Hallo ihr lieben,
aufgrund einer Depression und sozialer Phobien hat mir meine Psychotherapeutin empfohlen, bei einem Psychiater vorstellig zu werden und mir temporär ein Antidepressivum verschreiben zu lassen. Parallel dazu wäre dann die gesprächstherapie.
Ich muss sagen, dass ich wirklich eine unglaubliche Angst vor den Tabletten habe... Vor den Nebenwirkungen, insbesondere Gewichtszunahme, schlafstörungen und Libidoverlust. Ich fühle mich so schon schlecht wegen meiner Figur (nachdem ich aufgehört habe zu rauchen, bin ich zum Frustfresser geworden), schlafe nicht durch und das Sexleben mit meinem Mann ist auch eingeschlafen. Wie soll mir das Zeug helfen, wenn es das verschlimmert, worunter ich unter anderem leide? Wird mir das dann scheißegal?
Andererseits fühle ich mich aufgrund der Depressionen auch schlecht und weiß, dass es so nicht weitergehen kann, ohne dass ich irgendwann zugrunde gehe.
Könnt ihr mir bezüglich der Wirkung und Nebenwirkungen Erfahrungsberichte geben? Vorteile und Nachteile?
Viele grüße und einen schönen Sonntag noch.
Antidepressivum Erfahrungen
Ich musste vor Jahren mal Amitryptinlin (ich hoffe man schreibt das so) nehmen, allerdings nich wegen Depressionen, sondern wegen Schmerzen.
Vorteil:
Man schläft nachts wie ein Stein, ohne in einem Koma-ähnlichen Zustand zu verfallen
Das Schmerzempfinden wird gemildert
Nachteile:
Gewichtszunahme
Gefühlstechnisches Abstumpfen
Verstopfung
keine Libido
Das waren MEINE Nebenwirkungen. Ob Du genau diese Nebenwirkungen auch haben wirst, kann keiner vorhersagen. Und es ist ja nicht in Stein gemeißelt, dass du das Zeug bis an Dein Lebensende nehmen mussst. Versuch es dochmal - absetzen kann man es immer noch, wenn es nicht hilft, die Nebenwirkungen zu stark sind.
LG
Tiffy
Hallo,
ich hab deinen Beitrag leider erst jetzt gelesen und hoffe, du schaust vielleicht nochmal rein.
Deine Angst kann ich total gut verstehen - die aufgezählten Nebenwirkungen sind auch total abschreckend.
Mein Rat wäre: Such dir tatsächlich einen Psychiater und besprich diese Ängste mit ihm. Ein guter Psychiater wird dich ernst nehmen und ist daran interessiert, dir zu helfen und die richtige Behandlung für dich zu finden.
Die kann darin bestehen, unterstützend etwas Pflanzliches einzunehmen (weil deine Akzeptanz höher ist) - beispielsweise hochdosiertes Johanniskraut. Die kann aber auch darin bestehen, ein Antidepressivum zu wählen, bei dem eine Gewichtszunahme statistisch unwahrscheinlich ist. Oder der Libidoverlust.
Die kann ebenso darin bestehen, vorerst auf ein Antidepressivum zu verzichten, aber in x Monaten nochmal einen Termin zu vereinbaren, um gemeinsam zu besprechen, ob diese Entscheidung gut war oder ob du dir dann doch eine medikamentöse Therapie wünschst.
Meine Erfahrung mit meinem Psychiater ist: Er nimmt mich vollkommen ernst, er hat meine Wünsche im Blick, er redet meine Nebenwirkungen nicht klein und sucht mit mir nach Alternativen. Und er schreibt mich auch (wie aktuell) einfach mal krank für einen Medikamentenwechsel, weil ich nicht wüsste, wie ich aktuell arbeiten sollte.
Da kommen wir zu meinen persönlichen Erfahrungen:
Ich habe schon einige Medikamente ausprobiert. Leider reagiere ich generell auf SSRI nicht so prickelnd. In den letzten Wochen habe ich Fluoxetin eingenommen, das war ein letzter SSRI-Versuch. Die Nebenwirkungspalette laut Beipackzettel ist recht lang, die einzige für mich spürbare negative Nebenwirkung ist, dass ich nicht mehr durchschlafen kann. Normalerweise bin ich eine gute Schläferin. Das liegt wohl daran, dass das Serotonin die REM-Schlafphase verlängern kann, was bei mir dazu führt, dass ich sehr ausgedehnt träume und dabei aufwache. Schade. Die Wirkung ist ansonsten nämlich wirklich gut, man nimmt davon für gewöhnlich nicht zu. Im Gegenteil, ich hatte deutlich weniger Essattacken als sonst und es fiel mir leicht, mein Essverhalten auf einem normalen Level zu halten. (Ich bin auch eine Frustesserin)
Grundsätzlich ist das so: Jedes Medikament wirkt bei jedem Menschen ein bisschen anders. Die einen nehmen die volle Nebenwirkungspalette mit, die anderen spüren vereinzelt Veränderungen und wieder andere bemerken praktisch nichts, außer, dass sie nach ein paar Wochen deutlich weniger stressanfällig sind. Das muss man leider ausprobieren. Und: Man sollte dem Medikament ein bisschen Zeit einräumen, der Körper muss sich an die Substanz gewöhnen, erfahrungsgemäß verschwinden viele Nebenwirkungen nach 1-2 Wochen komplett. (Bei mir zum Beispiel: Kopfschmerzen in den ersten 2-3 Tagen, Durchfall in den ersten Tagen, danach nicht mehr)
Ich werde ab morgen wohl ein neues Medikament ausprobieren und hoffe, dass ich diesmal dann etwas finde, was sich für mich genau richtig anfühlt. Und wenn das nicht hinhaut, bin ich mir sicher, dass mein Psychiater mich ernst nimmt, wenn ich mit Nebenwirkungen aufschlage, mit denen ich nicht leben möchte. Dann suchen wir weiter. Oder probieren nochmal eine Phase ohne. Jenachdem, wie es mir dann geht.
Ich wünsch dir alles Gute!