Überforderung durch Schlafentzug

Hallo,

Ich habe vier Kinder: 6 Jahre Vorschulkind, 4 Jahre und 2 Jahre (Zwillinge). Unser kleinster Sohn (Zwilling 2) hat noch nie länger als 2 Stunden am Stück geschlafen und ich gehe langsam aufs Zahnfleisch. Der mittlere und der kleine streiten (Zwilling 2) permanent und ich muss ständig dazwischen gehen, damit sie sich nicht verletzen.

Zwilling 2 ist ein extrem anstrengendes Kind. Sehr impulsiv, schläft kaum/schlecht, sucht ständig Provokation, nicht verständig, extrem autonom. Ich hab das Gefühl, dass mich dieses Kind komplett aus der Bahn geworfen hat. Ich bin unendlich erschöpft. Es tut mir für ihn leid.

Unsere Kita ist stark vom Personalmangel getroffen und kann nur bis 13 Uhr eine Betreuung garantieren. Ab 13 Uhr muss ich alle vier Kinder alleine betreuen. Ab da ist Chaos…

Ich schaffe das nicht mehr. Ich bin genervt von den Kindern und frustriert. Aus Verzweiflung habe ich meinen Job gekündigt. Ich habe es nicht mehr geschafft dort „Leistung“ zu bringen. Ich dachte dann wird es besser. Ich dachte ich könnte mich vormittags erholen, essen kochen und etwas für nachmittags planen. Stattdessen bin ich von 9-12:30 (Kita Zeit der Kinder) tatsächlich am heulen, erschöpft sein und aufräumen. Meistens ist auch mind. 1 Kind zu Hause, da Kita entfällt (Personalmangel) oder krank ist.

Ich habe versucht die Kinder in Vereinen anzumelden (aber die Fahrdienste und Zeit überbrücken machen mich ok, Zwilling 2 ist hier wirklich ein Problem, da ich ihn kaum ins Auto bekomme und wenn wir irgendwo sind rennt er nur weg. Ich hab dann ja noch zwei andere Kinder und Aufsichtspflicht…).

Ich hatte Babysitter gesucht und bei einer Beratungsstelle angefragt. Konnte mir jedoch nicht weiter geholfen werden. Ich wollte Kita wechseln (mit längerer Betreuung) - geht aber auch nicht. Langsam bin ich verzweifelt. Mir gehen die Ideen aus!!! Was könnte ich noch probieren??

Ich hab vor ca drei Wochen eine alte Freundin aus dem Studium getroffen. Sie ist inzwischen Professorin und hat ein Kind. Ihre Mutter war dabei und hat den Sohn herumgetragen. Sie erzählte dass die Mutter das Kind betreut. Ich bin seitdem jeden Abend am heulen.

Ich fühle mich wie eine absolute Versagerin: ich hab meinen Job gekündigt (ohne Perspektive), vier Kinder (vor allem Zwilling 2 als echte Herausforderung) die sich den Kopf einschlagen und einen Mann, der ständig unterwegs ist. Ich bin quasi unter der Woche alleinerziehend mit vier Kindern. Am WE ist er da, aber von der Arbeit ko.

Ich komme aus einer toxischen Familie. Meine Kindheit war schrecklich, deshalb möchte ich den Kontakt zu meinen Eltern (Mutter narzisstischer, Vater Alkoholiker) möglichst minimal gestalten. Natürlich bin ich - wahrscheinlich wegen meiner Herkunft (Milieu, Familienstruktur) sehr bemüht, alles „gut/besser“ zu machen. Abends wenn ich total erschöpft im Bett heule, bereue ich, dass ich mich damals für die Zwillinge entscheiden habe. Tatsächlich gebe ich ZW2 „die Schuld“. Das ist jedoch unfair, denn ich habe mich für die Zwillinge entschieden. Jetzt ist es auch meine Aufgabe eine „gute“ Mutter zu sein.

Ich bin aber auch so traurig, denn mein größter Sohn kommt bald in die Schule. Ich hatte damals den Weg aus einem schlechten Umfeld/Milieu an die Uni geschafft. Das war nicht immer einfach. Mein Sohn sieht mich aber als Versagerin. Neulich hat er in der Kita erzählt (Erzieherin berichtete), dass seine Mutter (ich) jetzt arbeitslos sei und eh nichts könne. Wahrscheinlich liegt es daran, dass er mitbekommen hat, wie ich weine und dann sage „nichts schaffe ich“.

Meine Schwiegereltern (andere soziale Schicht, nicht reich aber die Nase oben - leben über ihren Verhältnissen) akzeptieren meine Herkunft nicht und reden auch - wenn sie denn da sind- sehr schlecht über mich. Ständig bekomme ich dann Vorträge, was ich alles falsch mache. Seitdem ich gekündigt habe, ignorieren sie mich komplett. Sie meinen ich würde auf Kosten ihres Sohnes leben. Dass ich alleinerziehend mit 4 Kindern aktuell komplett vor die Hunde gehe, sehen sie nicht.

Naja also zusammenfassend: mein selbstbewusstsein ist im Eimer, ich habe keine Kraft mehr und suche nach Lösungen aus dem Schlamassel. Meine jobkündigung war wohl ziemlich dumm. Ich hab mir „Entschleunigung“ erhofft. Stattdessen flattern mir die Rechnungen ums Uhr und ich fühle mich endgültig wie ein Loser.

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Hallo,
Beim Lesen deiner Beiträge kamen mir spontan folgende Gedanken:
1. Ich will dich am liebsten ganz fest drücken und dir sagen, dass du definitiv keine Versagerin bist, sondern eine sehr starke Frau, die an ihre Grenzen kommt oder schon drüber ist. Ich bekomme beim Lesen deines Alltags Schweißperlen auf der Stirn und ich bin von unseren drei Kindern (3,5 Jahre und 2x 1,5 Jahre) auch einiges gewohnt. Was du die ganze Zeit leistet, ist der Hammer und dass irgendwann der Punkt kommt an dem dir die Kraft ausgeht, ist keine Schande, sondern normal. Dieses Pensum ist allein nicht schaffbar, was mich zu Gedanken #2 bringt...

2. Deinen Mann möchte ich gerne an die Wand klatschen. Er hatte den Traum vom Hausbau, schön. Ich nehme an, ihr habt die Entscheidung nach Bayern zu ziehen gemeinsam getroffen, hoffe ich zumindest, aber was habt ihr und vor allem er sich dabei gedacht? Es braucht ein Dorf um ein Kind zu erziehen, in Berlin hattest du ein Dorf und das hat dir der Umzug genommen. Und warum? Weil dein Mann, der nur am Wochenende da ist, gern ein Haus haben wollte. Das nenne ich mal Egoismus. Und am Wochenende ist er ko? Denkt er etwa, du nicht?! Wie sehen eure Wochenenden aus? Nimmt er sich da raus oder ist er dann ein engagierter Papa und Ehemann?

3. Du brauchst Entlastung. Die Kündigung war ja der Versuch genau das zu bekommen, aber es reicht nicht und das kann ich nur zu gut verstehen. Dein Dorf ist weg, der Rückhalt, das soziale Netz, die Unterstützung durch Freunde, dein soziales Leben somit auch, aber all das ist essentiell. Es ist eure gemeinsame Verantwortung, eure Umstände so zu gestalten, dass es euch allen gut geht, nicht nur deinem Mann, sondern auch dir und auch den Kindern. Da kann er sich nicht einfach drücken. Tut er es doch, stellt sich die Frage, ob du das für dich für die Zukunft so willst.
Sich ein soziales Netz neu aufzubauen, insbesondere im dörflichen Bereich, dauert im schlimmsten Fall Jahre. Entlastung brauchst du aber jetzt. Ein Au Pair wäre mMn die naheliegende Lösung für deine Umstände, aber es ist die Frage, ob es möglich ist. Ansonsten kauf dir Entlastung wo immer es geht: Putzfrau, Lieferservice für Einkäufe (falls möglich, ansonsten gibt's vielleicht wenigstens click & collect), Babysitter für nachmittags und Fahrdienste, evtl Familienhilfe übers Jugendamt etc. Und dann würde ich mir schleunigst einen Hausarzt suchen, der mir sympathisch ist, dem die Lage schildern und eine Kur beantragen. Die Kinder übernimmt dein Mann in der Zeit. Du brauchst eine Pause um aus der Erschöpfung erstmal raus zu kommen.

4. Lass die Leute reden. Ganz leicht gesagt und ganz schwer getan, aber du hast genug um die Ohren und du kannst es nicht allen recht machen. Musst du auch nicht. Fokus auf dich, deine Kinder und deinen Mann. Alle anderen sind egal. Wer nicht hilft, soll die Klappe halten und wenn sie das nicht freiwillig tun, würde ich ihnen zumindest die Möglichkeit nehmen mich unaufgefordert mit ihrer irrelevanten Meinung zu belästigen, heißt: Kontakt einschränken. Und falls dir jemand nochmal sagt, dass du auf Kosten deines Mannes lebst, rechne demjenigen mal vor, was dein Mann bezahlen müsste, wenn er jemanden für Kinderbetreuung, Haushalt und Alltagsorganisation in deinem Stundenumfang einstellen würde. Selbst mit Mindestlohn käme da eine stattliche Summe zusammen und vergiss Wochenend- und Nachtzuschläge nicht. Care Arbeit ist nicht wertlos nur weil sie nicht bezahlt wird und das darf (und sollte!) man den Leuten immer wieder vor Augen führen.

Und 5. Du bist eine gute Mutter, der es die aktuellen Umstände unglaublich schwer machen. Das merken auch deine Kinder, das ist normal, aber belastend für euch alle. Für dich weil du zusätzlich zu allem anderen auch noch ein schlechtes Gewissen hast und deinen eigenen Ansprüchen nicht genügst und für deine Kinder, weil sie zu klein sind um zu verstehen was los ist und es einzuordnen. Kinder sind resilienter als ihnen oft zugetraut wird, aber trotzdem verdienen sie eine Mama, der es gut geht. Und du verdienst sowieso, dass es dir gut geht! Deshalb mein eindringlicher Appel: Versuch etwas zu ändern, wenn nicht um deiner selbst willen, dann um deiner Kinder willen. Es gibt eine Lösung für jedes Problem. Die erste Frage auf dem Weg dahin ist, ob dein Mann Teil der Lösung oder Teil des Problems ist.

Ich wünsch dir alles Liebe!!!

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Hallo, ich selbst bin total erschöpft und ich habe bisher "nur" meine Zwillinge. Ich kann mir gar nicht vorstellen noch zwei weitere Kinder zu haben oder gar zu arbeiten. Ich bin von den Nächten fix und alle. Obwohl sogar eine der beiden bei Omi/ Papa (wenn er da ist) schläft. Ich drücke dich ganz doll! Ich würde dir gern Kraft schicken, wenn ich selber welche hätte...
Dass du deinen Job gekündigt hast finde ich gar nicht verwerflich. Man hat nur begrenzt Kraft. Es ist wichtig dass es dir gut geht. Und wenn du dafür 3 Stunden am Tag hast zum Aufräumen!
Gibt es keine Freunde die vlt helfen können? Oder Nachbarn? Manche Omis oder Opis die keine Enkel haben möchten vlt gern helfen? Bei eBay Kleinanzeigen habe ich schon auch manchmal "Hilferufe" gesehen. Unter der Rubrik "Verschenken".
Kann dein Mann notgedrungen einen anderen Job suchen, so dass er das Familienleben unterstützen kann?

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Hallo,

„schön“, dass ich mit der Überforderung nicht alleine bin. Es tut gut zu hören, dass es andere auch anstrengend finden.

Ja mit Freunden ist es tatsächlich schwierig. Wir haben bis letztes Jahr in Berlin gewohnt. Das war mega! Super hilfsbereite Nachbarschaft, toller Hinterhof und ein Traum an Solidarität - Nachbarn haben auf Kinder im Hof geschaut. Es war immer was los. Man hat zusammengekocht, gelacht und geweint. Es war einfach wunderschön. Ich war gut „integriert“. Dann kam quasi die Wende: wir sind zurück in unser bayerischen Nest/Dörfchen gezogen. Mein Mann hat sich seinen Traum vom Hausbau erfüllt. Ich finde es schlimm. Ich sitze hier alleine mit den Kinder im Haus und vermisse unsere quirlige alte Berliner Bude. Die war klein und super gemütlich. Ich bin ein Fan von wenig Platz und Besitz. Meinen Mann geht es umgekehrt. Er fand die Wohnung dreckig und zu klein. Er findet es im neuen Haus super. Ist aber auch nur am WE hier. Naja hier sind alle im Umkreis von 500 Metern Rentner. Oh Gott, ich vermisse so sehr unsere lustigen Hinterhofnachmittage! Das Hin-und Her Hüpfen zwischen den Wohnungen im Mehrparteienhaus. Ach, so ein Haus kann ganz schön einsam machen (und Arbeit).

Das Problem ist, dass ich irgendwie totale Verlassensängste habe. Ich kann mich bei meinem Mann nicht durchsetzen. Und nun sitze ich hier. Seit einem Jahr und es wird nicht besser….

Oberflächlich sind die Leute hier nett und grüßen, aber an Freundschaft ist keiner interessiert. Jeder kennt quasi jeden. Hinter deinem Rücken wird über dich getuschelt. Jeder hat seine Spezis und die „Zugerasten Stadthipster“ braucht hier keiner. Ich schäme mich hier fast täglich. Gefühlt fühle ich mich um 20 Jahre gealtert. Die Familien (sehr wenige, da sehr kleines Dorf) in unserem Alter sind sehr konservativ.

Also kurzum: ich finde hier einfach keinen Anschluss. Keine Freunde, keine leihgroßeltern…

Ich habe den Eindruck hier sind die Leute sehr missgünstig/konservativ/auf sich bedacht (und zugleich „schau was machen die Nachbarn…tststsss“

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Ergänzung: ich glaube der Hausbau, Umzug, Jobwechsel und desolate Familiensituation (keine Hilfe von Großeltern beiderseits) sowie die Entwurzelung von Freunden und bisherigem sozialen Milieu sowie Zwillingnr 2 (Impulsivität) haben mir einfach jegliche Kraft geraubt…ich bin eigentlich eine absolute Kämpferin, aber ich fühle mich seit einiger Zeit wie der Größte Loser…

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Abgesehen davon, dass Schlafentzug eine sehr wirksame Foltermethode ist vermute ich, dass Du in einer Depression steckst. Das solltest Du zeitnah am besten mit einem Facharzt besprechen. Es gibt psychiatrische Ambulanzen.

Dann könnte die Akutbehandlung in einer Medikation bestehen.

Natürlich brauchst Du langfristig eine Lösung, und die wird nicht aus Pillen bestehen, aber zumindest könntest Du so das schlimmste Tief erstmal überbrücken.

Merkt Dein Mann nicht, dass Du vor die Hunde gehst? Und ist er unter der Woche gar nicht zu Hause? Dann hat er doch fünf Nächte die Woche, in denen er entspannt durchschlafen kann, dann ist er am Wochenende dran, damit Du Mal Schlaf bekommst.

Einer meiner Zwillinge klingt übrigens verdammt nach Deinem Z2. Ich habe aber zum Glück außer den Zwillingen keine Kinder. Vor drei Jahren habe ich wirklich überlegt, ob der meine Strafe dafür ist, dass ich unbedingt mit künstlicher Befruchtung der Natur ins Handwerk pfuschen musste. Jetzt sind die Jungs knapp fünf, und er ist er liebste, schlaueste, empathischste kleine Kerl, den man sich vorstellen kann. Aber ich weiß noch, wie ich meinem (damals relativ neuen) Vorgesetzten nach dem Urlaub erzählt habe, wie froh ich bin, wieder in der Arbeit zu sein, weil das Kind im Urlaub wirklich dauerhaft zehn Tage am Stück gebrüllt, rumkommandiert, noch mehr gebrüllt, seinen Bruder geärgert und noch mehr gebrüllt hat, wenn man ihn z.B. daran hindern wollte, allein die Bundesstraße zu überqueren. Horror!

Bitte geh zum Arzt. Du brauchst akut eine Lösung, damit Du wieder Kraft findest, Dein Leben auch mal schön zu finden. Und rede mit Deinem Mann! Der muss Teil der Lösung werden, denn er ist ja auch Teil der aktuellen Herausforderung.

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Hey,
habe nicht alle Beiträge gelesen, da ich gerade nicht soviel Zeit habe sorry. Ich habe selber auch noch keine Kinder. Aberrrrr…
Ich habe eine Kollegin die 3 Kinder hat und der Mann ist auch Wochen lang unterwegs und die haben ein Aupairmädchen. Diese haben sie über eine Agentur und das machen die seit 3 Jahren. Wenn ihr Platz habt ( die Kollegin wohnt in einem Haus und den Keller haben die für die Au-pair-Mädchen renoviert) wäre es eine gute Option.

Für den Job würde ich dir familienfreundliche Arbeitgeber empfehlen zbsp. Den öffentlichen Dienst.
Arbeite selber in einer Behörde und kannst nicht glauben was für Privilegien Kolleginnen und Kollegen mit Kindern haben.

Lg Sealife

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Ach Mensch, das klingt einfach alles ziemlich anstrengend! Aber mal als alles Wichtigstes, du bist ganz sicher keine Versagerin!
4 Kinder, dabei Zwillinge
ein Haus
ein Mann der kaum da ist
Schwiegereltern die nicht nur nicht helfen sondern dich auch noch schlecht machen
ein Umfeld wo du dich nicht wohlfühlst und einsam bist
Schlafmangel
ein besonders anstrengendes Kleinkind
Und was machst du? Du tust das Beste um deinen Kindern eine gute Mama zu sein! Ich finde du bist unglaublich stark!! Und dass du völlig ko bist ist einfach nur sehr nachvollziehbar! Ein bisschen klingt es für mich auch nach Depression. Pass gut auf dich auf und sprich mal mit deinem Arzt darüber!
Ansonsten kann ich dir leider keine großen Tipps geben. Tatsächlich sehe ich einige Parallelen zwischen deiner und meiner Situation und auch ich bin oft sehr ko, kann dich also gut verstehen. Wir wohnen übrigens auch in Bayern, wo wohnt ihr denn, vielleicht kommen wir aus der selben Richtung..
Auf jeden Fall wollte ich dir einfach nur sagen dass du kein Looser bist sondern sehr viel schaffst!