Guten Tag
Ich wende mich hierher, weil ich emotional verzweifelt bin, und hoffe, dass mir jemand helfen könnte, wie ich mich verhalten könnte ...
Zum Anliegen, muss ich leider bitte im Vorfeld etwas ausholen, um es Verständlich zu machen.
Meine Eltern hatten 2022 einen schweren Verkehrsunfall in Westdeutschland (Papa Herzinfarkt während Auto Fahren). Ich selbst wohne in Berlin. Meine Mama hat diesen leider nach Monate langen Intensivstation nicht überlebt.
Mein Papa hat zum Glück überlebt, ist aber seitdem ein Pflegefall geworden. Er ist körperlich und seelisch gebrochen. Nahm in zu mir nach Berlin und pflege ihm seither.
Er hat seitdem immer mit verschiedenen Gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.
Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz, erlitt einen Schlaganfall und bin mit ihm von A nach B und B nach A etc. zu verschiedenen Ärzten gegangen. Es war zum Verzweifeln. Kam sogar des öfteren vor, dass sie sein Alter sah (82 Jahre) und ihn musterten oder sogar ablehnten.
Sind Anfang Dezember 2024 ins Krankenhaus gefahren, weil seine Beschwerden nicht aufhörten und er schmerzen hat.
Die ersten zwei Wochen verliefen träge und irgendwann kam, dass er in die Geriatrie soll, aber in ein anderes Krankenhaus, wegen Platzmangel. Und das war zum Glück unsere Rettung. Dort wurde er von der Geriatrie auf die Intensivstation verlegt, weil er zu viel Wasser im Körper hat, was sich in die Organe Herz und Lunge ablagerte.
Lezendlich wurde er in ein Wachkoma verlegt um ihn zu erleichtern und die Behandlung gründlich durchführen. Das Personal im KH ist wirklich einmalig und fürsorglich. Es gab währenddessen ein Auf und Ab. Es ist/war emotional furchtbar gewesen, da auch Schwierigkeiten mit seiner Lunge aufgekommen sind. Er wurde aus Wachkoma geholt, konnte aber nicht freihändig atmen. Erhielt einen Keim, aber er hat alles überstanden, so dass er seit eine Woche ohne zusätzliche Beatmungsmaschiene atmen kann. Er ist wach, an manchen Tagen ist er ansprechbar und es geht.
Aber er ist in meinen Augen zu nervös. Er will immer seine Nasensonde entnehmen, dadurch muss leider seine Hände fixiert werden.
Er bekommt Sondennahrung durch Nase, wegen Schluckbeschwerden.
Er haut mit seinen Händen in die Luft, auch wenn nicht fixiert ist.
Reißt sein Mund auf, macht lautere Besten und kneift das Gesicht zusammen. Er kann such seitdem auch nicht mehr ausdrücken. Sprachstörungen. Es kommen keine Sätze mehr. Nur vereinzelte Worte und seit gestern nur noch Bitte Bitte Bitte.
Bei Berührung lässt er Sekunden zu, reißt aber die Hand/Arm wieder weg. Ich bin verzweifelt.
Was kann ich bitte tun, damit er wieder ein gutes Gefühl erhält? Ich spreche mit ihm, aver das manchmal, sehr oft wie Luft.
Es kommt an, als ob er vielleicht böse mit mir ist oder mich überhaupt nicht dahaben will.
Bin jeden Tag dazwischen, auch als er im Wachkoma lag, um ihn zu unterstützen. Diese "Abneigung" jetzt trifft mich schon sehr tief, aber wichtiger ist für mich, wie ich ihm in der Situation helfen kann.
Bitte um Entschuldigung, falls ich etwas zu sehr ausgeholt haben sollte.
VG und Danke für's lesen.
Hoffe, dass mir jemand nur eine kleine Hilfestellung geben könnte.
Papa im Koma gelegen ...
Hallo Nicole, dein Text hat mich emotional sehr mitgenommen da ich fast das gleiche mit meinem Vater erlebt habe.
So wie du das schilderst klingt es nach einem Delir durchs künstliche Koma.
Es kann helfen ihm gewohnte Dinge bereitzustellen z.b seine brille aufsetzen wenn er eine trägt, kalender oder uhr aufstellen damit er sich zeitlich wieder orientieren kann, Familienfotos ans bett stellen Oder einfach alte Geschichten erzählen die ihr zusammen erlebt habt („papa weißt du noch als wir..“)
Gern kannsr du mir zum Austausch auch privat schreiben.
Ich wünsche euch alles erdenklich gute!
Vielen lieben Dank für die Antwort
Ein Delir... Höre ich zum ersten Mal, muss ivh mich mal belesen.
Werde morgen ihm vertrautes mitnehmen, das habe ich eh vorgehabt. Vielleicht hilft es ihm ja, ich hoffe es so sehr.
Es ist furchtbar, sowas mit anzusehen. Es tut mir leid für dich, dass dein Papa auch sowas durchmachen musste :( Falls rs nicht zu privat ist, aber kam er da wieder raus?
Versuche erstmal morgen mit persönlichem Gesprächen und habr ihm Musik runtergeladen, die er mag.
Würde mich gerne melden bei Bedarf und nochmals vielen Dank 🌹
Ja es ist super schmerzlich mit anzusehen daher kann ich da wirklich total nachempfinden wie es dir grade geht.
Mein Vater war leider sehr sehr schwer krank und ist kurz daraufhin verstorben.
Bei meiner Oma ging es zu Ende als sie nur noch bitte sagte. Ich bin froh, dass sie endlich gehen durfte.
Du willst dass er sich gut fühlt. Die größte Hilfe bist du ihm, wenn du seine Gedanken auf Reisen nimmst.
Du könntest die Zeitung vorlesen. Oder ein Buch. Mit ihm beten (falls er religiös ist). Für ihn singen. Ihm von früher erzählen. Deine Stimme zu hören ist bestimmt schon hilfreich.
Wie E1a geschrieben hat, wird er ein Durchgangssyndrom/Delir haben. Auch vertraute Musik, vertraute Gerüche helfen. Er braucht Orientierung und Sicherheit.
Ohje
Da habt ihr viel mitgemacht.
Wie orientiert dein Vater ist, kann man kaum erahnen, ob er dich überhaupt erkennt ist unklar.
Vielleicht ein delir, vielleicht ein Schlaganfall... Das kann alles sein.
Aber auch wenn es hart klingt: vielleicht will dein Vater gehen, macht sich auf den Weg.
Überlege mal was und welche Lebensqualität er hat, welche Aussicht auf ein zukünftiges Leben in seinem Alter und schwer krank?
Er hat seine Frau verloren, kann nicht allein atmen und liegt seit Monaten im Krankenhaus. Zuvor pflegebedürftig und krank.
Ist fixiert und wird per Schlauch ernährt.
Vielleicht möchte er das nicht?
Hat er eine Patientenverfügung? Die würde in so einem Fall vermutlich greifen, deshalb schau seine Unterlagen durch.
Natürlich ist das für dich schlimm, du liebst deinen Papa und willst nicht das er stirbt. Nur vielleicht will er das inzwischen? Weil er sein Leben schlimmer empfindet als den Tod
Ich würde mit den Ärzten ein offenes Gespräch führen, fragen welche Prognosen er hat. Und mit ihnen über einen palliativen Weg sprechen. So hart das klingt....ich wünsche euch viel Kraft und alles liebe!
Ersteinmal vielen Dank für die ganzen Antworten.
Sicherlich kam mir schon des öfteren in den Sinn, dass er nicht mehr Leben möchte... Was absolut verständlich nach allem wäre. Selbst ich habe mal einen Moment den Halt verloren, nachdem unsere Mama verstorben ist. Aber er will Leben. Das nannte er mir und meinen Halbgeschwister immer und inner wieder.
Eine Patientenverfügung existiert leider nicht, aber dafür eine Vollmacht. Wo ausdrücklich er uns vergewissert hat, dass er Leben will. Und diese wurde nach dem Unfall aufgesetzt.
Ich wäre die letzte, die seinen Wunsch nicht respektieren würde. Könnte es sogar nach alldem verstehen, auch wenn es schmerzlich ist.
Habe mich mal belesen, da einige das Wort/Zustand Delir beschreiben. Werde diese Ratschläge annehmen und ihm mit Gewohnheiten konfrontieren. Habe immer befürchtet, dass wenn ich dieses mache, dass es ihm noch mehr verletzt.
Zudem werde ich heute den Arzt, um ein ausführliches Gespräch bitten. Man unterhält sich schon des öfteren, aber es ging darin immer nur um das körperliche. Und da hieß es, dass er nicht in Lebensgefahr schwebt.
Nur sollte auch seine Seele jetzt .... Es ist einfach zu schwer einzuschätzen, obwohl man seinen Papa kennt ❤
Vielen Dank nochmal 🌹
Hallo!
Diese Geschichte liest sich für mich ganz fürchterlich. Ich sehe all das Elend und die Angst, die dahinter stecken, ich verstehe sie sogar. Dennoch empfinde ich deine Haltung zum Zustand deines Vaters als falsch. Wie schon eine meine Vorrednerinnen gesagt hat, geht es mir nicht darum, dir zu sagen, was zu tun oder zu lassen hast. Ich will und kann dich nicht verurteilen, aber vielleicht kann man dir eine andere Sicht auf die Dinge geben. Es ist einfach verdammt schwer, für jemanden anderen die Entscheidungen zu treffen, vor denen er sich selbst ein Leben lang gedrückt hat.
"Und das war zum Glück unsere Rettung."
Du sprichtst im Plural. Wo wurdest du gerettet? Wovor wurde dein Vater gerettet? Auch hier ist das kein Vorwurf, sondern eine Frage, die dir zeigen soll, dass du von deiner Angst gelenkt wirst. Du willst nicht alle Fakten sehen.
Dein Vater ist massiv vorerkrankt, weshalb andere Ärzte die weitere Behandlung ablehnten, weil sie ihnen ethisch nicht mehr vertretbar schien. Er ist 82 Jahre alt, weder Nieren noch Herz arbeiten ausreichend, sein Hirn hat durch Schlaganfälle gelitten, dazu war er auch noch beatmet. Wieviel soll er noch aushalten und mit welcher Perspektive? Mag ja sein, dass er noch leben will -woher weißt du das zum jetzigen Zeitpunkt?-, aber jedes Leben ist endlich.
"Es kommt an, als ob er vielleicht böse mit mir ist oder mich überhaupt nicht dahaben will. "
Er sagt "Bitte, bitte" und zieht an der Magensonde. Mögliches Delir hin oder her: er will dir was sagen! Du aber willst das nicht hören und möchtest lieber, dass er in seinem Zustand nicht ernst genommen wird.
Kannst du dir ansatzweise vorstellen, welchen Stress Patienten auf der Intensivstation haben? Das ist ein Ort für eine kurze Zeit. Oder für jüngere Leute, wenn sie eine gute Prognose haben, dann auch für länger. Das ist kein Ort für multimorbide, geriartische Patienten. Wann darf denn Ende sein? Wie darf ein Ende aussehen? Er ist dir sicher nicht böse, aber wahrscheinlich einigermaßen verzweifelt über seine Lage und dass ihn niemand verstehen will.
Es ist schade, dass ihr beide die "gute" Zeit seit dem Unfall nicht genutzt habt, um über genau diese Dinge zu reden. Spricht jemand von den Ärzten oder der Pflege offen mit dir? Darüber, dass es auch noch einen anderen Weg geben kann, den niemand verhindern kann? Mit wem redest du, wenn nicht in öffentlichen Foren?
Wenn du deinem Vater was Gutes tun willst, dann lass ihn auf die Normalstation verlegen und sei so viel bei ihm wie du kannst. Auch für dich wird ein Abschied einfacher, wenn die Stituation drumherum stressfreier ist. Man muss nicht alles tun, was möglich ist. Der Tod ist wirklich nicht das Schlimmste, was einem passieren kann.
Den eigenen Tod, den stirbt man nur, mit dem Tod der anderen muss man leben! Ich glaube, das ist genau deine Angst. Such dir jemanden oder mehrere, der/die dich begleiten. Seelsorge, Selbsthilfegruppe....irgendwas.
(In meiner Patientenverfügung steht, dass ich auf gar keinen Fall eine Magensonde will, wenn ich dazu nichts mehr sagen kann. Ich will nämlich genau diese Situation deines Vaters für mich vermeiden. Nein, man verhungert dann nicht, man wird nur müde und schwach und stirbt. "Der (alte) Mensch stirbt nicht, weil er nicht isst und trinkt, sondern er isst und trinkt nicht, weil er stirbt." Und ja, ich weiß, wovon ich rede!)
Alles Gute für dich und deinen Vater!
Vielen lieben Dank für die Offenen Worte und Meinung.
Ich verschließe nicht meine Augen. Das tue ich ganz bestimmt nicht. Es wurde lange vor dem Unfall mit Eltern gesprochen und mit dem Papa nach dem Unfall. Es hieß immer, dass er Leben will! Komme was wolle. Und das wurde in einer Vollmacht geschrieben und von ihm unterzeichnet.
Verschließe vielleicht etwas die Augen, weil es weh tut, ihn leiden zu sehen....
Aber vin heute ins KH und zum erstaunen, wurde er auf eine normale Station ( innere Medizin, gleich gegenüber drr ITS) verlegt.
Er ist ab kein Beatmungsgerät mehr, erhält Sauerstoff durch Nase.
Es wurde genannt, dass er ein Delirium hat, er reagierte vorerst nicht auf mich, schaute sich nur um. Erzählte ihm von früher und dann plötzlich lächelte er mich an. In anderer Sekunde sagte er wieder Bitte Bitte... Fasste sich dabei aber zu 60% Immer an die Nasensonde, worüber weiterhin die Nahrung kommt.
Arztgespräch fand statt. Dieser nannte dass er sich in diesen Verwirrtheitszuzstand befindet.
Organisch besser aussieht etc.
Dienstag PeG/Magensonde erhalten wird.
Ihn eine Entlastung genommen wird mit der Nase...
Kann die ganzen Zwiespaltereien vollkommen nachvollziehen und bin wirklich die letzte, die aus Egoismus meinen Papa am Leben halten will. Einige Schwestern nennen selbst, wenn es ihr Papa wäre, dann gehen lassen. Andere wiederum können nachvollziehen, dass seine jetzige Situation der Grund sei, Weswegen er das Bitte bitte nennt.
Sind verblieben mit den Arzt, dass wir bis Montag sehen werden, wie das Wochenende verläuft. Seine Werte stabil bleiben oder nicht.
Dennoch Dankeschön nochmals für die Ausführliche und ehrliche Antwort
Ich kann dir nur sagen, dass ich auch glaube der Tod ist oft barmherziger als wir Menschen sind. Wir wollen leben. Was bedeutet Leben? Am Familienleben teilhaben zu können, Worte äußern zu können, Gespräche zu führen? Ich frage mich, ob der einfache Zustand dass der Körper noch in irgendeiner Weise funktioniert wirklich als leben zu verstehen ist.
Ich schreibe das, weil du meintest dein Vater will leben. Aber über das wie ein Leben auszusehen hat, habt ihr anscheinend nicht gesprochen. Also was bedeutet es zu leben als philosophische Frage.
Und gemein gesagt, dass es Ärzte gibt, die nehmen jeden noch so hoffnungslosen Fall. Dein Vater bringt dem Krankenhaus richtig viel Geld ein. Klar machen die alles um diesen Zustand länger zu behalten. Nicht jedes aber so funktionieren Krankenhäuser nun einmal auch.