Mandeloperation mit Folgen ...Entschuldigung, sehr lang

Zu Beginn muss ich erwähnen, dass meine heute sechsjährige Tochter unter Asthma leidet seit sie anderthalb ist. Deshalb hat sie oft schwere Bronchitis und nimmt auch sonst jeden Infekt mit der sich ihr in den Weg stellt.

Nun sass ich in den letzten 11 Wochen fast jeden zweiten Tag mit ihr beim Lungenfacharzt ohne dass wir den derzeitigen Infekt in den Griff bekamen. Sie bekam sogar Beriglobin gespritzt - ohne Erfolg.

Der Lungenfacharzt schickte uns zum HNO um abklären zu lassen ob die Polypen evtl. nachgewachsen sind.
Tja, es waren nicht nur die Polypen, es war zusätzlich noch eine Mandelentzündung. Fazit: Die Mandeln sollten am 15.11. entfernt werden. Letzte Woche sollte ich aber nochmal zur Kontrolle kommen.
Also erschienen wir zur Kontrolluntersuchung. Der HNO teilte mir mit, dass das Kind fast ersticken würde und die Mandeln SOFORT (am nächsten Tag, Freitag) heraus müssen. Innerhalb einer Stunde sollten wir uns im Krankenhaus einfinden damit das Kind auf die OP vorbereitet werden kann.
Natürlich war ich erst einmal geschockt, aber letztendlich dachte ich: Was weg ist ist weg.

Ich will jetzt hier gar nicht weiter ins Detail gehen was die Vorbereitungen und die OP angeht. Mal von der Tatsache abgesehen, dass man 19! Versuche brauchte um meiner Tochter einen Zugang zu legen, habe ich mir alles viel dramatischer vorgestellt. Aber sie hat die Operation relativ gut überstanden und dank der Schmerzmittel konnte sie schon am Samstag ganz normale Kost essen.
Der HNO kam jeden Tag zur Kontrolle und schon am Mittwoch sollten wir entlassen werden.
Am Montag bekam mein Kind dann mal wieder eine Bronchitis und hatte eine verstopfte Nase. Man nahm ihr Blut ab um die Entzündungswerte zu ermitteln und machte einen Abstrich vom Rachen. Natürlich waren die Entzündungswerte erhöht und sie bekam antibiotische Infusionen. Trotzdem sollten wir am Mittwoch entlassen werden. Dank der Infusionen und der Inhalationen verschlechterte sich ihr Zustand auch nicht.

Dienstag Abend, ich hatte meine Tochter gerade Bett fertig, flog die Tür auf und eine vermummte Person stürmte unser Zimmer. Kittel, Handschuhe, Mundschutz, eine Haube auf dem Kopf und so blaue Plastikschuhe...

"Frau S., ich habe ein Attentat auf sie vor." An der Stimme erkannte ich, dass es sich um den Stationsarzt handelte.
Dieser teilte mir mit, dass die Ergebnisse des Rachenabstriches nun da wären und er mir leider sagen müsste, dass meine Tochter sich (vermutlich während der OP) mit MRSA infiziert habe.
Er überreichte mir ein paar Zettel auf denen die Hygienevorschriften des Krankenhauses zu lesen waren und verschwand mit den Worten: Trotzdem steht einer morgigen Entlassung nichts im Weg - bis dahin stehen sie allerdings unter Quarantäne!"

Fassungslos starrte ich auf diese Zettel: Lieber Patient, heute haben Sie erfahren dass Sie mit MRSA infiziert sind..." stand da. Dann kam eine zweiseitige Aufzählung all der Massnahmen die man zu ergreifen hat. Aber nirgendwo stand was MRSA überhaupt ist. Bezeichnend war der letzte Satz: "Wenn Sie noch Fragen haben, wenden Sie sich vertauensvoll an unsere Ärzte und das Pflegepersonal."
Also drückte ich auf den Klingelknopf. Eine Schwester erschien - aber sie sprach nur durch die Glasscheibe mit mir und meine Fragen sollte ich doch besser morgen früh dem HNO stellen. Müssig zu erwähnen das auch niemand mehr kam um meiner Tochter die verordneten Medikamente zu bringen.
Keine Ahnung wie ich die Nacht herum bekam. Am nächsten Morgen erschien dann unser HNO und erklärte mir möglich Folgen der Staphylokokken - im Volksmund auch "Killerbakterie" genannt.

Wir sind tatsächlich entlassen worden.

Meine Tochter muss jeden Tag mit einer speziellen Waschlösung geduscht werden - inklusive der Haare.
Jeden Tag müssen die Bettwäsche und die Handtücher gewechselt werden. Alle Textilien müssen bei 95 Grad gekocht werden + aller möglichen Vorwaschprogramme.
Sie muss dreimal täglich ihren Mund mit so einen stinkenden Zeug spülen, sie bekommt dreimal täglich eine Salbe in die Nase, sie nimmt ein sehr agressives Antibiotikum und Zeitgleich Tabletten die die Darmflora stärken sollen. Zum Zähneputzen sind nur noch Einwegzahnbürsten erlaubt und jedesmal nachdem ich mein Kind angefasst habe nuss ich mir die Hände sterilisieren.

Natürlich werden die Wunden von der OP weiterhin täglich kontrolliert - allerdings dürfen wir die Arztpraxis immer erst am Abend betreten wenn keine Patienten mehr da sind.

Morgen wird der erste Kontrollabstrich genommen. Ich weiss nicht, wie lange es dauern wird bis das Ergebnis da ist. Der Abstrich muss mikrobiologisch untersucht werden.
Drei aufeinander folgende Abstriche müssen negativ ausfallen - erst dann haben wir es überstanden.

Es besteht ein geringes Restrisiko dass meine Tochter sich die Bakterien schon vor der OP in einer Arztpraxis geholt hat. Übertragen wird das ganze vorwiegend über die Haut und durch den Nasen-Racheraum (Husten, Niesen).
Und da sie quasi bis zum OP - Tag in der Schule und der Ergo war habe ich sowohl die Schule als auch die Therapeutin und den Lungenfacharzt informiert.

Und der Hohn an der ganzen Sache: Für MRSA besteht in Deutschland keine Meldepflicht!


Sorry, nun ist das Ganze doch sehr lang geworden, aber ich musste zum Gedankensortieren den ganzen Mist mal aufschreiben.

Ich hoffe, dass wir die nächsten drei Abstrich mit "negativ" bestehen und das normale Leben wieder beginnen kann.

Allen geduldigen Lesern wünsche ich einen schönen Sonntag!

1

Auweia:-( Gute Besserung der armen kleinen Maus und dir starke Nerven!#liebdrueck
LG
Schnuppi

2

Danke #herzlich . Die Nerven schwächeln langsam ein wenig - aber alles Jammern hilft nichts. Da müssen wir einfach irgendwie durch.

LG

3

Kann es sein, daß Du nicht komplett über MRSA aufgeklärt wurdest???#kratz

Die ganzen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen werden unternommen, um Deine Tochter vor Keimen zu schützen!#aha

MRSA greift das Immunsystem des Patienten an, wordurch schon kleinste Keimmengen eine Infektion auslösen können.

Um dies zu verhindert, standet ihr im KH unter Quarantäne und die Schwester hat sich durch die Glastür mit Euch unterhalten.

Deine Hände solltest Du auch VOR dem Umgang mit Deiner Tochter infizieren um SIE zu schützen!
Daher auch erst Euer Arztbesuch, wenn keine anderen Patienten mehr da sind, bei denen sich Deine Tochter infizieren könnte!



Gute Besserung für Deine Kleine und ich hoffe, daß sie damit schnell durch ist!#blume


LG,sapf

4

Tatsache ist, dass es lt. HNO darum geht die Mitmenschen zu schützen. Ich hatte mittlerweile viele, lange Gespräche mit dem HNO. Meine Tochter ist diejenige die MRSA weiter geben könnte - und um das zu vermeiden finden u.a. die hygienischen Massnahmen statt.

Fakt ist weiterhin, dass einem wirklich gesunden Menschen MRSA nicht wirklich schaden kann.

Und ich denke, dass der HNO mir nicht umsonst geraten hat, die Klassenlehrerin u.s.w. zu informieren. Denn die Menschen mit denen meine Tochter "Körperkontakt" hatte, sollten sich lt. HNO unbedingt auf MRSA testen lassen.


LG
Letztendlich kann ich hier nur das wieder geben was der Arzt mir sagt.

5

P.S.:

Das ist übrigens auch der Grund, warum z.B. die Zahnbürsten meiner Tochter als SONDERMÜLL behandelt werden müssen und nicht in den normalen Hausmüll gelangen dürfen.

6

Hallo,

erst mal möchte ich Dich beruhigen. Es klingt alles schlimmer/schrecklicher als es ist.

Ich selber bin im medizinischen Beruf tätig und kenne MRSA noch von meiner Oma.

Damals wurden wir auch nicht aufgeklärt vom KH sondern sie wurde lediglich "sofort" entlassen, obwohl sie bis Rehabeginn noch in der Klinik bleiben sollte (hatte grade ne Herz-OP hinter sich).
Nachweislich hatte sie MRSA in der Herzklinik sich eingefangen.

Jetzt aber zum eigentlichen:
Die Wunde (sie hatte zusätzlich noch ein offenes Bein) haben wir steril behandelt, d.h. vorher und hinter her haben wir uns sterilisiert.) Sobald die Wunde abgedeckt/verbunden war sind wir mit ihr aber ganz normal umgegangen.

Bei Deiner Tochter ist das Problem das sie MRSA im Rachen sitzen hat.
Deswegen auch die verschärften Maßnahmen:
Täglich Betwäschenwechsel, Zahnbürstenwechsel u.a.

Das dient in 1. Linie zum Schutz Deiner Tochter und ihrer Mitmenschen.

Ansteckend für Dich ist es aber erst durch Tröpfcheninfektion.
Husten/Niesen und durch einen Kuss (wegen dem Speichel) auch wenn er nur mit den Lippen geschieht da sie sich die Lippen ja auch befeuchtet.

Ich hoffe ich konnte Dir ein wenig helfen, wenn Du noch was wissen willst schreibe mich einfach an.

Drück Deine Tochter ganz doll von mir. Ihr schafft das schon.

LG Medi