„Das ist nur eine Phase!“

Typische Elternweisheiten – und warum sie meist stimmen!

Sie bergen einen wahren Schatz an Erfahrung und spenden Gelassenheit und Trost: Die kurzen, knackigen Weisheiten, die von Eltern von Generation zu Generation weitergeben!

Autor: Gabriele Möller

Konzentrierte Lebenserfahrung von Generationen

Typische Eltern Weisheiten
Foto: © colourbox

"Erstmal tief durchatmen", "Das ist ganz normal!" – Wohl jede Mutter und jeder Vater hat solche Sätze schon einmal gehört: von der eigenen Mutter, von Freunden oder Bekannten. Sie klingen unscheinbar, aber in ihnen ballt sich die konzentrierte Lebenserfahrung von Generationen. Es lohnt sich deshalb, den acht häufigsten Eltern-Weisheiten eine Chance zu geben!

1. „Hör’ einfach auf dein Bauchgefühl!“

Die Situation: Manchmal weißt du im Labyrinth der Ratschläge aus Büchern oder von anderen Eltern nicht mehr: Was ist wirklich richtig, was ist falsch? Sollst du zum Beispiel immer konsequent mit deinem Kind sein - oder auch mal Ausnahmen erlauben? Sollst du mit der Schwiegermutter streiten, die dein Kind ständig vereinnahmen will – oder um des lieben Friedens willen nachgeben? Solltest du dein Neugeborenes täglich wiegen – oder einfach darauf vertrauen, dass deine Muttermilch schon reichen wird?

Ein kleiner Satz voller Weisheit: Hier kann helfen, was der Volksmund „ Bauchgefühl" oder „gesunder Menschenverstand" nennt: deine Intuition. Sie ist, wie Wissenschaftler beobachtet haben, oft ein sehr guter Ratgeber. Intuition meint die Fähigkeit unseres Gehirns, blitzschnell eine riesige Fülle an Lebenserfahrungen und aktuellen Informationen zu verarbeiten, und daraus den richtigen Schluss zu ziehen. Dabei werden viel mehr Aspekte berücksichtigt, als dies beim bewussten Nachdenken möglich wäre.

So entspannt sich die Lage: Dein Kind möchte bei Regenwetter ausnahmsweise etwas länger fernsehen? Es ist okay, dies zu erlauben. So lernt es: Das Leben ist bunt und komplex, und deshalb darf man flexible Lösungen finden. Dein Baby gedeiht prächtig und sieht rosig aus? Dann reicht deine Muttermilch völlig aus, und es genügt, dein Kind nur gelegentlich zu wiegen. Deine Schwiegermutter stopft dein Kind mit Süßigkeiten voll, obwohl du das nicht möchtest? Das Unwohlsein in deinem Bauch zeigt dir, dass du jetzt energisch werden musst - du bist die Mutter, und du entscheidest, was mit deinem Kind geschieht!

2. „Das ist nur eine Phase!“

Die Situation: Dein bisher so fröhliches Baby ist schon seit längerem knötterig, dein Kleinkind klebt den lieben langen Tag förmlich an dir, der Nachwuchs hat plötzlich keine Lust mehr auf Kindergarten, obwohl nichts vorgefallen ist, oder malt neuerdings nur noch Bilder in dunklen Farben. Du bist besorgt: Ist da etwas nicht in Ordnung? Welche Bedeutung hat so ein Verhalten? Was muss ich jetzt tun?

Ein kleiner Satz voller Weisheit: Wir Eltern neigen dazu, uns schnell zu sorgen. Wir möchten allem Ungewöhnlichen restlos auf den Grund gehen, und interpretieren dabei schnell zu viel in das Verhalten des Kindes hinein. Wenn dir in so einer Situation jemand sagt: „Ach, das ist bestimmt nur eine Phase!" hat er damit sehr oft Recht. Phasen haben drei beruhigende Eigenschaften, die wir unbedingt kennen sollten. Erstens: Jedes Kind hat Phasen, und zwar gefühlte 100, bis es einst das elterliche Nest verlässt. Zweitens: Phasen haben die angenehme Gewohnheit, ganz von selbst vorbei zu gehen. Und drittens: Wir können wenig tun, um dies zu beschleunigen!

So entspannt sich die Lage: Wenn dein Baby momentan unzufrieden wirkt, liegt dies vermutlich daran, dass es schon mehr können möchte, als es kann. Dieses Problem löst die Zeit von selbst. Gib deinem klammernden Kleinkind einfach die Sicherheit, die es sich jetzt wünscht, es wird sich irgendwann wieder mehr von dir lösen können. Lass' dir die düsteren Bilder von deinem Kind interessiert erklären und vertraue darauf, dass es bald wieder buntere Farben wählen wird.

3. „Du und dein Baby – ihr seid das beste Team!“

Die Situation: Frischgebackene Eltern gehen oft mit viel angelesenem Wissen an ihre neue Rolle heran. Etwas über Kinderentwicklung zu wissen, kann sehr wichtig sein. Manchmal aber verstellt dieses „Kopfwissen" unsere eigene Wahrnehmung dafür, was unser Baby jetzt gerade braucht. Denn Babys haben die wunderbare Fähigkeit, uns sehr zuverlässig zu zeigen, was sie möchten.

Ein kleiner Satz voller Weisheit: Wir müssen aber genau hinschauen und auch wagen, unserer Wahrnehmung und unserem Kind zu vertrauen, damit diese intuitive Kommunikation funktioniert. Denn es ist wahr: Wir und unser Baby sind ein perfektes Team! Wer es ausprobiert, erlebt staunend: Das Baby weiß genau, was es benötigt, und es leitet uns förmlich dazu an, seine Bedürfnisse zu erfüllen.

So entspannt sich die Lage: Du musst also nicht auf die Uhr sehen, um zu wissen, ob dein Baby Hunger hat, sondern du musst es anschauen: Es wird unruhig und beginnt, stakkato-artig zu knöttern? Dann ist es Zeit für eine Portion Milch! Reagierst du jetzt nicht, hilft dein Baby dir auf die Sprünge, indem aus dem anfänglichen Knöttern ein sehr nachdrückliches Schreien wird. Mit der Zeit wirst du seine Signale immer feinfühliger und früher deuten können. Und zum Beispiel auch spüren, ob dein Baby wirklich Hunger hat, oder ob es sich vielleicht ein paar Schmuse-Einheiten auf deinem Arm, oder auch etwas Unterhaltung wünscht.

4. „Du musst nicht perfekt sein!“

Die Situation: Wir Mütter würden es nie zugeben, aber wir streben sie insgeheim an: die Perfektion! Nicht, weil wir größenwahnsinnig wären – sondern aus Angst. Wir möchten möglichst alles richtig machen, weil wir überzeugt sind: Unser Kind wird unvermeidlich Schaden nehmen, wenn wir Fehler machen. Und wer will schon, dass der Nachwuchs später auf der Couch des Psychiaters landet, weil man als Mutter „versagt" hat? Dass die Väter unserer Kinder das meistens viel gelassener sehen, beruhigt uns nicht wirklich - die haben eben keine Ahnung, oder?

Ein kleiner Satz voller Weisheit: Kinderpsychologen beruhigen: Eltern müssen und können nicht perfekt sein. Sie dürfen Fehler machen! Es muss schon sehr viel schiefgehen, damit ein Kind Schaden erleidet, oder die viel beschworene Bindung unsicher wird. Fachleute vergleichen die seelische Entwicklung eines Kindes mit einem Konto: Man darf als Eltern auch mal ins Minus rutschen, wenn man anschließend wieder so viel „einzahlt", dass man ins Plus kommt. Väter und Mütter dürfen also auch mal gereizt, überfordert, ungerecht oder auch laut sein. Entscheidend ist, dass wir zumindest den überwiegenden Teil der Zeit liebevolle und einigermaßen geduldige Eltern sind.

So entspannt sich die Lage: Wenn du deiner besten Freundin also einen Ausraster beichtest, und sie tröstend sagt: „ Du musst nicht perfekt sein! Du bist als Mutter gut genug!", dann glaube ihr, denn es ist wahr! Versuche, etwaige Schuldgefühle rasch fallen zu lassen, denn Fachleute betonen: Die Verkrampfung, die durch Schuldgefühle entsteht, kann fürs Kind belastender sein, als die auslösende Situation selbst.

5. „Das ist ganz normal!“

Die Situation: „Mein Kind (22 Monate) spricht manche Wörter noch total falsch aus – ist das normal?", fragt eine verunsicherte urbia-Userin in unserem Forum. „Seit mein Kind in den Kindergarten geht, ist es dauer-krank! Ich frage mich, ob das noch im Rahmen ist!" postet eine andere, und „Mein Erstklässler schreibt manche Buchstaben spiegelverkehrt – ist das normal?" ist eine weitere häufige Frage aus unseren Foren.

Ein kleiner Satz voller Weisheit: Vor allem beim ersten oder auch ältesten Kind fehlen uns Eltern einfach zwei Dinge, die sehr entlasten würden: der Vergleich und die Erfahrung. Denn alles ist neu, alles geschieht das erste Mal – wie soll man da wissen, was normal ist, und was nicht? Der Nachwuchs wird ständig abgeglichen mit unserer Erwartung dazu, wie ein Kind sein „sollte". Und schnell sind wir alarmiert, wenn er von dieser – oft nicht sehr fundierten – Vorstellung abweicht. Da dürfen wir uns von der entspannten Aussage anderer Mütter oder Väter: „Das ist ganz normal!" durchaus beruhigen lassen.

So entspannt sich die Lage: Andere Eltern haben meist längst ähnliche Erfahrungen bei den eigenen Kindern gemacht, wie wir. Sie wissen daher: Das sind alles Dinge, die sehr häufig vorkommen und keine größere Bedeutung haben. Was wir ihnen besorgt erzählt haben, ist in Wirklichkeit nichts Ungewöhnliches, wir dürfen unserem Kind einfach etwas Zeit geben: Bald wird es besser sprechen können, seine Infekte werden bis zum Vorschulalter seltener werden, die Buchstaben wird es in der Schule bald nicht mehr verkehrt herum schreiben.

6. „Das geht doch allen so!“

Die Situation: Du bist schwanger. Insgeheim wünschst du dir, das Kind möge ein Mädchen sein. Sofort hast du Schuldgefühle, denn man sollte sich doch über jedes Baby gleich stark freuen, oder nicht? Vielleicht sind auch deine zwei Kleinkinder irre anstrengend, und du denkst ab und zu: Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich mir das mit dem Kinderkriegen nochmal überlegt. Überhaupt scheinst nur du allein so genervt zu sein. Die anderen Mütter wirken immer so fröhlich, souverän und entspannt.

Ein kleiner Satz voller Weisheit: Die Wahrheit ist: Mit den Gefühlen anderer Eltern ist es meist sehr ähnlich bestellt, wie mit unseren eigenen. Auch andere Mütter oder Väter hoffen in der Schwangerschaft nicht selten auf ein bestimmtes Geschlecht des Babys. Und sogar engelsgleich wirkende Mütter oder scheinbar tiefenentspannte Väter können erstaunlich laut keifen - wie man erstaunt hören kann, wenn man einmal zufällig unter dem gekippten Fenster der Familie vorbei kommt. Eine solche Erfahrung kann sehr entlastend sein. Wem sie nicht zuteilwird, dem hilft die tröstende Aussage einer Freundin: „Du, ganz ehrlich, das geht uns doch allen so!"

So entspannt sich die Lage: Bist du enttäuscht, weil der Ultraschall ein anderes Geschlecht ans Licht bringt als erhofft, lass diese Enttäuschung zu, ohne dich zu verurteilen. Du wirst dann erleben, dass sie bald von selbst verschwindet! Es ist auch okay, wenn dein anstrengendes Baby oder Kleinkind dich nicht von morgens bis abends zutiefst glücklich macht, sondern du auch mal total entnervt bist oder negative Gefühle hegst - das geht allen Eltern so!

7. „Sei einfach für dein Kind da!“

Die Situation: Dein Sohn hat momentan Zoff mit zwei Klassenkameraden und kommt meist schlecht gelaunt nach Hause, die beste Freundin deiner Tochter spielt nur noch mit einem anderen Mädchen, dein Teen hat einen Liebeskummer, der dir schon beim Zusehen das Herz zerreißt. Der erste Reflex ist jetzt, mal ganz genau nachzubohren, wer von den anderen Jungs angefangen hat mit dem Streit (sollte man da nicht gleich mal mit den betreffenden Eltern reden...?). Oder laut darüber nachzudenken, was das für ein unsympathisches Kind ist, das dem eigenen die beste Freundin „ausspannt". Oder den treulosen ersten Freund der Tochter schlechtzureden („Der hat eh nicht zu dir gepasst, sei froh, dass er weg ist!").

Ein kleiner Satz voller Weisheit: Es ist für uns Eltern sehr schwer, unsere Kinder leiden zu sehen, und dabei unsere eigene Hilflosigkeit auszuhalten. Wir möchten ihren Schmerz schnell wegtrösten, oder doch wenigstens einen „Schuldigen" dingfest machen. Doch Tochter oder Sohn fühlen sich dadurch nicht getröstet, sondern im Gegenteil, sogar eher unverstanden! Viel konstruktiver ist jetzt der Rat: „Sei einfach für dein Kind da!" Und genau das solltest du tun! Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

So entspannt sich die Lage: Spiegele die Gefühle deines Kindes wider („Ja, das ist wirklich schlimm! Ich kann verstehen, wie traurig du bist!"), ohne vorschnell nach tröstenden Worten zu kramen. Nicke verständnisvoll, unterbrich dein Kind nicht, und stelle anschließend einfühlsame Fragen. Zeige immer wieder Gesprächsbereitschaft, auch wenn der Nachwuchs dieses Angebot noch nicht annehmen möchte. Kinderpsychologen betonen: In seinen Gefühlen gesehen und verstanden zu werden, entlastet oft schon so sehr, dass ein Kind eigene Lösungen finden oder die Traurigkeit selbst bewältigen kann.

8. „Erstmal tief durchatmen!“

Die Situation: Wieder einmal ist die Breischüssel deines Kleinkindes auf dem Fußboden gelandet, es hat deine Handcreme für eine Teppichmalerei benutzt, oder eine Puppe mit Textmarker „geschminkt". Jeder kennt zwar den Rat für solche Situationen: „Jetzt erstmal tief durchatmen!", doch kaum jemand probiert ihn wirklich aus. Dabei konnten Wissenschaftler beobachten, dass uns das richtige Atmen jetzt tatsächlich vor der drohenden Explosion bewahrt.

Ein kleiner Satz voller Weisheit: Probiere in solchen Momenten einmal diese kleine Atemtechnik aus: Atme tief in den Bauch ein, und zähle dabei zügig bis vier. Halte die Luft sanft an, zähle dabei bis 7. Atme dann langsam aus und zähle währenddessen bis acht. Wiederhole diese Übung viermal. Du wirst nach diesem im wahrsten Wortsinn „tiefen Durchatmen" tatsächlich einen spürbaren Effekt wahrnehmen.

So entspannt sich die Lage: Diese kurze Übung lässt nicht nur die Wut rasch abklingen, sondern funktioniert ebenso bei Angst: Wenn du zum Beispiel völlig durch den Wind bist, weil dein Kind eine Platzwunde am Kopf hat und ihr in der Ambulanz der Kinderklinik sitzt. Oder wenn der Nachwuchs längst von der Schule zurück sein müsste, aber immer noch nicht erscheint, und sich in deinem Kopfkino schon erste Schreckens-Szenarien abspielen. Ein paarmal durchzuatmen mit der beschriebenen „4-7-8-Technik" erdet dich jetzt so weit, dass du wieder klarer denken kannst.