Seid ihr da wirklich tolerant?
Oder ist es doch so, dass ihr hofft, dass das eigene Kind den klassischen Weg mit Heiraten, Familie, Haus geht,?
Ich komme darauf, weil ich gestern bezüglich der Lebensweise meiner Tochter ein Gespräch mit ihr hatte und sie mir dabei Vorwürfe gemacht hat, ich sei nur vordergründig tolerant und überhaupt nicht bereit wirklich ernsthaft andere Sichtweisen zu respektieren.
So lange alles eine Phase ist ,ok, aber bitte nicht dauerhaft von der sog, Norm abweichen, so sieht sie meine Denkweise.
Sie fühlt sich und ihre Art zu leben nicht respektiert von mir aber auch teilweise von Freunden und Familie nicht.
Außerdem findet sie es überheblich und unangemessen, dass andere ihren eigenen Weg für das Non plus Ultra halten und ihre Lebensweise lächerlich machen oder sie nicht ernst nehmen.
Wie tolerant seid ihr bei Abweichungen eurer Kinder vom klassischen Lebensweg ?
Lebensweg bzw Lebensstil der eigenen Kinder
Hallo,
interessantes, aber auch schwieriges Thema, finde ich.
Natürlich hat jeder von uns eine Vorstellung vom Leben und wie dieses aussehen soll. Diese Vorstellungen beruhen auf verschiedenen Faktoren. Erziehung, Einfluss von außen, etc. Wenn dann jemand davon abweicht, ist es oft schwierig, das zu akzeptieren, weil es einem selbst irgendwie "falsch" vorkommt.
Ich weiß ja nicht, um was es bei euch geht - gleichgeschlechtliche Beziehung? Keine Ausbildung? Kein Studium? Kind ohne heiraten? Tattoos/Piercings im Gesicht? Da gibt es ja allerhand Themen, bei denen man sich die Köpfe einrennen kann.
Wir haben hier den Fall, dass der Sohn meines Mannes homosexuell ist. War erstmal ein Schock für ihn, mein Mann ist da sehr ablehnend eingestellt. Da es aber nun um den eigenen Sohn ging, hat sich das etwas gelegt und mein Mann hat sich damit abgefunden. Er wurde lockerer und offener und verteidigte seinen Sohn in der Öffentlichkeit vor Anderen, die ihn beleidigten/bedrohten.
Das Traurige ist jedoch, dass sich diese positive Wendung wieder ins Gegenteil umgedreht hat, da der Sohn völlig von der Rolle ist. Den ganzen Tag geht es nur noch ums schwul sein. Gay hier, Slay dort, Regenbogen überall. Schwarzer oder weißer Nagellack, auch beim Geburtstag der 85-jährigen Oma, die ist fast vom Rollstuhl gekippt. Und ja - es nervt.
Der ganze positive Verlauf wurde von ihm selber so zerstört, weil es in seinem Leben um nichts (!) Anderes mehr geht. In jedem 2., maximal 3. Satz fällt das Wort Gay oder schwul.
Langer Rede, kurzer Sinn: Der Kontakt wurde inzwischen minimiert, wir, vor allem mein Mann können das nicht mehr. Wir waren alle auf einem tollen Weg, aber es wurde uns zu viel, viel zu viel.
Toleranz in allen Ehren, jeder soll lieben wen und was er will, seine kurzzeitigen Partner waren auch alle lieb, aber das Leben dreht sich nicht nur um die Sexualität.
Und auch bei anderen Themen muss immer, finde ich, eine gesunde Mitte gefunden werden. Man muss nicht immer alles gutheißen, aber darf es auch nicht von vornherein verteufeln.
Weiß nicht, ob ich dir mit meiner Erfahrung helfen konnte.. Ich wünsche dir alles Gute.
Hallo,
die Frage, die sich mir hier stellt ist, wer die "gesunde" Mitte definiert. Das, was ich als "gesunde" Mitte definieren würde, kann für jemand anderen "ungesund" sein. Wenn jmd. z.B. sich lange Zeit für etwas geschämt hat oder sich zurückgehalten hat, kann es dann vielleicht sein, dass das Thema, wenn es erstmal "raus" ist, überhand nimmt und anderen aufgedrängt wird. Vielleicht pendelt es sich wieder auf eine gesunde Mitte ein, diese muss aber nicht Deine gesunde Mitte sein.
Weshalb ist die Oma fast vom Rollstuhl gekippt? Sass sie nicht richtig?
Meine Schwiegermutter hat nach dem Outing ihrer Enkeltochter, welche mit männlichen Geschlechtsmerkmalen geboren wurde, voller Stolz und Freude allen erzählt, dass ihr Lieblingsenkel nun ein Mädchen ist.
Als meine Schwiegermutter pflegebedürftig wurde und meine Tochter viel von der Pflege übernommen hat, freute sie sich noch mehr, sagte immer, es sei halt schon leichter von einer Frau gepflegt zu werden.
Mag sein, dass euer Sohn seine Homosexualität sehr offen lebt, gar zelebriert, aber wie kann man sich bitte an Regenbogenfarben und Nagellack stören?
Hallo,
ich habe selbst nie geheiratet und keine Immobilie erworben, von daher ist mir sowas egal.
Ich hoffe lediglich, dass meine Tochter auf Ihre Gesundheit achtet und beruflich etwas macht, was ihr Spaß macht und wovon sie ihre Rechnungen bezahlen kann.
Viele Grüße
H.
Ich finde das schwer zu beantworten. Klassischer Weg mit Familie gründen und Haus kaufen wäre mir jetzt nicht wichtig. Meinetwegen können meine Kinder auch gerne in einer Kommune leben und sich gegen eigene Kinder entscheiden. Sie können auch gerne Weltenbummler sein, aber genauso auch immer im gleichen Ort in einer Wohnung wohnen (egal ob alleine, zu zweit, zu dritt), eine Ausbildung machen, einen normalen Job in Vollzeit oder auch Teilzeit machen. Also mein erster Gedanke war, dass ich da schon tolerant bin.
Aber es gibt ja auch noch andere Modelle, z.B. alles in die Karriere stecken und 80h/Woche arbeiten. Da komme ich dann an meine Grenzen, weil es sich für mich nicht gesund anhört.
Letztendlich geht es mir ja nur darum, dass es meinen Kindern möglichst gut geht. Ich würde mir wünschen, auch im Erwachsenenalter einen guten Kontakt zu ihnen zu haben und somit regelmäßig einchecken zu können, wie es ihnen geht. Wenn ich dann das Gefühl hätte, dass ihnen ihr Lebensmodell nicht gut tut, hätte ich natürlich Bedenken.
Hm, ich denke, es ist echt schwierig, sich so ganz davon frei zu machen, dass man sich etwas bestimmtes fuer sein Kind wuenscht. Bei mir ist das zwar garantiert nicht "Heiraten, Familie, Haus", schon allein, weil wir selbst davon nur die Familie vorweisen koennen. Aber natuerlich habe ich Vorstellungen davon, was ein gutes Leben ausmacht, und wenn mein Sohn das spaeter ganz anders macht, dann werde ich mich sehr zusammen nehmen muesssen, um ihm da nicht rein zu reden.
Fuer mich gehoert zB dazu, Ziele im Leben zu haben und auf diese hin zu arbeiten. Sich ab einem gewissen Alter selbst zu finanzieren und sein Leben selbstverantwortlich zu gestalten, ist fuer mich auch wichtig. Sollte mein Sohn spaeter gluecklich damit sein, sich mit staatlicher Unterstuetzung ueber Wasser zu halten, die Naechte hindurch zu zocken und den Rest der Zeit einfach zu verduempeln... Puh... Das waere zugegebenermassen hart fuer mich.
Geht es mal darum, dass er keine Kinder will sondern lieber eine steile Manager-Karriere machen und ein Jet-Set Leben fuehren, oder darum, dass er trotz Begabung lieber einen ungelernten Job macht und seinen Heimatort sein Leben lang nicht verlaesst, dann sind das zwar Lebensentwuerfe, die ich so nicht gewaehlt haette, aber ich denke, damit koennte ich ganz gut umgehen. Auch ungewoehnliche Beziehungsformen faende ich zwar vielleicht nicht super, aber solange alles zwischen muendigen Erwachsenen stattfindet, wuerde ich versuchen, tief durchzuatmen und es zu akzeptieren.
Toleranz heisst ja nicht, dass man alles ganz toll findet, was der andere macht. Respektieren und ernst nehmen hingegen finde ich tatsaechlich sehr wichtig. Ich finde, die Kinder muessen damit leben, dass man ihren Lebensentwurf nicht besonders erstrebenwert findet und das auch sagen darf. Schlimm finde ich hingegen, wenn man ihre Entscheidungen als Phase abtut und nicht ernst nimmt. Ja, vielleicht ist das gerade eine Phase, und irgendwann aendern sie ihre Meinung, aber jetzt in diesem Moment ist das ihr Leben und das sollte man akzeptieren.
Allerdings ist mein Sohn noch jung. Mal sehen, ob ich spaeter tasaechlich so reagiere, wie ich mir das jetzt vorstelle.
Da auch ich nicht den klassischen Weg: Heiraten, Familie, Haus gegangen bin, wie sollte ich das dann erwarten?
Nicht, dass ich mir das nicht gewünscht oder mal so vorgestellt hätte, aber ich weiß eben, dass das Leben sich manchmal anders entwickelt.
Ich erwarte, dass mein Kind wirtschaftlich selbstständig wird. Und ich wünsche mir, dass es das unabhängig eines Partners schafft. Dafür versuche ich ihm alles auf den Weg mit zu geben.
Alles andere: was geht mich das zukünftige partnerschaftliche Leben meines Kindes an? Wenn es nicht monogam leben will - so what, sofern es glücklich ist? Das heißt ja nicht, dass ich nicht anderer Meinung sein darf, aber ich muss meinem Kind meine Meinung auch nicht ständig erläutern. Toleranz ist oft von beiden Seiten wichtig: ich sollte akzeptieren wie es lebt und mein Kind darf andersum auch akzeptieren, dass ich das eigenartig oder was weiß ich finde und dann ist aber gut.
Ist alles noch graue Theorie - mein Kind ist erst 9 - aber das habe ich mir so vorgenommen.
So ganz verstehe ich deinen Post nicht: dein Kind lebt ein anderes Leben, als du es dir gedacht hast. Das ist ja nun so und das schon eine ganze Weile. Erwähnst du immer wieder, dass du es doof findest oder wie kommt dein Kind drauf, dass du es nicht tolerierst?
Ich vermittle meinen Kindern: ihr könnt im Grunde tun und lassen, was ihr wollt, solange niemand anderes (Mensch, Tier, Umwelt, egal wann und wo) darunter zu leiden hat. Unsere herkömmlichen Lebensweisen sind da oft weniger rücksichtsvoll, insofern wäre ich sehr stolz, wenn sie eigene Wege finden, diesen Grundsatz besser umzusetzen, als das die üblichen Lebensstile bislang tun.
Vor kurzem antwortete hier eine Userin, dass es nachvollziehbar wäre, hätte man ein Problem damit wenn das eigene Kind sich als homosexuell outen würde. Damit würden die Vorstellungen der Eltern bzgl. Hochzeit und Enkelkinder zerplatzen, man müsse ihnen Zeit zum trauern einräumen.
Diese Antwort hat mich zum Nachdenken gebracht, da sie großen Zuspruch der anderen User erhalten hat.
Es ist mir jedoch tatsächlich völlig egal, was meine Kinder in Bezug auf Partner und Familienplanung für ein Leben führen. Ich habe noch nie von Enkeln oder Hochzeiten geträumt.
Mir ist es nur wichtig, weiterhin ein gutes Verhältnis zu ihnen zu haben. Nicht ausgegrenzt zu werden und an ihrem Leben teilhaben zu dürfen. Natürlich werden sie sich begrenzen, aber wenn ich manchmal die Beiträge hier lese was manche über ihre Schwiegereltern schreiben, wird mir oft Angst und Bange.
So lange meine Kinder nicht kriminell werden, keiner Sucht erliegen oder meinen auf Vater Staats Tasche liegen zu müssen wäre es mir, zum jetzigen Zeitpunkt, egal wie sie ihr Leben gestalten.
Glücklich sollen sie sein!!
Gut, wenn man so einen Lebensstil wie deine Tochter hat, sollte sie aufgrund ihres Kindes und zu dessen Schutz, ihr Leben auch privat leben und nicht jeden Hunz und Kunz darüber informieren.
Natürlich auch gewisse Dinge vom Kind fernhalten.
Aber wenn deine Tochter und ihre festen PartnerInnen damit glücklich sind... why not.
Leben und Leben lassen.