Guten Abend,
innerhalb der nächsten Tage werden mein Mann und ich wahrscheinlich unser erstes Kind bekommen. Mich beschäftigt etwas, dass wir doch etwas unterschiedliche Vorstellungen von Hygiene und Umgang mit Schadstoffen haben.
Das war schon vor der Schwangerschaft so, ist aber gerade durch den Nestbautrieb nochmal sehr viel weiter außeinander gegangen. Ich denke bei mir ist es mittlerweile an der Grenze zu einer krankhaften Zwangsstörung (?). Ich hoffe dass, das nach der Schwangerschaft hoffentlich wieder etwas besser wird.
Mein Mann wäscht sich immer wenn er auf Toilette war die Hände. Sonst eher nicht. Wenn er beispielsweise von der Arbeit nach Hause kommt, (fremde) Tiere gestreichelt hat, schimmeliges Obst weggeworfen hat oder zb. etwas biozidhaltiges angefasst hat würde er von sich aus nicht auf die Idee kommen sich die Hände zu waschen, er hat da eben ein anderes Bewusstsein dafür. Neue Kleidung trägt er zb. auch sofort ohne sie vorab zu waschen. Mir ist klar dass vieles davon auch vermutlich nicht (immens) schädlich ist. Teils geht es also um Ekel, aber teils auch um Angst vor potenziell schädlichen Substanzen, zb. Pestiziden, aggressiven Reinigungsmitteln, potenziell allergieauslösenden Duftstoffen usw.
Mir ist klar, dass ich ihm da für sein Leben keine Vorschriften machen kann, aber ich möchte dann zb. eben nicht mehr, dass er mir ins Gesicht fasst. Findet er oft anstrengend aber er kann sich dann ja überlegen ob er Hände waschen geht. Mit Baby wird das jetzt etwas komplizierter werden. Er ist mittlerweile deutlich mehr genervt von meinen Vorstellungen weil er Angst hat, dass ich meine Ängste auf unser Kind übertrage, das kann ich auch gut verstehen. Mir gruselt es aber davor, dass unser Kind dann zb. an seinem Finger nuckeln wird. Auch davor dass Besuch dem Baby einfach ins Gesicht fassen wird graut mir.
Ich kann auch gar nicht mehr einordnen wo nun die "Wahrheit" liegt, auch wenn ich vermute, dass es irgendwo dazwischen ist. Ich weiß, dass Kinder die wenig Kontakt mit "Dreck" bekommen eher Allergien usw. entwickeln. Aber gilt das von ganz Anfang an?
Gibt es hierzu Empfehlungen? Ab wann kann das Immunsystem des Babys ungewaschene Hände im Gesicht/Mund gut ab? Manche Keime wie zb. Herpesviren können ja am Anfang doch durchaus gefährlich werden.
Wie habt ihr das gehandhabt, habt ihr Anfangs zb. Besuch gebeten sich beim Ankommen erstmal die Hände zu waschen?
Ich wünschte ich könnte etwas entspannter sein. Was kann man erwarten und wo ist die Grenze wo man die eigenen (verkorksten) Vorstellungen/Ängste bei sich behalten muss?
Danke für eure Einschätzungen!
Unterschiedliche Vorstellungen von Hygiene und Umgang mit Schadstoffen
Puh, das ist wirklich nicht einfach zu beantworten. Genaue Angaben, wann was ok ist, gibt es sicherlich nicht.
Mir hilft ja oft, der Blick über den Tellerrand. Wie sind Kinder früher groß geworden, wie hat die Menschheit sich entwickelt, wie läuft das in anderen Ländern.
Ja, Hygiene ist ein enormer Fortschritt, aber das betrifft in erster Linie Infektionskrankheiten, nicht das alltägliche Leben. Herpes erkennt man ja. Ich hatte das bei beiden Kindern nach der Geburt und angesteckt hat sich niemand.
Ungewaschene Hände sind ja nicht per se gefährlich 🤷♀️ Kommt ja drauf an, ob man mit den Händen die Hundekacke weg gemacht hat, oder man nichts besonderes angefasst hat. Bakterien sind ja immer Teil der Haut und des Körpers.
Aber ich bin da insgesamt auch eher entspannt.
Danke für deine Antwort.
Das mit dem Blick über dem Tellerrand macht mir eben oft eher Angst. Mir geht es glaube ich nämlich gar nicht hauptsächlich um den klassischen "Dreck" oder das natürliche bakterielle Mikrobiom auf der Haut, auch wenn ich da vll manches persönlich nicht so appetitlich finde. Angst machen mir zb. eher so Themen wie endokrine Disruptoren. Stoffe denen man zb. früher nicht so stark ausgesetzt war.
Ich vermute, dass nichts Schlimmes passiert wenn das Kind auch mal mit sowas in Kontakt kommt. Aber wirklich entspannt hinnehmen fällt mir gerade zumindest in meiner Vorstellung schwer.
Dass sich deine Kinder nicht mit dem Herpes angesteckt haben macht mir schonmal etwas Mut. Ich hatte in einem Buch gelesen wie ansteckend das ist und wie lange die Viren überleben, aber wenn du nichtmal als Mutter mit engem Kontakt deine Kinder angesteckt hast, dann kann man sich da ja vermutlich wirklich entspannen und einfach nur ein bisschen ein Auge drauf haben.
Ich hatte zig Jahre Herpes und habe niemand angesteckt, keiner in der Familie bekam es.
Meine Wohnung war immer in Ordnung, hat aber nie ein Sagrotan gesehen, außer, wenn jemand fies krank war, z.B. Magen Darm.
Meine Kinder wie auch meine Enkelin hatten nie eine Allergie oder irgendwelche Empfindlichkeiten.
Der Sohn einer dauerputzenden, dauersagrotanverteilenden Mutter im Bekanntenkreis ist schon Jahre geschlagen mit Ausschlägen, selbst Kinderarzt und Hautarzt baten sie schon inständig, mit ihrem Putzwahn aufzuhören.
Den Mann putzte sie auch schon raus, er hielt das nicht mehr aus.
Sauberkeit ja, ganz klar, aber was Du so anführst, klingt auch ein bisschen "drüber".
Du schreibst, früher hätte es keine Disruptoren usw. gegeben, kann sein, muss aber nicht. Ich möchte nicht wissen, was ich im Laufe meines Lebens an Giftstoffen, Düngemitteln, Konservierungsstoffen und Umweltgiften aller Art, die in die Luft und ins Wasser verbracht wurden, konsumiert habe.... es gibt doch nicht schon zu allen Zeiten Deklarationspflicht und strenge Vorschriften, überleg mal. Du solltest versuchen, hier etwas entspannter zu sein.
LG Moni
Bei Neugeborenen in den ersten 4 Wochen galt bei mir immer: Hände desinfizieren, dann Kind anfassen. Später hatte dann Hände waschen gereicht und je älter die Kinder wurden, desto weniger Hygiene... Nuckeln lassen am Finger, da müssen die Finger definitiv sauber sein!
Ab so ca. 6 Monate ging es bei mir dann recht entspannt zu. Der Schnuller wurde dann gelegentlich ausgekocht, ansonsten normale Sauberkeit im Haus. Keine Verwendung von Desinfektionsmitteln, außer bei Magen-Darm-Infekten.
Neugeborene sind einfach noch sehr empfindlich, da wollte ich kein Risiko eingehen.
Händewaschen, wenn man nach Hause oder zu Besuch kommt, nach dem Klogang, vor dem Kochen….empfinde ich als normal und würde mich da auch schwer tun, von diesem Standard abzuweichen und würde das auch einfordern.
Da ich selbst sofort allergisch reagiere, wenn ich Zitrusfrüchte anfasse und mir danach ins Gesicht, hab ich das mit auf dem Schirm, weiß aber nicht, ob das nun daran liegt, dass die so gespritzt sind oder dass ich irgendwie allergisch gegen Zitrusfrüchte bin.
Ein gestilltes, natürlich geborenes Kind ist eigentlich total gut geschützt über Muttermilch und Kontamination während der Geburt; und spätestens, wenn die Kleinen mobil werden, wirst du die Wahl haben: durchdrehen oder ins Leben vertrauen: die essen alles und stecken alles in den Mund… und das hat die Natur vermutlich so eingerichtet, dass sie quasi permanent ne Schluckimpfung bekommen.
Sagrotan gibt’s in meinem Haushalt nicht, Hygienespüler aus olfaktorischen Gründen nur für Sportklamotten… ich empfinde mich mit meinen Standards als total normal mit leichter Tendenz, zu entspannt zu sein: neue Klamotten ziehe ich bis auf Unterwäsche auch sofort an, wenn was auf den Boden fällt gilt die großzügig ausgelegte 3 Sekunden-Regel und ich kriege kein Kopfkino, wenn ich mal aus Versehen ne schimmelige Erdbeere oder schimmeliges Brot gegessen habe. Magensäure wird‘s regeln. Babys haben auch Magensäure…
Hilft dir das?
Fakt ist , je hygienischer und steriler Kinder aufwachsen, desto anfälliger für Krankheiten sind sie, das wurde nun mehrfach in Untersuchungen bestätigt.
Die Frage ist, wo sind die Grenzen?
Zitat:
"So viel wie nötig, und so wenig wie möglich. Perfekte Sauberkeit bis hin zur Sterilität brauchen meiner Meinung nach nur Intensivstationen, aber sicher keine Haushalte."
https://www.hebammenblog.de/hygiene-im-babyhaushalt/