Als Mutter die Balance zwischen Strenge und Loslassen finden

Hallo liebe Community. Mein Mädchen ist im November 13 geworden und ich leide zusehends an ihrem Verhalten. Es ist für mich täglich die Balance zu finden zwischen Loslassen, Freiraum und dee Wunsch nach einem gemeinsamen Familienleben.
Ist das Desinteresse an der Familie normal?
Ich habe freilich Ratgeber gelesen und dieses typische Teenieverhalten wie Schlampigkeit, Lustlosigkeit und Zicken kommt mir doch sehr bekannt vor. Auch Schule ist ein Reizthema, Faulheit und aufrühren in der Klasse...

Aber ich habe so dermaßen Probleme damit, dass sie alle ihre Hobbys (reiten), frühere Freunde und selbst ihren / unseren geliebten Hund nicht mehr mag, damit aufhört. Oma und Opa sind out, ihre Schwester ein Störfaktor. Egoismus pur.

Was ich suche sind einfach Erfahrungen anderer Mamas.Die dieses Gefühl kennen? Dieses Verhalten macht mich täglich traurig, weil ich irgendwie diesen fremden egoistischen Menschen vor mir habe und keinen Zugang mehr finde.

Es gibt kein Rezept und keine Heilung davon, das weiß ich. Ich möchte einfach nur mal hören, ob es anderen auch so geht und mich austauschen. Das tut so gut, das mal aufzuschreiben.
Vielleicht ist es die Bewußtsein, dass es mein kleines Mädchen vo früher nie mehr geben wird.
Entschuldigt meine profanen Probleme. Im Freundeskreis will irgendwie niemand zugeben, dass es evtl. auch so geht.

2

Ich glaube nicht, dass dein Kind egoistisch ist.
Ich glaube stattdessen, dass Teenies unfassbar stark damit beschäftigt sind, sich neu kennen zu lernen. Ihre eigene Meinung zu Dingen zu entwickeln. Herauszufinden, was sie mögen (und was nicht), wie sie zu alten und neuen Freunden, zu deren Ansichten und Sichtweisen auf die Welt stehen, wie die eigene Sichtweise auf die Welt ist - gleichzeitig fühlen sie sich verloren und versuchen, ihren Platz zu finden - denken, sie seien die einzigen auf der Welt, die so fühlen....

Ich denke, dass dein Kind einfach nun mal eine Zeit lang mit sich selbst beschäftigt sein MUSS. Solche Phasen gibt es doch immer wieder mal im Leben und es ist völlig in Ordnung, sich da nur mit sich selbst zu beschäftigen und auf sich zu fokussieren.
Das macht einen nicht zu einem Egoisten :)

Ich kann verstehen, dass dir einiges davon weh tut und du es auch persönlich nimmst - auch das ist normal. Ihr befindet euch ja alle miteinander gerade in einem Prozess. Das darf auch mal zwacken und unangenehm sein,denn dahinter steht ja auch das Ablösen des Teenies von der Familie, mehr Eigenständigkeit, mehr zur eigenen Persönlichkeit werden.

Nichtsdestotrotz finde ich es hilfreich zu wissen, dass das garantiert normal und auch richtig so ist. Es nimmt bei euch den ganz normalen Gang. Euer Teenie wird größer :) Und da gehören diese Dinge dazu.
Eigtl ein gutes Zeichen für euer stablies Zuhause, dass dein Teenie nicht größere Probleme hat, die diese natürliche Entwicklung verhindern.

3

"Vielleicht ist es die Bewußtsein, dass es mein kleines Mädchen vo früher nie mehr geben wird. "

Das kann ich dir ürbigens voll nachfühlen und davor habe ich auch Angst, wenn es bei uns dann mal so weit ist.
Aber der Mensch als solcher bleibt im Grunde ja :) Es kommen Facetten hinzu, sicher. Das Verhältnis wird sich ändern, ganz bestimmt.
Aber - das war bei uns ja nicht anders. Und das muss nichts Schlechtes sein. Nur anders.

1

Ich fühle alles an deinem Beitrag…

Vielleicht können wir uns ein bisschen austauschen?

13

Mir geht’s genauso.
Unsere Tochter wird bald 14 Jahre.

4

Du sprichst mir aus dem Herzen. Sie ist 13,
Empathiefähigkeit kaum noch vorhanden, nur Egoismus.
Ich halte es gerade kaum noch aus und muss x-Mal am Tag kräftig schlucken, um nicht loszuheulen. Mein kleines Mädchen denkt und agiert so?

Leider hat sie zusätzlich eine psychosomatische Erkrankung (Angst vor Noten) entwickelt, da ist die Gratwanderung zwischen Strenge und Verständnis noch schlimmer.

Wir können uns gerne austauschen und gegenseitig Kraft geben bzw ausheulen.

5

Hallo!

Alles wird wieder gut!

Mein jüngerer Sohn war schon immer im Widerstand zu mir und eher ein Papakind. Mein Mann starb vor drei Jahren, da war mein Sohn 15. Es gab viel Streit oder nur minimalen Kontakt. Er verschwand gefühlt für Jahre in seinem Zimmer. Nach Corona hatte er viele Kontakte außerhalb, aber war er Zuhause, sah ich ihn kaum. Unordentlich sind wir alle, aber er ließ alles liegen, jede Anfrage nach Hilfe wurde unfreundlich abgebürstet.

Jetzt ist er 18, hat seine erste Freundin und ist wie neu! Ich habe nier einen freundlichen, hilfsbereiten, jungen Mann, den ich sogar wieder anfassen darf. Wenn er Zuhause ist, sitzen wir abends auch schon mal gemeinsam im Wohnzimmer, sehen fern und reden ein bisschen. Ich bin ein bisschen überwältigt.

Der große Sohn war immer ein Mamakind, nach dem Tod seines Vaters besonders. Die Pubertät fiel aus. Allerdings holt er die jetzt mit 20 sehr brutal nach. Das ist nicht witzig und schwer auszuhalten. Ich bin aber sicher, dass auch er nach einer gewissen Zeit wie neu sein wird und wieder näher rückt.

Ich glaube, man darf zwischendurch mal eine Ansage machen, auch mal wütend werden und streiten, aber im Grunde hilft nur Aushalten. Die meinen das nicht persönlich. Kein bisschen. Dann findet eine Weile eben kein gemeinsames Familienleben statt. Das Angebot bleibt ja bestehen und irgendwann sind sie wieder da.

LG

12

Dein Beitrag ist beruhigend. Ich schöpfe Hoffnung…

6

Hallo Senoravita,
wie gut kann ich dich verstehen! Ja, der Abschied von dem kleinen Mädchen steht nun an. Das darf eine Mama unendlich traurig machen, du spürst - es wird nie wieder sein wie früher. Manchmal blitzten bei mir doch noch die kleine Mädchen hervor, die meine längst erwachsenen Töchter mal waren. Sie sind ja dieselben, nur eben viel, viel weiter auf ihren Wegen.
Aber ja, Trauer braucht Zeit und Achtsamkeit. Das ist deine Lernaufgabe, erledige die im stillen Kämmerlein mit dir selbst.
Ich gebe zu, es ging mir wie dir.
Uns haben ein paar wenige, aber klare Regeln geholfen. Gefällt dem Pubertier nicht, muß auch nicht gefallen, aber erledigt werden - z.B. eine tägliche Hunderunde. Nimm ihr nicht zuviel ab. Fordere erwachsenes Verhalten, wenn deine Toclhter erwachsen behandelt werden möchte. Und glaub mir, es wird zwar anders, aber es kann auch gut werden.
Ich habe zu meinen Kindern (34/ 32 / 30 / 21) gute Beziehungen, ganz unterschiedliche, räumliche Entfernugn ist auch unterschiedlich, aber abgesehen davon finde ich es schon spannend. wie sie ihre Leben meistern. Mein Erziehungs-Job ist beendet. Natürlich bin ich bis ans Ende meiner Tage Mutter, manchmal Ratgeberin, manchmal Retter in der Not, lieber Teilhaberin an Freude und Erfolgen, aber gerne immer da. Loslassen bedeutet auch mehr Raum für dich und deine eigenen Wege, Chancen, die du bald neu erkunden kannst und hey, ausschlafen ist auch nicht zu verachten, oder?
Alles Gute dir!

7

hallo,
ich hab grad leider keine Zeit den Beitrag so komplett zu lesen und lange zu antworten, möchte daher nur einien Gedanken hierlassen.
So verrückt es klingt, in dieser Teenagerzeit wächst Nähe durch Loslassen.
So viele Eltern kklammern, weil sie die Nähe zum Kind nicht verlieren möchte...und erreichen damit aber genau das gegenteil Das Kind geht und es baut sich eine emotionale Distanz auf.
Du "musst" lernen, die Nähe im Loslassen zu fühlen. Es ist ein sehr verbindender Moment, wenn du dein Kind stolz ziehen lässt. Wenn du ihm was zutraust, du es ernstnimmt, du ihm Freiraum gibst. Immer mehr wird es um Qualität statt Quantität gehen. Ich war meiner Tochter eine Zeitlang sehr nahe, obwohl wir uns nur 30 minuten zum Abendessen gesehen haben. Aber diese 30 minuten haben wir wirklich genutzt und das was echt Nähe. Sie hat geblubbert wie ein Wasserfall.
Es gibt Tage, da ist meine tochter den ganzen Tag daheim, aber wir haben gefühlt keine Verbindung, weil sie in ihrem Zimmer sitzt und ich in meinem....Der Kontakt ändert sich einfach, es gibt im Alltag weniger Überschneidungen...also, wenn das Kind daheim ist sitzt es nicht bei einem in der Küche...es geht in sein Zimmer usw.
Daher bewusst 1-2 Schnittpunkte schaffen, in denen man ganz neugierig und offen mit dem Kind in Kontakt ist und ihm auch signalisiert "ist okay das du die Welt erkundest...ich halte dich nciht auf..ich bin stolz".

Klar, dein Kind ist ncoh jünger als meines...aber 13...ja das was das Alter, da ging es los. Schlag auf Schlag. So dumm wie es klingt, das kam so überraschend wie Weihnachten jedes Jahr :-) Jeder weiß, dass die Pubertät kommt, aber dann passiert es gefühlt über Nacht und die Eltern kommen mit der Schnelligkeit nicht klar und hinken etwas hinterher :-)

Also: Loslassen heißt nicht Gehenlassen/Verlieren/Bindungsverlust. Loslassen heißt das Kind in seiner nun neuen Entwicklungsphase akzeptieren und sich auf die neue Art der Verbindung und Nähe einlassen und stärkt die Beziehung.

Aber es ist nicht leicht. Nein...gar nciht leicht, das weiß ich wirklcih gut. Aber wenn man diesen emotionalen Schlenker schafft, dann ist es wirklcih eine schöne neue Nähe finde ich. Und ich bin sehr stolz auf meine Tochter und freue mich, wenn sie loszieht.

8

Hallo ihr Lieben,

oh ihr glaubt gar nicht, was mir eure Worte bedeuten und wie verstanden ich mich fühle.
Ich würde mich freuen, wenn einige von euch mich privat anschreibt und wir uns austauschen können.

Höhen und Tiefen.
Gestern hab ich mit einer Mama beim Adventsfest der Kleinen Tochter gesprochen. Die hat eine 16 Jährige, einen 12 Jährigen und die Kleine mit 8.

All ihre Worte waren wie Balsam. Schreibt mir gerne privat, dann können wir uns richtig austauschen. Schön, dass es dieses Forum hier gibt.

9

Hallo,


meine Tochter wird demnächst erst 12, also ein Jahr jünger, erste Veränderungen haben wir hier auch schon, unter denen zunächst die kleine Schwester "leidet", weil die Große nicht mehr so unbefangen und selbstverständlich spielt wie bisher.

Was Du allerdings beschreibst, finde ich tatsächlich heftig.
Und wenn andere Mütter nicht zugeben, dass es bei ihnen genauso schlimm ist, könnte das auch daran liegen, dass es wirklich nicht so krass ist.

Wir haben einige ältere Jugendliche im Bekanntenkreis und gerade Hobbys wie Reiten haben oft sehr gut durch die Pubertät getragen. Das verantwortungsvolle Versorgen der Pferde, der Aufenthalt unter erwachsenen Pferdebesitzern im Reitstall... all das trägt doch zur Selbstständigkeit bei, die ja nun so notwendig dran ist.
Auch, dass der Freundeskreis komplett ausgetauscht wird... spätestens bei Oma und Opa würden hier aber deutliche Worte fallen. Die tun hier aber auch so viel für die Kinder, interessieren sich, besuchen Schulaufführungen und helfen beim Lernen. Das kann bei euch ganz anders sein.


Aber Familienmitlieder oder andere Menschen komplett vor den Kopf stoßen muss nicht sein.
Pubertät hin oder her, einfache Regeln der Höflichkeit dürfen eingehalten werden.

Natürlich ist es eine Gratwanderung.
Schlampigkeit - kein Ding, aber bitte im eigenen Zimmer. Im Wohnzimmer müssen sich alle wohlfühlen.
Haustiere - sind meine, Kind muss sich nicht kümmern, auch wenn sie das früher gerne getan hat. Aber was bedeutet "mag den Hund nicht mehr?" Klingt komisch - sagt sie das oder verhält sie sich dem Hund gegenüber so? Auch da würden hier deutliche Worte fallen, denn Hunde brauchen Sicherheit und gleichbleibendes Verhalten. Zurückziehen und Tür zumachen ist natürlich ok.

Alles in allem würde ich das bei euch auch gut im Blick behalten. Vielleicht mal die Schulsozialarbeit ansprechen, wenn es auch den (schulischen?) Freundeskreis betrifft.
Und natürlich mit der Tochter im Gespräch bleiben, das vor allem.


Mir fällt aber auch auf, wie sehr du selbst der Kindheit offenbar hinterher trauerst.
Ich backe auch sehr gerne mit Kindern Plätzchen und ich liiiebe Playmobil. Aber wenn ich das noch jahrelang würde haben wollen, hätte ich 6 Kinder bekommen müssen und nicht nur 2 ;-)
Was magst du denn aktuell an deiner Tochter?
Mit meiner kann man inzwischen richtig anspruchsvolle Gesellschaftsspiele spielen, wie ich es sonst nur mit anderen Erwachsenen (leider selten) kann. Reisen ist einfacher geworden, sie interessiert sich zwar nicht so sehr für Geschichte und Kultur aber bei den coolen Geschäften und Sehenswürdigkeiten treffen wir uns doch in derselben City ;-) und freuen uns darauf, demnächst mal Paris oder London unsicher zu machen.

Wenn du jetzt in einer Richtung ziehst (es war doch so schön!) und deine Tochter in der anderen (ich will keinen Urlaub mit Pferd und Hund und kleiner Schwester!) dann reißt das Band irgendwann.

Also auch wenn du das gerade nicht hören willst:
wenn sie ihr komplettes soziales Umfeld umkrempelt, würde ich mir schon Sorgen machen. Bleib dran! Und wenn nötig, hol ihr Hilfe.

LG

10

> Entschuldigt meine profanen Probleme.

Nein, mit diesen Gedanken tragen sich sicher die meisten Eltern.

Vater hier. Sohn erfolgreich durch die "Menschwerdung" gebracht. Tochter ist angehendes Pubertier.

Das ist normal. Ratgeber zu lesen ist gut. Nicht alles auf die Goldwaage legen. Empfehlenswert ist Lektüre über den Umbau des Gehirns in den Alter. Pubertierende bauen tatsächlich viel von dem Baby- und Kind- Gehirn ressourcensparend zurück und es entstehen ganz neue Verknüpfungen. Teenager wirken nicht nur doof, die sind es - nicht bös gemeint sondern als ehrliches Werben für ein Mitgefühl / Einfühlen. Das zu erkennen hat mir einiges leichter gemacht.

TE,
Habt ihr noch gemeinsame Interessen? Kannst du sie bei gemeinsamen Aufgaben einbinden? Ich hatte Glück, meinen Sohn sehr fürs Kochen zu interessieren. Neue Rezepte probieren oder bewährt Leckeres zu zaubern ist jetzt unser "Vater-Sohn-Abend". Dabei kommen wir ins sprechen. ABER: Er ist ja auch durchs Gröbste durch. Mit 13 war das Desinteresse an der Welt enorm. Zugang gab es über seine Welt (Mario Cart und Minecraft im Multiplayer-Modus) aber über diese positiv besetzte Tätigkeit hielten wir Kontakt, ein gemeinsames Interesse und sind im Gespräch geblieben. Klar gab es auch Hausaufgaben aber es geht ja um etwas positiv besetztes...

Du kannst jetzt helfen, dass sich aus dem aufmüpfigen, , eigenwilligen, Widerworte gebenden, pickeligen Teen eine liebenswerte junge Frau entwickelt. Die Zeit ist nicht so heimelig, kuschelig süß wie mit dem Kleinkind, dafür um so spannender, schneller und ereignisreicher! Gestern mit viel Überzeugungsarbeit allein mit dem Bus in die Stadt geschickt ("ich trau mich nicht") morgen schon mit Interrail nach Stockholm.