Hallo ihr Lieben,
ich habe ein paar Fragen und hoffe vielleicht auf andere Geschichten und Erfahrungen zum Thema PTBS (Postraumatische Belastungsstörung).
Vor 5 Jahren habe ich es aus einer traumatischen Situation heraus geschafft die mich fast mein Leben gekostet hätte. In der damaligen Situation war mir gar nicht wirklich bewusst wie schrecklich das erlebte in diesen Moment war, erst als ich aus der Situation richtig heraus gehen konnte, war klar wie schlimm es mir wirklich ergangen war und was ich da eigentlich erlebt hatte. Ich bin seit 5 Jahren in psychologischer Behandlung und es wurde damals eine PTBS diagnostiziert. Die Symptome halten allerdings bis heute an.
Angstzustände die generalisiert sind, Reizbarkeit, Vermeidung von bestimmten Menschen und diversen Orten, Misstrauen gegenüber anderen Menschen (wirklich tiefe Beziehungen sind nicht möglich) und Schuldgefühle die sich dann in meinem Kopf so stark hoch Puschen das ich wirklich vezweifelt bin und mich hilflos fühle. Selbst hier zu schreiben fällt mir sehr schwer! Weil ich das am liebsten vermeiden möchte. Aber ich möchte keine Angst mehr haben! Ich möchte über dieses ungute Gefühl stehen. Und von oben herab gucken.
Ich hatte immer guten Halt durch die Familie die auch nach wie vor stark stützend zur Seite steht. Arbeiten gehe ich natürlich auch - leide aber auch an akuten Erschöpfungszuständen (in akuten Situationen kann sogar das Atmen und stehen oder sitzen extrem Kräftezährend sein). Habt ihr bereits selbst Erfahrungen mit traumatischen Situationen? Was hat euch geholfen? Wenn diese Symptome bereits schon so lange bestehen, singt die Wahrscheinlichkeit doch das es jemals weg geht ich möchte nicht mehr ängstlich vermeident sein. Ich möchte in die Zukunft sehen.
Ich freue mich auf eure Erfahrungen und Tips.
PTBS immer noch?
Hi,
Ich weiß was du meinst. Hast du eine Trauma Therapie gemacht?
Ich weiß nicht wie es bei anderen ist, ob es Fälle gibt bei denen die Symptomatik ganz verschwindet. Ich kann nur von mir sprechen.
Ich hab eine KPTBS (also komplexe Posttraumatische Belastungsstörung) seit einigen Jahren. Ich wollte tatsächlich erst keine Trauma Therapie die ersten Jahre, wobei meine Ärztin auch damit konform ging. Stattdessen machte ich Schema Therapie. Nun mach ich seit letztem Jahr November Trauma Therapie mit EMDR. Bei einer anderen Therapeuten in einer kleinen Praxis mit zusätzlichen Neurologen noch in der Praxis da bei mir Dissoziationen mit Panik Attacken, flashbacks etc in einigen Situationen in epileptische Anfälle übergehen.
Meine Symptomatik besteht nach wie vor, im Moment sind wir noch nicht richtig in der Trauma Arbeit viel noch im stabilisieren. Kann aber sagen daß es bereits kleine Verbesserungen gibt aber vorher ist bei mir meist für 1-2 Tage eine Verschlechterung mit totaler Erschöpfung.
Ich bin tatsächlich als für mich es einfach zu wenig Verbesserung war vor 4 Jahren ausgewandert in ein anderes Land (weit weg von einigen triggern, Distanz zu den Tätern und traumatischen Orten) habe zudem einen PTBS Assistenzhund der mir ganz ganz viel hilft und durch ihn kann ich inzwischen auch wieder oft alleine einkaufen gehen, Kindergeburtstage stundenweise aushalten, Erledigungen machen etc. Klar bin ich immer noch eingeschränkt und es nervt mich ganz oft und da denke ich auch, es muss doch Mal gut sein und endlich alles normal. Aber dann sehe ich es wieder differenzierter und denk mir, hey ich hab schon echt viel geschafft und gehe gerade den nächsten Schritt um mehr zu Schaffen.
Meine Therapeutin hat mir keine Garantie gegeben, aber was hab ich zu verlieren.
Also meine persönliche Meinung: ich glaube es kommt drauf an wie stark das Trauma ist (jeder hat seine eigene Belastungsgrenze!) Wie gut der Therapeut ist und die passende Therapie (es ist auch nicht für jeden jede Therapie geeignet) und wie schnell man in Therapie geht. Weil sich Symptome auch verstärken können und es dann immer die Gefahr auch der revictimisierung besteht. Und natürlich auch wieviel man es selbst will und ein gutes Netzwerk hat. Wenn ich zuviel in meine Vermeidung rutsche oder Ängste etc, dann weiß ich inzwischen mein Stresslevel ist gerade einfach zu hoch, ich hab wieder zu viel gemacht für andere. Aso Nehm ich mir ne Auszeit. Schaue was mir gut tut und der Hund ist immer dabei. Inzwischen auch der Junghund der demnächst auch ausgebildet wird.
Also ich wünsche dir von Herzen alles gute und viel Kraft. 🍀🍀🍀🍀.
Ich hoffe du hast gute Unterstützung. Den wichtigsten Schritt hast du gemacht, du hast den Bereich des Trauma Ursprungs verlassen. Was schon richtig stark ist!
Liebe Firenze89,
vielen dank für deine lieben Worte.
Ich wünsche dir natürlich ebenfalls vom Herzen alles Gute
Die Sache mit dem Assistenzhund finde ich eine mega Idee. Auch ich hatte diese Idee schon einmal - beruflich und finanziell passt es leider aktuell gar nicht und das möchte ich keinen Tier zumuten aktuell. Aber für die Zukunft halte ich diesen Gedanken ganz fest. In 3-4 Jahren wäre es beruflich sogar möglich den Hund mit in meine Arbeit einzubeziehen. Aber aktuell passt das einfach nicht.
Ich habe eine super Therapeutin.
Empfohlen hat sie mir 3 Sitzungen wöchentlich. Da ich die Therapie aber selbst zahlen muss und die Kasse es nicht übernehmen möchte fällt das flach. Ich kann mir seit 5 Jahren leider nur 1x monatlich eine Sitzung leisten. Die Kasse sagt ich soll mir eine Therapeutin suchen wo sie das übernehmen können, das Problem ich habe so lange gesucht. Und erst bei ihr habe ich Fortschritt gemacht. Und Veränderungen festgestellt. Mal sehen ob es dazu noch Fortschritte gibt. Aufgrund der geringen Zeit konnten wir noch keine wirkliche Therapie bezüglich des Traumas in Angriff nehmen. Wir gehen jetzt gerade erst einmal meine generalisierte Angst an und arbeiten an meinem Selbstbild um überhaupt voran kommen zu können.
Hallo meine Liebe
Du kannst wenn deine Therapeutin keine Kassensitz hat sondern nur privat abrechnet bei der KK einen Antrag stellen bzgl Härtrfall. Dann musst du nachweisen daß du bei anderen Therapeuten keinen Platz bekommst (also notieren wen wann angerufen oder geschrieben und Absage oder gar keine Rückmeldung) wenn 5 Stück hast reicht das aus. Dann muss die Kasse die Therapie bezahlen. Da kann aber auch deine Therapeutin helfen. Und ggf noch ein Schreiben aufsetzen das die Therapie erste Erfolge erzielt und eine vertrauliche Basis langwierig erarbeitet wurde. Dies für deine Stabilität wichtig ist. So wurde es bei mir damals Genehmigt sogar inkl Taxi Fahrten damals von der KK obwohl die eigentlich nur für Dialyse, Krebs Patienten etc gilt. Ich bräuchte halt ein Attest das ich Panik Attacken bekomme in Bus und Bahn und wegen der epi kein Auto damals fahren durfte.
Und es gibt noch das OEG - die brauchen aber sehr lang. Ebenfalls noch ein Tipp der vielen unbekannt ist. Sofern es um Gewalt und Missbrauch in der Familie geht greift auch der Fond für sexuellen Missbrauch in Deutschland, die sind auch super schnell bei der Bewilligung und zahlen Ausbildung, Therapien, Zahnarzt, Reittherapie, Physio, Umzug, Assistenzhumd etc. Bis zu 10.000€ und dauert meist 3-4 Monate bis es bewilligt wird. Bei mir dauerte es sogar nur 10 Wochen damals
Hallo 🙋🏼♀️
Es wird nie ganz weg gehen. Das ist leider die Wahrheit. Die Angst danach bzw. Die Belastungsstörung wird immer ein Teil von dir bleiben, aber das ist nicht schlimm. Es wird weniger werden mit den Jahren, aber es dauert - lange.
Ich weiß nicht was du erlebt hast… bei mir war es im Oktober 2011 ein Autounfall. Das ist jetzt über zehn Jahre her und ich kann gut darüber reden - fast schon als wäre es jemand anderem passiert, weil ich mich seitdem so verändert habe. Meine Gedanken, Gefühle, Sichtweise - meine Person an sich. Ich bin auch noch recht jung - erst 25 Jahre alt.
Bei dem Unfall damals wurde meine beste Freundin trotz Gurt auf dem Beifahrersitz durch die Windschutzscheibe geschleudert, weil der Fahrer auf neblig nasser Straße plötzlich bremsen musste und in einen Graben gefahren ist.
Ich war danach 7 Jahre lang in psychologischer Betreuung. Panikattacken, Angstzustände, Verlustangst. Dinge, von denen ich vor dem Unfall nicht mal wusste, dass es sie gibt.
Die Therapie hat geholfen. Ich habe noch heute den Kontakt der Psychologin an der Pinnwand hängen obwohl ich nicht mehr hingehe. Aber das Visitenkärtchen zu haben gibt mir Sicherheit - im Notfall kann ich anrufen und vorbeikommen um mir alles von der Seele zu reden.
In dem ersten Jahr nach dem Unfall habe ich nicht einmal in einem Auto gesessen. Nicht mal bei meinen Eltern. Bei Bekannten/Freunden schon gar nicht.
Ich bin so viel wie nie zuvor mit dem Rad unterwegs gewesen um der Panik aus dem Weg zu gehen. Im zweiten Jahr dann die Konfrontation dank der Therapie und auch der Wink auf die Realität: ohne Auto gehts auf dem Land nicht. Also Augen zu und durch. Da habe ich so schlimme Angstzustände gehabt. Die ersten Mal hinten auf der Rückbank dachte ich, dass ich sterbe. Atmen war so schwer, als hätte ich nie davor geatmet. Es ist wie du sagst… selbst das sitzen fällt einem schwer.
Aber diese Konfrontation mit dem Auto hat mir geholfen. Ich habe meiner Angst ins Auge gesehen und wieder Vertrauen aufgebaut. Mittlerweile ist Auto fahren kein Problem mehr für mich - ich fahre sogar selbst Auto. Aber den Führerschein zu machen war sehr schwer für mich, weil mich der Gedanke an Verantwortung für andere im Straßenverkehr fast umgebracht hat. So viele schlaflose Nächte…😞
Also wie gesagt… Auto fahren geht jetzt nach so vielen Jahren. Aber es gibt immer noch einzelne Momente wo es mich ausknockt. Wenn auf der Straße plötzlich irgendwo das Martinshorn & Blaulicht angehen zum Beispiel. Manchmal zieht das einfach an mir vorbei… und manchmal bin ich sofort wieder „im Unfall“ … manchmal muss ich rechts ranfahren und mich beruhigen - auch wenn ich nur Beifahrer bin muss mein Freund dann eben mal anhalten, damit ich wieder klardenken kann. Es ist dann wie ein Krampf. So eine Schleife im Kopf. Der Unfall wiederholt sich immer wieder…
Am schlimmsten sind aber nicht diese Angst und Panik Momente, sondern die Verlustangst seit dem Unfall. Die projiziere ich seitdem nicht nur auf den Verkehr sondern auf alles im Leben. Meine Familie und Freunde wissen, dass ich sensibel bin. Ich brauche immer eine kurze Nachricht ob sie gut angekommen sind nach einem Flug oder einer Autofahrt…
Es gibt Sachen an die habe ich mich mit den Jahren einfach gewöhnt. Und was mir geholfen hat war die Angst vor der Angst zu bekämpfen. Ich habe mir ganz lange den Kopf zerbrochen, weil ich nicht wieder in Panik verfallen will, weil ich nicht wieder schwer atmen, zittern oder weinen will… aber genau das habe ich zugelassen. Und es ist ok. Das macht mich zu der Person, die ich bin. Die Person, die geliebt wird - auch mit Makeln.
Meine Ängste sind ok. Es ist nicht schlimm, wenn sie mich umhauen. Wenn ich manchmal aus dem Büro raus muss, weil ich irgendwo was in den Radionachrichten von einem Unfall gehört habe zum Beispiel. Es ist ok, nicht ok zu sein. Was aber wichtig ist: die Momente dürfen nicht überhand nehmen. Man muss trotzdem leben.
Und wenn ich merke, dass es mir schlecht geht, dann schaue ich auf die Uhr und gebe mir etwa fünf Minuten um durchzuatmen. Danach werden die Schultern gerafft und es geht weiter. Wenn ich morgens merke nach dem aufstehen, wie letztens am 30.10 den Unfalltag, dass ich einfach weinen will… dann nehme ich mir dafür fünf Minuten - ganz bewusst. Und danach schließe ich das Schubfach mit der Angst ab.
Es lässt sich so einfach sagen und ich weiß dennoch, dass es das ganz und gar nicht ist. Es hat mich Jahre gekostet um meiner Angst/Panik bewusst Raum zu geben, aber sie nicht gewinnen zu lassen. Der Unfall und die Folgen im Geist sind eben ein Teil von mir. Und diesen Teil sollte ich nicht krampfhaft verdrängen. Er ist für immer da.
Ich weiß nicht ob dir das irgendwie hilft… du hast „nur“ nach Erfahrungen gefragt und das sind meine… als Tipp kann ich dir nur zu Geduld raten.
Für Außenstehende ist dein Erlebnis „schon“ fünf Jahre her. Für Leute wie dich und mich sind es „erst“ fünf Jahre. Es wird also noch dauern, aber mit der richtigen Therapeutin bin ich mir sicher, dass es auch bei dir irgendwann leichter wird - manchmal dauert es eben.
Alles Gute 🌸🍀
Liebe Sonnenschein729,
vielen Dank für deinen ausführlichen Text und deine lieben Worte. Das kenne ich zu gut mit dem "jetzt kann ich drüber reden". 1-2 Jahre nach dem erlebten war es schon fast wie ein Zwang für mich mich mitzuteilen diesbezüglich. Es musste und wollte einfach raus. Und dies half mir auch gut beim verarbeiten. Nun 5 Jahre danach habe ich sogar Gedächnislücken fühle mich manchmal auch als ob ich die Story von jemanden anderes erzähle. Wirklich merkwürdig.
Unglaublich was du nach dem erlebten alles geschafft hast. Du fährst wieder Auto und stellst dich der Angst.
Wirklich großartig. Du hast meinen vollsten Respekt. Soweit bin ich noch nicht. Mein Leben Meister ich, mit allen großen und kleinen Dingen. Aber da ist was im Kopf was noch nicht geheilt ist.
Mein Trauma beruht nicht auf einen Unfall, sondern man hat mir bewusst leid zugefügt - vielleicht aus einem Affekt. Ich habe starke, furchbare Albträume, meide und umfahre die Gegenden, vermeide essen oder trinken was mich an diese Zeit erinnert, vermeide sogar Menschen die den gleichen Namen haben, bin Scheckheft und schlimme Erlebnisse in den Medien triggern mich und beschäftigen mich dann oft wochenlang. Dagegen muss ich echt noch etwas tun. Weil ich dann an nichts anderes mehr denken kann. Ich bin im Grunde am liebsten unsichtbar.
Ich bin froh das es solche Foren gibt.
Es tut gut zu hören das man nicht alleine ist.