TW: Geburt. Für alle Mamas, denen es evtl auch so erging

Dein erster Geburtstag 🎈

Es jährt sich nun die aufregendste, emotionalste, schönste und zugleich für mich herausforderndsten Erfahrung meines Lebens. Nach einer 68-stündigen, (notwendigen) gewaltvollen Geburt bist du auf die Welt gekommen. Wir zwei Kämpfer haben es geschafft, wenn auch mit Blessuren. Deine körperlicher Natur (kaum geatmet, Blutzucker und Temperatur halten), die du zum Glück nach ein paar Tagen mit Hilfe überwinden konntest. Meine mentalen Wunden versuche ich immer noch zu flicken mit deiner Unterstützung und der deines Papas.
Einschnitte des Selbstvertrauens, das ich mir erst wieder erarbeiten muss. Die Stimmen sind laut und irrational, das ist mir bewusst. Trotzdem sind sie da: "Hättest du dich doch lieber für einen Kaiserschnitt entschieden.... das Natürlichste der Welt hast du ohne Hilfe nicht geschafft... Du bist schuld, dass es deinem Kind nicht gut ging bei der Geburt...Hättest du dich einfach mehr angestrengt...."
Was macht man, wenn seit 12 Monaten plötzlich Kopf und Herz in einem Teilbereich nicht mehr zusammenkommen und man sich irgendwie zerrissen fühlt? Wenn das Herz weiß, dass die Stimmen nicht recht haben, dass man alles gegeben hat und jede mögliche Energiereserve aktiviert und überstrapaziert hatte, um das irgendwie zu überstehen?
Ja, was macht man da? Eine Frage, die ich mir unzählige Male in den letzten 365 Tagen gestellt habe.
Die einzige sich wiederholende Antwort ist: reflektieren, ruhig atmen, aufschreiben und vor allem REDEN! Ich bin nicht schuld am Verlauf, ich habe Unglaubliches erlebt und geleistet und bin über mich hinausgewachsen!

Wieso erzähl ich das überhaupt? Weil ich für das Thema sensibilisieren will, es ist was Intimes/ Persönliches aber so wichtig zu teilen. Damit man heilen kann, weil es nichts zu Schämen gibt! Weil es den Austausch braucht, weil es soo viele dieser unerzählten Geschichten und Selbstzweifel gibt. Weil es gut tut, es sich von der Seele zu reden.
Und weil es okay ist, dass die Geburt seines Kindes nicht die rosarote Brille trägt, die einem die breite Masse im Vorfeld aufsetzt in Kombination mit den eigenen Erwartungen / Wünschen.
Und weil es okay ist, dass du dein Baby nicht sofort krass lieben kannst, weil du zuerst deine "Wunden lecken" musst. Ich kann dir sagen: die Liebe kommt, ganz sicher! Sie darf wachsen und muss dich nicht auf Anhieb treffen wie Armors Pfeil!
Du wirst für dieses kleine Wesen trotzdem dein letztes Hemd geben, weil du eine tolle Mutter bist, egal was kommt! Diese Eigenschaft hat Nichts damit zu tun, wie leicht oder schwer dir das Schwanger werden, die Schwangerschaft, Geburt oder die Zeit danach gefallen ist.
Du hast dein Bestes gegeben und tust es noch!

Dein erster Geburtstag, der auch mein Leben auf diverse Arten verändert hat - für immer 💞
Happy Birthday mein süßester Schatz und Kämpfer (das hast du von deiner Mama 😉)

Ich liebe dich ❣️

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Hallo. Schön von Dir!❣️ Vielen Dank.

Ich hatte zwar nicht dieselbe Erfahrung, habe aber auch (für mich) schlimmes erlebt nach der Geburt und im Wochenbett, aufgrund mangelnder und falscher Betreuung.
Auch ich habe dasselbe Gefühl von Versagen und Selbsthass/Selbstvorvorwürfen und mache deshalb schon eine private Trauma Therapie zusätzlich zur Psychotherapie.
Auch ich schaffe es noch nicht, es zu verarbeiten. Mein Sohn ist bald 5 Monate alt.
(Habe einiges durch : Verdrängen, Brief schreiben, Aufschreiben, Therapie, Austausch, Atemübungen, diverse psyhologische Gedanken-Kniffe/Verhaltenstipps, Esoterik, Lesen (derzeit bin ich bei "Eckhard Tolle - Jetzt. Die Kraft der Gegenwart.")

Dein Beitrag macht Mut und gibt einem das Gefühl verstanden zu sein und vorallem - NICHT ALLEIN! ❤️

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Danke, dass du deine Gedanken mit mir teilst! Manche Sachen sind größer wie wir bzw lassen sich schlecht greifen. Ich habe viele Monate gebraucht, die Gefühle dazu überhaupt einordnen und verstehen zu können. Ich habe mittlerweile auch einen psychologischen Kontakt, den ich bald kontaktieren werde. Aber ein bisschen Zeit brauche ich bis dahin noch 😊
Schön, dass wir uns darüber austauschen!

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Ich bin so traumatisiert gewesen, dass mein Gehirn das "zugemacht" hatte. Ich dachte zuerst das alles normal gelaufen ist... und nach so ca 2 Monaten kam nach und nach etwas durch. Und ich habe bemerkt, daß ich es ohne Hilfe nicht schaffe, das zu verarbeiten. Es ist jeden Tag präsent und quält mich. Mir hilft eine private Trauma Therapie für Prä-und Perinatale Erfahrungen. Ist aber kaum bezahlbar. Wir können uns gerne auch weiter per PN austauschen. Fühl Dich gedrückt

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“das Natürlichste der Welt hast du ohne Hilfe nicht geschafft... Du bist schuld, dass es deinem Kind nicht gut ging bei der Geburt...Hättest du dich einfach mehr angestrengt...."

Solche blöden Sprüche…wieviele Frauen starben früher und sterben auch heute noch in Entwicklungsländern unter der Geburt…sicher nicht, weil sie zu faul waren und sich nicht richtig angestrengt haben.

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Hallo du Liebe,
ich habe es auch trotz hartem Kampf nicht aus eigener Kraft geschafft.. mein Sohn wurde nach über 40h Wehen aus mir raus gezerrt.. ABER! Wir Menschen haben die schlechtesten Vorraussetzungen überhaupt einen Säugling aus uns rauszuquetschen. Wir haben den aufrechten Gang mit einem super engen Becken bezahlt. Es ist einfach schwierig. Dafür können wir überhaupt nichts! Da ich das weiß, hatte ich ehrlich gesagt NIE das Gefühl des Versagens. Geburt ist einfach das krasseste, was wir Frauen durchmachen. Und es kann sooo viel schief gehen. Liebe Frauen, geißelt euch doch nicht.
Alles Liebe allen tollen Mamis, die so wahnsinnige Schmerzen auf sich nehmen (und die ja leider oft nicht mit der Geburt enden..)