Hallo.
Ich glaube, dass ich unter so etwas wie Erschöpfungsdepression leide, zumindest kommt es mir so vor. Meine Familie, allen voran meine Eltern, ist/sind durch eine schwere Zeit gegangen. Meine Eltern hatten und haben mit einigen ernsthaften Problemen zu kämpfen und das hat mich sehr stark vereinnahmt, ich habe zum Teil über Wochen mein eigenes Leben komplett vernachlässigt und mich nur gekümmert. Zudem leide ich sehr stark mit, ich habe nächtelang geweint und mir den Kopf zerbrochen. Nun ist es so, dass ich nicht mehr kann. Ich kann es nicht mehr, auch wenn es mir leid tut. Selbst wenn das bestimmte Thema nur kurz angerissen wird, fange ich an zu weinen und kann stundenlang nicht aufhören. Ich habe mit Mann und Kindern 10 Tage lang wunderschönen Urlaub gemacht, war erfrischt und bestärkt, voller Pläne. Seit gestern Abend zurück; ich habe nur für 3 Minuten mit meinem Vater telefoniert, er hat das Problem angesprochen und ich weine seit heute Nachmittag, ich kann nicht mehr. Ich habe auch zunehmend das Gefühl, dass er sich nicht dauerhaft helfen lassen will, es taucht eine mögliche Dauerlösung am Horizont auf und er sagt, mal schauen, muss gut überlegt sein.
Es fällt mir sehr schwer, ihm das so offen zu sagen, er tut mir auch wirklich sehr leid, ich würde ihm sehr gern helfen können, aber ich kann nicht mehr, ich habe keine Kraft. Ich wollte heute Nachmittag noch was arbeiten, ging nicht mehr, keine Kraft und Motivation gehabt und ich bin keine 24 Stunden aus einem Traumurlaub zurück; ich hab mich gestern Abend so erholt gefühlt.
Was soll ich machen bitte?
Ich kann und will meine Eltern nicht im Stich lassen, aber ich kann auch nicht mehr.
Abgrenzen trotz Krise
Ich mache gerade etwas ähnliches durch.
Meine Eltern haben beide (!) innerhalb 48h ihren jeweils besten Freund aus Jugendtagen verloren. Zusätzlich, innerhalb der gleichen Woche, noch weitere 3 wichtige Menschen. Sie sind komplett verloren. Dann ging auch noch die Gastherme kaputt, plus drölfzig andere kleine katasttrophen, die keine wären, stünden sie nicht so unter Strom. Meine Mutter hat das heute so ausgedrückt, dass sie zwar viele Krisen im Leben hatten, aber immer zeitversetzt, sie konnten sich immer gegenseitig auffangen. Jetzt fehlt ihnen die Kraft dazu, weil sie, jeder für sich, in tiefer Trauer versinken.
Zusätzlich dazu ist gerade meine Schwester vor Ort, die Tag für Tag ein Schreikonzert anstimmt und ihnen um die Ohren haut, wie nutzlos sie sind, schlechte Eltern, alles scheiße, sollen ins Heim oder noch besser krepieren. Keine Ahnung was genau ihr wieder mal nicht passt, es ist immer die gleiche Leier bei ihr. Mit mir redet sie seit 1,5 Jahren nicht mehr, sonst würde ich wohl auch mein Fett weg kriegen.
Das Problem? Ich bin 2000km entfernt und mindestens bis Montag mit meinem Studienabschluss beschäftigt. Weder kann ich mir viel Zeit freischaufeln um zu trösten, noch wollen die 2 das wirklich - ich höre nur schlecht kaschierte Grabesstimmen, die mir sagen ich soll mir keine Sorgen machen und bitte nur auf mich schauen, wäre wichtig, etc...
Die einzige Lösung die mir eingefallen ist war, meine Tante (Schwester von Papa) zu bitten, sich die Seelsorge mit mir zu teilen. Die kannte das genaue Ausmaß der Misere noch nicht. Ich telefoniere täglich mit meiner Mama, sie mit Papa. Nur ganz kurz, damit mal eine freundliche Stimme belangloses Zeug erzählt. Zusätzlich dazu habe ich die 2 in meine Diplomarbeit eingebunden, Zeug das schon längst recherchiert ist nochmal überprüfen lassen, Photos machen, hier und da eine Verständnisfrage (gleiches Studium wie die Oldies)... Ich brauche ihre Hilfe nicht wirklich, aber sie glauben dass sie mir was gutes tun und sind beschäftigt. Sagen beide dass es ihnen gut tut, gebraucht zu werden.
Natürlich kann man das nicht zu 100% ummünzen, weiß ja nicht was das Problem bei deinen Eltern ist. Aber vielleicht tut es dir ja gut, dir noch jemanden ins Boot zu holen, der dich bei der "betreuung" unterstützt. Kleine Häppchen.
Irgendwie ist diese Antwort bisschen nutzlos. Wollte nur dass du weißt dass du nicht allein bist. Ich hab auch die Kapazitäten (mental und physisch) nicht, mehr zu tun, auch wenn ich gerne würde. Fühle mit dir und wünsche dir alles gute.
Im Flugzeug gibt es den Grundsatz, zuerst sich selbst und dann anderen zu helfen.
Nun ist es so, dass ich nicht mehr kann. Ich kann es nicht mehr, auch wenn es mir leid tut.
Das sagt für mich alles aus. Du bist momentan nicht stabil genug, um die Sorgen deiner Eltern abzufangen. Geht einfach nicht. Keiner hat was davon, wenn du in ein paar Wochen in der Psychiatrie landest, weil du tagelang nicht mehr aus dem Bett kommst, auch deine Eltern nicht. Selbstschutz geht vor.
Ich weiß nicht, um welche Probleme es sich bei deinen Eltern handelt. Vielleicht kannst du (oder dein Mann) sie in (professionelle) Hilfe bringen. Selbsthilfegeuppen, Trauergruppen, Schuldnerberatung, Suchtberatung (für Angehörige), Sozislberatung, Therapie, andere Freunde, Verwandte... Wenn Sie es nicht wollen, ist das ihre Entscheidung, aber dann musst du das nicht ausbaden.
Und vielleicht schaust du auch mal nach Hilfe für dich. Nächtelang durchweinen klingt doll. Sprich doch für den Anfang mal mit dem Hausarzt. Therapie, Reha, Selbsthilfegruppe etc.
Gute Besserung euch!
Du beantwortest dir die Frage doch selber:
"Was soll ich machen bitte?"
"[...], ich würde ihm sehr gern helfen können, aber ich kann nicht mehr, ich habe keine Kraft"
Genau das musst du sagen. Du lässt sie nicht im Sticht, das solltest du dir von niemanden (auch von dir selber) einreden lassen.
Du sagst nicht, was es für Probleme sind, ich würde meine Hilfe so oder so outsourcen, also Hilfe von außen organisieren/anbieten und mich zurückziehen. Wollen sie die Hilfe nicht, nehmen Lösungsvorschläge nicht an usw. dann ist es ihr Problem nicht deins, sie sind erwachsen. Du musst dich auch selber schützen für dein Kind, deine Kleinfamilie.
Du bist an deiner Grenze, die Grenze musst du akzeptieren und danach handeln. Das kann sonst wirklich böse Enden.
Das musste ich auf die harte Tour lernen und bin froh, damals noch kein Kind gehabtzuhaben. Ich hatte irgendwann eine Panikatake gefolgt von einen Nervenzusammenbruch, fast 2 Tage war ich wie von Sinnen, es war furchtbar. So etwas hinterlässt Narben. Es ist heute fast 10 Jahre her, aber es schaudert mich, wenn ich nur daran denke. Danach war und bin ich bis heute nicht mehr so belastbar wie vorher auch trotz Therapien und Medikamenten. Es geht mir heute gut, aber ich muss mir bewusst Pausen gönnen und kann meine Grenzen nicht mehr so lange ignorieren wie früher. Mache nicht den gleichen Fehler, akzeptiere deine persönliche Belastbarkeitsgrenze und stehe für dich und deine Gesundheit ein. Lass dir auch kein schlechtes Gewissen machen, von niemanden.
Ich habe gerade deinen Text gelesen und musste sofort anfangen zu heulen. Ich bin auch ziemlich am Ende und kann dir nur sagen, du musst da raus!!! Du kannst nicht mehr und warte nicht bis es noch schlimmer wird. Ich hatte dieses Jahr 4 Wochen eine Reha. Mir ging es nie besser in den letzten Jahren. Ich war einfach nur glücklich und hatte nur Zeit für mich. Leider kann man nicht alle guten Dinge in den Alltag mitnehmen aber ich versuche mich durchzukämpfen und habe mir nun auch wieder psychologische Hilfe vor Ort gesucht, da ich mittlerweile Blutdruckschwankungen und Herzrhytmusstörungen und Panik habe. Wir müssen lernen unsere Grenze zu akzeptieren egal wo sie auch ist, wir sind niemanden etwas schuldig!