Haben Übergewichtige auch eine Mitschuld an ihrem Übergewicht?

Hallo und guten Abend,

Zuerst möchte ich klarstellen das ich nichts gegen Übergewichtige Leute habe und niemand deswegen verachte. Nur stelle ich mir dennoch diese Frage ob Übergewicht wie ein dicker Bauch vermeidbar ist. Ich habe jetzt die Quelle nicht, aber irgendwo im TV haben sie mal gesagt das die Anzahl der Übergewichtigen zunimmt.

Ich kenne eine gute Ernährungsberaterin und sie selbst hat mir gesagt die Leute die zu ihr kommen die haben kein Durchhaltevermögen und keine Selbstdisziplin, sprich sie wollen irgendwie abnehmen, aber schaffen es nicht einen Ernährungsplan einzuhalten.
Beispiel wenn jemand übermäßig viel isst, hat sie die Methode FDH empfohlen, also nur mehr die Hälfte essen, bei allen 3 Mahlzeiten am Tag.
Bei einem anderen hat sie das Intervallfasten mit 16h fasten und 8h Essen empfohlen. Das hat er zwar eingehalten (Ich kenne ihn gut), aber er hat statt ab zugenommen.
Und warum machen die Leute zu wenig Sport? Mit Bewegung nimmt man auch ab.

Eine andere Sache ist auch das Übergewicht durch einer Krankheit verursacht werden kann, da kann niemand etwas dafür. Aber meistens liegt es doch an der Ernährungsweise, den Essgewohnheiten und zu wenig Sport.

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Klar kann man das Gewicht mit deutlich weniger und gesünder essen und zusätzlich Sport reduzieren. Für manche braucht es dazu halt viel mehr Disziplin wie für andere.

Meinem Sohn bietet man ein Eis oder nen Schokoriegel an, dann fragt er, ob er nicht lieber ein Müsli haben kann, aber bitte nicht das, was so süß ist. Ist das jetzt sein Verdienst, dass er einfach nicht auf süßes steht. Oder hat er Glück gehabt, dass er so veranlagt ist. Oder liegts dran, dass wir ihm süsses nie unnötig angeboten haben. Sein Verdienst ist es sicher nicht. Dass in seinem Zimmer immernoch Schoko-Ostereiner und Nikolaus-Schokolade rumliegt, hat auch nichts mit Disziplin zu tun.

Selbst wenn es Disziplin wäre ... wieviel eigener Verdienst wäre es, dass er so diszipliniert sein kann. Auch hier meines Erachtens ne Mischung aus Genen, Erziehung und Umwelteinflüssen.

Falls er also mal ein schlanker Erwachsener wird, weil er keine Lust auf Süßes verspürt, weil er gute Ernährungsgewohnheiten hat und die noch dazu diszipliniert einhalten kann. Wieviel eigener Verdienst wäre das? Und falls es umgekehrt wäre, wieviel Mitschuld?

Ich denke, es gibt tausend Ursachen, warum jemand übergewichtig ist, es nicht schafft diszipliniert abzunehmen. Manch einer hätter vielleicht das Potential für ein bisschen mehr. Aber es ist sehr schwer, zu Urteilen, wieviel jemand wirklich tun könnte.

Wer keine Schokolade mag, kann halt leicht sagen, 'dann iss halt nicht so viel süßes',
Wer nicht mit Genuß essen kann (so einen hab ich auch in der Familie, der tut mir eigentlich auch echt leid), der kann leicht sagen, 'dann schlemme halt nicht ständig',
Wer keine Gelüste verspürt,...
Wer ein dispziplinierter Charakter ist, ...
Wer von klein auf Spaß an Sport hat, ...

Es gibt Leute, die müssen Medikamente nehmen, die Heißhunger machen, und nehmen dadurch zu. Andere nehmen die gleichen Medikamente, sind aber super diszipliniert und nehmen trotz Heißhunger nicht zu. Und wieder andere nehmen keine Medikamente, im Körper tickt aber trotzdem was aus, was Heißhungerattacken mache, und sie schaffen es nicht dagegen anzukommen.

Wer hat Schuld? Wer hat keine Schuld?

Ich finde es falsch hier über die Kategorie Schuld zu reden, eher müßten wir schauen bei wem welche Hindernisse da sind und wie man helfen kann die abzubauen/zu überwinden und wie man Bedingungen schaffen kann, die es leichter machen, sich besser zu ernähren / mehr Sport zu treiben.

Und ehrlich: wer als Ernährungsberatung seinen Kunden empfiehlt FdH zu machen und keine weiteren Hilfen mit an die Hand gibt, hat seinen Beruf verfehlt.

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Ich nehme die durch krankheit oder medikamenten pbergewichten raus!
Aber(!) ja ich bin der meinung übergewichtige sind entweder die eltern schuld (ich habe diesen sommer wieder leider sehr sehr viele übergewichtige kinder gesehen..) oder sie selbst.
Ein gestörtes essverhalten ist mit therapien in den griff zu bekommen den körper durch sport fit halten um abzunehmen das sind alles dinge die man selber in der hand hat und nicht auf jemand anders schieben sollte… die meisten die ICH kenne schieben gerne alles anderen unter und jammern dann aaach sieh mich an dort und da kg zu viel usw usf… naja von jammern wirds nicht besser.. wenn ich jammere ich kann mir dies oder das nicht leisten weil ich im moment kein geld dafür habe, wird es mir nicht plötzlich beim fenster rein fliegen.

Ich habe nach meinem K3 auch wieder zu viel drauf aber ich jammere nicht mein umkreis voll sondern TUN ist das a&o und ich achte auf ernährung halte meine schrittzahl täglich ein und versuche zusätzlich sport zu machen. Und siehe da ich habe 6kg weniger welch wunder 💪🏼😬

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... und wo gibt es die Therapien für gestörtes Essverhalten? Ist natürlich gaaaaanz einfach, diese zu finden bzw. dort einen Platz zu bekommen.
Du hast offenbar durch die Schwangerschaft zugenommen. Das ist ein sehr begrenzter (Ausnahme-) Zeitraum und nicht zu vergleichen mit über Jahre falsch erlernten Ernährungsweisen. Es mag viel Wahres an dem sein, was du schreibst, aber es ist schon auch sehr abfällig.

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Ja haben sie wenn man von einem freien Willen ausgeht (Krankheiten ausgenommen).
Nein haben sie nicht, wenn man es deterministisch betrachtet.

Mir reicht statt philosophischer Fragen ein Blick in die Statistik. Dieser Blick hilft auch um Gegenmaßnahmen zu entwickeln.

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Die meisten tragen durch ihr Verhalten dazu bei, Ja. Aber der Begriff Schuld ist trotzdem schwierig.

Ich habe dazu erst vor kurzem einen interessanten Artikel gelesen. Dort hieß es, dass viele Menschen eine Veranlagung dazu haben zu viel zu essen. Die wären im Mittelalter auch übergewichtig geworden, wenn sie nicht durch äußere Umstände (Hungersnöte, harte Arbeit) zu einer Lebensweise gezwungen gewesen wären, die Übergewicht verhindert. Und die Lebensweise heute ermöglicht eben das Übergewicht.

Manchen Menschen fällt Selbstdisziplin leicht, das ist quasi ein Talent. Andere können das prinzipiell auch, aber es fällt ihnen viel schwerer, vor allem es langfristig durchzuhalten. Deshalb ist diese Einstellung „die müssen doch einfach nur weniger essen/mehr Sport machen“ zu einfach gedacht. Das ist wie wenn jemand einfach kein großes Talent zum Malen hat und man setzt ihn mit Pinsel und Leinwand in eine schöne Landschaft und sagt „du musst doch einfach nur abmalen was du siehst“. Sicherlich kann theoretisch jeder lernen passabel zu malen, aber manchen fällt es leicht und für andere ist es eine riesen Herausforderung. Ist man jetzt „Schuld“ daran, wenn man ein nicht so perfektes Bild malt?

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Also bei mir kommt Übergewicht definitiv vom Essen. Und die Tatsache, dass ich älter werde und der Stoffwechsel nicht mehr so ist, wie er mal war und ich keinen Sport mache, verbessert die Sache nicht.

In meinen Umkreis ist nur eine Person, die aufgrund einer Erkrankung stark zugenommen hat.
Alle anderen essen einfach zuviel und bewegen sich zuwenig.
Was mir auch oft auffällt ist, dass einige dieser Menschen kein Bewusstsein dafür haben, dass sie zuviel essen. Und auch kein Bewusstsein dafür haben, was eigentlich eine Portion ist und dass ein großer Italiener Salat mit Joghurtdressing keine Vorspeise ist, sondern Mengen - und kalorienmäßig eine Hauptmahlzeit.
Gerade wieder beobachtet die Tage.
Und dass Apfelschorle als Getränk ungeeignet ist und wie viele Kalorien das zusätzlich sind.

Und Zucker macht eben auch süchtig.
Das macht die Sache nicht einfacher und ist sicherlich neben Unwissenheit einer der Hauptgründe für Übergewicht.

Ich war früher auch mal sehr kräftig (80 kg bei 158 cm Größe). Ein Gamechanger war am Ende wirklich sich mal damit auseinanderzusetzen, wie viel man am Tag essen kann plus moderate Bewegung und ein Gewicht zu halten. Es war hart und langwierig.

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Eine Ernährungsberaterin die jemanden FDH empfiehlt würde ich sowieso in Frage stellen. Aus diesem Grund würde ich nie zu so einer Person gehen, denn die wenigsten von denen haben wirklich Ahnung.
Für solche Ratschläge braucht aber niemand eine Beratung 😃

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Naja was heißt Selbst schuld…? Ich war als Kind immer zu dünn, das Thema wurde aufgebauscht ohne Ende (die armen Kinder in Afrika usw..) Essen war mir nie wichtig.
Die Pubertät kam, die Brüsten wuchsen extrem schnell und es sah etwas arg unnatürlich aus.
Bei mir wurde mit 14 Jahren ein schwaches Bindegewebe festgestellt, ich hatte da schon erste Risse im Bauch, obwohl ich Normalgewichtig war.
Dann kam die erste Pille und ab da ging es los. Essen hat aufeinmal geschmeckt und durch die falsche Pille damals ging ich recht schnell auseinander.
Danach viele Versuche abzunehmen, die scheiterten. Der längste Versuch wurde ärztlich begleitet mit Ernährungsprogramm und Sport 3x die Woche. Ergebnis nach 6 Monaten: 3,8Kilo! Ich war frustriert wie Sau!
Irgendwann bei der Adipositas Plattform gelandet und nach vielen Untersuchungen kam heraus, dass mein Stoffwechsel nicht mehr gearbeitet hat.
Es folgte eine Magenbypass Op und da nahm ich wieder ab.
Aber: der Grundstein für mein späteres Übergewicht wurde zum Großteil in meiner Kindheit gelegt. Dieser ständig Drang zum Essen gezwungen zu werden und immer ein riesen Thema darum zu machen, haben sicherlich ein negatives Gefühl hinterlassen.
Als ich dann gegessen habe, war’s auch wieder nicht recht.
Ein Teufelskreis…

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Eine Ernährungsberaterin, die diese Methoden ( FDH und Intervallfasten) vorschlägt, ist aber keine gute Ernährungsberaterin.
Was nützt es, wenn ich versuche vom ganzen süßen Zeug nur die Hälfte zu essen? Dann habe ich dauernd wieder Hunger oder Lust (Sucht) und kann das nicht durchhalten.
Einzig richtig ist dann tatsächlich eine sinnvolle und auf die Person passende Ernährungsumstellung. Meist bedeutet das Eiweißzufuhr rauf, Kohlehydratzufuhr herunterschrauben.
Aber mit solchen "Diäten" können tatsächlich die wenigsten Leute wirklich dauerhaft abnehmen.

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Nun, fast alle Menschen sind „schuldig“, wenn es um die Erhaltung ihrer Gesundheit geht. Wer will, kann heutzutage überall nachlesen, welchen eigenen Beitrag man zum Erhalt der (physischen und psychischen) Gesundheit beitragen kann.
Ich kenne eigentlich kaum jemanden, der es konsequent schafft: nicht zu rauchen, nie Alkohol zu trinken, auf Zucker zu verzichten, durch Krafttraining eine vernünftige Muskulatur zu erhalten, durch Cardiotraining das Herz zu trainieren, zu meditieren, genügend zu schlafen, alle Farben des Regenbogens täglich für ein gesundes Darmbiom zu essen… und nebenher zu arbeiten, Haushalt zu machen, Kinder großzuziehen etc.
Als Links-Grün-Versiffte komme ich final zu dem Schluss: Der Kapitalismus ist Schuld am Übergewicht, Zucker ist Opium fürs Volk, die kleine Belohnung, wenn der 40 Stunden Job nicht mal für den Lebensunterhalt reicht und der Markt regelt, dass Conveniencefood und Limonade günstiger sind als gesundes Essen.
Und als Blasphemistin muss ich dann einfach mal feststellen: der Mensch ist falsch konstruiert worden. Man hätte dieses ganze Belohnungszentrum im Hirn einfach anders anlegen müssen… dumm, dass es sich so leicht von kurzkettigen Kohlenhydraten verarschen lässt.

Wenn deine Frage den Gedanken impliziert, ob man das solidarische Krankenversicherungssystem überdenken sollte, weil wir so viele undisziplinierte Dicke mit durchfüttern, komme ich für mich zu dem Schluss, zu dem Juli Zeh schon gekommen ist, ich kriegs nicht mehr im Wortlaut hin:
Man sollte schon aus politischen Gründen anfangen zu rauchen..

Allemal besser als nach Steinen zu suchen, mit denen man werfen kann, blind für das eigene Glashaus.

Bearbeitet von Wachtelei