Ich habe Angst davor mich ganz wie ich selbst zu zeigen

Guten Abend,

Ich muss mich einfach irgendwie auskotzen, tut mir leid.
Vielleicht auch etwas ausholen, weil sich viel angestaut hat.

Ich bin in meinen 20ern, glücklich verheiratet und Mutter eines wundervollen Kindes.

Außerdem habe ich zum letzten Schuljahr erneut eine Ausbildung begonnen. Auf der Arbeit bin ich sehr glücklich und die Schule macht mir Spaß.
Dazu muss ich sagen, dass ich auch sehr gerne lese und auch wahnsinnig gerne neue Sachen lerne. Ich finde das einfach interessant.
Aber das ist auch irgendwie das Problem.

Es fiel mir immer schon sehr leicht zu lernen. In der Schule musste ich sehr wenig bis gar nichts tun, um gute Noten zu schreiben (das heißt nicht, dass ich überhaupt nichts getan habe, Abgaben habe ich erledigt, nur halt nicht für Arbeiten gelernt). Und ich habe immer das Gefühl vermittelt bekommen, dass das etwas schlechtes ist.
Gute Leistungen waren bei mir natürlich weniger wert, weil ich je eh nicht viel dafür getan habe (es wurde gefühlt teilweise sogar so dargestellt, als wäre es ja nicht wirklich meine 'Leistung' - schwer zu erklären, ich hoffe ihr versteht, wie ich das meine). Und über für mich schlechte Leistungen durfte ich nicht traurig sein, weil andere da ja schlechter waren.

Dabei habe ich das alles nie an die große Glocke gehangen oder eine große Sache draus gemacht - das hat immer nur meine Umwelt (Mitschüler beispielsweise). Ich habe nur ehrlich geantwortet. Wenn ich gefragt wurde wieviel ich gelernt habe, habe ich halt gesagt, dass ich nichts gemacht habe. Oder wenn ich gefragt wurde, welche Note ich habe, habe ich ehrlich geantwortet.
Es war etwas, was ein 'abfälliges' Thema war. "Ach, die XXX, die hat doch eh eine gute Note, obwohl sie nichts dafür gemacht hat. Wie immer eben." (So war wie die Wortwahl nicht unbedingt exakt, aber es ist einige Jahre her, deshalb ist die genaue Erinnerung verschwommen.) Der Tonfall war da vor allem oft herablassend.

Irgendwie habe ich das nie so richtig überwunden, wenn ich ehrlich bin. Ich habe eine Ausbildung gemacht (wo es im schulischen Bereich ähnlich war), aber eher unglücklich. Und jetzt bin ich in der neuen Arbeit sehr glücklich und habe total Spaß auch inhaltlich und obwohl die letzte Erfahrung diesbezüglich schon etwas her ist, fühle ich mich doch beklemmt und es holt mich wieder ein.

Ich habe, meiner Auffassung nach, wirklich gute Noten und bin glücklich und zufrieden zurzeit. Durch das Homeschooling ist das natürlich nicht so offen vor der ganzen Klasse, aber ich bin mit Noten nicht sehr offen umgegangen, weil es schon anfing, dass ich doch eh 'gute Noten habe'. Noch im Scherz, aber irgendwie habe ich dauernd Angst, dass es wieder kippt.
Das fassen die anderen in der Klasse so auf, weil ich mich viel (und inhaltlich gut) im Unterricht beteilige. Ich habe halt einfach Freude an dem Thema und es macht mir total Spaß dabei zu lernen. Außerdem geht es ja um meine Zukunft und deshalb will ich gut sein.

Zum Glück habe ich hier eine Freundin gefunden, die mir da den Rücken stärkt, aber irgendwie hat sich das bei mir total fest gesetzt.

Die Sache ist die, dass ich immer so behandelt wurde, als würde ich Personen abwerten durch meine Leistung. So als wäre ich so arrogant und würde mich als besserer Mensch fühlen, weil meine schriftliche Leistung gut war. Und das ist Quatsch!
Zum einen habe ich nie jemanden bewertet über seine Leistung. Das hat für mich noch nie einen Menschen ausgemacht. Ich habe auch immer versucht Leute, die enttäuscht über die eigene Leistung waren, zu stärken oder zu unterstützen. Das wurde mir aber auch negativ ausgelegt. Vielleicht hat es auch herablassend gewirkt, dass ausgerechnet ich den Leuten gut zureden wollte... keine Ahnung.
Oder ich habe Menschen, die sich so richtig für ihre Leistung rein gehangen haben bewundert/ beneidet, weil ich das irgendwie nie konnte (jetzt schon, weil für mich irgendwie mehr dran hängt und ich dafür eine Leidenschaft habe).

Es hat mich ehrlich gesagt auch verletzt, dass man mir unterstellt hat, dass ich so denken würde. Aber ich hatte auch nicht genug Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen, um mich da stark zu machen. Vielleicht hat es das auch nur schlimmer gemacht.

Ich habe mich in den letzten Jahren echt stark verändert und bin so viel stärker und selbstbewusster geworden, aber dieses Thema nimmt mich aktuell wieder mit und kommt wieder hoch.
Wie kann ich das überwinden?
Ich will ja niemanden nieder machen, aber mich offen und ehrlich über eine gute Leistung zu freuen und es nicht nur leise für mich zu tun, würde mich schon auch mal freuen.

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Freu dich doch einfach darüber, dass dir gewisse Sachen leicht fallen. Du wirkst nicht so, als würdest du deswegen andere nieder machen oder ihnen unterschwellig ein schlechtes Gefühl vermitteln. Wer auf deinen Erfolg neidisch ist, ist nur ein Komplexhaufen, auf dessen Meinung man nicht viel geben muss.

Umgib dich einfach nur mit den netten Menschen.

Mir ist es übrigens wie dir in der Schule gegangen, nur dass die meisten Mitschüler nett zu mir waren, weil sie oft meine Hilfe oder Erklärungen benötigt haben. Ich hab mir dann ein berufliches Umfeld gesucht, wo Schlauheit und Leistung positiv bewertet werden. Ist echt schön.

2

Die Frage ist - empfindest du nur so oder ist es Realität?

Ich persönlich war in fast allen Fächern (Ausnahmen Physik und Französisch, das hab ich fürs Abi aber abgewählt und englisch war so naja) ziemlich gut, ohne groß dafür zu lernen. Das war kein Geheimnis und ich hab auch oft gehört „ach du hast doch eh ne gute Note.“ ich empfand das aber nie als negativ.

Ich hab nach dem Studium auch noch mal ne Ausbildung gemacht und da war es dann ähnlich. Ich hab auch mit am besten abgeschlossen (mit einer 1) und mir fiel es total leicht, ich hab ehrlich nicht verstanden, wie man da durchfallen kann. Oder Stunden lernen muss. Aber das ist ok und im Zweifel hab ich gerne geholfen.

Also ich hab ähnliche Erfahrungen gemacht, es aber nie negativ aufgefasst 🤷‍♀️

Ansonsten: einfach zu stehen, aber nichts besonderes draus machen.

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Ich war drauf und dran fast wörtlich den gleichen Text zu schreiben. 😄

Liebe TE:
Gute Freunde ziehen dich vielleicht auf, aber meinen es bestimmt nicht böse.
Alle anderen können dir doch egal sein.
Ich kann verstehen, dass es nervt immer die gleichen Sprüche zu hören, aber wahrscheinlich ist das meiste nicht halb so negativ gemeint wie es bei dir ankommt, du bist da nur einfach schon sehr geprägt denke ich

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Da beneide ich euch wirklich. Ich gehörte zu den Menschen, die mit zwei Händen am Kopf gelernt hat. Ich hasste Theorie und ich kann die nicht, ich lerne von der Praxis und erst dann verstehe ich den Sinn der Theorie und kann die mir merken. Oh mann, so ein Salat 🤦‍♀️aber ich hoffe du verstehst was ich meine.

An die Fragestellerin: sei froh, dass dir das soooo leicht fällt, ich finde es klasse, wie manche Menschen sich mit einer Leichtigkeit Sachen merken und diese noch verstehen.

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Nimm es als kleinen Schattentanz mit der Vergangenheit, mehr sollte es dich jetzt nicht mehr berühren. Denn es besteht ein gravierender Unterschied zwischen der "normalen" Schulzeit und einer Ausbildung....es geht um deine Zukunft.
Wer dir da einen Strick draus drehen will und mit so einem Kinderkram wieder anfängt, der hat den Schuß nicht gehört. Und wenn es so sein sollte, dann freue dich über deine guten Leistungen, genieße sie in vollen Zügen, denn was hast du nach der Ausbildung noch mit Neidern zu tun? Genau, nichts.
Das, was du besitzt, das ist eine Gabe....erkenne sie an und laß die Vollhonks abprallen. Du bruachst die Anerkennung der anderen nicht, du mußt nur selber aufrecht in den Spiegel schauen können und sagen: "Ich habe das verdient, weil ich es kann." Laß mit deinem Mann die Sektkorken knallen, wenn es wieder super gelaufen ist. Und hake die Vergangenheit ab, Teenies sind halt oft bekloppt.

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Mach dich selbst niemals kleiner als du bist, nur damit andere sich nicht schlecht fühlen.

Das ist nicht deine Verantwortung.

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Mach einfach die Ausbildung fertig und gut is'. Falls mal ein blöder Kommentar kommt, könntest du vielleicht eine relative Schwäche zugeben und bspw. sagen "Ich bin heilfroh, dass ich gute Noten habe. Ich habe ja auch schon ein Kind und wollte eigentlich schon längst fest im Berufsleben stehen. Nach meiner ersten Ausbildung lief es total schlecht für mich weil ..."
Bist du denn die Einzige, die makellose Noten hat? In meiner Klasse hatten zwei junge Frauen nur 1er, da gab's aber nie dumme Sprüche. Darüber hinaus waren natürlich auch noch ein paar andere Schüler sehr gut.

8

Wahrscheinlich bist du hochbegabt oder?
Du solltest dich mehr auf dich selbst konzentrieren.
Das was dein Gefühl hervorruft ist durch Neid der Anderen entstanden und nicht durch einen Fehler von dir. Da hilft nur ein dickes Fell und das Vertrauen darauf, dass es auch Menschen gibt, die zu schätzen wissen, wie du bist und dir neidlos gönnen, dass dir vieles "zufällt".

Manchmal hilft es offen zu sein. Gerade, wenn man zb. eine gute Freundin gefunden hat. Sag ihr offen, wie es dir geht und welche Gefühle dich gerade "nerven". Sag ihr, dass du nicht besser sondern anders bist und dass du dir darauf nichts einbildest.

Das du anderen gegenüber "arrogant" vorkommst liegt auch an der HB. Personen mit Hochbegabung sprechen anders. Wenn ihnen zb. eine Tatsache ganz klar ist, sagen sie das so, als ob das jeder ja wissen muss. Problem nur: Diese Tatsache ist den HB ganz klar. Den anderen nicht unbedingt und deshalb kommt die Aussage hochnäsig rüber.

Wenn du schon nicht stolz auf deine guten Leistungen sein kannst, dann sei stolz darauf, dass du ein besonderer Mensch bist und mach was draus :-)

Alles gute für dich!!!

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Ein ambivalentes Thema für mich. Die Schule war für mich immer leicht gewesen, aber es war nicht so, dass ich mich total über gute Noten gefreut habe. Ich habe nicht gelernt und hatte eine 1, ein anderer hat nicht gelernt und hat eine 4.

Mir war bereits in der Schule bewusst, wie unfair die Welt ist. Während ich meine Nachmittage in Freibäder verbracht habe, büffelte mancher Freundinnen verbissen, um nicht durchzufallen. Bei Abitur lernten die meisten bis in die Nacht hinein und manche nahmen Medikamente gegen den Druck. Nur ich - mit einpaar Chaoten - sonnten uns auf der Wiese die Wochen vor dem Abitur. Es war normal für mich gute Noten zu schreiben.

Persönlich hat „gute Leistung“ bei mir für mich tatsächlich weniger Wert, weil ich mich bei weitem nicht so reinhänge wie meine Mitmenschen. Objektiv für die Welt da draußen ist es natürlich nicht so. Nach meinem Master habe ich 4 Bewerbungen geschrieben, 4 Angebote erhalten.

Bei guten Leistungen im Job lasse ich das meinem Chef wissen und fordere meine Gehaltserhöhung bzw Beförderung ein - was ich auch bekomme. Mein Job, wo viele Menschen sagen würden, warum tust du dir das an, ist meistens relativ entspannt für mich.

Ich erinnere mich nicht daran, dass über meine Leistungen herablassend gesprochen wurde. Ich war meistens sogar der Ausheulpunkt gewesen, wenn jemand schlechte Noten hatte (weil ich nicht lernen musste und mehr Zeit hatte).

Ich habe keinen umfangreichen Ratschlag, sondern nur Gedankenpunkte: Wenn Du Dich richtig über was freust, stolz bist etc., teile das mit Freunde und nicht mit fremde Personen.

Es kann immer sein, dass die Leistung, die Klausur, die Note für Deine Mitmenschen sehr, sehr wichtig ist. Sei es wegen Druck von zuhause, finanzieller Druck, persönlicher Druck. In dem Moment ist er erstmal enttäuscht und vielleicht wütend mit sich selbst. Gib ihm erstmal Zeit die negative Gefühle zu überwinden, bevor Du ihn fragst, ob er sich mit Dir freuen möchte.

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Neid ist immer noch die höchste Form der Anerkennung.

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Spür mal bitte ganz tief in dich rein. Worum genau geht es dir wirklich?

Geht es um Zugehörigkeit (so sein wollen wie andere, auch wenn das eher negativ für dich wäre?

Anerkennung (möchtest du gerne liebe Worte oder Lob hören dafür, daß du gut und schnell lernst)?

Respekt? Verstanden werden? Wut, weil deine Leistungen nicht anerkannt werden? Eine Mischung aus allem?

Lass einfach mal alle Gefühle hochkommen. Nicht unterdrücken. Sondern sag dir, wenn du etwas spürst, daß das sein darf. Jedes Gefühl ich gut und richtig. Du wirst garantiert irgendwo im Körper was spüren. Und dann atme ganz langsam und bewußt dorthin. Manchmal fließen dabei Tränen. Dann lass sie laufen.

Mach das solange, bis du eine Entspannung spürst. Manchmal reicht ein mal, manchmal muss man das über Wochen immer wieder machen.

Für mich liest sich das, als ob da eine tiefe Kindsheitserfahrung dahinter verbirgt, die dich damals sehr verletzt hat. Und du projezierst das jetzt immer noch auf dein Umfeld.

Die Wirklichkeit wird wohl eher sein, daß die meisten dich beneiden, daß du schnell lernst. Du nimmst ihre Worte unbewußt aber völlig anders wahr, weil da eben noch was in dir stekct, was du nie verarbeitet hast. Du musst dieses Gefühl, was das damals war, auch gar nicht benennen können. Auch die Situation von damals ist egal.

FÜHL es einfach nochmal. Immer und immer wieder. Fühlen statt wegdrücken und funktionieren heilt die inneren Wunden.

Hört sich dramatisch an, funktioniert aber. Und es belastet dich ja tatsächlich.

Und lass deinen Fokus bei dir. Es ist egal, was andere denken. Es geht um dich, dein Leben und deine Zukunft.