haben.

Schließlich kostet es auch Geld und ist Mitspielern gegenüber nicht fair.

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beides was du aufzählst sind Vermeidungsstrategien, um keinen Ärger zu bekommen. Eventuell sind sie konfliktärmer derzeit oder sie bekommen von Euch in irgendeiner Form Druck, dass sie sich mit den Lügen aus der Nummer ohne Schaden rausziehen wollen.

Das mit dem Aufkleber ist klar (befürchtet Ärger), - und vermutlich weiß er um die Verpflichtung und die Erwartung, wenn man sich wo angemeldet hat, dass man da auch hingeht. - -statt zu sagen, man hat keine Lust um ärger zu vermeiden, werden eben SChmerzen vorgeschoben.

Passt das? Angst vor Konflikten, vor Rechtfertigung, vor Ärger?

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Zum Sticker: Er hat es ja zugegeben! Auf seine Art, aber das Ergebnis zählt.

Zum Fußball: Er hat irgendein Problem. Mit dem Trainer, mit einem Mitspieler, keine Bock mehr pp. Hakt da mal nach.

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Wenn der jüngere sieht, dass sein Bruder mit Lügen durchkommt oder zumindest keinen größeren Stress bekommt (wegen des Lügens), ist doch klar, dass er es genauso macht.

Ich könnte mir vorstellen, dass es etwas bringt, wenn ihr ihm sagt: du hast immer Bauchweh, wenn Training ist, danach geht es dir aber sofort besser. Also tut dir das Training nicht gut, sollen wir dich abmelden?

Oder (dafür müsste aber der große Bruder mitspielen, was, da er selbst ja auch lügt, fraglich ist): wenn etwas vorfällt, wo ihr genau wisst, dass es der Kleine war, sprecht euch mit dem Bruder ab. Anschließend fragt ihr, wer das war, und wenn beide nein sagen, teilt ihnen mit, dass einer von beiden lügt, ihr das satt habt, die Sache an sich kein Drama wäre, aber wegen des Lügens statt keiner beide bestraft werden. Wählt dabei eine Strafe, die ihr faken könnt (zb Taschengeldkürzing und dem Grossen die Differenz nachher heimlich wieder zustecken).

Dann hst der Kleine erstens ein Problem mit dem Wissen, die Strafe fürs Lügen gekriegt zu haben statt für den Vorfall und zweitens damit, dass er glaubt, sein Bruder sei durch seine Schuld zu Unrecht mit bestraft worden. Jede Wette, dass er es dann zugibt, damit due Strafe für den Bruder aufgehoben wird?

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Also ich persönlich, finde diese Idee nicht gut.
Denn sie machen doch dann dasselbe...sie lügen.
Vor allem, wenn, der betroffene Sohn, es heraus bekommt (und davon würde ich fast ausgehen, irgendwann sind die Eltern mal wieder doof und der Bruder erzählt dieses "Geheimnis" dem Bruder) sind die Eltern in Zukunft doch völlig unglaubwürdig.

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Ok, ist auch wieder wahr...

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Für mich wurde da in beiden Fällen nicht gelogen....da wurden (Vermeidungs)strategien angewandt, woher die auch immer kommen.


1. Welches Kind gibt denn freudig zu, das es Mist gebaut hat? Ich kenne da keins. Schlußendlich wird aber "die Tat" gestanden und das ist dann auch wieder falsch. Ja, mei...da würde sogar ich leugnen. Ist es nicht völlig egal WIE der Junge das verbal verpackt? Wenn der Vater also von sich behauptet, das er "niemandem dem Kopf abreißt", dann hat er eben nicht ärgerlich zu sein, wenn das Kind etwas drumherum formuliert. Und das war sicherlich nicht zum ersten Mal so. Kann man da nicht einfach drüber stehen und zu seinem Wort stehen, wenn man im Vorfeld so eine Behauptung aufstellt? Ergo, Vater selber schuld. Die passende Reaktion wäre zB gewesen, lachend (!) zu bemerken, das das Gedächtnis des Kindes auch schon mal besser war....was weiß ich, irgendeinen fluffigen Spruch....denn man hat ja gründsätzlich zugesagt, das niemandem der "Kopf abgerissen wird".

2. Wochenlang läuft das so? Schon beim ersten Mal wären da deutliche Worte und aufrichtiges Nachfragen nach dem "Warum?" angebracht gewesen. Auch das muß schon länger und ina nderen Situationen so gelaufen sein. Wer Schmerzen hat kann nicht zum Training....aber dann auch nicht im Garten Fußball spielen, denn er muß sich ja schonen....das ist aber Erziehungssache und hätte schon vor Jahren verinnerlicht sein müssen.

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die Kinder lügen ziemlich sicher, weil sie euerer Reaktion entgehen wollen. Auch wenn ihr findet, ihr reagiert nicht hart. für ein Kind ist ein "ähm...warum klebst du das da hin? das muss ich jetzt runter zupfen..." vielleicht sschon genug. Es erfährt "ich habe was falsch gemacht, ich habe Mühe gemacht, papa hat Arbeit wegen mir, oder ich muss es weg machen..weil es ja falsch ist was ich mache und Papa sich ärgert". Das reicht als negative Rückmeldung halt schon aus...

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Wir wollen gegenüber den Kindern schon klar artikulieren, was sie dürfen und was nicht. Und einem 11jährigen sollte klar sein, dass man Sticker schwer von einem Fenster abbekommt.
Ich finde die Reaktion von daher nicht wirklich hart. Klar, wird nachgefragt, wers war und klar wird zu verstehen gegeben, dass das eine sehr dumme Idee war. Aber es gibt keine Strafe/keine Konsequenzen oder ähnliches.
Einfach unkommentiert lassen oder weglächeln fände ich auch nicht angebracht.

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Man hätte schlicht sagen können, dass es kacke ist und dann beiden den Auftrag zu Beseitigung geben können. Ich finde nicht, dass ein ewiges: "wer war es, wer war es" so zielführend ist.

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