Umgang mit verschollenen/(wieder)gefundenen Verwandten

Hallo zusammen!

Vorab: meine Familie väterlicherseits ist sehr "verkorkst". Die einzelnen Strutkuren zu erklären ist kompliziert und ich habe seit vielen Jahren - bewusst - keinen Kontakt mehr zu ihnen. Nur mit einer Halbschwester (als Kinder haben wir uns oft gesehen) schreibe ich ab und zu und wir sehen uns unregelmäßig, ca. einmal im Jahr.

Mich würde interessieren, ob es in euren Familien verschollene Angehörige gibt (also Verwandte, zu denen - freiwillig oder auch nicht - kein Kontakt mehr besteht) und wie mit diesen umgegangen wird. Werden diese totgeschwiegen? Wissen die jüngeren Familienmitglieder von der Existenz? Wie wird ihnen erklärt, dass kein Kontakt besteht?
Und gab es bei euch schon mal den Fall, dass plötzlich ein neues Familienmitglied aufgetaucht ist? Wie wurde darauf reagiert? Besteht Kontakt oder konnte/wollte man das neue Familienmitglied nicht richtig integrieren? Führte es zu Konflikten?

Mich beschäftigt dieses Thema, da ich so ein verschollenes Familienmitglied bin und bewusst den Kontakt ablehne. Meine jüngste Halbschwester (8Jahre) weiß, dass es mich gibt und würde mich gerne kennenlernen, aber ich möchte das nicht. Unsere gemeinsame Halbschwester (haben alle drei unterschiedliche Mütter) würde gerne vermitteln, aber ich weigere mich, da ich nicht glaube, dass es für sie wirklich wichtig ist (halte es eher für kindliche Neugierde) und ich weiß, dass es mir nicht gut tun würde. Das kann man verurteilen, denn die Kleine kann nichts dafür, aber ich möchte es nicht, zumindest noch nicht. Sie ist ganz anders sozialisiert als ich und solange der Rest ihrer Familie (der sich überhaupt nicht erklären kann, warum ich keinen Kontakt mehr haben will, mich als schwarzes Schaf bezeichnet und keinerlei Fehler bei sich sieht) so viel Einfluss auf sie hat, halte ich es nicht für sinnvoll. Ich habe eine andere Familie, einen anderen sozialen (und mittlerweile auch gesetzlichen) Vater und habe meine Gründe, warum ich keinen Kontakt zu meinen Verwandten väterlicherseits habe.
Zum Thema "neue Familienmitglieder":
Ich habe vor einigen Jahren von meiner Halbschwester, zu der ich Kontakt habe, erzählt bekommen, dass unser Erzeuger plötzlich noch einen erwachsenen Halbbruder präsentiert bekam. Sein Vater hatte wohl mal eine Affäre und hat diesen Sohn über 40 Jahre verheimlicht. Unterhalt wurde gezahlt, ansonsten kaum Kontakt, bis man sich nach so vielen Jahren versehentlich verplappert hat. So kamen die Karten auf den Tisch, das bislang unbekannte Familienmitglied wurde kontaktiert und zu Familienfesten eingeladen. Nach ca 1 Jahr bestand kein Kontakt mehr zu ihm, weil es "halt nicht passte". Was meiner Meinung nach sehr für diesen Mann spricht, aber das ist ja Ansichtssache...

Aber genug davon. Ich erwarte nicht, dass man meine Einstellung bezüglich meiner jüngsten Halbschwester versteht und ich würde mich sogar freuen, von guten Zusammenführungen zu lesen. Am schönsten wäre es natürlich, wenn niemand von euch solche Erfahrungen gemacht hat und alle in gut funktionierenden Familien ohne Geheimnisse und "Abtrünnige" leben würden... aber wenn ihr auch Erfahrungen dieser Art gemacht habt, würde ich mich freuen, wenn ihr davon berichtet.

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende,

Truly

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Ich kann das total gut nachvollziehen. Ich habe seit 17 Jahren keinen Kontakt mehr zu meinem Vater. Er hat noch zwei Halbgeschwister, also mein Halbonkel und - Tante sozusagen. Mein letzter Stand war, dass mein Vater zu seinem eigenen Vater und auch zu diesen beiden Halbgeschwistern keinen Kontakt hatte. Ein paar Jahre später ergab sich dann ein Kontakt zwischen mir und meinem Halbonkel. Im Laufe des Gesprächs kam dann heraus, dass er seit einiger Zeit Kontakt zu meinem Vater hat. Das war für mich ein Grund das ganze wieder abzubrechen, da ich absolut nicht wollte, dass mein Vater über ihn irgendwas über mich erfährt. Von meiner Seite hast du also vollstes Verständnis!

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Ja, wir haben da auch einen ähnlich gelagerten Fall und die betreffende Person verweigert jeden weitestgehenden Kontakt, kommt allerdings zu den großen Familienfeiern wie Hochzeiten und zuletzt auf einer Beerdigung.

Sie hat mit ihrer Halbschwester Kontakt, daher weiß sie, wann was los ist, aber zu kleineren Veranstaltungen wie Geburtstag kommt sie nicht, hat sie kein Interesse.

An und für sich stört mich das insgesamt nicht. Was mich oftmals sehr ärgert ist, dass sie nicht einmal vernünftig grüßt und nur mit ihren Kindern mit Gewittermiene etwas abseits steht, aber noch so, dass man sie in jedem Fall sehen kann.

Ihre Mutter wird mit Mordsblicken versehen und der „neue“ Mann (seit bald 32 Jahren verheiratet) wird, wann immer möglich darüber informiert, dass und wie er ihr Leben versaut hat. Es ist immer die gleiche Leier und da muss ich sagen geht mir jedes Verständnis abhanden, was sie dann dort zu suchen hat.

Ich meine zu der Beerdigung, ja es war schön so viele zu sehen, die dem Verstorbenen die letzte Ehre erwiesen haben, aber dann möchte man doch bitte die Stimmung nicht noch weiter drücken und an Ereignissen vor bald 32 Jahren herumzerren. Dann doch lieber wegbleiben oder sich zurückhalten.

Ich habe mit ihr gar nichts zu tun, für sie bin ich, wie alle anderen Cousinen/Cousins nur der dreckige Auswurf der gemeinsamen genetischen Abstammung, die nach und nach von den Maden gefressen wird...so in der Art hat sie es mir auf der Beerdigung meines Großvaters vor drei Jahren gesagt, als ich mich für Ihr Erscheinen bedankt habe.

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Ach du scheiße!!

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Mein Mann ist in einer ähnlichen Lage. Der biologische Vater wurde ihm 30 Jahre lang verheimlicht, die Vaterschaft war aber anerkannt und sein Ziehvater hat ihn auch nicht adoptiert.
Aufgeflogen ist das, als eine Halbschwester ihn ausfindig gemacht und ihn aufgeklärt hat. Es gibt wohl einen Halbbruder wie und eine Halbschwester mit derselben Mutter, noch nen Halbbruder und eben meinen Mann, also 3 Mütter. Die anderen Halb Geschwister haben wohl Kontakt, und die aktuelle Frau und Mutter der 2 Kinder wollte wohl alle Kinder ihres Mannes kennenlernen.
Mein Mann will das nicht, ihm liegt nichts an diesen fremden Menschen. Aus den öffentlichen Facebookprofilen der Halbgeschwister geht auch hervor, dass die finanzielle Situation mässig bis mies ist und wir hatten die Befürchtung, dass es zum Schluss ums liebe Geld gehen könnte. Mein Mann hat klar kommuniziert, dass er kein Interesse an Treffen oder schon nur Kontakthalten hat und inzwischen kommt auch nichts mehr.

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Nachtrag: unsere Kinder wissen, dass die Familiengeschichte etwas komplizierter ist, aber "vergessen" das im Alltag. Es spielt keine Rolle, zumindest jetzt noch nicht. Wenn sie grösser sind, werden wir ihnen natürlich erklären, warum der Opa eigentlich der Stiefopa ist. Oma und Opa wollten das übrigens unterbinden und als die Kinder nachgefragt haben, haben sie behauptet, das sei nur ein Missverständnis. Mein Mann hat aber klar gemacht, dass es reicht, dass er belogen wurde und unsere Kinder ein Recht auf die Wahrheit haben und selbst entscheiden können, was sie damit anfangen wollen.

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Die Familie meiner Mutter hatte ein Problem damit, dass sie einen Europäer geheiratet hat. Deren Kinder (meine Cousins) haben dem Vernehmen nach reihenweise außerhalb ihrer Ethnie geheiratet, vermutlich hätten sie mit mir kein Problem. Aber nach Jahrzehnten ohne Kontakt spielt das auch keine Rolle mehr.

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Hallo
Ich habe 2 Schwestern. Unser Erzeuger ist ein A... und war früher kaum in unserem Leben präsent. Wie er es geschafft hat meine Mutter zu halten und Jahre nach mir zwei weitere Kinder zu bekommen, ist eine Geschichte für sich.
Vor wenigen Jahren kontaktierte mich dann ein Mädel, das sich als meine Halbschwester vorstellte. Wir hatten nur kurz Kontakt, dann habe ich ihn abgebrochen. Ihre Mutter hatte ihre Finger im Spiel und den Kontakt noch weiter erschwert. Was von dem was sie sagt wahr oder gelogen ist, weiß ich nicht. Das stört mich am meisten an der Sache.
Nur eins ist sicher, sie wird nicht das einzige Halbgeschwisterteil sein.
Generell bin ich, jetzt auch meine Schwestern, die damals in einer sehr schwierigen Umbruchsphase steckten, an Kontakt zu möglichen Geschwistern zu interessiert.
Ich hoffe wenn die oben genannte Halbschwester älter ist, auf eigenen Beinen steht und weniger durch ihre Mutter beeinflusst wird, ergibt sich der Kontakt. Wenn nicht, ist das auch ok so.

Liebe Grüße

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Hallo,
ich habe mit 8 Jahren erfahren, dass mein Opa gestorben ist - von dem ich jedoch immer dachte, er sei schon tot. Er war ein schwerer Alkoholiker und meine Mutter wollte nicht, dass ich ihn kennenlerne. Ich hätte es wohl nicht anders gemacht. Viele Grüße

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Guten Morgen,

seit 4 Jahren weiß ich, dass ich kurz nach meiner Geburt adoptiert wurde. Ich bin jetzt 36 Jahre alt. Ich suchte nach meiner Herkunftsfamilie und fand Bruder und Schwester mütterlicherseits, meinen leibl. Vater mit Halbschwester und Bruder und es gibt wohl noch mehr. Mutter ist 1986 verstorben. Ich habe bewusst nur Kontakt zu meiner Schwester. Bei allen anderen sind Drogen und Alkohol inklusive Arbeitslosigkeit im Spiel und beim Treffen war zu merken, dass sich finanzielle Unterstützung meinerseits erhofft wurde. Ich habe jeden Kontakt eingestellt. Meine Familie ist die in der ich groß geworden bin.

Liebe Grüße

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Mein Mann hat eine Schwester, die mit ca. 20 den Kontakt zur kompletten Familie abgebrochen hat. Ich habe sie nie kennengelernt, aber ein paar Jahre Kontakt gefördert, wir (mein Mann, ich, sie) haben geschrieben und auch 2-3 × telefoniert. Sie ist verheiratet und hat inzwischen einen 19jährigen Sohn.
Sie ist schon Thema, oft um ihren Geburtstag herum (schlimme Zeit für seine Eltern), alle wissen von ihr. Aber sie möchte nicht. Ich kenne nur die eine Seite der Geschichte. Ab und zu überlege ich, ob ich sie gerne kennenlernen würde oder ob ich es ruhen lassen sollte.
Alles Gute!
Gruss

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Ich denke "verkorkste" FamilienGeschichten gibt es überall. Das ist ganz alleine deine Entscheidung, was gut für Dich ist.
Ich habe auch keinen Kontakt zu meinem leiblichen Vater, dafür aber zu meinen Halbschwestern. Keine von uns hat Kontakt zu unserem Erzeuger.
Alles Gute für Dich.