Angst, so zu werden wie meine Mama

Guten Tag,

Ich hoffe, ihr könnt mir irgendwie weiterhelfen.
Achtung! Harter Tobak!
Ich bin 27 und bin im Sommer zum ersten Mal mama geworden.
Ich liebe unseren kleinen Spatz über alles! Er macht uns so glücklich!
Zu meinem Problem: ich selbst wurde seit frühester Kindheit regelmäßig körperlich, sexuell & verbal missbraucht.
Kein Klaps mal auf den hintern, sondern richtige Prügelattacken seitens meiner Mama. Das erste mal mit 4.
die sexuellen Übergriffe gingen allerdings nicht von ihr aus, sondern von meinem Onkel väterlicherseits.
Nun gut. Jahrelang hatte ich richtige Angst vor ihr, in meiner Pubertät bin ich regelrecht rebelliert & irgendwann habe ich mich gewehrt und gesagt, das ich das so nicht mehr möchte. Es hat auch irgendwann aufgehört, die Schläge zumindest.
Kontrolliert wurde ich bis ich 22 war, also bis ich auszog.
Wie auch immer haben wir mittlerweile eine relativ gute Beziehung, angespannt aber gut. Ich frage mich selbst, wie das funktioniert aber nun ist es so.
Ich bin seit Jahren in Psychotherapie und nehme Medikamente gegen die Depressionen & die Borderline Erkrankung.

Mein Problem, was mich seit geraumer Zeit beschäftigt ist dieses: ich habe Angst, dass ich genau so werde, wie sie.
Ihre Mama hat sie nämlich auch jahrelang geschlagen & sie hat sicherlich auch gesagt, das sie nicht so werden will, wie ihre Mutter.y“
Rückblickend war meine mama sehr überfordert, irgendwann alleine mit 2 Kindern, natürlich alles keine Rechtfertigung, mich jahrelang zu schlagen. Meinen Bruder hat sie übrigens nie angefasst, sie hat alles immer nur an mir ausgelassen.
Ich war quasi ihr Ventil, wenn irgendwas nicht gut lief, habe ich kassiert und das ständig.
Wie dem auch sei, vielleicht gibt es ja Gleichgesinnte hier, die Ähnliches erlebt haben und mir Mut machen können, dass es nicht so sein muss?
Ich habe wirklich Angst davor, ich weiß wie furchtbar das ist, Angst vor der Person zu haben, die du so sehr liebst.

Liebe Grüße und einen schönen 4. Advent

summermiracle

1

Ich habe eine jähzornige, ungerechte und launische Mutter (gehabt) und kenne das--also nicht so schlimm wie du beschreibst.
Ich wurde ca. 3 mal richtig von meiner Mutter verprügelt, ansonsten nur Klapse oder Beschimpfungen.
Als ich selber Mutter wurde, wurde mir klar, was sie mir angetan hat und meiner Mutter wurde klar, dass es mir klar wurde...
Anfangs hatte ich einige Verhaltensmuster, vor allem der Jähzorn....ich hatte mir angewöhnt meinem Sohn einen Klaps auf die Finger zu geben wenn er nicht hörte.
Als er 2,5 Jahre alt war und ich ihm mal wieder einen Klaps auf die Finger gab, sagte er zu mir: Mama soll ei machen, nicht aua...#heul
Das saß und ich tat es nie wieder und arbeitete an mir...
Heute "berät" mich der Jüngste (fast 12) dahingehend, dass er mir sagt, ich wäre nicht streng genug zu den großen Brüdern und wenn er Kinder hätte, dann wäre er viel strenger ;-)
Beobachte dich einfach gut, hinterfrage immer deine Verhaltensweisen, bleibe reflektiert--wird schon alles gut gehen #liebdrueck

2

Liebe Tusnelda,
Danke für deine Antwort.
Das was du über deinen Sohn schreibst, hat mich sehr berührt und mir einen Kloß in den Hals beschert!
Für mich ist sogar die Vorstellung Klaps auf die Finger einfach zu viel, deshalb finde ich’s super, das du dein Kind so ernst genommen hast! Und wir machen alle Fehler.
Über deinen älteren musste ich schmunzeln. ☺️😊
Ich hoffe auch, dass alles gut geht, danke für deine Antwort!

3

Danke, dass du mich nicht verurteilst. Ich hatte lange ein schlechtes Gewissen deswegen, aber das ist alles schon sehr lange her und der Sohn ist jetzt 18 und guckt mich an wie ein Auto, wenn ich ihm die Geschichte erzähle...er kann sich überhaupt nicht vorstellen, dass ich je so war.
Die beiden Jüngeren mussten grade bei so Dingen wie Zähne putzen unter meinem Jähzorn leiden. Ich habe sie zwar nicht gehauen, aber war schnell genervt und laut. Bin wohl keine gute Mama für Kleinkinder #hicks

weiteren Kommentar laden
4

Hallo summermiracle,


ich wünsche dir auch einen schönen vierten Advent.

Ich kann deine Angst verstehen und die Gefahr ist auch nicht ganz auszuschließen.

Ich stehe in Kontakt mit einigen Müttern die eine ähnliche Kindheit hatten wie du und die heute noch mit den Folgen kämpfen. Sie stellen sich aber ihrer Vergangenheit und arbeiten auch den Folgen. Trotz aller Probleme sind sie in meinen Augen sehr gute Mütter. Sie wissen was in ihrer Kindheit schief gelaufen ist und tun alles das es ihren Kindern gut geht.

Bei dir sehe ich die Gefahr nicht das du so wirst wie deine Mutter. Du stellst dich deiner Vergangenheit, arbeitest aktiv an deinen Problemen und möchtest das es deinem Kind gut geht. Ich gehe auch davon aus, das du bereit bist Hilfe anzunehmen wenn du bemerkst das dich etwas überfordert.

Deine Mutter hat bestimmt auch Schlimmes erlebt und vielleicht gibt sie es weiter. Steht deine Mutter zu ihrer Vergangenheit und hat sie Hilfe angenommen bzw zugelassen? Hat sie eine Therapie gemacht um alles zu verarbeiten?

Viele Grüße

blaue-Rose

6

Hallo blaue Rose! :)
Danke auch dir für deine Antwort & Vorallem die lieben Worte! ❤️
Ich denke nicht, dass sie sich dahingehend therapieren lassen hat. Über solche Dinge reden wir irgendwie nicht.
Vielleicht frage ich sie mal in einer passenden Minute unter 4 augen, aber ich kann’s mir einfach nicht vorstellen & ja, sie hat leider auch schreckliche Dinge erlebt.

8

summermiracle,


ich denke das ist der Punkt in dem ihre euch unterscheidet. Schon allein dein Post hier zeigt das du bereit bist Hilfe anzunehmen. Du stellst dich dem ganzen und versuchst bevor es überhaupt so weit kommt Wege zu suchen das du nicht so wirst wie deine Mutter.

Das ist es was mich sicher macht wenn ich sage das du eine sehr gute Mama wirst und auf keinen Fall so wie deine Mutter handelst.

weitere Kommentare laden
7

Ich würde noch gerne hinzufügen, dass meine Mama auch sehr gute Seiten an sich hat, die sie mir mitgegeben hat. Ich kann es mit den Jahren mittlerweile differenziert sehen und bin nicht all zu wütend, sondern eher traurig darüber, dass sie sich scheinbar nicht anderweitig zu helfen wusste.

9

Ich habe zum Glück nichts ähnliches erlebt - im
Gegenteil!!!

Was ich dir aber sagen möchte: du bist eine tolle Mutter! Wer sich so einen Kopf macht wie du, so reflektiert ist, selber Hilfe geholt hat (in Form von Therapie), der KANN es nur besser machen. Du bist toll!

11

Mich freut es aufrichtig für jeden Menschen, der all sowas nicht erlebt hat und versuche auch immer von diesen Menschen zu zehren, im positiven Sinne!
Vielen lieben Dank für deine rührenden Worte, das macht mich gerade sehr glücklich! <3

Fühl dich umarmt, wenn du magst!

13

Fühl dich auch gedrückt! #liebdrueck#liebdrueck

14

Mir ging es ähnlich wie dir. Und auch ich hatte immer Angst.

Nun sind die Großen 16 und 14 und ich habe ein gesundes Verhältnis zu meinen Kindern.

Es ist nicht immer von Harfenmusik & Rosenblättern begleitet, aber immer positiv & völlig "normal".

Ich glaube, solange du diese Angst verspürst, kannst du gar nicht werden wie sie. Denn du reflektierst dich, arbeitest an dir und bist bei deinem Kind.

24

Das freut mich sehr!
Wie hast du es geschafft, nicht so zu werden? Was waren deine Strategien?

15

Hallo.

Ich fühle mit dir und mir ging es lange Zeit ähnlich. Mich fraß die Angst bald auf. Machte mir sehr oft Vorwürfe. Ich hatte (teilweise habe) mit meiner Ungeduld und damit verbundenen Impulsivität zu kämpfen. Ja, sicher kam hier ab und an mal Zorn. Wurde auch schon laut. Ich habe mich dem gestellt, weil die Angst dadurch eine Mutter zu werden wovor wiederum meine Kinder Angst haben, will und wollte ich nicht. Eine Therapie hat mir geholfen zu verstehen, da ich manche Gefühle nicht einordnen konnte oder wusste wie damit umgehen. Ich wurde als Kind einmal sexuell missbraucht und von meinem Vater geschlagen. Eine kühle Art von meiner Mutter und seeeeeehr wenig liebevolle Erziehung.
Ich kann mich gut reflektieren. Das hilf mir ungemein. Ich habe akzeptiert, dass ich nicht perfekt bin. In meinem Umfeld beobachte ich, dass auch hier, egal mit welcher Vorgeschichte, auch verdammt viele Eltern ihre Fehler machen. Das ist Leben. Sonst wäre es perfekt und wir auch.
Ich stehe mit meinen Kindern im Austausch. Frage sie, was ich besser mache könnte und entschuldige mich, wenn etwas blöde meinerseits war. Ja, die Trigger kennen auch Kinder oder holen sie hoch. Und das geht immens vielen Eltern so.
Im Umkehrschluss sehe ich mir an was ich richtig mache und das ist doch schon verdammt viel. Ehrlich gesagt, es macht mich stolz, dass ich den wiederkehrenden und generationsübergreifenden Verhaltensweisen doch getrozt habe.

Für mich ist wichtig: Erkennen, reflektieren, neue Lösungsstrategie und auf die neue Chance zum Bessermachen warten. Dann begibt man sich auf nen guten Weg.

Alles Gute und schöne Weihnachten.

26

Moin,
Auch ein liebes Dankeschön an dich, dass du so intime Einblicke deines Lebens teilst!
All das was du erlebt hast kann ich nachvollziehen und macht mich sehr traurig, umso mehr freut es mich, dass du so bei deinen Kindern bist & sie ernst nimmt & fragst, was du besser machen konntest.
Hätte ich mir auch gewünscht, du dir sicherlich auch.
Aber in meinen Augen haste ja eh alles „richtig“‚gemacht! Du scheinst eine tolle Person zu sein! :)
Wünsche dir auch schöne Weihnachten.

16

Und dein Onkel? Was ist jetzt mit ihm? lebt er noch? habt ihr kontakt?

Ich hatte sehr sehr strenge und wenig liebevolle mutter. wir haben lebenlang keinen guten kontakt, neutral aber nie +. sie ist als oma sehr gut, aber als mutter....

20

Was soll mit ihm sein? Er lebt noch aber ich habe keinen Kontakt zu ihm, ist der Bruder von meinem Erzeuger, meine Eltern sind schon seit Jahren geschieden.

17

Guten Morgen,
ohman :-( das war keine schöne Frühstückslektüre. Es ist furchtbar was du erlebt hat und das tut mir sehr leid für dich. Umso schöner, dass du nun gerade die Erfahrung machen darfst, wie es ist Teil einer liebenden und umsorgenden Familie zu sein.

Rede mich dem Vater des Kindes über deine Angst (wenn ihr noch zusammen seid). Er soll wissen welche Sorge du hast und soll dir versichern, dass er Einschreitet bzw. im Nachgang mit dir redet, wenn du in einer Situation überfordert wirkst und so, als würdest zu z.B. lauter oder grober als du es eigenlich bist und sein möchtest

Und du selbst weißt, dass wenn du Überforderung empfindest, die länger anhält, du dir lieber vorsorglich Hilfe holst. Es gibt Familienhilfen (kostenlos) die dann zu dir kommen könnten und schauen könnten, wo deine Überforderung herkommt und wie man sie lösen könnte. Egal ob es an der Interaktion mit dem Kind liegt, oder ob du gestresst bist, und man z.B. die Tagesstruktur optimieren müsste.

Hole dir dann einfach diese Unterstützung. Keiner wird dich dafür verurteilen. Im Gegenteil, das ist unglaublich fürsorglich und umsichtig.

Alles Gute #herzlich

21

Hey du.
Danke dir.
Ich rede sehr viel mit meinem Partner darüber, das tut auch meistens gut .
Er ist auch eher der ruhigere Part von uns beiden, weshalb er eher einen kühlen Kopf bewahren kann, als ich, da lerne ich einiges durch ihn, was mir wiederum zugute kommt. :)
Das mit der Familienhilfe ist eine gute Idee!
Danke für dein Mitgefühl & dass du mir geantwortet hast! :)

18

Ich bin als Kind auch geschlagen worden, als Erziehungsmethode. Meine Mutter hat mich aber nie richtig verprügelt, klingt bei dir schlimmer.

Deine Sorgen kann ich gut nachvollziehen, die hatte ich auch. Als meine Schwester ein Kleinkind war habe ich ihr auch mal den PO versohlt (2 Schläge), und das war reflexhaft. Ich hatte nicht darüber nachgedacht. Ich war selbst erst 11 Jahre alt.

Meine Kinder sind nun 4 und 8- Ich habe keins der Kinder je geschlagen. Auch kein Klaps auf die Finger, nix.

Ich bin sehr kontrolliert. Ich brülle nicht, ich erziehe ruhig. Mit der unglücklichen Spirale an Gewalt (meine Mutter ist regelmäßig richtig schwer vertrimmt worden als Kind) konnte ich brechen.

Mein Sohn empfindet mich trotzdem als streng, auch wenn das höchste an Gefühlen 15 Minuten aufs Zimmer schicken oder TV Verbot sind. Ich war immer extrem konsequent. Er weiß das ich eine Strafe (TV) auch genauso durchziehe wie ich sie ausspreche.

Eine Sache noch- meine Mutter ist die beste Oma überhaupt. Es wird bei dir vielleicht mal das Gefühl hochkommen das du dein Kind besser nicht dort lässt-.aber gib ihr ne Chance.

Du weißt nicht was sie als Kind erlebt hat. Und als Oma ist sie einfach nicht der Belastung ausgesetzt dein Kind erziehen zu müssen, es gibt wesentlich weniger Konflikte. Meine Mutter bereut es uns geschlagen zu haben. Sie kannte es einfach nicht anders, hat das Erziehungsmuster aus ihrer Kindheit übernommen.

Ich habe schon vor der Geburt Erziehungsratgeber gewälzt. Und mir so das Wissen angeeignet wie ich in belastenden Situationen am sinnvollsten reagiere. Das nimmt ernorm Druck vom Kessel! Wenn du die Strategie zurecht legst wird es dir viel einfacher fallen nicht auszurasten.

Du schaffst das bestimmt. #klee

22

Hey du, tut mir leid, dass du das erlebt hast.
Umso mehr freut es mich, dass du es noch nie bei deinen Kindern hast soweit kommen lassen.
Ich meine Fehler machen wir alle, sobald wir daraus lernen und es nie wieder vorkommt, ist es ja in Ordnung, bei mir war das aber schon fast eine traurige Routine.
Wie hast du gelernt, so ruhig zu sein? Ein bisschen liebevolle Strenge finde ich nicht schlimm.
Ich weiß, was meine Mama erlebt hat, das werde ich hier jedoch nicht schreiben, da ich mir dabei nicht gut vorkommen würde.
Sagen wir es mal so, ebenfalls verdammt harter Tobak. Es zieht sich halt so durch die Familie.
Übrigens ist sie als Oma auch super toll! Blüht regelrecht auf & freut sich einfach, legt sich richtig ins Zeug & ich habe mein Baby auch schon alleine dort lassen können. War schön! :) sie ist extrem hilfsbereit & unterstützend & liebevoll mit dem kleinen.
War sie bei mir ja auch, sie war nicht nur tyrannisch & gewalttätig, ich kann das mit den Jahren mittlerweile ziemlich gut differenzieren.

Ich werde demnächst mal das Buch „ Das gewünschteste Wunschkind „ anfangen, ich glaube da werden einem einige Strategien nahegelegt. :))