Oma wird langsam zum Messie- was tun?

Hallo,
ich hätte gerne Tipps von euch. Vielleicht hat ja hier jemand ähnliche Probleme.
Meine Eltern wohnen hier im Ort und leben in einem Einfamilienhaus. Beide Mitte 70 und ziemlich fit. Wir haben viel Kontakt. Meine Mutter hat einige Hobbies und einen großen Freundeskreis.
Es war immer schon so, dass sie gerne Sachen gesammelt hat und schlecht wegwerfen konnte. Aber es war immer noch im normalen Rahmen. Seit einigen Jahren wird es deutlich schlimmer. Mein Vater hat mich jetzt um Hilfe gebeten.
Folgende Situation:
Meine Mutter sammelt Massen an Zeitschriften und Katalogen. Alle freien Flächen sind zugemüllt und vollgestellt. Auch in der Küche. Ebenso alle Stühle. Lebensmittel ( auch abgelaufene und verdorbene werden nicht entsorgt. Sie hat 2 eigene Zimmer, die beide voll sind. Inzwischen stapelt sie auch Dinge im Arbeitszimmer und im Wohnzimmer. Das sind massenhaft Dekoartikel, Papier, Kartons- einfach alles. Sogar alte Gartenstühle.
Es gibt deswegen viel Streit zwischen meinen Eltern. Mein Vater bat mich um Vermittlung. Also habe ich nett mit ihr Kaffee getrunken und nebenbei bemerkt, dass ja einiges im Kühlschrank abgelaufen ist und ob wir den mal ausräumen wollten. Gemeinsam. Erst hat sie zugestimmt, dann aber über alles diskutiert- ihr Herz kann ja nicht ernsthaft an einem abgelaufenen Heringssalat hängen… Das gleiche bei den uralten Katalogen. Sie wurde pampig, als ich sie ( höflich ) fragte, ob sie die wirklich braucht und ob es nicht schöner wäre, wenn sie mehr Platz hätte.
Es ist nichts zu machen. Sie macht sofort dicht. Als sie neulich nicht da war, hat mein Vater mir die anderen Räume des Hauses gezeigt . Mit Tränen in den Augen. Ich war entsetzt. Man kommt teilweise gar nicht mehr in die Räume hinein….
Helfen lässt sie sich nicht. Reden bringt nichts. Depressiv ( oft ja ein Grund für dieses Messieverhalten) glaub ich nicht, sie hat viele Freunde und ist sehr aktiv.
Was macht man denn da? Meinen Vater belastet das zusehends. Hat jemand da eine Idee?

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Es tut mir wirklich leid für alle Beteiligten
Das ist sicher weder für die Mutter noch für den Vater oder dich leicht.

Einfach eine Hauruck Aufräumaktion löst ja auch das Problem nicht.

Vielleicht gibt es eine Familenberatung oä, die als Vermittler auftreten können
Nichts machen geht jedenfalls nicht

Bei abgelaufenen Sachen im Kühlschrank würde ich auch sagen, du Mama, das schmeiß ich weg. Davon wirst du krank.

Ich hoffe ihr findet eine Lösung

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Hey!

Das tut mir leid. Ggf kannst du ihren Arzt ansprechen- es könnte sich um frühe Alzheimersymptome handeln.

Liebe Grüße
Schoko

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Genau das war auch mein erster Gedanke beim Lesen der ersten Zeilen.

Ich würde auch psychiatrische und neurologische Erkrankungen abklären lassen.

Alles Gute!

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Ach ihr Lieben,
vielen Dank erst mal für die schnellen Antworten.
Familienberatung könnte etwas sein.
Zum Arzt geht sie regelmäßig und beim Neurologen war sie gerade, weil ihre Migröne schlimmer geworden ist. Kein Befund.
Ich glaube einfach, sie kann sich immer schlechter von etwas trennen und deswegen lässt sie es so. Ich hab mich schon ein bisschen schlaugelesen. Aber so richtig passt nix, kein Trauma, keine Depression.
Aktuell lernt sie neu Spanisch, weil der nächste Urlaub dahin gehen soll. Und das sehr erfolgreich, wie ich sehe…
Mal schauen, ob noch weitere gute Vorschläge kommen….

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Es gibt verschiedene Arten von Symptomen bei Depression. Auch beginnende Demenz, Alzheimer und andere Erkrankungen können verschiedenes auslösen.

"ihr Herz kann ja nicht ernsthaft an einem abgelaufenen Heringssalat hängen"
Doch, kann es.
Nur ändert das die Situation nicht.

Hat sie Angst? Steigende Preise?
Uralte Kindheitserfahrungen? Schläge, wenn Lebensmittel weggeworfen wurden? Hunger und lieber verdorbenes essen, als gar nichts?
Die Angst vor Strafe, wenn Lebensmittel (auch verdorbene) weggeworfen werden, kann so tief sitzen, dass es das Handeln im Heute unmöglich macht. Auch wenn heute keine Strafe mehr droht.

Beginnen dann noch andere Krankheiten
oder es gibt Auslöser, die an die Zeit von damals erinnern
kann es passieren, dass uralte Gefühle hochkommen - die das Handeln im Heute unmöglich machen, beeinflussen oder gar steuern.

Bevor ihr sie selbst als gesund schreibt oder im Glauben, sie sei fit, nicht in die Richtung denkt, würde ich da ansetzen.
Ja, als (erwachsenes) Kind will man nicht wahrhaben, wenn Eltern älter werden oder es doch etwas Beginnendes sein könnte.

Ermöglicht es ihr mit dem Arzt zu sprechen. Falls etwas dahinter steckt, ist ihr und euch mehr geholfen, wenn ihr es jetzt klären lasst.

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Oje, das ist 1:1 meine Schwiegermutter.
Da ist leider mit Gesprächen, Hilfsangeboten etc. gar nichts zu machen. Das wir kategorisch abgelehnt. Das fing schon vor 20 Jahren an als sie von einer vollgemüllten 4-Raum-Wohnung in eine dann noch vollere 2-Raum-Wohnung zog. Was glaubst du wie die Mitarbeiter beim Umzugsunternehmen begeistert waren. Die mussten jeden alten Zeitungsstapel rübertragen. 2 Söhne + damalige Freundinnen inkl. mir haben sich den Mund fusselig geredet und wollten alles zum Altpapiercontainer bringen, aber da ging kein Weg rein.
Erst Jahre später haben wir mitbekommen, dass da noch ein Rattenschwanz an psychischen Erkrankungen nach kam. Sie leidet an Psychosen, v.a. an Verfolgungswahn. Sie leidet schlimm, sieht allerdings ihre Erkrankung nicht ein und nimmt ihre Medikamente häufig nicht. Ich habe mich lange informiert was man tun kann. Wir haben den Sozialpsychiatrischen Dienst eingeschaltet. Der kann aber auch nur da helfen, wo sich der Mensch helfen lässt und das ist bei uns nicht der Fall. Sie wohnt leider heute allein und ohne Kontakt zu Söhnen und 5 Enkelkindern.
Du kannst höchstens deinen Vater mit dem örtlichen sozialpsychatrischen Dienst vermitteln. Er bekommt dort Unterstützung im Umgang damit.

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Wichtig ist zu wissen dass sie darunter genauso leidet. Es tut unendlich weh diesen Müll wegzuschmeißen. Und dafür braucht es dringend psychologische Hilfe. Das ist keine Phase. Das vergeht nicht von alleine.

Mein Tipp: Ladet den psychosozialen/sozialpsychiatrischen Dienst ein - die kommen nach Hause und suchen erstmal niedrigschwellig Gespräche. Sie kann das ablehnen, aber dein Vater kann sie immerhin ins Haus lassen und das Team ebenfalls als Hilfe nutzen. Er wird ebenfalls beraten wie er sich helfen lassen kann und hat ein Ohr zum zuhören. Bei deiner Mutter wird erstmal eine Therapiebereitschaft hergestellt - im besten Fall.

Ich habe mal eine Mutter mit sowas begleitet. Und wir haben über winzigste Legoteile diskutiert, die bereits Teil von Insektennestern wurden...

...das ist immer die nächste Stufe bei dem horten. Ungeziefer. Egal ob Mäuse, Ratten oder Krabbeltiere. Deshalb ist es so wichtig zu handeln. Die Betroffenen merken von allein nicht wie schlimm es um sie steht.

Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute!

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Ich habe dazu mal eine Frage, würden die Betroffnene denn merken, wenn man solche Teile wie eben diese Legosteine ohne zu Fragen entsorgt? Ich kann mir das fast nicht vorstellen, denn unter den ganzen Bergen wissen die doch bestimmt nicht, was da noch ist? Genauso wie diese alten Zeitungen die weiter oben erwähnt wurden..