Kein guter Umgang oder zu empfindlich?

Hallo ihr lieben,
Mich beschäftigt Momenten ein etwas schwieriges Thema aufgrund meiner Schwangerschaft. Ich bin mir unsicher ob ich meinem zukünftigen Kind zumuten möchte, meinen Vater kennen zu lernen bzw. Regelmäßigen Kontakt zu pflegen. Um das zu erklären versuche ich unser Verhältnis, welches schon immer ungewöhnlich war zu erklären. Meine Eltern trennten sich als ich etwa 2/3 Jahre alt war, da mein Vater meiner Mutter und meinen zwei halbschwestern (aus 1.ehe meiner Mutter) gegenüber oft aggressiv und gewalttätig wurde nachdem ich geboren war. Schnell lernte meine Mutter ihren jetzigen Mann kennen mit dem sie auch mittlerweile beinahe 20 Jahre verheiratet ist, den ich von Anfang an abgöttisch geliebt habe (als vaterfigur natürlich).. Mein leiblicher Vater allerdings, besuchte mich auch etwa alle zwei Wochen und gab sich mir gegenüber immer sehr viel Mühe mit vielen Geschenken und Unternehmungen (Minigolf, Zoo, Schifffahrten, freizeitparks etc.) ein gutes Verhältnis aufzubauen. Allerdings durchschaute ich seine oberflächliche Art bereits in frühen Jahren und es hat mich schon immer angewidert, wie er über meine Mutter hergezogen hat. Bei fast jedem treffen musste ich mir anhören wie schlimm meine Mutter ist und je älter ich wurde, desto mehr stritten wir über dieses und immer mehr aufkommende Themen. Zusätzlich ist er sehr sehr sehr nazistisch, lässt einen kaum zu Wort kommen und redet frauenfeindliches und teils leider auch rassistisches Zeug daher. Eventuell fragt ihr euch jetzt schon, warum ich dann selbst überhaupt noch Kontakt habe. Nun ist mein Vater mittlerweile bereits 81 Jahre alt und ich mache mir oft Gedanken, ob ich es bereuen würde wenn ich den Kontakt abgebrochen hätte und er mit dem Wissen gehen müsse, dass er seiner Tochter egal ist. Ich weiß nämlich genau, dass er den Fehler bis zuletzt nicht bei sich suchen würde. Ich habe ebenfalls einen Halbbruder aus seiner ersten Ehe, dem er das Leben oft sehr schwer gemacht hat. Dieser hat vor längerer Zeit bereits den Kontakt abgebrochen, nachdem er seiner Tochter aufzeigen wollte wie eine Frau sich zu benehmen hat (nach dem Motto ab an den Herd und widerspreche keinem Mann) das hatte dann wohl das Fass zum überlaufen gebracht. Genau das ist eigentlich der Punkt andem ich mir die Frage stellen muss ob ich unserm kind welches auch eine Tochter wird, diesen Unsinn antun muss. Es ist immer noch meine Entscheidung ob ich mich dem Gehabe selbst aussetze aber das sollte ich doch unserer Tochter dann eher ersparen und für sie die richtige Entscheidung treffen oder?! Andererseits denke ich natürlich sie ist sowieso längere Zeit viel zu klein um zu verstehen, was er für unmögliche Sachen von sich gibt und daher kann ich mir den Stress eigentlich auch ersparen ihm zu erklären warum ich nicht möchte dass er die kleine kennen lernt. Diese frage wird ja mit Sicherheit aufkommen, dumm ist er nämlich leider auch nicht. Was sagt man da, wie geht man mit sowas um...? Schon allein was er auch sagte als ich von meiner Schwangerschaft erzählte ist der knaller, ich solle aufpassen das mir mein Partner nicht weg rennt und warum ich denn eigentlich so schlecht aussehen würde und ihn das bestimmt abschreckt wenn ich dick werde und so blass bin. Traurig genug das es mich schon kaum noch schockiert. Aber ich schweife ab, meine frage ist einfach wie ihr mit der ganzen situation umgehen würdet und wenn ihr euch gegen kontakt entscheiden würdet, wie ihr es eurem vater also dem zukünftigen Opa erklären würdet? Oder ob ich das vielleicht doch alles etwas zu eng sehe?
Vielen dank an alle die sich mein Leid bis hierher durchgelesen haben, tut mir leid dass es so lang wurde.
LG und vielen Dank für jede Antwort.

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Meine Liebe,

Erst mal gratuliere zur SS und alles Gute für die restliche Zeit.

Deine Geschichte hat mich sehr berührt, ich willl dir gern sagen, dass es mir leid tut wie du aufwachsen musstest. Das muss wehgetan haben.

Ob ich etwas kluges beitragen kann? Ich weiss nicht, nur ein paar Gedanken:

Dein Vater wird wohl nicht ewig da sein, mit 81 hat er schon ein stolzes Alter. Die Frage ist, ob du für euch drei Gutes aus Kontakt kommen siehst.

Du schilderst deinen Vater als einen ganz engagierten Vater zum Thema Erlebnisse, die ersten 3-4 Jahre könnte er wohl einfach dem kleinen Mädchen ganz schöne Momente schenken, solche Erinnerungen können toll sein.

Vor allem wäre es ja die ersten Jahre sehr gut machbar, dass er sie nicht allein trifft, du also direkt eingreifen könntest, wenn er wieder Unfug erzählen möchte.

Du könntest mit dir selber den Deal machen, dass du es von Mal zu Mal versucht und wenn er Aussetzer hat erst sehr konsequent bist mit Rückmeldung an ihn und sozusagen einer gelben Karte und wenn er nicht aufhört bekommt er die rote hinterher.
Dann könntest du immer noch erst ein Timeout machen.So ein Kontaktabbruch liefe ja nicht weg.

Vielleicht wäre das ja ein Weg, dass du dir den Druck nimmst, sofort und aus dem Nichts heraus entscheiden zu müssen.

Andererseits, du hast mit deinem Vater gelebt, du weisst, wie es sich anfühlen kann und du weisst, wie du dich dabei jetzt noch fühlst.
Ich glaube Kinder sind sehr gut darin, zu wissen, was nicht harmonisch ist. Auch wenn die Fassade gewahrt wird.
Eine Mutter, die die Nähe des Grossvaters kaum erträgt und ein Leben im Konflikt zwischen Mutter und Opa würde ich nicht als etwas das jedes Kind braucht sehen.
Wenn es dein tiefer Wunsch aus Überzeugung ist, dass du Kontakt nicht möchtest, finde ich du darfst das entscheiden.

Es klingt nur eher, als wäre da mehr als nur schwarz-weiss für dich. Dann gönn dir und den beiden anderen doch ruhig eine Testphase. Alle paar Wochen sehen, vielleicht überrascht er dich positiv. Vielleicht macht er etwas gut. Vielleicht hat er aus der Geschichte mit deiner Nichte was gelernt.

Und vielleicht kommt alles ganz anders, als du es dir ausmalst.

Egal was du tust, ich bin sicher, du findest euren Weg, der sich für dich richtig anfühlt.

Alles Gute dir!

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Guten Morgen,
Ich danke dir vielmals für deine einfühlsame und doch objektive und ehrliche Antwort. Ich denke ich kann da in vielen Dingen zustimmen, er hat ja auch seine guten Seiten und ich würde auch sagen dass er ihr im Kleinkindalter eventuell noch die ein oder andere Freude machen würde (solange sie noch nicht ganz versteht was er so erzählt). Vielleicht kann man es wirklich mal versuchen und schauen wie es läuft solange man noch in die andere Richtung lenken kann. Vielen Dank nochmals und alles Gute :-)

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Wenn dein Kind ein Alter erreicht, in dem es versteht, was dein Vater sagt, ist dein Vater hochbetagt. Ich nehme nicht an, dass er irgendwelche Dinge allein mit ihr unternehmen wird. Es wird eher so laufen, dass ihr ihn bei sich daheim oder im Pflegeheim besuchen werdet, ein bisschen zusammensitzt und dann wieder nach Hause fährt. Dein Kind wird deinen Vater als Mann im Greisenalter erleben, der körperlich eingeschränkt ist und merkwürdiges Zeug redet. Das ist für sie so weit weg, das kannst du ganz einfach abtun und ihr sagen, dass sie das nicht ernst nehmen soll. Ich kann mich an meine Urgrosseltern erinnern, da war es ähnlich. Wir waren ab und zu bei ihnen zu besuch, aber Bezugspersonen waren sie nicht und es war für mich auch irrelevant, was sie von sich gegeben haben.

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Ich würde das sehr davon abhängig machen, ob er aufbrausend und aggressiv ist. Meine Kinder haben eine Tante nie gesehen, als klar wurde, dass sie keine Kinder mag, Kinder sie stressen. Die Tante hatte sich grundlos über meine zweijährige Nichte beschwert, so dass die Nichte zusammengezuckt ist und getröstet werden musste. Sie hatte aus meiner Sicht nichts falsch gemacht.

Dem wollte ich meine Kinder nicht aussetzen.

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Hi,
ach herrje, da hat deine Mutter damals ja alles richtig gemacht, als sie sich trennte.
Ich denke, in der ersten Zeit, wenn die Kleine ein Baby ist, wirst du sie bei den Besuchen ja dabei haben, dann lernt er sie ja kennen. Sollte er später, wenn sie dann verständiger ist, noch leben, dann kannst du gut dagegen steuern, die checken ja doch viel die Kleinen. Sollte er aber die Grenzen massiv überschreiten, dann ist sie bei den Besuchen halt nicht mehr dabei.
Alles Gute!

vlg tina

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Unabhängig vom Alter: aufgrund von Alter oder Krankheit nehme ich mit Menschen, zu denen ich den Kontakt mit jedem Recht abgebrochen habe, nicht mehr auf, nur wegen Schuldgefühlen oder Gewissensbissen. Wenn diese Menschen sich entschuldigen, ihre Fehler einsehen, dann würde ich sagen: okay, versuch es. Aber was hat dir dein Vater gegeben, was er deiner Tocher als Großvater geben könnte? Die sogenannte Altersweisheit kommt nicht bei jedem an. Ich kann dir nur sagen: lass es lieber. Es sei denn, er kommt auf dich zu.

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Ich würde ganz normal weiter machen, wie bevor, nur eben jetzt mit Baby im Schlepptau.
Der Mann ist 81, von den Sprüchen wird erstmal sehr lange bei deinem Kind nichts ankommen. Und auch jetzt schon könnte man das Gesabbel unter "der ist alt" verbuchen.
Eine Bezugsperson wird er ja wohl nicht mehr werden.

Nur du musst den Quatsch leider nach wie vor ertragen und anhören ... du scheinst ihm jedenfalls nicht egal zu sein. So klang es zumindest.

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Ich würde wohl den geliebten Stiefvater zum Opa erklären und dem Erzeuger diese Rolle vorenthalten.

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Also hast du eigtl nur Kontakt, weil du glaubst, dass dein Vater sowieso DIR die Schuld gibt und sich nicht reflektiert, wenn du ihn abbrichst?

Ganz ehrlich, das wäre mir egal. Also was er denkt. DU weißt, dass es nicht so ist und du schützt dich dann vor diesem Menschen. Und ggf dein Kind.

Aber abgesehen davon, wenn du gerne Kontakt haben möchtest, sehe ich jetzt keine konkrete Gefahr für das Kind. Meine Großeltern waren auch sehr konservativ. Das war für mich immer „okay“, ich war trotzdem nicht ihrer Ansicht 🤷‍♀️ Meine Eltern haben viel erklärt und gut ist. Man trifft ja immer im Leben auf Menschen, die komplett anderer Meinung sind. Dann muss man lernen, damit umzugehen 😊

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Nach meiner Erfahrung: Wenn du ein kleines Kind hast, brauchst du vor allem Leute um dich rum, auf die du dich verlassen kannst. Leute, die auch einfach mal "funktionieren", wenn du erschöpft bist und eine Pause brauchst, oder in übermüdetem Zustand mal schlecht gelaunt bist. Was du nicht brauchst, sind Leute, die dumme Sprüche von sich geben und versuchen, dich fertig zu machen. Wenn dein Kind auf die Welt kommt, kann es quasi nichts, primär müsst ihr euch um das Kind kümmern, nicht um die Unterhaltung und das Gefühlsleben eines Verwandten, mit dem ihr soweit ich das verstehe bisher auch schon lange sehr wenig zu tun hattet.