Guten Morgen liebes Forum,
ich wollte mir jetzt mal ein paar weitere Meinungen einholen, da ich in meiner aktuellen Lage noch nicht ganz klar denken und es ausreichend einschätzen kann.
Mein Mann ist vorletzte Wochen, direkt nach Weihnachten, nach schwerer Krankheit viel zu jung verstorben. Die Beerdigung war jetzt am Mittwoch. Sicherlich könnt ihr euch denken, wir fertig ich aktuell bin....
Zu meiner Tante und meinem Onkel hatten wir eigentlich immer ein supergutes Verhältnis. Wir haben uns regelmäßig besucht und konnten immer so ziemlich über alles reden. Wir hatten eigentlich noch nie Probleme mit ihnen. Auch als es meinem Mann so schlecht ging, haben sie uns und ihn im Krankenhaus wiederholt besucht.
Jetzt waren meine Tante und mein Onkel über Silvester und Neujahr im Urlaub und wären eigentlich pünktlich am Mittwoch, wo mein Mann beerdigt wurde, wieder Zuhause gewesen. Sie wohnen auch hier im Ort, nur 10 Minuten von uns entfernt. Selbstverständlich hatte ich die beiden ebenfalls zur Beerdigung eingeladen, das war für mich, trotz der merkbaren Einschränkungen wegen Corona, völlig selbstverständlich, dass sie zum engeren Kreis gehören. Allerdings sind sie aber nicht gekommen. Und ich bin fast aus allen Wolken gefallen, als ich gestern von meiner Mutter den Grund hörte. Offenbar sind sie noch einen Tag länger als geplant an der Küste geblieben aus dem Grund, weil meine Cousine und ihre Enkelkinder, die in Hamburg wohnen (ca. 300 km von unserem/ihrem Wohnort entfernt) dort an dem Tag hingekommen sind und sie sich dort getroffen haben. Ich war so verletzt! Sie haben bewusst die Beerdigung meines Mannes sausen lassen (meine Mutter hatte sie noch rechtzeitig im Urlaub darüber informiert!!), um stattdessen ihre Enkelkinder zu sehen! Natürlich sind es ihre Enkel und sie lieben sie, aber mein Mann, zu dem sie zuvor ein super Verhältnis hatten, ist zu Grabe getragen worden. Das war ein einmaliger Abschied, der nicht wiederkommt und sie ziehen ihre Enkel an dem Tag vor! War das wirklich wichtiger? Ihre Enkel können sie doch auch an jedem anderen Wochenende besuchen, die laufen ihnen doch nicht weg!
Und jetzt gerade kam der nächste Knaller. Gerade, um ca. halb zehn stand meine Tante vor meiner Haustür und läutete eine halbe Stunde (!!) Sturm. Ich habe sie durch die Videoüberwachung meiner Klingelanlage an meiner Wohnungstür erkannt. Mir war schon klar, dass sie mir ihr Beleid im Nachhinein bekunden wollte, aber ich bin so verletzt, dass ich sie nicht reingelassen habe. Ich will sie nach dieser Aktion einfach nicht sehen, zumindest vorerst nicht mehr! Ich war gerade auch zufällig mit meiner Schwägerin (Schwester meines verstorbenen Mannes) am telefonieren, als das Geklingel anfing und die sagte mir auch, dass sie sehr gut verstehen könne, dass ich verletzt bin und sie gerade nicht sehen möchte. Ich müsse nicht die Tür aufmachen, wenn ich nicht wollte. Habe ich auch durchgezogen. Nach knapp 30 Minuten hat sie, wie gesagt, offenbar aufgegeben und ist wieder abgezogen.
Könnt ihr mich verstehen? Ist mein Verhalten durchaus berechtigt oder bin ich zu nachtragend? Hätte ich meine Tante reinlassen sollen? Was haltet ihr davon? Ich weiß gerade einfach nicht, was ich denken soll.....
Übertreibe ich oder ist es verständlich? Meine Tante...
Ich kann euch beide verstehen.
Letztendlich hat dein Mann davon nichts mehr mitbekommen - wer nun auf der Beerdigung war oder nicht. Ich glaube, die Gesichter die er zuletzt gesehen hatte, das ist ihm wichtig gewesen.
Ich verstehe aber auch wie verletzt du dich fühlst. Befindest du dich doch in einer sensiblen Lage und bist einfach auf den emotionalen Halt angewiesen.
Schreib ihr doch einfach eine Nachricht, dass es dich verletzt hat und es dir schwerfällt, drüber zu stehen. Die Enkel würde ich nicht erwähnen. Um die geht es grade nicht.
Herzliches Beileid zu deinem Verlust. Du musst die Tage durch die Hölle gegangen sein.
Mein herzliches Beileid. Du bist in tiefer Trauer und darfst natürlich auch enttäuscht und verletzt sein.
Als Außenstehender wäre mir viel wichtiger, dass sie sich zu Lebzeiten gekümmert haben. Sie haben deinen Mann in Krankheit besucht und waren da.
Ich kann sogar (als nicht persönlich Betroffene) verstehen, dass sie bei den Enkeln waren.
Vielleicht siehst du das in ein paar Wochen auch wieder anders. Ich wünsche alles Gute für die Zukunft.
Herzliches Beileid!
Ich verstehe dich! Es geht ja nicht nur darum, deinem Mann die letzte Ehre zu erweisen. Sondern meiner Meinung nach vorallem DIR beizustehen! Da wäre ich an deiner Stelle auch sehr verletzt...
Ich wünscje dir alles Liebe und Gute!
Ich persönlich hätte mich auch lieber mit den Enkeln getroffen wie auf eine Trauerfeier zu gehen, ich mag aber Trauerfeier allgemein nicht und verabschiede mich lieber alleine am Grab da kann ich besser Abschied nehmen wie wenn iele da rumstehen, das würde mich stören . Ich hätte genau wie deine Tante gehandelt, ich gehe davon aus das sie ihre Enkel auch nur selten sieht.
Ich denke das Leben geht weiter, für dich natürlich nicht so schnell wie für andere die nicht so eng mit deinem Mann verbunden waren. Ich würde aber immer die Lebenden den Toten vorziehen, das heisst ja nicht das sie dir oder deinem Mann gegenüber respektlos sind, das heißt einfach das es halt irgendwie auch ohne ihn weiter gehen muss, so schlimm es auch ist, manchen hilft da eine positive Ablenkung. Ich würde der Tante keinerlei Vorwürfe machen und die Beileidsbekundung auch ganz normal annehmen, ich denke du weißt ganz genau was er ihr bedeutet hat und das Gefühl wurde durch das Treffen mit den Enkeln sicher nicht weniger wert.
Also abschließen, ja in meinen Augen übertreibst du, das ist aber meine ganz persönliche Einschätzung, ich bin nicht sonderlich emotional deshalb würde mich so eine Aktion der Tante nicht so aus der Bahn werfen.
Vielleicht wirst Du auch enotional, wenn dein Mann nach schwerer Krankheit gerade zu Grabe getragen wurde, wer weiß..
Bei Trauer kommen so viele Gefühle mit...
Als meine Eltern starben, hab ich so viel gehört, was ich in ruhigen Zeiten unter Kontaktabbruch stellen würde. In Anbetracht der Trauer, der selbst trauernden.... haben wir später in Ruhe drüber geredet.
Damals war es schwer und die Gefühle gingen hoch.
Heute, einige Jahre später habe ich weiterhin Kontakt. Zumindest zu jenen, die noch leben und zu denen vorher ein gutes Verhältnis war.
Zu einigen nicht mehr. Diese haben sich zwar auf der Beerdigung benommen oder während der Trauerzeit, aber sonst kein enger Bezug.
Dass du jetzt wütend bist und dich das verletzt, ist völlig in Ordnung.
Dass du jetzt vorerst Abstand nimmst, ist auch ok.
Gestehe dir jetzt die Ausnahmesituation zu.
Aber gestehe dir auch zu, in einigen Wochen, Monaten, Jahren anders darüber zu denken. Auch wenn es dir jetzt vorkommt, als würde der Schmerz eine Ewigkeit sein.
Warum sie länger geblieben sind, kannst du (sofern du dazu bereit bist) irgendwann mal fragen. Nicht jetzt und nicht das rationale warum. Sondern das emotionale.
Manche Menschen können super mit der Verabschiedungszeit, haben aber große Probleme mit Beerdigungen. Andere brauchen Beerdigungen zum Verabschieden, ertragen vorher den Verabschiedungsweg nicht.
Manche trauern aus der Ferne oder brauchen Zeit das zu verkraften, zu verarbeiten (so lange sie nicht zur Beerdigung gehen, nicht am Grab waren, ist der Mensch nicht tot). Andere gehen sofort zum Alltag über; tot ist tot und bloß nicht mehr daran denken. Wieder andere reagieren mit Wut. Auf sich selbst (warum hab ich nicht), auf andere (warum hast du das nicht verhindert), auf den Toten - was sich viele nicht zugestehen.
Auf welche Beerdigung ich gehe und welche nicht, entscheide ich in jeder Situation neu. Äußere Umstände, aber auch innere. Manchmal fällt es mir leichter auf "entferntere" zu gehen, als zu jenen, wo ich emotional sehr verbunden bin.
Was ich klar unverschämt finde: 30 Minuten klingeln. Es ist ok, es ein zweites (evtl. noch ein drittes mal) zu versuchen, wenn ich mir Sorgen mache. Aber gerade auch in der Trauer den Freiraum lassen und wieder zu gehen, finde ich schon wichtig.
Es ist ok, wenn sie nicht dabei waren. Aber dann sollen sie auch respektieren, wenn dir in der Zeit danach nicht nach ihrer Gesellschaft ist!
Gib dir die Zeit, gestehe dir deine Gefühle zu. Auch die Wut, den Frust, die Trauer, die Enttäuschung. Es ist auch ok, die Tür erst mal zu zu machen, bis du wieder soweit bist (um neu zu entscheiden, wie es mit euch weiter geht).
Diese Zeit sollten sie dir geben.
Guten Morgen,
ich möchte dir erst einmal mein tiefes Beileid aussprechen zu deinem schrecklichen Verlust! Es tut mir sehr leid, was du gerade durchmachen musst, fühl dich unbekannterweise gedrückt...
Ich sehe das tatsächlich etwas anders als meine Vorschreiberinnen, ich kann deine tiefe Enttäuschung und Unverständnis sehr gut nachempfinden und mir würde es an deiner Stelle ebenso gehen.
Man ist doch Familie, ihr standet euch alle sehr nahe, ihr wohnt im selben Ort, da ist es mMn selbstverständlich, dass man zur Beerdigung erscheint und zwar nicht nur um deines Ehemannes willen, sondern vor allem auch um Deinetwillen!!!
Als Hinterbliebene wünscht man sich doch auch liebevolle, begleitende Unterstützung bei diesem letzten schweren Gang, das haben sie scheinbar nicht so gesehen und das hätte mich auch verletzt.
Ich finde es völlig richtig, dass du in dem Moment nicht die Tür geöffnet hast, würde aber vorschlagen, dass du, wenn etwas Zeit vergangen ist und du dich dem gewachsen fühlst, das Gespräch mit Onkel und Tante suchst und ihnen deine Gefühle bzgl. des Fernbleibens erklärst.
Vielleicht können sie es dann verstehen und ihr findet wieder einen Zugang zueinander, das würde ich dir sehr wünschen, da man in dieser schweren Zeit alle Unterstützung braucht, die man kriegen kann.
Ich wünsche dir von Herzen alles Gute, nimm dir die Zeit, die du brauchst, bevor du das Gespräch mit den beiden suchst.
Alles Liebe
Isa
Ich verstehe dich vollkommen. Es ging ja nicht nur um den Abschied allein, sondern auch darum, für dich da zu sein.
Ich wäre ebenfalls sehr traurig und enttäuscht über solch ein Vorgehen.
Mein herzliches Beileid.
Mein herzliches Beileid!
Ich verstehe dich sehr gut!
Das ist ganz schlechtes Benehmen. Ich persönlich könnte aus einem solchen Grund nicht einmal einer Beerdigung eines Menschen fernbleiben, der vielleicht "nur" ein Kollege oder ähnliches ist.
Und dass du jetzt keine Lust hast, dir die Erklärungen anzuhören, verstehe ich auch.
Sie haben jetzt ein schlechtes Gewissen und wollen die Absolution von dir.
Du hast aber deinen Mann verloren und brauchst Unterstützung - nicht Ärger.
Entweder haben sie eine tolle Zeit mit der Familie verbracht und keinen Gedanken an dich verschwendet oder waren in Gedanken die ganze Zeit bei dir (wird sie dir vermutlich erzählen) und das bringt dir gar nichts!
Ich kenne solche Menschen aus meiner Verwandtschaft: nach einer furchtbaren Krise hieß es: "wir haben immer an dich gedacht"
Mhm, super bequem.
Das Argument, er sei ja schon tot, Hilfe bräuchten die Menschen wenn sie noch leben, greift nicht! Sich im Zuge des Rituals von einem nahestehenden zu verabschieden ist bedeutend! Dass dich Menschen, die du als nahestehende betrachtest, nicht in diesem Moment an deiner Seite waren, enttäuscht dich zutiefst und macht die schwere Zeit, durch die du musst, nicht leichter.
Falls du dich mit ihnen befassen möchtest, die Kraft aufbringst, es in Ordnung bringen möchtest, schreibe ihnen vielleicht einen Brief und artikuliere deine Enttäuschung.
Alles Gute!