Aus dem Alltag von einer Anmeldung

Hallo.
Ich habe mich heute stark gewundert, ist es so weit gekommen?
Ich arbeite in einer Zahnarztpraxis. Heute rief mich einer meiner Patienten an.
Er hat eine neue Prothese bekommen, die noch an einer Stelle noch etwas drückt. Soweit so normal. Da es einfach ist dort Abhilfe zu leisten, fragte ich ihn ob er lieber heute kommen möchte oder bis morgen warten kann.
Er war daraufhin total verwirrt. Er erklärte mir, dass er ein Härtefallpatient ist (bedeutet er hat ein geringes Einkommen und die Krankenkasse hat die Leistung zu 100% übernommen)
Ich hab nicht verstanden, was das mit meinem Terminkalender zu tun hat und fragte noch mal oben er heute oder morgen kommen möchte. Er fragte dann ob er wirklich zum nacharbeiten der Prothese kommen dürfte, da er ja nicht privat wäre. Ich musste ehrlich gesagt etwas lachen, und antwortete nur: Ja das bin ich auch nicht. Ende vom Lied, der Patient kommt morgen, heute war ihm zu stressig.
Jetzt hab ich Feierabend und denk da noch mal drüber nach....
Wie traurig, daß er gedacht hat, er dürfte nicht noch einmal kommen, da er ei Kassenpatient ist. Wie ist er zu dieser Annahme bloß gekommen.
Fühlen sich auch andere Patienten so?
Geht es jemanden da genauso wie meinem Patienten?

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Hi,

ich nehme an er war älter? Die Leute sind wirklich unsicher 😞
Man bekommt kaum Termine bei Augenärzten etc. die 116117 hilft nicht und man muss selbst aktiv werden, sonst warten noch „1000 Patienten vor Ihnen, ich mach Ihnen da keine Hoffnung“
Als Kassenpatient mit Härtefall fühlt man sich vielleicht schon als Patient mit längerer Warteliste 🤷🏼‍♀️ und man darf nicht zuviel erwarten. Evtl. hat er auch schon schlechte Erfahrungen gemacht. Bei Zahnersatz wird doch auch gefragt, ob man eine Zusatzversicherung hat oder selbst zahlt.
Traurig eigentlich. Meine Eltern sind auch immer sehr unsicher und ich muss vieles regeln 😩

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Hallo,

ja leider, soweit ist es schon gekommen in Deutschland.
Der Zahnarzt ist der Einzige, wo man noch einen Termin binnen 2 Wochen bekommen kann. Bei Orthopäden, Augenärzte, MRT etc. hat man hier in der Gegend mindestens einen Vorlauf von 8 Monaten.

Aber das Allerschlimmste, wenn man einen Facharzt für seine Kinder braucht, sei es Haut-, Frauen-, oder was auch immer, heißt es AUFNAHMESTOPP! Gerade erst wieder bei meinem Hautarzt erlebt. Ich brauche einen Termin für meine kleine Tochter und da dachte ich - so naiv wie ich bin - ich könnte einfach zu meinem Hautarzt gehen, bei dem ich seit 30 Jahren!!! Patientin bin. Aber nein: "Wir nehmen keine neuen Patienten".

Hauptsache über Jahrzehnte immer schön die Kassenbeiträge gezahlt und so gut wie nie was in Anspruch genommen. Armes Deutschland :-(

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So ging es mir auch.. mein Mann und ich gehen seit jeher zu dem gleichen Hautarzt..
Der Große hatte mir 2 Monaten schlimme trockene Haut mit Juckreiz und Ausschlag.. keine Chance.. sie behandeln keine neuen Patienten.: okaaaay 😏

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Ich arbeite auch beim Zahnarzt, und kenne es auch das Patienten manchmal sehr verwundert sind wenn sie so schnell kommen dürfen obwohl nur Kassen Patient. Ja das ist langsam echt traurig.
Meist sind das aber eher die älteren Leute die keine Umstände nachen wollen.
Wir hatten mal eine omi, auch druckstelke, hat bis zu ihrem kontrolltermin abgewartet. Sie wollte uns nicht belästigen. Sie hatte eine riesen, offene und blutige druckstelle. Das sie das überhaupt so ausgehalten hat. Ich habihr dann erklärt, dass sie wirklich jederzeit anrufen kann und schnell dann auch vorbei kommen darf.

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Hm, ich würde mir eher darüber Gedanken machen, ob der Patient im Vorfeld durch die Praxis ausreichend aufgeklärt wurde. Es sollte doch selbstverständlich dazu gehören, das ein Patient mit einer neuen Prothese deutlich darauf hingewiesen wird, das er sich melden soll und kurzfristig kommen kann, wenn da was drückt.

Wie diese Prothese finanziert wird, das ist doch bei dem Problem völlig zweitrangig. Eine Nachbesserung steht jedem Patienten zu.

Vermutlich wird auch eine kommende Unterfütterung mit unter die Härtefallregelung fallen, wenn das so ist, dann sollte er auch darauf hingewiesen werden. Genauso wie, man denen ohne Härtefallregelung sagt, das man dafür selber aufkommen muß.
Und auch andere Dinge sollte man Patienten vorher erklären, zB das man die Prothese sich durch Nikotin verfärbt und man diese entweder in der Praxis (bei uns für 20€) reinigen lassen kann oder das es sich dauerhaft wohl doch eher lohnt, sich ein Ultraschallgerät selber zu kaufen.

Ich sehe hier einfach nur mangelnde Aufklärung und keinen Zusammenhang mit einer Härtefallregelung.

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Keine Ahnung wie er dazu gekommen ist.
Ich sage den PatientInnen immer, dass derartige Probleme sich nicht von alleine lösen und sie bitte SOFORT kommen sollen, wenn sie Beschwerden haben .Druckstellen sind ja keine langen Termine, das erledigt man innerhalb weniger Minuten).
Zum einen gibt es einen ( Zahn)ärztemangel, der unterschiedliche Ursachen hat: Mehr Patientenfälle durch den demografischen Wandel, zu wenig Studienplätze( wir bilden weniger aus als der OECD Durchschnitt), fehlendes Personal( schlechte Arbeitsbedingungen, Bezahlung)und dadurch verkürzte Zeiten, ein unfaires Vergütungssystem, doppelte Untersuchungen durch das Fehlen einer zentralen Erhebung von Patientendaten und somit Misswirtschaft( wofür brauchen wir so viele Krankenkassen mit eigenen Vorständen, die jedes Jahr Unsummen verschlingen?),...und...und....und...
Zum anderen gibt es populistisches Gequatsche(" Nur als Privatpatient bekommt man Termine").
Der wahre Kern besteht darin, dass eine Praxis- ähnlich einem Handwerksbetrieb- keine wohltätige Organisation, sondern zwangsläufig ein gewinnorientiertes Unternehmen sein muß, da der/ die Chefin selber Geld verdienen will und muss, da er/ sie davon lebt, Angestellte, Miete,... bezahlt werden müssen. Somit läuft es auf eine Mischkalkulation heraus. Bei den Privaten kann man vernünftig therapieren und wird nicht einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen, wenn man beispielsweise häufiger Kiefergelenkstherapie beim Physiotherapeuten verschreibt als die Kollegen. Das Sozialgesetzbuch sieht nämlich nur vor, dass die Therapie " wirtschaftlich, ausreichend und zweckmäsig" sein muss. Von " gut" ist da nirgendwo die Rede.

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Meine Beobachtung: man merkt, wie marode das Gesundheitssystem ist. Ich wundere mich, was jetzt in der zweiten Schwangerschaft alles nicht mehr drin ist im Ggs. zur ersten vor ein paar Jahren. Ich habe nachgewiesene Mineralstoffmängel, die nicht ungefährlich sind für die Entwicklung des Kindes. Dazu Hashimoto. Früher musste ich alle 6 Wochen zur Kontrolle. Heute sagt man mir "na alle 12 Wochen", und nach Umzug habe ich auch keinen Facharzt hier gefunden. "Ne wir sind alle voll, im Umkreis haben alle Fachärzte geschlossen, wir mussten alle übernehmen". Früher wurden die Mängel regelmäßig nach kontrolliert, wenn ich eh irgendwo Blut abnehmen war. Heute heißt es "ne kein Budget... Ne da haben wir keine Kapazitäten für". Alle wälzen es auf den Hausarzt ab was vor Jahren meine Gyn ganz selbstverständlich nebenbei gemacht hat. Der Hausarzt ächzt und sagt "wieso machen das die anderen nicht? Wir können langsam auch nicht mehr." Und angeblich soll der große Knall ja erst noch in 2-3 Jahren kommen. Wenn ich zum Doc gehe was wegen Risiko SS relativ häufig ist aktuell, höre ich nur noch "keine Kapa" "kein Budget" "fragen Sie wen anders". Dabei geht's wie gesagt um wichtige Sachen, Einstellung SD Unterfunktion in der eh schon Risiko SS und Co, nicht um prüfen nach Sachen aufgrund von Lust und Laune.

Inzwischen erwarte ich nichts mehr.. ich verstehe auch die andere Seite. Es muss sich grundlegend was ändern. Aber es zermürbt auch, wie gesagt. Ich bin froh eine Zusatzversicherung zu haben beim Zahnarzt, da merkt man doch was alles möglich ist ("als Kassenleistung kann ich Ihnen nur dies anbieten, als privat haben Sie Anspruch auf dieses und jenes und das hier ist auch der Ferrari unter den Kronen etc") Man merkt da schon den Unterschied. Für die normale ärztliche Versorgung habe ich das leider nicht.