Beginnende Altersdemenz?

Guten Morgen Schwarmintelligenz,
ich wende mich an euch in der Hoffnung, die Situation danach etwas besser einschätzen zu können und auch, um Rat einzuholen, wie ich mit dieser umgehen kann. Es geht um meine Großmutter, diese wird 86. Unser Verhältnis zueinander war gelinde gesagt schon immer sehr schwierig. Details würden vielleicht an dieser Stelle zu weit führen. Nur so viel, sie leidet an einer bipolaren Störung. Vielleicht kann sich darunter schon der ein oder andere etwas vorstellen und was das für Auswirkungen hatte im familiären Miteinander.

Allein deswegen ist es für mich schwierig, ihr derzeitiges Verhalten richtig einschätzen zu können. Seit einigen Monaten tritt sie mir gegenüber (verbal) aggressiv auf in einem Ausmaß, das ich SO noch nicht kenne; und ich bin diesbezüglich wirklich einiges "gewohnt". Am gestrigen Tage ist sie vollends ausgeflippt. Meine Tochter besucht sie regelmäßig, wenn sie bei ihrem Vater in der Gegend ist, und nachdem wir gestern telefonierten, sagte sie mir, dass auch sie gerade beobachtet, dass Oma extrem in ihrem eigenen Film bzw. neben der Spur ist und sie das Gefühl hat, da stimmt gewaltig was nicht.

Natürlich bin ich einerseits besorgt und frage mich nun, welche Anlaufstellen es geben könnte, man muss allerdings dazu sagen, dass sie generell Arztbesuche usw. ablehnt bzw. so lange hinauszögert, bis diese unvermeidbar geworden sind. Wenn ich ihr also vorschlagen würde, sich z.B. bei entsprechenden Stellen durchchecken zu lassen, würde ich vermutlich nur die nächste Stufe der aktuellen Eskalationsrakete zünden. Daher wären es ggf. vielleicht erst einmal Anlaufstellen für uns als Familie.
Und andererseits muss ich auch leider sagen, dass ich mich wirklich schützen muss. In den letzten Jahren hat das insofern funktioniert, dass ich ihr klar Grenzen gesetzt habe. Derzeit klappt jedoch auch das nicht mehr. Wirklich schwierig, weil sie, wenn der Verdacht zutrifft, natürlich nichts dafür kann und außerdem meine bzw. unsere Unterstützung benötigt, ich andererseits höllisch getriggert werde und da wirklich sehr auf mich aufpassen muss. Gestern Abend habe ich nur noch geweint und gezittert und bekam mich auch mit meinen üblichen Methoden nur noch sehr schwer beruhigt.

Meine Frage lautet nun, worauf zu achten wäre, wen ich z.B. kontaktieren könnte bei einer sehr arztunwilligen Oma, wie ich sie unterstützen kann, ohne selbst dabei instabil zu werden. Möglicherweise hat ja jemand hier Erfahrungen, insbesondere mit solchen schwierigen Konstellationen bei entsprechender Vorgeschichte.
Danke für's Lesen bis hierhin!

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Das tut mir sehr leid, es kann schon Altersdemenz sein. Es käme aber auch ADHS in Frage, wie gut gesichert ist denn dasselbe wirklich eine Bioladen Störung ist? Ich habe neulich gelesen dass gerade unerkannt ADHS im Alter wie Demenz wirken kann, aber mit entsprechenden Medikamenten besser wird.
ALLES GUTE EUCH

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Hallo, danke für die Antwort. Das mit der bipolaren Störung ist gesichert und entspricht auch leider dem kompletten Verlauf. Natürlich könnte man auch in diese Richtung überlegen, aber ich vermute, das würde ja dann eh bei einem entsprechenden Check erfolgen und sie überhaupt dahin zu "bewegen" ist ja alleine schon die Krux.
Danke dir!

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ADHS kann wie Demenz wirken, weil man immer vergesslicher wird. Aber doch nicht verbal aggressiv...

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Hallo,

Du kannst dich an den sozialpsychiatrischen Dienst wenden. Dein Anliegen ist mir noch nicht ganz klar geworden. Wie sollte Hilfe aussehen?

LG m.

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Hallo du, konkret geht es mir erstmal darum, wie wir also innerhalb der Familie einen möglichen Umgang damit finden. Worauf wir achten sollten - auch im Miteinander - und was beispielsweise zu tun ist, wenn die Situation sich verschlechtern sollte.
Wie gesagt, bisher ist es bei uns nur ein mehr oder weniger diffuses Gefühl, dass da gerade wirklich etwas (zusätzlich!) nicht stimmt. Wichtig wird vielleicht auch sein, bei Oma im Fall der Fälle die Compliance zu erhöhen, die ist halt nie so wirklich gegeben, gerade wenn es um Ärzte usw. geht.

Wäre ein sozialpsychiatrischer Dienst für uns da wirklich die geeignete Anlaufstelle? Ich dachte immer, die arbeiten dann direkt eher mit den Betroffenen. Danke dir!

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wenn die Situation nicht mehr Tragbar ist, hilft nur ein Seniorenheim, demnn irgendwann weiss sie eventuell nicht mehr , was sie macht und wird zur Gefahr für sich selbst und für andere.
Ein Arztbesuch könnte helfen. wenn sie einebipolare Störung hat, muss sie doch wegen der Medis regelmässig da hin.

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Hallo,

ich war auch mit einem, schon zu Normalzeiten schwierigem Zeitgenossen (Stiefvater) gesegnet, um den ich mich mangels anderer Angehöriger lange selbst gekümmert und ihn aufgrund seiner Alzheimererkrankung mit Alkoholsucht betreut habe.

Leider sage ich es nicht gern, aber ab einem bestimmten Punkt kannst Du, wenn keine Einsicht für irgendwas da ist, auch nichts erreichen. Die Erfahrung musste ich leider auch machen.

Wir haben alles getan, erst selbst versorgt, uns um den Alltag gekümmert, geputzt und später ein wirklich tolles Pflegeheim für ihn gefunden, mit sehr engagierten Pflegern. Hat alles nichts genützt. Die Einsicht, dass er dort hingehört (auch von sämtlichen Ärzten bestätigt) aufgrund seiner geistigen Verfassung, kam nie.

Schlussendlich musste ich die Betreuung schweren Herzens abgeben, weil ich nicht mehr konnte. Ich habe selbst eine Familie, zwei Kinder, einen Vollzeitjob... dem allen und mir selbst wurde ich überhaupt nicht mehr gerecht. Mein Stiefvater war wirklich nur noch ein Energiefresser, ohne dass Dankbarkeit oder Güte oder irgendwas Positives zurückkam.

Seitdem wird er gesetzlich betreut, ist wieder in seiner Wohnung, weil es ja sein Wunsch war und "vegetiert" vor sich hin. Ich spiele in seinem Leben keine Rolle mehr und so hart es klingt, er auch nicht in meinem. Wir haben es uns so nicht ausgesucht, aber irgendwann geht es nicht mehr und man muss überlegen, wie es weitergehen soll.

Das sind jetzt nur unsere Erfahrungen und vielleicht kommt es bei euch nicht so, ich wünsche es euch. Ich gebe Dir nur einen Tip, wirklich auf dich selbst zu hören, was richtig ist.

Anlaufstellen für Dich wären die Pflegekasse, die beraten ganz gut und die zuständigen Ärzte, auch wenn sie dort nicht hinwill. Die kommen ja auch zu Hausbesuchen bei solchen Fällen.

Alles Gute und LG
NoName2

Bearbeitet von NoName2
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Hallo, vielen Dank für deine ausführliche Antwort und deinen Erfahrungsbericht sowie die Tipps mit Pflegekasse bzw. Ärzten.
Ja, ich muss sehr achtgeben, mich nicht zu verantwortlich zu fühlen bzw. auch wieder zu machen. Leider ist es so wie bei dir, dass wir ihre engsten Angehörigen sind und ich wiederum bspw. auch nicht möchte, dass sich meine Tochter nachher zu viel aufhalst und reinhängt. Einen Kontaktabbruch bekäme ich sicherlich nicht hin (stand schon oft vor dem Punkt und einmal habe ich es auch tatsächlich durchgezogen), aber mich abgrenzen muss ich definitiv.
Danke für deine lieben Worte.

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Aus deinem Text lese ich heraus, dass sie sich wahrscheinlich in einer manischen oder submanischen Phase befindet. Ich habe selbst eine bipolare Störung...
Und eigentlich ist Medikamenteneinnahme ein muss. Ansonsten könnt ihr diese Phase nur "aussitzen" und hoffen, dass sie von selbst vorüber geht. Aber selbst wenn, wird sie danach wahrscheinlich direkt in die Depression rutschen, was auch nicht unbedingt schöner ist.
Je nachdem wie stark die Aggression werden, müsste man vielleicht aich überlegen sie zwangseinweisen zu lassen?
Wenn es dafür allerdings keine Handhabe gibt, dann bleibt euch wohl wirklich nur euch von ihr zu distanzieren, um euch selbst zu schützen.

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Hallo, danke für deine Nachricht. Ja, bei Selbst-/Fremdgefährdung muss natürlich eine Einweisung erfolgen, das ist klar. Auch ist klar, dass sie eigentlich Medikamente nehmen müsste, aber sie hat für sich irgendwann beschlossen, dass nicht sie ein Problem hat, sondern alle anderen. #augen Beziehungsweise so wirklich Einsicht in ihre Erkrankung war eh nie vorhanden, auch deswegen war die Vergangenheit mit ihr nicht einfach.
Sie hat neben der (bisher ausschließlich) verbalen Aggressivität auch noch weitere Auffälligkeiten, wo uns eine Einschätzung gerade schwerfällt, ob es "normale" Vergesslichkeiten/Schusseligkeiten sind oder schon in diese Richtung mit Demenz gehen könnte. Das wiederum fällt insbesondere meiner Tochter bei Besuchen auf.
Danke und Grüße

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Hey!

Ich würde dir auch zum sozialpsychiatrischen Dienst deiner Stadt raten, die beraten auch Angehörige und haben von den komplexen Krankheitsbildern mehr Ahnung.
Wenn sie jetzt auch vergesslich wird, ist natürlich der Gedanke an eine Demenz in ihrem Alter nicht abwegig.

Liebe Grüße
Schoko

Bearbeitet von schokofrosch
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Ach vielen Dank. Dass da auch eine Angehörigenberatung erfolgt, wusste ich gar nicht.
Also würde ich mich dann aber an den in dem Wohnort von meiner Tochter/mir wenden, nicht an den meiner Oma, richtig?

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Erstmal an den SPD, der für dich zuständig ist. In deiner Stadt. Notfalls können sie dich weiterverweisen.
Die beraten auch zu Krankheitsbildern.

Bearbeitet von schokofrosch
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Puh, kann alles und nichts sein. Wenn deine Großmutter Medikamente gegen die bipolare Störung nimmt, kann es sein, dass aufgrund altersbedingter Veränderungen im Stoffwechsel die Dosierung nicht mehr stimmt.
Meine Mutter ist so mit Anfang 80 in ein Delir gerutscht und war von heute auf morgen aggressiv und wirklich nicht mehr Herrin ihrer Sinne. Im Vorfeld kündigte sich das im Nachhinein betrachtet bereits durch aggressive Ausfälle an.

Sie war dann einige Wochen auf einer psychogeriatischen Station und dort haben sie sie komplett neu eingestellt. Seither ist sie "wie neu". Vorher war sie im normalen KH und ein paar Wochen im Altersheim, weder im KH noch im Heim wurde irgendetwas erkannt oder gemacht... wären wir da nicht am Ball geblieben, würde meine Mutter heute noch mit Eddings ihre dritten Zähne anmalen und die Umwelt anschreien...

Es lohnt sich also meines Erachtens auch im hohen Alter genau hinzuschauen.

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Hallo, danke für deine Antwort. Puh, das klingt auch nach einer harten Zeit, die ihr da hattet, aber umso besser, dass die Einstellung etwas gebracht hat.
Meine Oma verweigert leider, seit sie 70 ist, jedwede Medikation.
Wir schauen auf jeden Fall hin und ich werde das jetzt auch alles anleiern mit beraten lassen etc.

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Ach herrje. Alles Gute euch!