Hallo Herr Dr. Streif,
ich hätte noch einmal eine Frage (sicher noch einige mehr aber auf die Schnelle muss mir das erst einmal einfallen )
Würden Sie dazu raten dem näheren Umfeld von der ADHS-Erkrankung zu erzählen?
Bei unserer Tochter ist es mit ihrere Verträumtheit außerhalb von Schule und Hausaufgaben relativ unproblematisch. Anders sieht es da bei unserem 6 jährigen Sohn aus. Es war im Kindergarten so extrem das wir schon vor der Einschulung mit Medikinet angefangen haben. Seit dem läuft es in der Medikamentenzeit meist sehr gut. In der Schule bekommt er Nachmittags seine 2. Tablette.
Beim Fußball, Tanzen...beim Treffen mit Freunden dreht er trotz allem immer wieder auf. Sind wir wieder daheim -und die Tablette wirkt noch- ist alles wieder wunderbar. Außerhalb der Familie wissen bisher sehr wenige Personen (um genau zu sein 2) von der ADHS-Diagnose und der damit verbunden Medikamentengabe. Viel zu oft haben wir von Freunden schon mitbekommen
- diese Krankheit gibt es gar nicht
- die Kinder werden durch die Medikamente nur ruhig gestellt
- die Eltern wollen es sich damit nur einfach machen
- falsche Erziehung
- ist eine Modekrankheit
Wir haben schon ganz langsam versucht auf dieses Thema einzugehen, sie darüber etwas aufzuklären - ohne direkt auf unseren Sohn zu kommen aber da blocken sie total, sie bleiben bei ihrer Meinung.
Auf der anderen Seite denke ich wäre es wichtig das sie verstehen warum unser Sohn so ist. Aber genau dann haben wir wieder die Angst das er in eine Schublade gesteckt werden könnte, Vorurteile über ADHS´ler kommen und er ausgegrenzt werden könnte.
Was würden Sie hier empfehlen?
Umfeld über ADHS vom Kind informieren?
Hallo funnybunny80,
ich wäre mit der Weitergabe solcher Informationen sehr vorsichtig. Sicherlich ist die Akzeptanz der Diagnose in den letzten Jahren gestiegen, doch die von Ihnen genannten Vorurteile sind in der Gesellschaft noch immer weit verbreitet. Daher riskiert man durch den Hinweis auf die Betroffenheit des eigenen Kindes, dass dieses, aber auch man selbst als Eltern nurmehr durch die Brille der Diagnose sowie überlagert von Klischees über die ADHS gesehen wird. Gegenüber den Eltern von Klassenkameraden oder Freunden, die Ihren Sohn noch nicht kennen, würde ich im Vorfeld erster Begegnungen allenfalls erwähnen, dass er sehr umtriebig und anstrengend sein könne – und, falls diese auf den Hinweis sichtlich irritiert wirken – man sie anrufen solle, wenn es Probleme gibt.
Ansonsten würde ich an Ihrer Stelle stets warten, bis andere Sie gezielt ansprechen. Dann können Sie zunächst vorsichtig abprüfen, wie Ihr Gegenüber zur ADHS und v.a. der Behandlung der Störung steht. Klingen die Äußerungen moderat, interessiert und gesprächsbereit, können Sie immer noch entscheiden, ob und wie viel Sie anderen von Ihrem Kind erzählen wollen. Lassen erste Aussagen hingegen erwarten, dass Ihr Gegenüber eine ideologisch verbrämte Einstellung zur ADHS hat, würde ich jedes individuelle Aufklärungsbedürfnis zugunsten einer allgemeinen Information hintanstellen. Da macht es mehr Sinn, gemeinsam mit anderen Eltern, die ähnliche Probleme haben, einen Informationsabend zur ADHS zu organisieren, zu welchem dann unabhängig von Ihrem Kind eingeladen wird.
Besondere Vorsicht ist v.a. bei Personen geboten, die über die Zugehörigkeit zu Gruppen entscheiden: Lehrer, Betreuer, Trainer usw. Wiewohl es sinnvoll und hilfreich ist, mit diesen Personen vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, kann das, was zunächst mit der Absicht gesagt wird, um Verständnis für das Kind und sein Verhalten zu werben, später zum Kriterium des Ausschlusses werden: „Sie haben ja selbst gesagt, dass die ADHS eine genetische Störung ist und Ihr Kind sein Verhalten nicht kontrollieren kann. Da ist keine Verbesserung zu erwarten. Wir sind jedoch in unserer Schule / unserem Hort / unserem Verein auf solche Kinder nicht eingestellt ...“
Ist jedoch erst einmal bekannt, dass Ihr Kind an der ADHS leidet, würde ich dies offensiv als einen Teil seines Temperaments verteidigen und klarstellen, dass Sie sein Fehlverhalten zwar weder leugnen, noch beschönigen oder gar gutheißen, jedoch auch viele positive Aspekte an ihm sehen und sich wünschen, dass andere Ihr Kind genauso mögen wie Sie selbst.
Viele Grüße,
Johannes Streif
Ich kann dir nur sagen, dass ich es im Bekanntenkreis einige Male erlebt habe und da sehr unterschiedlich mit umgegangen wird. Mir ist es ehrlich gesagt am liebsten, ich weiß es nicht. Mit den Kindern, mit denen ich in meinem Umfeld bis jetzt zu tun habe, bin ich immer gut klar gekommen. Manchmal habe ich navh einiger Zeit mitbekommen, dass es die Diagnose bei diesem Kind gibt. Und ja, mich manchmal auch darüber gewundert.
Furchtbar finde ich persönlich, wenn es quasi das erste ist, was man von einem Kind erfährt a la "das ist der Max und er hat ADHS".
Alles Gute für euch.
Bei uns weiß es außer der Familie die Lehrerin, die Mütter seiner 2 Freunde und seine Trainerin beim Sport.
Die Trainerin hat selber einen ADHSler, der aber mitlerweile schon erwachsen ist. Den kenne ich noch als Kind (war früher auch in diesem Verein, kenne seine Trainerin also schon seit meiner eigenen Kindheit). Da sie sich auskennt und weiß damit um zu gehen und es auch ein Sport ist in dem es relevant sein könne habe ich sie eingeweiht.
Die beiden Mütter, es war halt nach der Wirkzeit der Tabletten sehr schwierig. Also hab ich ihnen eben erklärt das er nicht mit absicht so ist, das ich weiß wie anstrengend das sein kann und sie wissen das sie mich wenn es gar nicht geht anrufen sollen das ich ihn früher hole oder so.
Mit der Lehrerin brauche ich ja auch die Rücksprache ob das mit der Medikamenteneinstellung so klappt. Zu Hause würde weniger reichen, aber in der Schule machen 5mg weniger nen riesen Unterschied vor allem im Sozialverhalten.