Pflegefall nach Alkoholentzug? Kann das wirklich sein?

Guten Abend zusammen,

meine Mutter ist Alkoholikerin. Sie trinkt seit ich denken kann. Zwei Entzüge hat sie hinter sich,aber leider hatte sie jedes Mal einen Rückfall. Die letzten 6 Monate waren nun ein auf und ab. Ihr Zustand verschlechtert sich seit zwei Monaten nun stetig. Es wurde eine Entzündung im Magen festgestellt und sie hat nichts mehr gegessen. Ihr Rachen ist entzündet und sie hat mit Schwindel zu kämpfen und Kreislaufprobleme. Seit Montag ist sie nun stationär-und auch auf Entzug. Sie kann nun kaum noch sprechen, laufen kann sie auch nicht mehr und sie ist sehr verwirrt, vergisst alles und ist einfach nicht mehr voll mit dem Kopf da. Diese Symptome sind erst seit Montag, weshalb sie auch ins KH ging. Es wurde ein CT veranlasst und neurologische Untersuchungen durchgeführt. Ein Vitamin B1 Mangel,sowie Mangel an Kalzium und Kalium wurden festgestellt. Heute hatten wir ein Arztgespräch. Er sagte,dass das Hirn bereits geschädigt sei und sie wohl nun ein Pflegefall bleiben wird. Eine Besserung der aktuellen Probleme wird es wohl nicht mehr geben. Ich kann einfach nicht in Worte fassen wie ich mich fühle. Dabei frage ich mich,ob dies wirklich so endgültig sein wird. Bis letzte Woche unter Alkohol konnte sie doch noch sprechen,sie konnte noch einigermaßen gut laufen und war auch sonst noch voll da,nur manchmal etwas vergesslich. Die Symptome sind nun erst mit Entzug aufgetreten. Hat jemand evtl. Ähnliche Erfahrungen oder Fälle gesehen oder gehört und kann etwas dazu berichten? Kann es wirklich so endgültig sein, wenn die Symptome erst aufgetreten sind mit Entzug? Hätte es sich nicht einschleichen müssen? Normalerweise dürften sich doch die Symptome durch das Weglassen des „Nervengifts“ nicht verschlechtern…

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Ich musste bei deiner Schilderung gleich an ein Delir (auch als Durchgangssyndrom bekannt) denken. Bei meiner Schwiegermutter war das sehr schlimm, als sie vor einem halben Jahr ins Krankenhaus musste. Sie hatte zu dem Zeitpunkt bereits mit beginnender Demenz zu tun und in den ersten Tagen im KH war sie überhaupt nicht wieder zu erkennen. Sie hat schlicht gesagt nur Blödsinn geredet. Ursache war bei ihr die ungewohnte Umgebung etc.

Gerade habe ich nochmal in den Wikipedia-Artikel zu Delir geschaut und da steht tatsächlich, dass es bei Alkoholentzug auftritt. Das nennt sich dann genauer Delirium tremens.

Bei meiner Schwiegermutter wurde es nach ein paar Tagen wieder besser. Ihre Demenz hat sich grundsätzlich aber deutlich verschlimmert.

Wie die Prognose bei Alkoholikern ist kann ich nicht sagen. Da solltest du vielleicht nochmal den Arzt drauf ansprechen.

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Hallo,
ich arbeite als Logopädin in der geriatrischen Reha, dass Thema Alkohol beschäftigt uns immer wieder. Es ist unglaublich vielfältig in seinen Ausprägungen. Am besten besprichst du deine Fragen mit den behandelnden Ärzten und Psychologen.
Ja, ich habe schon Fälle von Pflegebedürftigkeit nach dem akuten Entzug gesehen.

Viele Grüße

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Hallo,

nach deiner Schilderung und der Diagnostik der Ärzte steht bei deiner Mutter eine Wernicke-Encephalopathie bzw. ein sich daraus ergebenden Korsakoff-Syndrom im Raum.
Beides sind alkoholassoziierte Schädigungen des Gehirns, die auf einem Vitamin-B1-Mangel beruhen.

Ein Teil ihrer Symptome könnten auch noch von einem Alkoholentzugsdelir stammen.

Die Frage, ob die geistigen Veränderungen bei deiner Mutter "endgültig" sind, ist derzeit nicht zu beantworten. Ich würde aber schon damit rechnen, dass sich ein Teil ihrer Beschwerden mit der Zeit zurückbildet. Aber es dürften Defizite verbleiben, die in der Tat so gravierend sein können, dass sie zu einem Fall für eine Betreuung und Pflege wird.

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Da der Entzug ja quasi noch im Gange ist, würde ich abwarten, ob sie sich wieder stabilisiert.
Ansonsten hast du sicherlich schon mal vom Korsakow-Syndrom gelesen?
Das ist die Folge eines langjährigen Vitamin-B-Mangels, ausgelöst durch Alkohol-Missbrauch.

Mir tut das sehr leid. Ich wünsche euch alles Gute. Hast du psychologische Unterstützung? Suchtstrukturen in Familien und deren Folgen sind eine schlimme Belastung. Ich wünsche dir Kraft.

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Das ist leider das sehr große Problem am Alkohol. Kaum einer kennt die diversen Erkrankungen, vielleicht bis auf die, die wo die Leber betroffen ist und steht dann am Ende da und ist verzweifelt.
Die Wernicke-Enzephalopathie und das Korsakow-Syndrom sind Erkrankungen, die aufgrund des Alkoholkonsums und dem einhergehenden Vitamin B1 Mangels auftreten können. Der Entzug selbst kann die Symptome auch noch verstärken leider und oder zum Delir führen.
Du kannst evtl noch mal ein ausführliches Arztgespräch führen oder auch mal mit der Seelsorge sprechen.
Alles Gute euch