Wär sie doch Ärztin geworden, meine Mama - oder Bestatterin! Dann hätte ich vielleicht nicht dieses Problem: Wir sehen uns etwa viermal im Jahr für eine Woche, da besucht sie mich und meinen Kleinen. So weit alles okay.
Aber sie hat ein Lieblingsthema, mit dem redet sie sicherlich bei ihren Besuchen pro Stunde einmal an mich hin: Krankheiten. Wenn es mal nicht die Krankheiten sind, dann geht es um Schicksalsschläge. Davon hat unsere Familie einige zu bieten wie wohl jede Familie, aber zur Not tut es auch ein fremdes Missgeschick, wenn es nur fatal genug ist.
Das geht dann so: Ich schaue in meinen Terminkalender und sage: Ach, ich hab ja morgen den Arzttermin. Hätt ich fast vergessen. Sie: hast du schon mal eine Darmspiegelung gemacht? Ich: Nö, denk ich drüber nach, wenn ich im empfohlenen Alter bin. Sie: Das schlimme am Darmkrebs ist ja, dass man die erste Zeit nichts merkt. (...) Wenn ich dann nicht fliehe, folgt ein Exkurs über alle Darmkrebs-Fälle samt Qualen, von denen sie jemals gehört hat. Sie hasst es, wenn ich sage, dass mir das Thema unangenehm ist.
Zehn MInuten später. Wir reden über das Haus einer jüngst verstorbenen Tante meines Freundes. Es steht in einer Gegend, wo es schwer zu verkaufen ist. Das wäre eigentlich mein Thema gewesen. Sie: Also die (Tante) hat bestimmt Lungenkrebs im Anfangsstadium gehabt, so wie ihre Hautfarbe immer war. Ich: . (Sie ist in Wirklichkeit an einem Schlaganfall gestorben. )
Klar habe ich ihr gesagt, dass mir sowas oft des Guten zu viel wird. Aber sie ist nicht davon abzubringen, dass es nun mal Leid auf der Welt gibt, über das "muss man doch sprechen können". So drückt sie es aus.
Ach je, und dann noch immer und immer wieder die bittere Armut einer Bekannten (nicht Freundlin) von ihr, die "ja in Hartz IV gekommen ist". Tut mir ja leid um die Frau, aber ich muss nicht jahrelang jedes Detail einer fremden ärmlichen Lebensführung mitverfolgen.
Eigentlich suche ich gar nicht so sehr Tipps, wie ich das abstellen kann (ich biege es eigentlich immerbeizeiten ab, auch wenn sie dann meist beleidigt ist).
Ich muss noch dazu sagen, dass zum Glück weder sie noch ich jemals schwer krank waren. Ich versteh diese Besessenheit einfach nicht! Dieses saft- und kraftlose gruftige Gerede, auch wenn wir telefonieren, es käst mich so an!
Sagt mir doch bitte einfach eure Vermutungen, warum MICH das so aufregt! Ich könnte es ja auch mit Humor nehmen, aber ich kriegs nur ganz manchmal hin.
Grüße aa
Krankheit ist Mamas Hobby (lang)
Liebe aa,
so, wie du schreibst, nimmst du es doch mit Humor! ich habe mehrfach schmunzeln müssen beim Lesen deiner Zeilen.
Du regst dich auf, weil es deine Mutter ist, die so ist. Wäre es jemand anders, dann würde dich das sicher kalt oder auch grinsen lassen, wie mich eben beim Lesen deiner Zeilen.
Es gibt Menschen, die sind eben so. Die kannst du nicht ändern, da kannst du nur für dich selbst was finden, wie du damit umgehst. Und ich finde, du machst das nicht schlecht. Thema wegbiegen (oder so kurz halten wie möglich) ist nicht die schlechteste Variante, wenn die andere nicht funzt - ich nehme an, du wirst ihr ja schon direkt versucht haben beizubringen, dass du dich darüber (noch) nicht unterhalten willst.
Auch meine Mutter hat so Eigenarten, die mir gewaltig auf die Nerven gehen. Bei ihr ist es die übertriebene Sorge um mich. Wenn ich z. B. huste, kommt von ihr "Mädchen, warst du denn deshalb schonmal beim Arzt?" (Mädchen ist 40 Jahre alt...) Meine Erklärung, dass ich wegen eines Hustens dieses Ausmaßes keinen Arzt konsultieren muss, wischt sie weg mit "aber mach das mal. Sowas kann ganz leicht chronisch werden!"
Mütter
Wer weiß, was unsere Töchter/Schwiegertöchter mal über uns sagen?!
Nimm's locker. Ich weiß, dass es nicht immer leicht ist...
Nele
Ich kann dir gerne mal meine Schwiegermutter ausleihen-----------dann nimmst du deine Mutter mit Humor, glaub mir.
Wenn wir sie mal zum Essen einladen, wissen nach spätestens 10 Minuten alle Leute im Lokal bestens über ihre Darmprobleme Bescheid.
Dank ihrer Lautstärke, sind es wirklich nicht nur die Nachbartische.
Wenn sie dann auch noch alles über Farbe, Konsistenz, Geruch ihrer Ausscheidungen zum Besten gegeben hat, sind wir schon froh, keine
Kostprobe ihrer Blähungen zu bekommen.
Und dann geht es erst richtig los------------dann wird es zwar nicht peinlicher, dafür langweilig.
Die erzählt uns stundenlang------------------ohne Luft zu holen----------von irgendwelchen Leuten, die man gar nicht kennt.
Einschlafen ist nicht, weil einem Ihr Lachen durch Mark und Bein geht.
Dann sucht man immer verzweifelt nach dem Grund des Lachanfalls und müht sich zeitgleich ein höfliches Lächeln ab.
Es ist übrigens nicht möglich, ein anderes Thema anzuschneiden.
Das ignoriert sie entschieden, denn was andere erzählen, interessiert sie nicht.
Lieben Gruß
Eva
Hallo Angela,
das hast du gut in Worte verpackt. Und ja: es nervt.
Ich vermute, das liegt auch am Älterwerden. Wir können froh sein, wenn wir nicht so werden, wenn wir alt werden.
Ansonsten könntest du mal für eine Woche meinen Mann haben. Der ist ein echter Hypochonder, und jedes Bauchzwicken wird nach abgecheckten Verdachtsmomenten über die Stationen Rippenfellentzündung und Blindarm am Ende doch zu einem Bauchspeicheldrüsenkrebs. Es vergeht kein Abend, ohne daß der Mann im Pschyrembel blättert ...
Also, 4x/Jahr die Mama ist eigentlich noch im grünen Bereich!
Gruß
Joulins
ich glaub ich geb deinen Mann einfach zu Mamas Freund für die Woche. Der ist nämlich Arzt und heilfroh, dass er pensioniert ist. Antibiotika sind seine Antwort auf alles- und wer sie nicht nimmt, ist gesund und muss die Klappe halten.
Gesundheit!
aa
Da wäre er gut aufgehoben!
Das ist ja mal eine lustige Diskussionsrunde
Meine Oma ist wahrscheinlich der gesündeste Mensch der Welt, aber wenn man sie reden hört, dann stirbt sie jeden Moment...seit mindetsens 30 Jahren!
Jedes Telefonat endet mit "Das erzählst du mir dann mit der Giesskanne, wenn du mich auf dem Firedhof besuchst."
Wenn man sonst keine Interessen hat, dann hält man sich mit Themen auf, die zumindest ein "ooooh" oder "ach herje" entlocken können. Das ist wohl wie bei Unfällen: die einen versuchen den Verkehr nicht zu behindern und verzichten auf's Hinschauen, andere gaffen und erzählen noch nach Jahren, daß die Füsse noch unter der Plane herausschauten.
Bei Darmproblemen kann man gut die Geschichte drüberbügeln, wie der süße Nachwuchs mit ein paar Monaten vom Wickeltisch bis zur Toilette "schießen" konnte Dann schnell weiter über die Kinder plaudern