Hallo zusammen,
nach dem letzten spannenden Beitrag im Kids & Schule Forum zum Thema ADS und vielen Beiträgen, muss ich nun mal meine Frage loswerden.
Ich bin fast 40. Habe Abitur (2,2 Durchschnitt) und ein abgeschlossenen Studium (Naturwisschenschafften mit einer 1). Aber irgendwie plagt mich schon seit der Kindheit das Gefühl, dass ich irgendein Problem habe.
Ich habe übrigens vor zwei Jahren einen IQ-Test gemacht und weiß nun, dass ich einen IQ von 130 besitze. Das hat mich etwas erfreut, da ich immer dachte, dass ich irgendwie nicht sehr schlau bin.
So nun leider fällt es mir schon schon schwer zu beschreiben, was mich beschäftigt.
Ich bin als Mensch eigentlich sehr aktiv und nicht faul. Ich mache eigentlich immer etwas. Ich habe keine Problem damit den Haushalt zu machen, jedoch nur mit Kopfhörern und Hörbuch/Podcast. Ich versuche alles zu erledigen und mache es dann eher abends zu lang.
Ich bin gut durch die Schule bekommen. Habe aber eine gute Auffassungsgabe. Fand die Schule jedoch langweilig und hatte oft Probleme sehr gute Noten zu bekommen. Ich habe versucht für jeden Arbeit zu lernen und Hausaufgaben zu machen. Ich bin ein sehr ehrgeiziger Mensch. Ich hatte jedoch das Gefühl, dass es egal war, ob ich gelernt habe oder nicht, die Note war meist trotzdem eine 2 oder 3.
Das Lernen fürs Abitur ging total in die Hose und ich habe in meinen Leistungskursen eine 3- bzw. eine 4+ kassiert. Ich habe mir viel Zeit genommen zum Lernen (da ich weiß wie es sein sollte), doch leider nie geschafft wirklich zu lernen. Ich saß vor den Heftern und habe nichts gemacht. Dh. ich habe höchstens eine 2 Stunden pro Fach für die Abiprüfung gelernt. :(
Im Studium lief es ähnlich, nur habe ich dort versucht in Lernräumen zu lernen und mit anderen Menschen. Der Druck hat mir geholfen. So habe ich dann wirklich geschafft die Hälfte des Tages zu lernen.
Ansonsten bin ich ein sehr ruhiger eher introvertierter Mensch und kann gut für mich sein. Ich muss jedoch immer aufpassen, dass ich mich nicht ausklinke aus der Welt. :( Bücher lese ich nicht vor der Arbeit, dann könnte ich nicht aufhören.
In der Kindheit konnte ich mich durch Tagträume ausklinken und habe dann Bushaltestellen verpasst usw.
Heutzutage ist das nicht mehr so stark, wobei ich beim Autofahren oft Ausfahrten verpassen und Abbiegungen.
Ich bin immer schon ein unruhiger Mensch, und spiele immer etwas mit den Fingern. Oder kipple oder oder. Aber das sind nur kleine Dinge nichts auffälliges in der Kindheit.
Mittlerweile habe ich auch 3 Kinder und durch die Kinder habe ich nicht mehr den Bewegungsdrang, da ich oft sehr ausgelaugt bin. Entspannung und einfach nur relaxen mag ich fast nie.
Jetzt zu meinem Hauptproblem: die Arbeit. Seit ca. 10 Jahren arbeite ich in einem Unternehmen, aber ich schaffe es einfach nicht meine Arbeit zu machen. Ich kann einfach nicht anfangen, nicht fertig werden. Eigentlich bin ich höchstens 50% produktiv. Ich verrenne mich oft in Aufgaben. Kann mich nie entscheiden. Wenn es den Weg A oder B zur Lösung gibt, dann mache ich nichts.
Ich schreibe mir Strukturgramme wie ich vorgehen soll, aber trotzdem fällt es mir so schwer anzufangen.
Wenn ich meine Aufgaben mal fertig bekomme, dauert es etwas dreimal so lange wie bei Kollegen.
Wenn ich mit anderen zusammenarbeite klappt es besser. Da das auf mich Druck ausübt.
Vom Arbeitgeber habe ich den Vorwurf bekommen, dass ich weniger leiste als ich eigentlich könnte. Dieser Vorwurf kann auch schon in der Schule.
Achso, allgemein bin ich sehr vergesslich. Schlüssel usw verliere ich regelmäßig. Ich vergesse auch, in welcher Schublade im Schrank sich z.B. die Schere befinden. Dabei sind sie seit 5 Jahren da drin. Das war auch schon in der Kindheit so.
Aber mit ein bisschen Ordnung bekomme ich es ganz gut gebacken, zB. Schlüssel immer in der Hosentasche lassen usw.
Ansonsten liebe ich Strukturen. Ich hasse es z.B. wenn ich 5 Minuten später losgehe als sonst. Ich sitze gern immer am gleichen Platz usw.
Ich habe Gefühlsschwankungen und kleine Dinge, wie eine minimale Kritik oder Ereignisse nehmen mich sehr mit. Dann bin ich den ganzen Tag schlecht gelaunt. Leider bin ich im Gegenteil dafür wenig gut gelaunt.
Oft werde ich auch wütend, wenn man Mann Sachen macht die mich triggern und ich würde am liebsten Dinge nach ihm werfen (habe auch schon ein Küchentuch usw geworfen, wofür ich mich sehr schäme.)
Nun zu meiner Frage, kann das ADS sein? Ich habe es mal meinem Mann erzählt, aber der meint, ich bin viel zu ehrgeizig und strukturiert, so dass das niemals passt. Er nimmt solche Dinge jedoch allgemein nicht Ernst. Außerdem läuft ja alles gut bei mir. Schule, Studium und ich habe einen Job.
Ich habe mich in einigen Berichten aus Kids &Schule wiedererkannt.
Und wenn es das ist, wie komme ich zu einer Diagnose? Mein Hausarzt z.B. würde mich nicht Ernst nehmen. Kann ich einfach bei einer ADS-Ambulanz für Erwachsene anrufen?
ADS bei Erwachsenen? Wie Diagnose bekommen?
In vielem von dir finde ich mich wieder, wobei bei mir auf Arbeit allerdings der Druck sehr hoch ist und ich deshalb sehr viel leisten muss.
Bei mir hat vieles wohl einfach mit der höheren Begabung zu tun, ich denke extrem viel. Das wirkt nach außen so, als würde ich nichts tun. Aber innendrin ratten die Gedanken wie Hochgeschwindigkeitszüge pausenlos durch mein Hirn.
Außerdem bin ich hochsensibel (haben höher Begabte oft) und reagiere sehr empfindlich auf meine Umwelt. Das stresst mich auch schnell.
Ich lerne und denke auch anders als andere, das hatte ich kurz vor meinem Abi herausgefunden und mein Lernen angepasst. Im Studium hatte ich aber auch nicht immer gute Noten. Das ist aber oft bei höher und hochbegabte Menschen so.
Meiner einen Tochter geht und ging es ähnlich. Bei ihr besteht der Verdacht auf Hochbegabung, hatten wir aber nicht testen lassen. Jetzt mitten im Studium scheint sie ihre Lernmethode gefunden zu haben.
Bist du sicher, dass dein Beruf deinen vielfältigen Begabungen entspricht, dich ausreichend fordert? Vielleicht ist er zu langweilig/eintönig für dich?
Für ADS sind Psychiater zuständig, es kennt sich aber nicht jeder damit aus.
Danke für deine Antwort, ich versuche das auf jeden Fall einzubeziehen.
Irgendwie würde ich es gern wissen, woran meine Probleme liegen, auch wenn es die Intelligenz ist und ein anderes Denken ist.
Es kann natürlich sein, dass die Arbeit einfach nicht passt und leider muss ich sehr viele Aufgaben erledigen, die mir überhaupt nicht liegen, z.B. etwas wo ich jemand anderen Bitten muss mir zu helfen und dann eine Entscheidung zu treffen. Dieses organisatorische strengt mich sehr an.
Leider ist das ganze ein Teufelskreis. Dadurch, dass ich sehr lang für einfache Aufgaben benötige, bekomme ich natürlich keine schwierigeren Aufgaben. Zudem traue ich mich nicht schwierigere Aufgaben zu fordern, weil ich das Gefühl habe, dass mir das nicht zu steht bei der aktuellen Arbeitsleistung.
Insgesamt habe ich jedoch das Gefühl, dass meine Arbeitskollegen sehr intelligent sind. Nur haben sie diese Probleme nicht. Wenn ich mit den anderen zusammenarbeite bin ich oft fasziniert, wie sie so schnell sein können.
Ich werde mal versuchen, dass ganze anzugehen, habe irgendwie nur die Angst, dass ich nicht die richtigen Stellen zur Diagnose/Hilfe finde.
Hallo,
du kannst dich an eine Psychiatrische Institutsambulanz einer Klinik (z.B. Ameos oder bei den Unikliniken) wenden und gucken, ob du da einen Termin bekommst.
Auch kann dich ein Psychiater (wenn er diese Tests durchführt) auf ADS testen.
Alles gute und viele Grüße
Das klingt tatsächlich 1:1 wie bei mir! Ich bin gerade ehrlicherweise etwas erschrocken!
Ich bin 40 und nachdem zwei von drei Kindern mit ADHS diagnostiziert sind wurden mein Mann und ich gefragt: Wer von Ihnen ist der mit dem Kaffee!? Und er hat auf mich gezeigt und meinte: Sie ist die mit dem Red Bull! Danach wurden mir gezielt ein paar Fragen gestellt und der dringende Rat gegeben, mich diagnostizieren und therapieren zu lassen. Auch, um die Kinder besser verstehen zu können und zu versuchen, Muster zu durchbrechen. Ich hatte sehr ähnliche Symptome wie du, die aber in den letzten 5 Jahren massiv schlimmer geworden sind und mich mittlerweile sehr beeinträchtigen. Die Kinder sind übrigens erst mit 12 und knapp 15 diagnostiziert worden, weil wir eben NICHT die typischen ADHSler sind, wie die Öffentlichkeit sie wahrnimmt. Die Psychiaterin hat allerdings die Augen verdreht und gesagt: Total typisches Verhalten in allen diagnostischen Bereichen! Bloss hervorragend geschult in der Impulskontrolle und deshalb nach außen hin völlig unauffällig. Wenn man genauer hinschaut, sieht man die Anzeichen aber sofort und sehr deutlich.
Ich würde mich sehr freuen, wenn du mir eine Nachricht schreibst und wir uns direkt austauschen können. Ich suche gerade nach einem Psychiater, der die Diagnostik bei mir übernimmt, leider auch gar nicht so einfach...
Fühl dich gedrückt, du bist ganz offensichtlich nicht alleine
Jenx