Hallo!
Ich hadere gerade ein bisschen mit Gewissensbissen. Leider muss ich ein bisschen ausholen.
Meine Schwiegermutter ist 89 Jahre alt.
Vor über 60 Jahren zog sie aus ihrer Heimatstadt in die Heimatstadt meines Schwiegervaters, in der sie bis heute lebt. Dort wurde mein Mann geboren, der später zum Studium seine Heimat verließ. Vor ca. 16 Jahren zeichnete sich ab, dass mein Schwiegervater aufgrund einer fortschreitenden Demenzerkrankung auf dauerhafte Unterstützung angewiesen und meine Schwiegermutter hiermit überfordert war. Da mein Mann und ich ohnehin eine Ortsveraenderung planten, zogen wir kurzerhand in die Nähe meiner Schwiegereltern, fanden ein Haus in der unmittelbaren Nachbarschaft und unterstützten die beiden fortan nach Kräften. Vor drei Jahren musste mein Schwiegervater dann allerdings ins Pflegeheim ziehen. Seitdem kümmerten wir uns nur noch um meine Schwiegermutter, die zwischenzeitlich auch stark abgebaut hatte. Zudem ist sie auch keine einfache Person und der Zustand belastet unser Familienleben doch sehr. Wir sind Ihre einzigen sozialen Kontakte. Wir gehen einkaufen, regeln ihren Papierkram, Medikamente, koordinieren die Arztbesuche, Fußpflege usw. und fahren sie zu den Terminen. Sie hatte schon nach einer Verletzung vor ein paar Jahren vorübergehend einen ambulanten Pflegedienst, den sie vergrault hat. Wir sind mit dieser Situation derzeit ziemlich am Limit. Wir sind beide berufstätig und haben 2 Kinder (8 + 11). Dazu habe ich vor ein paar Monaten schon mal einen Beitrag verfasst unter meinem alten Nick. Vielleicht erinnert sich jemand noch. Mein Mann steht jedenfalls furchtbar unter Stress durch die Situation.
Nun ist mein Schwiegervater verstorben und jetzt kommt der Knackpunkt. Sie möchte jetzt in eine Seniorenwohnung, betreutes Wohnen oder so, ziehen und zwar in ihrer Heimatstadt. Das ist ca. 2 Autostunden von hier entfernt. Dort kennt sie niemanden mehr. Ihre Geschwister sind schon tot, deren Kinder und Enkelkinder leben woanders. Freunde hat sie da auch nicht mehr. Als Begründung führt sie aus, sie sei hier nie heimisch geworden und habe immer Sehnsucht nach ihrer Heimat gehabt. Nachdem Schwiegervater nun tot sei, halte sie hier nichts mehr. Naja, wir waren erstmal ein bisschen platt. Der einzige Sohn, zwei Enkelkinder und eine Schwiegertochter sind für sie offensichtlich "nichts". Abgesehen davon haben wir uns die letzten 16 Jahre ziemlich den Hintern für die beiden aufgerissen. Wir werden sie definitiv dort nicht jedes Wochenende besuchen können. Und da sie nicht mehr gut zu Fuß ist, wird sie auch nicht mehr großartig ihre Wohnung verlassen können. Sie ist auch nicht besonders gesellig in dem Sinne, dass sie da neue Freundschaften knüpfen würde. Freunde hatte sie hier schon keine. Ich vermute, dass sie dort sehr einsam sein wird und unglücklich. Sie hat auch hier schon außer zu uns seit Jahren keine sozialen Kontakte mehr gepflegt. Ich habe den Eindruck, dass sie gar nicht versteht, was da auf sie zukommt. Ins Heim möchte sie auch nicht, eine eigene Wohnung ist ihr wichtig.
Mal ganz objektiv betrachtet wäre es für uns dann natürlich eine enorme Entlastung. Mein Mann ist mittlerweile auch schon so weit, dass er sagt, je eher sie weg ist, desto besser. Er hat gerade die Nase gestrichen voll. Andererseits würden wir sie ins offene Messer laufen lassen. Ich bin mir sicher, dass die Aktion schiefgeht. Ich habe keine Ahnung, was sie sich da vorstellt. Im Grunde ist es schon beschlossene Sache, wir haben schon Einrichtungen durchtelefoniert und sie auf die Wartelisten setzen lassen. Sie möchte es so, es käme uns zugute, eigentlich perfekt. Aber ich weiß, dass sie eine völlig illusorische Vorstellung von ihrem künftigen Leben dort hat.
Bitte, wie seht ihr das? Würdet ihr die Sache nochmal überdenken und versuchen, sie abzuhalten?
Liebe Grüße und schon einmal herzlichen Dank fürs Lesen.
Ein etwas anderes Schwiegermutterproblem
Mit 89 Jahren wird man nicht mehr im betreuten Wohnen aufgenommen.
Ich würde mit ihr zusammen ein schickes Pflegeheim raussuchen und ihr deutlich klar machen dass die Frequenz eurer Besuche von der Entfernung abhängig ist zu euch.
Irgendwann ist auch Mal gut.
Hallo! Vielen Dank für deine Antwort. Das deuteten die Einrichtungen auch schon an. Schwiegermutter hat ja selbst mit denen telefoniert und erzählt, dass sie noch alles allein könne. Mein Mann saß daneben und verdrehte die Augen. Die beiden Einrichtungen, bei denen sie jetzt auf der Liste steht, haben Heim, betreutes Wohnen und solche betreuten Wohngruppen.
Im Heim haette ich ein besseres Gefühl.
Liebe TE,
Lasst sie ziehen. Es wird eine Last von euch genommen. So ist es einfach besser.
LG Hinzwife
Hallo! Vielen Dank für deine Antwort! Ja, so sieht es wohl aus.
Liebe Grüße!
Vielleicht sieht deine Schwiegermutter auch, welche Mühe sie euch verursacht. Und ganz realistisch gesehen, wird es ja auch immer mehr. Ich vermute hinter dem was du beschreibst eher einen Weg, euch aus der Verantwortung zu nehmen. Das haben ja viele alte Menschen, dass sie ihrer Familie nicht zur Last werden wollen.
Aber ist es nicht eine größere Last, wenn man ihr ihren Willen lässt, sie umzieht und vielleicht in einem Jahr nichts mehr kann?
Wer fährt dann die 2 Stunden um für sie einzukaufen, wer bringt sie zu Terminen?
Wenn sie so eigenwillig ist wie beschrieben, wird sie sich bestimmt nicht damit zufrieden geben, wenn sie alleine ist und nichts mehr kann und dann keine Hilfe bekommt.
Da wäre es für die Oma doch besser bei Menschen zu sein, die ihr helfen möchten. Für die Familie wäre es natürlich eine Entlastung, aber ich befürchte mit der großen Entfernung kommen viel größere Probleme auf alle zu.
Natürlich gibt es da andere Punkte die problematisch werden. Aber ob sie soweit noch überlegt mit ihrem doch Recht hohen Alter? Da gilt vermutlich der einfache Gedankengang: ich bin weg, dann müssen sie sich nicht mehr kümmern.
Hallo,
wir haben ein ähnliches Problem mit meiner Schwiegermutter. Sie ist gerade so in ihrer Wohnung mobil, kommt ohne Hilfe die Treppe nicht hoch und runter (es gibt keinen Fahrstuhl), es kommt ein Pflegedienst zu ihr, sie hat nur uns als Angehörige. Mit ihrer Art vergrault sie über kurz oder lang jeden. Sie schließt keine neuen Freundschaften, die alten haben sich abgewandt.
Wir haben uns mit ihr ein betreutes Wohnen angeschaut, alles barrierefrei, auf dem Gelände gibt es Einkaufsmöglichkeiten, Friseur, Fußpflege, Apotheke, Hausarzt… Es gibt die Möglichkeit, mittags gegen eine geringe Gebühr essen zu gehen, es finde. regelmäßig kulturelle Angebote statt und sogar Ausflüge werden organisiert. Die Wohnung ist natürlich kleiner als ihre jetzige, dennoch ausreichend für eine Person. Das Ganze ist auch noch bezahlbar!
Aber: es ist im falschen Stadtviertel! Obwohl sie nicht rauskommt und sich einsam fühlt, kommt ein Umzug für sie absolut nicht in Frage.
Darf deine Schwiegermutter dort mal probewohnen? Dann könnte sie fühlen, ob es wirklich das Richtige für sie ist. Und wenn es ihr (letzter) Wunsch ist, umzuziehen, würde ich es ihr ermöglichen.
LG,
ez
Hallo! Vielen Dank für deine Antwort. Oh, das klingt ganz ähnlich wie bei uns. Ihr ist es auch ganz wichtig, dass die Wohnung zentral ist, obwohl sie sowieso nicht mehr viel draußen sein wird. Hm, nach Probewohnen haben wir jetzt nicht gefragt. Wir werden auf jeden Fall ihre jetzige Wohnung noch eine Weile freihalten, falls sie sich doch umentscheidet. Jetzt wohnt sie in ihrer Eigentumswohnung, die dann später vermietet werden soll.
Liebe Grüße!
Ich würde sie ziehen lassen.
Ich würde auch nicht davon ausgehen sie ins "offene Messer" laufen zu lassen.
Sie hat viel Lebenserfahrung und sicher habt ihr ihr schon alle Contra-Punkte genannt. Sie ist ein mündiger Mensch und trifft bewusst ihre Entscheidung - also Go.
Vielleicht kennt sie sich selber nach 89 Jahren am besten und weiß, dass sie nicht ins Unglück rennt.
Ihr solltet ihr klar sagen dass ihr nicht jedes 2. Wochenende zu Besuch kommen könnt - dass sie da keine falschen Erwartungen hat.
Und ich würde ihr auch sagen - "Falls du dort dennoch unglücklich bist, können wir bestimmt immer noch schauen, dass du wieder mehr in unsere Nähe kommst." Ein Umzug von einem betreuten Wohnen ins andere ist nicht unmöglich.
Aber natürlich mit Aufwand und Geduld verbunden.
Genau so sehe ich es auch. Sie ist 89, hat vllt jahrelang drauf gewartet zurück zu gehen und wenn sie weder hier noch dort Freunde hat, ist es im Prinzip ja auch egal 😅
Hallo! Vielen Dank für deine Antwort. Ich weiß leider nicht genau, wie durchdacht ihr Entschluss wirklich ist. Sie ist jedenfalls sehr auf meinen Mann fixiert, möchte eigentlich immer seine Meinung hören, auch wenn es um Kleinigkeiten geht. Aber wir werden auf jeden Fall dafür sorgen, dass ihre jetzige Wohnung (Eigentumswohnung) erstmal ein Weilchen frei bleibt, damit sie auch zurückkehren kann.
Liebe Grüße!
Weisst du, hier greift wie in jedem Alter ab Mündigkeit das Prinzip, dass man seine Fehler selber machen muss. Oder die besten Entscheidungen ever.
Deine SM hat einen Grund, sei es Sehnsucht nach dem Früher, das Bedürfnis nach Selbstbestimmung, Abscheu gegen den fremden Ort, an dem sie nie glücklich war, den dringlichen Wunsch, euch endlich nicht mehr dauernd bei sich zu haben… es kann so viel sein.
Du kannst ihr nicht hinter die Stirn schauen und du musst auch nicht ausbaden, wenn es falsch wäre.
Sie ist erwachsen, sie darf allein entscheiden und damit ist auch schon alles gesagt.
Lasst sie ihre letzten Jahre so gestalten, wie sie das möchte. Wenn sie dann mit Begeisterung die Nachbarn vom Balkon aus beschimpft… ja nun… wenn das nun mal sie ist könnt ihr ja froh sein, dass sie es nicht bei euch daheim macht.
Hallo!
Vielen Dank für deine Antwort. Tja, das Problem ist, dass wir nicht sicher sind, wie belastbar ihr geäußerter Wille, ihre Muendigkeit, noch ist. Aber ja, sie ist nicht dement, vielleicht altersstarrsinnig. Ich bin froh, dass ich es letztlich nicht entscheiden muss. Ich habe irgendwie das Gefühl sie abzuschieben. Aber klar, eigentlich brauche ich mir gar keine Gedanken zu machen, wenn es ihr eigener - vielleicht naiver, vielleicht aber auch wohl durchdachter - Wunsch ist.
Liebe Grüße!
Ganz einfach:
Sie ist alt genug, um zu wissen, auf was sie sich einlässt.
Will sie unbedingt dorthin zurück ziehen und ist sich der Tragweite bewusst, dass ihr dann nicht mehr täglich - auch nicht wöchentlich zur Verfügung steht, dann lasst sie das machen.
Wenn es nicht mehr ausreicht, dass mehrmals täglich ein Pflegedienst bei ihr vorbei kommt, dann muss sie halt in der Heimatstadt in eine Pflegeeinrichtung. Aber das wird ihr sicher bewusst sein.
Würde sie nach einem letztmaligen Gespräch diesbezüglich bei ihrem Vorhaben unterstützen.
LG
Hallo! Vielen Dank für deine Antwort! Tja, ob sie sich der Tragweite ihrer Entscheidung klar ist, können wir nicht richtig einschätzen. Aber du hast recht, letztlich muss sie entscheiden. Wir können nur beraten.
Liebe Grüße!
Eure Kinder sind noch nicht alt genug...
Im Jugendalter treffen sie auch komische Entscheidungen... Da musst du es auch aushalten, dass "du es besser weißt".
Und nicht selten stellen sich solche Entscheidungen als genau die richtigen raus!
Ich sehe es ein bißchen anders als meine Vorrednerinnen. Die Frau mag mit 89 Jahren erwachsen sein, aber wie fähig ist sie noch, Konsequenzen und dergleichen realistisch einzuschätzen? Ich sehe es in meinem Bekanntenkreis gerade bei einer, ich glaube, 83 jährigen Frau, die sich selbst für noch voll funktionsfähig hält und keinen Grund für ein Pflegeheim sieht. Tatsächlich schmeißt sie Termine durcheinander, kommt nicht mehr auf bestimmte Begriffe (Paracetamol), kann sich nicht mehr selbst die Haare waschen usw. Beharrt aber darauf, in ihrem Haus zu bleiben und erwartet von ihrer Tochter, dass sie 1½ h fahren soll, um ihr zu helfen. Tochter und Schwiegersohn haben mehrfach angeboten, sie in ihr Nähe zu holen, damit sie sie besser unterstützen können. Will sie nicht.
Wäre es vielleicht eine Idee, dass ihr mit der Schwiegermutter mal einen Ausflug in die alte Heimat macht? Dann kann sie selbst sehen, was sich alles verändert hat in den 60 Jahren und es keine Rückkehr in ihre Jugend ist.
Ich wünsche euch auf jeden Fall viel Kraft und dass ihr eine gute Lösung findet.
Liebe Grüße, jukimaus
Es zwingt die Tochter keiner die 1.5h zu fahren. Es gibt Pflegedienste, betreutes Wohnen, Putzhilfen, whatever.
Unser Vater wollte in seinem eigenen Zuhause alt werden und sterben. Er hat das zu jedem Zeitpunkt in voller Konsequenz umgesetzt. Putzhilfe, Notfallknopf, seniorengerechte Hilfsmittel im Alltag.
Ja. Es kann auch bedeuten, dass ein Senior stürzt und sich nicht selber helfen kann. Aber das ist bei 40ern auch möglich. Oder bei 20ern. Wichtig ist nur, dass derjenige sich darüber klar ist, was das bedeutet und dazu bereit, das zu tragen. Genau wie bei Impfungen, Medikamenten,Untersuchungen: man muss einfach wissen was geht und was es bedeutet, wenn es nicht geht.
Und ja: unser Vater ist in letzter Konsequenz in seinem Zuhause gestorben. So wie er das wollte.
Zwingen geht nicht, schon klar. Aber es wird emotionaler Druck aufgebaut, "sie ist ja die Einzige, die sie hat". Die Tochter versucht sich schon abzugrenzen, aber es zehrt halt trotzdem an den Nerven. Es ist ja auch die eigene Mutter. Jetzt hatte sie vor kurzem einen Herzinfarkt und die Tochter organisiert jetzt Pflegestufe, Haushaltshilfe usw. Leicht ist es trotzdem nicht.
Auch das schwere Krankheiten in jedem Alter auftreten können, ist mir bewusst. Ein Verwandter hatte vor einem ¼ Jahr einen Schlaganfall mit 34. Hat keiner mit gerechnet, er hat keine der Risikofaktoren erfüllt. Trotzdem steigt das Risiko mit zunehmendem Alter.
Und zu deinem letzten Absatz, da liegt ja mitunter das Problem. Die Frau schätzt eben falsch ein, was geht und was nicht und was nötig ist, damit es funktioniert. Ihre Tochter soll es halt möglich machen.