Pubertät ohne Interessen / Hobbys?

Hallo Leute,

ich habe eine Frage zur Pubertät und Interessen. Es wird etwas lang...Meine Tochter ist 12 und die pubertäre Phase eine echte Herausforderung. Vom lieben Mädchen zum "Pubertier des Horrors", so ungefähr...Haben ja viele hier. Was mir Sorgen macht, ist dass meine Tochter seit Eintritt in die Pubertät (fällt auch in etwa mit Beginn des Gymnasiums zusammen) nicht nur sehr, sehr frech und aufmüpfig ist, sondern auch so gar keine Interessen oder Hobbys (mehr) hat.

Als kleineres Mädchen hat sie von reiten über tanzen bis Sport alles ausprobiert, dran geblieben ist sie nirgends, manches beschränkte sich auch nur auf das Kindergartenalter. Lediglich Kampfsport für Kinder und Jugendliche macht sie 1 x am Wochenende, aber auch meist seeeeehr, seeeehr lustlos und mit viel Überredungskunst meinerseits.

Hier bleibe ich allerdings dran, da die Kriminalität in den nächstgelegenen Städten hier extrem steigt und ich auch schon von einer Gang überfallen worden bin. Da kann sowas nicht schaden, zumal es direkt bei uns im Ort (Dorf) angeboten wird, ansonsten liegt das Freizeitangebot für Jugendliche hier bei Null. Außer dem aber macht sie gar nichts und interessiert sich für nichts (mehr). Lediglich am Handy Spiele machen (was wir freilich begrenzen), aber das kann es doch nicht sein, oder? Früher hat sie viel gelesen, sie wünscht sich auch heute noch immer Bücher und die werden auch im Alltag gekauft, aber letztlich überwiegt das Handy, so dass wir einen Bücherabend regelmäßig "anordnen" müssen.

Dass mein Kind so gar nichts weiter macht, ist allerdings auch ihrer schulischen Alltagssituation geschuldet: Ihr Unterricht geht meistens bis 15.15 Uhr (ist in verschiedene Blöcke gestaffelt) und der Heimweg zu uns aufs Land kommt dann noch on top (ca. 45 min bis 60 min mit Öffis, 27 Minuten, wenn wir sie holen mit dem Auto).

Sie hat Volleyball ein paar Orte weiter für 1 x die Woche angefangen, das ist noch gerade so zeitlich drin und liegt auf dem Schul-Anfahrtsweg aber auch hier: Keine Lust mehr drauf...

Hinzu kommt eine recht absurde Situation: Meine Tochter geht in eine Privatschule und dort gibt es sogar ein schönes Freizeitangebot. Das kam mir auch entgegen, als wir uns für diese Schule entschieden haben. Selbst Volleyball ist da dabei. Und was sagt mein Kind? "Wenn ich schon so lange in der Schule bin, will ich auch nach Hause dann und habe keine Lust, dort was zu machen." Sehe ich auch irgendwie ein, mein Mann sowieso.

Nur gibt es dort einen großen Freizeitbereich, auch mit Bibliothek, Kickern, Chill-Out-Lounge, großen Außen- und Freizeitflächen für den Sommer, usw. - aber sie hat kein Interesse, dort mit anderen Kindern etwas Freizeit zu verbringen. Erschwerend kommt hinzu, dass sie nur zu einem Mädchen in der Schule so richtig freundschaftlichen Kontakt hat. Dieses Mädchen wiederum ist Asiatin und die Eltern sehr darauf bedacht, dass das Kind viel macht. Vor allem Asiatisch-Unterricht hat sie ständig neben der Schule, dazu Klavier, und, und, und...Selbst die Wochenenden sind voll und in der Woche ist ein "raus kommen" zu uns wegen dem erwähnten vollgestopften Alltag nicht drin. Bislang gab es in zwei Schuljahren vielleicht viermal die Situation, dass mein Kind das Mädchen daheim besucht hat oder es hier bei uns war.

Im Ort selbst gibt es fast nur knarzige Einheimische, die uns als Zugezogene (vor über 10 Jahren) nicht groß annehmen. Kinder im Alter meiner Tochter gibt es nur ein einziges - auch zugezogenes - Mädchen. Mit dieser Mutter verstehe ich mich sogar ganz gut und wir haben mehrfach versucht, die Mädels zusammenzubringen, allein meine Tochter findet dieses Mädchen doof, da geht kein Weg ran. Also ähnlich wie mit dem Freizeitbereich in der Schule: Möglichkeiten gibt es zwar wenige, aber einige doch, aber meine Tochter nutzt sie nicht, es interessiert sie nicht.

Von mir / uns als Familie (wir sind nur zu dritt) initiierte Unternehmungen findet sie zum Großteil langweilig. Mit Museum, Natur usw. brauchen wir ihr aktuell gar nicht zu kommen. Einzig Shopping mag sie (da hat sie auch immer gute Laune...) oder nach Berlin fahren. Aber natürlich fährt man nicht permanent nach Berlin und auch Shopping gibts nicht jeden Tag oder jede Woche.

Einen Berlin-Trip wir aber letztes Jahr zweimal gemacht, ist auch wieder geplant, aber am Ende gefällt ihr dann dort auch fast nur eines: Shopping. Mit Museen oder ähnlichem brauch ich ihr auch dort gar nicht erst zu kommen. Habe trotzdem letztens eine kindgerechte Führung im einstigen Grenzübergang "Tränenpalast" gebucht, da war sie auch nur gelangweilt, obwohl die Gästeführerin sie ganz super mit eingebunden hat.

Dieses Thema (Geschichte / DDR - ich komme aus der DDR, habe meine Jugend dort verbracht) interessiert sie also auch nicht. Auch bei Dokus, die ich diesbezüglich mal (sehr selten) mit ihr gucken und familiäre Zusammenhänge dahingehend erklären will, wendet sie sich letztlich nur desinteressiert ab. Komme mir dann schon vor wie "Oma erzählt vom Krieg"...

Was mir aber eben die meisten Sorgen macht ist, dass SO GAR KEIN INTERESSE an irgendwas besteht. Und ich - gefangen in den Zwängen des Schulalltags - nicht mal eben so wie früher "Ausprobier"-Termine da und dort arrangieren kann, das wäre zeitlich mit ihrem Stundenplan gar nicht machbar. Und würde von ihr vielleicht sowieso wieder abgelehnt.

Diese Thematik und die Tatsache, dass meine Tochter eben auch viel Zeit alleine, ohne Freunde, verbringt, sorgt mich schon etwas. Angehörige haben wir nicht mehr, insofern sind auch keine Cousins oder Cousinen im Spiel. Ihr selbst scheint der Kontakt in der Schule mit den anderen Schülern zu reichen. Und sie nimmt auch keine "reichende Hand" an. Als sich kürzlich rausstellte, dass ein Junge aus ihrer Klasse nur drei Dörfer weiter wohnt und die Familie meine Tochter nachmittags einlud, blieb sie auch nicht dran. Ihre Aussage: "Ich war nur wegen der Schwester von XY da, der interessiert mich gar nicht, die Schwester (3 Jahre jünger) ist aber nett". Auf meine Anregung, das Geschwisterpaar oder die Schwester mal zu uns einzuladen, kam nur: "Ach, nö".

Tja. Was kann / sollte man da machen? Sorry, dass es so lang geworden ist und danke, wer dran geblieben ist. Evtl. war es ja bei anderen Urbianern ähnlich oder dieser Zustand gibt sich irgendwann? Was meint ihr? Wie sind eure Erfahrungen? Vielen Dank!

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Hm, mir wird von deinem Aktionismus ganz schwindelig. Es liest sich so, als wenn du ständig dabei bist, ihr irgendwas schmackhaft machen zu wollen. Und das prallt jetzt komplett auf die Pubertät....deren Hauptsbestandteil nun mal Abgrenzung von den Eltern ist.

Sie hat eigentlich schon früh durchblicken lassen, das sie an Hobbies kein wirkliches Interesse hat. Natürlich kann es sein, das einfach noch nichts dabei, wo sie "Feuer gefangen" hat. Aber gib ihr doch einfach mal den Raum, das selber rauszufinden.

Lesen, ja haben wir hier auch....aktuell findet unsere einfach nichts, was sie interessiert. Bücher waren immer zugänglich, so das sie davon (aus meiner Sicht) aktuell einfach von overdosed ist. Einen "Bücherabend" anordnen, das kann doch nur in die Hose gehen.

Freizeitangebote in der Schule, gibt es bei uns auch, aber auch unsere ist einfach froh, wenn sie nachmittags mal von dem ganzen Trubel Abstand bekommt und durchatmen kann. Unsere sagt auch klar, das sie das ganz merwürdig findet, wenn ihr Mathelehrer dann die AG macht. Sie findet da eine klare Trennung zwischen Schule und Freizeit ganz wichtig. Also, dieses Schulangebot ist sicherlich aus Erwachsenensicht praktisch, aber die Kids brauchen wohl etwas anderes.

Unsere verlässt morgens um 7 Uhr das Haus und kommt 3x in der Woche erst um 16 Uhr wieder, sie hat dann aber nicht "Feierabend", sondern es gibt immer irgendwas zu lernen, vorzubereiten, zu beenden. Ich kann sehr gut verstehen, das unter der Woche keinen Bock auf irgendwas hat und sich nur noch stumpf berieseln lassen möchte. An den kurzen Tagen (da ist sie um 14 Uhr wieder da) ist sie "ansprechbarer", aber auch da merkt man ihr deutlich an, das sie ziemlich gar ist.

Und über allem schwebt dann noch ein Punkt, der mir gesellschaftlich extrem auf den Keks geht. Dieser unsagbare Druck, das man seine Freizeit doch mit "sinnvollen" Sachen vollpacken muß. Sei es nun mit Sport, Kultur oder "wenigstens" ein Instrument. Ich bin erwachsen, ich stehe so im Leben, das ich mich klar dagegen positionieren kann. Aber bei einem Teenie kommt eben ganz schnell an, das mit ihm was nicht stimmen kann, wenn er keine Lust hat sich zu zerteilen. Es gibt nun mal Menschen, die das alles nicht brauchen und trotzdem glücklich sind.

Für meine Tochter ist zB Mannschaftssport überhaupt nichts, das kam schnell durch, trotzdem hat sie ihre "Nische" gefunden. Ein anderes Hobby findet alle 14 Tage statt, das reicht ihr vollkommen aus.

Freunde, ja, wenn ich ehrlich bin, auch da gib ihr mal den Raum, den sie benötigt. Hör auf da irgendwas zu arrangieren und laß erste Treffen doch einfach mal bei ihr sacken, anstatt gleich gedanklich das nächste Treffen zu planen. Hab dabei im Hinterkopf, das sie sich in der Lebensphase befinden, wo sie sich klar von uns und unseren Vorstellungen distanzieren.

Geschichte, mach dir bitte bewußt, das es deine Lebensgeschichte ist, nicht ihre. Die DDR-Zeit ist für unsere Kids so weit entfernt, wie der Mond von der Erde. Auch da, alleine weil du ihr das "aufdrücken" willst, geht sie vermutlich in die Abwehr. Ich fand unsere Familiengeschichte immer spannend, aber einfach weil ich bei den Gesprächen der Erwachsenen darüber im Raum war. Ich sicherlich auch ganz viele Dinge mithörte, die nicht für meine Ohren gemacht waren. Daraus hat sich dann später die Neiugierde entwickelt, die zu vielen Fragen führte. Ihr das aufdrücken wollen, das wird nicht klappen. Mich selbe rinetressieren da auch keine Museen, mich interessiert nur die eigene Familiengeschichte und private Erinnerungsstücke an diese Zeit. Was ich meinem Kind dazu erzähle, das passiert zufällig, in Zusammenhängen, wo sie nicht im Mittelpunkt steht. Die Stasiakte zB, mein Onkel und ich haben sie letztens noch mal rausgeholt und gelesen, Kind wurde hellhörig und später fing sie selber davon an...im Grunde wie ich damals, wenn es um Flucht und Vertreibung im 2. WK ging. Richtig greifen konnte ich es eh erst als Erwachsene. Ich selber habe als Kind den Grenzübergang Friedrichstraße sehr oft passiert, er ist für mich mit heftigen Emotionen verbunden, die mein Kind nie kennengelernt hat. Das heutige Museum berührt mich überhaupt nicht und mir liegt viel daran meinem Kind die Emotionen zu transportieren, nicht die Museumsstücke. Jetzt schweife ich aber wirklich ab.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich denke wirklich, das es dringend notwendig ist, das du los lässt und dein Kind den eigenen Rahmen finden lässt. Drückst und animierst du weiter, dann wird die Abwehr nur noch größer werden. Laß ihr Luft zum Atmen, sie ist kein kleines kind mehr.

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Hallo Butterstulle, danke für Deine Antwort und die Anregungen. "Bücherabend anordnen" war so gemeint, dass bei exzessiver Handy-Nutzung das Teil weggenommen wird, mit dem Verweis auf die vielen Bücher, die sie hat und der Tipp gegeben wird, dass sie sich gerne einen Bücherabend machen kann. DDR-Hintergrund/Geschichte: Ja, familiär haben wir da vieles mitgemacht, insofern versuche ich das selbstverständlich mit einzubinden. Vielleicht aber dosierter, ja...

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Sprichst mir mit deiner Antwort aus der Seele. Ich hatte schon beim Lesen Mitleid mit der Tochter. Ich hab oft das Gefühl, dass einige Eltern vergessen wie anstrengend es ist ein Teenie zu sein. Da geht hormonell alleine schon so viel ab, da ist man mental ja eh schon mit allem überfordert. Und wenn man dann nach einem langen Tag in der Schule auf Krampf noch irgendwas machen soll, da hört es ja ganz auf.
Ihre Freizeit ist so wie sie sie jetzt gerade verbringt schon sinnvoll genug. Nur sie selbst weiß was ihr gut tut und ich finde das sollte man dann auch so belassen wenn es sonst ja keine Probleme gibt. Die Batterie für den Tag wird ganz einfach nach der Schule schon aufgebraucht sein

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Ich denke, das Hauptproblem deiner Tochter ist der Mangel an Freunden.

So wie ich das jetzt verstanden habe, hat sie genau eine Freundin in der Schule, die kaum Zeit hat....

Aber du schreibst, ihr wohnt seit 10 Jahren in dem Ort.
Was ist mit Grundschulfreunden?
Gibt es da keine mehr, mit denen sie noch Kontakt hat, oder wo man den Kontakt wieder aufleben lassen könnte?

Ich denke, sobald sie jemanden hat, der mit ihr bestimmten Hobbys nachgeht - egal ob Sport, Töpfern oder Musik - dann wird sie da auch gerne hingehen.

Meine oberste Prio wäre also ihr zu helfen Freunde zu finden.
Ich weiß, das ist schwer. Wir haben dieses Problem momentan (nach einem Umzug) auch.

Du schreibst, die Freunde in der Schule "reichen " ihr.
Ist das wirklich so?
Oder könnte man evtl. über einen Klassenwechsel nachdenken, falls sie kaum "echte" Freunde in der Klasse hat?

Oder hat sie momentan vielleicht einfach keine Lust auf Sport (Volleyball, Selbstverteidigung....).
Möchte sie lieber künstlerisch tätig sein, töpfern, nähen....?

Aber ich denke Freunde sind der Schlüssel.
Alles Gute euch!

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Hallo Yoyo, danke für Deine Antwort. Ich habe mich schon bei näher liegenden Schulen erkundigt, allerdings ist das Warteliste angesagt. Insofern muss es erst mal mit den wenigen Freunden gehen, sie stört es ja (nach eigener Aussage) nicht...

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Wie anstrengend ist Schule für sie? Muss sie zu Hause noch viel Zeit für Hausaufgaben und Lernen investieren? Und kann sie sich dazu motivieren? Wie läuft es Noten mäßig bzw passt der Aufwand den sie reinsteckt zur Note?

Vielleicht ist sie total ko nach der Schule und so langen Busfahrten. Schätze das ist ja morgens auch noch eine Stunde on top. Bei meinem Großen 6. Klasse fliegt das alles. Aber vor allem auch weil der Schulweg mit dem Rad keine 10 Minuten sind. Aber wenn er Tage mit 8 Stunden hat und dann noch irgendwas ab Hausaufgaben oder lernen muss ist er echt platt.

Ich denke sie hat früher mit dem ständigen Wechseln und ausprobieren der hobbies durch aus schon gezeigt dass sie schnell die Lust verliert. Damals konnte sie sich oder du sie motivieren das nächste ausprobieren. Jetzt kann es sein dass ihr das zu anstrengend ist?!

Meiner hat in der Grundschule Unmengen an Büchern verschlungen. Macht er in den Ferien auch noch und ganz ganz selten am Wochenende aber sonst sagt er er kann sich nicht auch aufs lesen konzentrieren und will lieber einen Film schauen. Da ich das kenne, wenn ich im Studium in der klausurenphase oder auch jetzt im Job anstrengende Tage hatte dann hilft mir lesen nicht zum runterkommen sondern Fernsehen oder Sport.

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Hallo tigermum, danke für Deine Antwort. Nein, Hausaufgaben gibt es selten und Nachhilfe ist in der Schule gleich inkludiert (nach der Schule, was dann noch mal ein Stündchen mehr bedeutet). Die Woche geht schon mit ganz vieeel Schule extrem drauf...

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Hat sie wirklich kein Hobby oder kein sichtbares Hobby?
Warum kann nicht Gaming/ Handy mal ihr Hobby sein?

Ich habe lange gedacht, ich hätte keine Hobbys. Ich wusste oft nicht, was ich in diese Freundebücher bei "Hobby" schreiben sollte, weil ich nicht wie Gleichaltrige ein "organisiertes" Hobby (Verein, Sport, Instrument etc.) hatte. Beschäftigt habe ich mich aber schon mit vielem. Habe intensiv Musik gehört, meine Wellensittiche fotografiert und darüber "Bücher" geschrieben, gelesen, gemalt, mir Geschichten ausgedacht, das Zimmer dekoriert. Nur: Das haben meine Eltern nicht direkt mitbekommen bzw. so am Rande und ich hätte auch nicht wirklich sagen können, was ich den ganzen Tag gemacht habe (war auch hin und wieder mit Freunden unterwegs, aber eben nicht täglich). Ich war ganz zufrieren damit.

Es könnte sein, dass deine Tochter sich unter Druck fühlt, wenn du jetzt ständig schaust, ob sie ein Hobby hat, ihr alles Mögliche vorschlägst, damit sie eines anfängt. Das kann schon ziemlicher Druck sein. Ich persönlich finde immer noch, dass ein Hobby in jedem Alter erst mal das ist, was man zufällig gerne macht, von dem man erst im Nachhinein herausfindet, dass es eben das Hobby ist. Nicht - oder selten - etwas, das man bewusst anfängt. Selbst, wenn man Musikunterricht nimmt oder in einen Handballverein geht, weiß man doch gar nicht, ob und wie lange man das interessant findet, ob das wirklich ein Hobby oder nur eine vorübergehende Aktivität aus Neugier ist.

Von daher würde ich den Druck raus nehmen. Sagt ihr, dass ihr offen seid, wenn sie mal etwas probieren möchte - also kostenpflichtige Stunden in einer Aktivität - aber dass es okay ist, wenn sie ihre Freizeit frei gestaltet. Man kann so viele Hobbys haben, die man nicht in Worte fassen kann, bis man andere mit dem gleichen Hobby sieht. Kleidung ausprobieren/ sich umstylen, schreiben, eben Geschichten ausdenken - was wohl viele machen, worüber man aber selten spricht, sich eine Fantasiewelt aufbauen, Fanfiction in Gedanken schreiben etc. - Sportübungen im Zimmer, Raum dekorieren, backen, sich schminken. Keiner wird sagen "mein Hobby ist es, mich zu schminken", wenn man die Teenies aber alleine lässt, machen das wohl viele einfach mal, um zu schauen, was wie aussieht und verbringen damit viel Zeit.

Ein Hobby muss mMn nicht bildend sein, nicht organisiert, nicht zielgerichtet, nicht förderlich, nichts, was andere Menschen machen, was also einen Namen hat.

Ich habe mich immer unheimlich schwer damit getan, als Hobby "meine Wellensittiche" anzugeben, weil es zu der Zeit keine Foren darüber gab und vermutlich keiner verstand, was ich da mache. Dabei war ich intensiv beschäftigt mit Freisitz bauen, Beobachten, Fotofrafieren, Beobachtungen aufschreiben, Bücher lesen usw. Aber das hätte ich schwer in Worte fassen können, weil es offiziell das Hobby "Wellensititche" nicht gab. Ein Reitschüler kann auch schwer genau sagen, wie die Reitstunde ablief oder ein Fußballspieler, wie das Training genau ablief, vor allem, wenn jemand so gar keine Ahnung davon hat. "Ich war im Stall." - "Den ganzen Nachmittag?! Was hast du denn da gemacht?!"

Genauso kann ein introvertierter Mensch den ganzen Nachmittag im Zimmer verbringen. Ich gehe morgens am Strand oder am Feldweg fotografieren. Was ich da mache? Gehen und Fotografieren, erklären kann ich das auch nicht genauer.

Von daher würde ich der Tochter wirklich Zeit geben. Fragen (mich selbst, die Tochter), ob sie nicht zur Zeit einfach mehr Handyzeit braucht, ob das nicht mal eine Phase ist, in der sie viel spielt/ mit anderen schreibt/ recherchiert/ Videos schaut - was auch immer. Ob das nicht auch irgendwie förderlich und ggf. sogar kreativ sein kann (Anregung für andere Aktivitäten durch Videos, lernen beim Recherchieren, andere Skills aufbauen beim Spielen etc.).

Und frage dich als Mutter auch mal ehrlich: Wie sahen meine Hobbys in verschiedenen Lebensphase aus? Was habe ich gemacht? Was war produktiv, was nicht so sehr? Wie habe ich die Hobbys gefunden? Habe ich auch mal Zeit für Aktivitäten verwendet, die andere schwer oder gar nicht nachvollziehen konnten? Hätte ich das anderen erklären können?

In meinem Umfeld gibt es jemanden, der als Hobby "Cafés besuchen und verschiedene Kaffeegetränke probieren" hat. Das klingt extrem langweilig, er macht das aber nun schon seit mehreren Jahren. Wenn er frei hat, geht es in ein Café im Ort oder an einen neuen Ort, Cafés ausprobieren. Er notiert nichts darüber, macht gelegentlich Fotos, sitzt einfach da und probiert Kaffeegetränke. Ich selbst fotografiere Stillleben und Food. Von außen klingt das alles langweilig, unnötig und unproduktiv. Ist aber halt ein Hobby, also eine erfüllende Freizeitbeschäftigung.

Vielleicht könntest du es bei deiner Tochter auch erst mal so sehen - sie füllt ihre Zeit aus mit Dingen, die sie gerade erfüllen, die ihr als Eltern aber gerade nicht nachvollziehen könnt. Vielleicht beschäftigt sie sich später mit produktiveren Aktivitäten, aber gerade braucht sie Zeit für sich und das Handy.

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Hallo Toschkalee, danke für Deine Antwort. Na ja, was Du schreibst, dass Du Bücher geschrieben hast als Kind, das ist ja schon ein Hobby, wie ich finde. Habe ich auch gemacht und zehre davon heute in meinem Job. Gaming / Handy kann ich so, wie sie es nutzt, nicht als Hobby sehen, das ist zuviel. Klar, mag es Expertenin "Gaming" geben, aber dass das jetzt beruflich der große Wurf oder für mich ein Hobby ist, sehe ich nicht. Höchstens Richtung IT und Spiele-Entwickler, okay...

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Willkommen in der Pubertät!
Ich hatte als Jugendliche auch keine sichtbaren Hobbys. Und ganz ehrlich, wäre meine Mutter mir ständig mit irgendwelchen Aktivitäten gekommen oder gar irgendwelche aufgezwungene treffen, wäre ich noch genervter gewesen als ich es eh schon war 🤣 egal was es gewesen wäre, ich hätte zu fäst allem nein gesagt, einfach weil es durch meine mutter kam und nicht mein eigener Wille. Ich hatte auch jeden Tag nachmittagsunterricht und wäre niemals freiwillig länger in der Schule geblieben, ich war einfach froh freierabend zu haben und war total k.o
Also tu deiner Tochter den Gefallen und mach ihr keinen Stress. Du kannst ihr sagen, dass ihr sie unterstützt wenn sie an etwas Interesse hat, aber alles andere ist für einen Teenie Stress.
Übrigens war mein nicht sichtbares Hobby soziale Kontakte. Ich war nur am PC und online, habe mit anderen geschrieben, daraus sind teilweise Freundschaften im echten Leben geworden.
Also liebe Mama durchatmen, Stress rausnehmen. Bleib interessiert aber zwing dich micht auf :) und gute Nervenstärke für die nächsten Jahre

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Hallo Tinkertaco, danke für Deine Antwort. Klingt gut und ist nachvollziehbar. Werde ich mir zu Herzen nehmen.

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Hallo.
Darf ich mal was fragen? Ist sie unglücklich mit der Situation? Ist sie eher der introvertierte Typ?
Also irgendwie hab ich das Gefühl, dass nur du dich an dieser Situation störst.
Dein Kind geht gerne shoppen, liest gerne und hat eine Freundin. Klingt für mich ganz gut, nach einer ganz normalen 12 jährigen. Ich würde nur was ändern, wenn sie unglücklich ist.
Liebe Grüße

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Liebe marienoire, danke für Deine Antwort. Nein, sie wirkt nicht unglücklich, insofern könntest Du recht haben, danke!

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Dein Kind hat von früh morgens bis nachmittags um vier viele Menschen,Lärm und Input um sich. Hausaufgaben machen und lernen muss sie vielleicht auch noch...
Da ist es doch ganz normal, dass sie dann einfach mal ihre Ruhe haben will, sich nicht anstrengen will und einfach nur in ihrem Zimmer entspannen möchte.
Wenn du hier mitliest, dann wirst du schnell merken, wie vielen Erwachsenen es im Grunde gleich geht. Nach der Arbeit machen viele auch nichts mehr, da steht dann Couch und Netflix auf dem Programm anstatt Freunde treffen oder Sport.

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Das stimmt, njeri, danke Dir!

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also ich lese da viel "normales" raus. -- Mehr als Shopping, evtl, Kino oder zoo finden die meisten Jugentlichen in Kulturreisen nicht interessant? Museumsführungen? kotz. -- so geht es wohl 80% der Teenies.

Sie hat jeden Tag bis 16h schulprogramm - muss noch lernen, Hausaufgaben machen und liest immer wieder Bücher. Noch dazu geht sie einmal pro Woche ins Volleyball. -- ich frag mich, was sie denn da sonst noch alles rein packen soll?
Also OHNE HObby und Interessen ist sie sicher nicht, auch wenn Dich das Handy nervt. Was macht sie dort? ist vielleicht auch mal interessant WAS sie damit so macht.

also nach einem dreiviertel Tag will wohl keiner feriwillig länger in der Schule bleiben, als er muss. Kann ich voll verstehen.

Aber ja: -- so eine Freundin in Laufreichweite oder einem Fleck wo sie selbständig hin kann, wäre schon toll. Aktuell passirt viel im Kopf und ganz schnell kann sich da was ändern. mit 13,5 hat sich meine Tochter von heute auf morgen komplett verändert. von passiv depressiv hin zu aktiv, fröhlich mit vielen Aktivitäten und Freunden und Interessen. bei ihr war der Auslöser ein Schulwechsel, okay. -- aber dennoch: komplett Charakterlich und Aktivmässig kann sich ein Kind auch ohne Schulwechsel ändern. ----- Das kann schon werden. Lass sie einfach mal. -- wie geht es DIr denn nach 8 Stunden anstrengender Kopfarbeit? -- dass man da auch abends einfach mal Chillen mag, kann ich voll verstehen.

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Danke, tr357!

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Meine Tochter war da ähnlich (bis auf das frech sein , sie zog sich eher zurück ) , bis sie vor zwei Jahren durch einen Zufall zum Bogenschießen kam.
Im Verein hat sie viele Freunde , diese gehen aber auf eine andere Schule.
In der Schule selbst hat sie nur eine wirkliche Freundin.

Sonstige "Hobbys" sind Instagram ( Fotos und Videos gucken keine machen, maximal 2 stunden proTag!) , ab und an Zocken , Lesen und für die Schule arbeiten.

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Danke, Nordlicht!