Schwangerschaft hinterlässt Spuren

Wächst der Bauch, schrumpft das Hirn?

Früher hieß es, die Schwangerschaft macht ein bisschen vergesslich. Jetzt soll das Gehirn sogar Substanz abbauen. Forscher haben im Vorher-Nachher-Vergleich langfristige Hirnveränderungen festgestellt.

Autor: Janine Meul
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Foto: © Colourbox

Schwangerschaft verändert das Gehirn der Mutter

Schwangerschaftsvergesslichkeit, wachsende Bäuche (und Füße), vielleicht auch gesteigerte Emotionalität – kennen wir alles. Und nun soll auch noch das Gehirn abbauen? Tatsächlich haben Forscher bei Frauen nach der Geburt eine Abnahme an grauer Substanz in bestimmten Bereichen des Gehirns festgestellt. Die meisten betroffenen Hirnregionen spielen unter anderem eine Rolle bei der Fähigkeit, Gefühle und Erwartungen anderer zu erkennen.

Keine Veränderungen bei Vätern

Aber von vorne: Für ihr Projekt untersuchten Forscher die Gehirne von 25 Frauen vor und nach der Geburt ihres ersten Kindes. Zum Vergleich zogen sie 19 Männer, die erstmals Vater wurden, heran und zusätzlich Frauen und Männer, die keine Kinder bekamen. Bei den frischgebackenen Müttern waren die Veränderungen im Gehirn so deutlich, dass die Forscher daran erkennen konnten, welche Frau aus der Gruppe ein Kind bekommen hat und welche nicht – und das sogar langfristig innerhalb des zweijährigen Projektzeitraums. Die nicht-schwangeren Frauen, die kinderlosen Männer, aber auch die Neu-Väter zeigten hingegen keine Auffälligkeiten. Das ließ die Forscher zu dem Schluss kommen, dass der Substanzabbau tatsächlich aus der Schwangerschaft selbst resultiert und nicht etwa durch die Anpassung von Mutter und Vater an die Elternrolle hervorgerufen wird. 

Sinnvoller Substanzabbau?

Klar, der Körper macht während einer Schwangerschaft viele weitreichende Veränderungen durch – Hormonumstellung sei dank. Aber werden wir wirklich blöd? Nein, ganz so ist es laut Studie zum Glück dann doch nicht. Scheinbar verlieren wir keine kognitiven Fähigkeiten durch den Rückgang des Hirnvolumens, vielmehr macht das Gehirn eine Art Umstrukturierung durch. Die Forscher vergleichen die Vorgänge mit den neuronalen Umbauprozessen während der Pubertät: überflüssige Verbindungen werden abgebaut, um die Entwicklung neuer, spezialisierter Verbindungen zu ermöglichen. Vermutlich macht sich das Gehirn so fit für die Anforderungen, die die Mutterrolle mit sich bringt. Die Veränderungen könnten den frischgebackenen Müttern zum Beispiel helfen, die Bedürfnisse ihres Babys deutlicher zu erkennen. Faszinierend!

Die Studie „Pregnancy involves long-lasting changes in human brain structure" von Forschern der niederländischen Universität Leiden und der Universität Autònoma in Barcelona ist im Nature-Neuroscience-Magazin erschienen.