Oma im Pflegeheim gibt sich total auf

Meine Oma wurde vor 3 Jahren mit einem Herzinfarkt und Schlaganfall zur gleichen Zeit ins Krankenhaus geflogen und lag dann im Koma. Ganze 6 Wochen lang und die Ärzte meinten das sie es nicht schaffen wird. Sie hat es aber doch geschafft und als sie wach wurde meinten die Ärzte das sie nun nichts mehr kann. Weder reden, noch laufen noch irgendwas anderes. Die Hälfte des Gehirns und des Körpers war komplett tot. Aber meine Oma wollte wieder sprechen und wieder laufen und nach allem was gessagt wurde konnte sie aufeinmal wieder mit Krücken laufen und auch ein wenig sprechen aber dann ist irgendwas passiert. Sie war zur Kur und kam zurück und danach wollte sie nichts mehr. Hat sich in ihren Rollstuhl gesetzt, ist nicht mehr gelaufen und wollte nicht mehr sprechen. Sie hatte einfach keine Lust mehr. Aber irgendwas muss passiert sein das sie aufeinmal so denkt nachdem sie doch schon solche erfolgserlebnisse hatte oder?
Was kann ich jetzt tun?
Sie ist so unglücklich jedes Mal wenn ich sie besuche und ich weiß nicht was ich machen soll. Ich würde ihr so gerne nochmal helfen damit sie nochmal von vorn anfängt und sich nicht wieder einfach so aufgibt.
Habt ihr Tipps für mich?
Was könnte ich machen um ihr wieder zu zeigen das sie es schon mal geschafft hat und auch wieder schafft?
Danke schon mal

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versuch mal, dich in die Lage deiner Oma zu versetzen. Was würde dich dann motivieren?

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Hallo!

Wie alt ist denn deine Oma?

Ich finde es schon ziemlich bemerkenswert, dass sie sich einmal wieder berappelt hat. Sie ist dadurch aber trotzdem nicht wieder die Alte und es wird sie viel Kraft gekostet haben.

Ich weiß, dass es meiste keine andere Möglichkeit gibt, alte Angehörige richtig versorgt zu bekommen, aber wozu soll sich im Pflegeheim aufraffen? Das ist überhaupt nicht als Vorwurf gemeint. Ihr kommt "nur" zu Besuch, die meiste Zeit sitzt sie da allein. Pflegeheim ist kein Ersatz für Familie und Hausarbeit und Einkaufen und was sonst noch alles täglich erledigt werden musste. Deiner Oma ist das Leben weggebrochen, alle ihre Aufgaben und Pflichten sind weg.
Und irgendwann hat man keine Lust mehr. Weil das Leben anstrengend wird und so sinnlos erscheint. Weil nicht mehr viel passiert, weil im Pflegeheim auch viel Blödes drumherum passiert, weil da nicht alle immer nett sind, weil man sich gar nicht mehr zurück ziehen kann, weil man nicht mehr selbstständig ist, weil man sogar eher immer fremdbestimmt ist. Man muss aufstehen, wenn der Zeitplan des Heimes es bestimmt, man muss essen, was auch den Tisch kommt, kann nicht selber einkaufen und kochen. Man sitzt mit fremden Menschen zusammen und wartet, dass der Tag vergeht.

Kannst du das verstehen? Du kannst das nicht ändern, weil die Strukturen heute nicht mehr so sind wie vor 100 Jahren als Großfamilien ihre Alten irgendwie so nebenbei mitversorgt haben, weil alle auf einen Haufen wohnten. Du kannst aber versuchen deine Oma zu verstehen und sie nicht mit blindem Aktionismus "belästigen". Das ist das letzte, was sie selbst bestimmen kann: sie will sich nicht mehr aufraffen. Sei lieb zu ihr, geh so oft hin wie du kannst, schieb mal den Rollstuhl vor die Tür und guck gut hin, was sie will und was nicht. Es ist schwer das auszuhalten, aber alles andere müsste deine Oma aushalten.

Gruß

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Alte Menschen neigen häufiger zu Depressionen und das wäre nach der Vorgeschichte auch nicht verwunderlich. Wurde sie daraufhin mal untersucht? Wäre sie bereit für einen Termin beim Psychiater?

Barrik

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Guten Morgen!

Ja, deine Absicht ist gut, aber jetzt heiße ich dich herzlich willkommen in der Realität:

Auch Antidepressiva werden nichts an den Umständen ändern, werden der Oma nicht plötzlich Sinn ins Leben hauchen. Wenn du davon ausgehst, dass sich ein Psychiater regelmäßig ins Heim begeben würde, um mit der Oma eine adäquate Gesprächstherapie o.ä, durchzuführen.....dann weiß ich nicht, wo ich anfangen soll dir zu erklären, was in diesen Pflegeheimen so abgeht. Da kommt noch nicht mal der Hausarzt regelmäßig, die Angehörigen auch nicht. Empathie ist da echte Mangelware. Das liegt zum einen daran, dass da ganz viele schlecht Ausgebildete arbeiten und zum anderen daran, dass oft eine Kollegin für 80 und mehr Bewohner verantwortlich ist. Ich wage zu behaupten, dass 90% der Bewohner (und der Mitarbeiter, wenn ich böse sein darf) depressiv sind. Es interessiert nur niemanden. Ja, manche kriegen sogar Antidepressiva. Super, echt. Das Drumherum bleibt -jedenfalls meistens- gruselig. Das kann man sich nicht schön oder sinnvoll therapieren.

Auf der anderen Seite frage ich mich bzw. dich, wann man aufgeben darf, wann man seine Depression "pflegen und ausleben" darf, wenn nicht im Alter. Wir können gar nicht mehr aushalten, wenn jemand nicht gut drauf ist und permanent gute Stimmung verbreiten kann. Wieso darf man im Alter nicht irgendwann sitzen bleiben, das Essen verweigern bzw. das Bedürfnis danach einstellen, sich in sich zurück ziehen? Man kann versuchen, das alles mit Medikamenten zuzukleistern, das ändert nichts an der Tatsache, dass wir altern und dass das Leben irgendwann zu Ende ist und dass es einen Weg bis dahin gibt.

Ich möchte keinen Psychiater und keine Antidepressiva, wenn es so weit ist.

Gruß
Susanne

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Vielen Dank für deine informativen Beiträge mitten aus der Realität!

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hallo!

Alt werden ist Scheiße.

Vielleicht hatte Deine Oma die Hoffnung, wenn sie richtig Arbeit rein steckt ins Laufen und Sprechen, dass sie dann wieder nach Hause kann, in eine eigene Wohnung, alleine und unabhängig leben. Und jemand auf der Reha hat ihr erklärt, dass das nichts mehr wird.

So leid es mir tut, aber es ist ja nun mal so. Auch wenn sie auf Krücken laufen konnte - so fit, dass sie sich noch selber hätte Essen kochen können, einkaufen gehen können, nach einem Sturz auf den Boden hätte aus eigener Kraft aufstehen können war sie bestimmt nicht, oder?

Und wenn es dann keine Angehörigen gibt, die in der Lage sind zu pflegen, dann wird es schwer. Das fängt schon damit an, dass die Oma dann in unmittelbarer Nähe wohnen muss, wenn man 3-6 mal am Tag hin muss, und Vollzeit Arbeiten oder eigene Kinder versorgen kann man kaum gleichzeitig (Aufstehen, waschen, anziehen, Frühstück machen, mittags kochen, vielleicht zum Mittagsschlaf ins Bett bringen und wieder hoch helfen am Nachmittag, Abendbrot richten und danach wieder waschen und ins bett bringen - das ist alles unter 4 Stunden am Tag kaum zu schaffen).

Da bleibt dann nur ein Pflegeheim, und das ist dann eben auch bei guten Heimen so wie ein dauerhafter Krankenhausaufenthalt. Jemand weckt Dich,wenn es in den Plan passt, wäscht Dich und zieht Dich an (oft das was praktisch ist, nicht was Du gerne anziehen willst), essen gibt es nur aus einer sehr begrenzten Auswahl, und Sonderwünsche sind nur in sehr begrenztem Rahmen möglich (klar kann man Wünschen ob man Wurst oder Marmelade zum Frühstück will, aber wenn es Hiffenmark oder Pflaumenmus sein soll wird es schon kompliziert), und man hat einfach keine Beschäftigung. Viele Heime geben sich große Mühe mit Kartenspiel, Sportrunden, Erzählrunden, Volkslieder singen - aber eben nicht alle. Und manche Bewohner sitzen eben nur den ganzen Tag vorm TV und warten drauf, dass Besuch kommt. Sonst gibt es ja nichts.

Versuch öfter zu Besuch zu kommen und die Oma mit raus zu nehmen. Geh mit ihr im Rollstuhl spazieren oder in ein Café, nimm sie mit in einen Supermarkt wo ihr Shampoo und Zahnpasta nach ihren Wünschen besorgt, oder bestell eine Friseurin, die sie in ihrem Zimmer richtig hübsch macht, mit Make Up und allem, wie sie es früher gerne gemacht hat. Bring ihr Strickzeug mit, wenn das noch geht, damit sie sich wenigstens ein bisschen nützlich machen kann.

das schlimmste ist echt die Langeweile, die gleichförmigkeit der Tage, und das wo sie nur noch wenig Zeit hat.

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Hi,

wenn der Wandel so plötzlich war, würde ich mal die Medikamente prüfen lassen, die sie ihr in der Kur verpasst haben.
Bei meinem Opa war das so dass er nach einem Schlaganfall einen völlig unübersichtlichen Cocktail hatte, und auch depressiv wurde.
Wir haben dann die Hausärztin gewechselt, die hat ausgemistet, und auf einen Schlag war er wieder gut drauf. Und dass obwohl in dem Jahr auch noch meine Oma mit der er 55 Jahre verheiratet war gestorben ist. Da hat er nur normal getrauert.

lg