Hallo!
Es geht um meinen Bruder und meine Nichte. Sie ist 13.
Damals hat die Mutter meiner Nichte noch unter der Geburt mit meinem Bruder Schluss gemacht. Sie wollte nicht mal ihre Tochter sehen. Mein Bruder ist dann ins Nebenzimmer mit der Kleinen. Die Mutter ist verschwunden. Kurz nach der Versorgung nach der Geburt.
Mein Bruder hat mich angerufen, und ich bin sofort hin.
Wir wohnen in einem großen Haus. Unsere Eltern, meine Schwester, mein Bruder mit Nichte und ich. Alle haben ihre eigene Wohnung.
So leben wir jetzt seit 13 Jahren und sind auch sehr glücklich so und lieben unser Zusammensein.
Jetzt kommt das große Aber... Mein Bruder und meine Nichte haben Angst. Mit vier Jahren hat die Mutter versucht ihre Tochter mitzunehmen. Aus dem Kiga. War ein riesen Aufstand mit Polizei und allem. Die Mutter hat sich mit meiner Nichte in die Küche gesperrt. War bewaffnet mit einem Messer. Meine Nichte hatte sich im Schrank versteckt. Mein Bruder und ich standen draußen und konnten nichts machen. Nur warten... Irgendwann ist ein Polizist mit der Kleinen aus dem Kiga gekommen. Mein Bruder ist sofort mit ihr im Arm zusammen gebrochen. Das werde ich nie vergessen.
Danach haben beide eine Therapie über einige Jahre gemacht. Waren in Kur...
Anfang des Jahres stand die Mutter in der Schule meiner Nichte. Wieder für beide ein riesiger Schock. Die Mutter befindet sich jetzt in einer geschlossenen Anstalt. Alkohol, Drogen etc.
Meine Nichte schläft seit der Sache damals im Kiga bei ihrem Vater. Sie kann nicht alleine schlafen, hat Angst im Dunkeln... Hat jetzt auch wieder viele Alpträume.
Beide sind jetzt wieder in Therapie. Aber sind sonst im normalen Alltag drin. Meine Nichte war Anfang Oktober auf Klassenfahrt. Die ersten Tage dachte ich mein Bruder dreht völlig durch. Aus Angst.
Ich arbeite mit in seiner Firma und dadurch haben wir viel und auch einen sehr engen Kontakt.
Wenn ich das jetzt so schreibe, klingt es einfach nur alles wie im Film. Für uns ist es aber Realität.
Unsere komplette Familie ist dadurch sehr zusammen gewachsen.
Können wir nicht noch etwas für die beiden tun? Woran man selber so gar nicht denkt weil man in dieser Situation seit über 13 Jahren lebt?
Danke fürs Lesen und für eure evtl Antworten. Ich liebe die beiden einfach so sehr und möchte einfach nur das sie in Ruhe ihr Leben leben können.
Ganz liebe Grüße
Wie seht ihr das Ganze? Kann ich noch mehr helfen??
Krasser Mist. Als unbeteiligte Außenstehende würde ich jetzt ganz pragmatisch dazu raten, das Kind zu stärken. Nämlich mit einer effizienten (!) Selbstverteidigungsart, damit sie sich im Alltag sicherer fühlen kann.
Mir schwirrt da Krav Maga durch den Kopf, mein Mann hat das viele Jahre intensiv ausgübt....seine Reaktionen sind auch 20 Jahre danach einfach der Hammer.
Dein Bruder ist meiner Sicht für sich selber verantwortlich, vielleicht nochmal eine andere Therapieart wählen....schlußendlich vermute ich aber, das auch er vielleicht ruhiger werden kann, wenn er weiß das seine Tochter sich effizient und reaktionsschnell verteidgen kann.
Ich empfehle Krav Maga, weil es wirklich Training für den Ernstfall ist, meiner Meinung genau das, was bei euch gebraucht wird, denn die Bedrohung ist ja real.
Die Situation ist sehr anstrengend, wie sich das liest. Das tut mir leid.
Ich schreibe mal meine Gedanken zu dem, was mir beim Lesen so durch den Kopf ging.
Deine Nichte ist wegen der damaligen (ernsten) Situation im Grunde ihr ganzes Kinderleben in Therapien gewesen. Und geändert hat sich im Grunde nichts? Das Kinder Angst haben und bei Eltern schlafen, finde ich jetzt nicht ungewöhnlich, da gibts ja völlig unterschiedliche Gründe. Mit 13 Jahren aber sollte es rein entwicklungstechnisch so langsam in die andere Richtung gehen. Mir entstand eher der Eindruck, dass das Kind durch den "Dauerangstzustand" des Vaters in der Situation gehalten wird, sie kennt es ja nicht anders. Sie ist auf Klassenfahrt mitgefahren, das ist doch top und zeigt, dass das Kind doch in gewisser Weise mutig ist, diesen Angstkreis zu verlassen! Warum dreht der Vater denn ab, wenn die Mutter garnicht weg kann? Die Mutter ist offensichtlich schwer krank, ich denke, das wird dem Kind auch so vermittelt, oder? Den Tip oben mit der Selbstverteidigung finde ich sehr gut, immerhin könnte sie dadurch Selbstvertrauen aufbauen und sich zur Not verteidigen.
Dieses damalige Drama nimmt sehr viel Raum bei Euch ein. Ob die ganzen Therapien überhaupt was bringen, könnt ja nur ihr beurteilen.
Die Tochter meiner besten Freundin wurde mit 4 Jahren vom Vater entführt. Ich gehe jetzt nicht auf Einzelheiten ein. Schlimm war es allemal. Nachdem sie gefunden und nach Hause gebracht wurde (die waren irgendwo in Frankreich Richtung sonstwo), war die Zeit danach schon sehr angespannt und es hat einiges an Zeit gebraucht, bis meine Freundin und die Kleine alles verarbeitet hatten. Der Vater stand auch ab und an mal in der Nähe, wollte sein Kind aufsuchen, war dann wieder verschollen. Meine Freundin hat sich dem ganzen damals gestellt, hat keine Angst gezeigt bzw hat sie garnicht zugelassen. Aber das ist sicherlich Typsache.
Ich weiß nicht, ob es Sinn macht, aber vllt kann sich der Vater beraten lassen bei einer Beratungsstelle für Angehörige psychisch Kranker. Das gibts auch für Kinder. Oder eventuell gibt es eine Selbsthifegruppe, wo er sich mit gleichsam Betroffenen austauschen kann? Je gefestigter der Vater, um so stärker das Kind!
VG 004