Dramen hinter den teuersten Gardinen.. SILOPO

Ich Komme aus einer Familie in der sehr großen Wert auf das äußere Erscheinungsbild gelegt wird. Der Vorgarten sieht aus wie geleckt und in der Einfahrt liegt kein Blatt. Niemals würde man streiten auf den Fenstern meiner Mutter sehen und die Vorhänge müssen was besonderes sein. ( es ist wirklich so, ich übertreibe nicht) ich bin vor 8 Jahren zuhause ausgezogen und mir wird immer mehr klar, was genau da bei mir zuhause alles vor sich geht. Meine Eltern liebten sich nicht, ich glaube das haben sie noch nie wirklich. Aber zusammen hatten sie sehr viel Geld. Mein Vater war viel auf „Dienstreise“ und meine Mutter verbrachte ihre Zeit mit putzen, Shopping und dem Nachbarn. Wir sind zuhause 4 Kinder. Mein Bruder (30), ich (28) und meine Zwillingsschwestern (24). Mein Bruder sollte immer unbedingt Medizin studieren, er war ja so schlau und so unglaublich ehrgeizig. Bis ca 23, da wurde er Alkoholabhängig und macht seitdem alle zwei Jahre einen Entzug. Bisher leider ohne langen Erfolg, außer dem trinken ist er ein feiner Kerl.
Meine kleinen Schwestern waren immer die kleinen. Verwöhnt bis oben hin und nie konnte man es der einen recht machen. Diese rebelliert übrigens heute noch gegen meine Eltern und hatte schon mit 16 mehr Partner als ich heute mit 28. jedes Jahr an Weihnachten bringt sie unangemeldet einen neuen Mann mit, bis heute 😂 meine andere Schwester ist die, die es am weitesten von uns gebracht hat, jetzt schon. Sie hat bereits ihren Master on Psychologie und steht über uns alle. Sie ist auch 500 km
Weit weggezogen um uns so wenig wie möglich zu sehen. Und dann gibts noch mich, mich die das alles nie so wahrgenommen hat und irgendwie eine andere Kindheit im Kopf hat als die anderen drei. Mich, die zu Tode traurig darüber ist, was in meinem Elternhaus nicht gestimmt hat… kennt ihr auch solche Familien und Geschichten? Sind meine Eltern wirklich schuld an der alkoholsucht meines Bruders und des leichten Verhaltens meiner Schwester? Laut melnen Geschwistern ist das so. Meine andere Schwester sagt, sie hat Psychologie sogar studiert um das Ganze besser zu verarbeiten. Probleme hab es bei uns zuhause nicht. Das stimmt. Dafür war nie Platz aber wie kann es sein, dass ich alles jetzt erst im Nachhinein so mitbekomme?

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Du nimmst es nur anders wahr, weil deine eigenen Erfahrungen und Vorstellungen mit reinspielen.
Meine Kindheit war saucool, meine Teeniezeit Rebellion pur. Kurz nach meinem Auszug dachte ich, das meine Eltern niemals Kinder hätten bekommen sollen....alles andere war ja wichtiger...sogar die "Ado mit der Goldkante"-Vorhänge. Ich höre meine Mutter heute noch, mit ihrem verstaubten Schmarrn von einer ordentlichen Hausfrau und wenn ich das nicht bin, dann heiratet mich keiner. Sehe sie heute noch, wie sie Unterhosen bügelt. Für Gefühle war kein Platz, sowas war nur überflüssiger Ballast. Und dann gab es mich, die so ganz anders tickte....man kann mich doch wirklich im Krankenhaus nur vertauscht haben, eine andere Erklärung kann es nicht geben....da waren wir uns irgendwie kurioserweise auch einig.

So in deinem Alter kam ich mal wieder von einem Besuch bei ihnen, völlig genervt bestellte ich mir meinen Lieblingsdrink in meiner Lieblingskneipe. Der Besitzer war doch ein Stück älter als wir. "Na Streß?" und ich legte los...#bla. Er hörte sich alles an, sagte nichts dazu, wertete es nicht wie meine Freunde das immer taten. Ganz am Schluß stellte er mir eine Frage: "Willst du deine Eltern verstehen?". Ich völlig irritiert, es lag doch alles klar auf der Hand...sie sind einfach nur ätzend und so kam von mir ein trotziges "Pah, wieso? Die wollen mich ja auch nicht verstehen!". Naja, irgendwie blieb mir seine Frage aber im Kopf, sie beschäftigte mich....gab es da wirklich was zu verstehen? Kaum vorstellbar. Trotzdem hakte ich beim nächsten Mal nach und seine Antwort war: "Wenn du deine Eltern verstehen willst, rausfinden möchtest was sie wirklich antreibt, dann musst du dich mit ihrer Kindheit und ihrer Zeit beschäftigen. Trau dich, das wird echt spannend werden und dir die Augen öffnen."

Naja, ich bin ein neugieriger Mensch und habe angefangen das umzusetzen, wusste erst nicht so ganz wie, aber dann klappte es....es war wirklich extrem spannend und am Ende war ich plötzlich Erwachsen und gönnte ihnen ihre "Ado mit der Goldkante" von ganzem Herzen. Diese Zeitreise hat uns irgendwie verbunden, wieder näher gebracht. Ich habe aus den Erzählunge so viel mitgenommen. Diese Phase war eigentlich die wichtigste zwischen uns.

Und ich kann dir das auch nur raten, denn im Grunde war deine Kindheit ja nun auch nicht so schlecht. Und nein, wir können uns nicht dauerhaft hinter usnerer Kindheit verstecken, wenn in unserem Leben was schief läuft. Natürlich gitb es die krassen Ausnahmen, Gewalt, Vernachlässigung....das ist eine andere Hausnummer udn hinterlässt andere Spuren.

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Das was der Mensch in einer Situation wahrnimmt und wie er diese interpretiert ist super individuell. D.h. es gibt nicht die „wahre“ Situation, sondern immer nur den subjektiven Ausschnitt einer Wahrheit.
Individuell ist auch das was die Situation oder die Erfahrung mit uns macht. Manche gehen stärker hervor und andere können daran zerbrechen. Das erklärt zum Teil, warum du nichts mitbekommen hast.

Geschrieben von
Sandwichkind, Rebellin als Teenager, mit vielen Partnern, die weiter wegzog um dem Wahnsinn daheim zu entkommen.
Mit einem älteren Alkoholikerbruder und einem unselbständigen Nesthäkchen, der immer nur vermitteln wollte.

Der Abstand war das Beste was mir passieren konnte und so interpretiere ich mittlerweile vieles anders. Ich habe mittlerweile ein sehr gutes Verhältnis zu meiner Familie.

Haben meine Eltern schuld am Alkoholkonsum meines Bruders? Bedingt, denn in erster Linie hat er sich für diese Art von „Lösung“ seines Problems entschieden. Er hat sich schon immer gern in der Opferrolle gesehen, ohne mal Verantwortung für das eigene Tun zu übernehmen.

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Hi,

du bist älter als deine Schwestern. Als du klein warst fand also noch Familienleben statt, sonst wären sie ja nicht gezeugt worden. Gerade die ersten Jahre prägen einen. Deine Realität kann also ganz anders aussehen, dazu kommt noch dein Charakter.
Natürlich hat man unterschiedliche positive und negative Dinge erlebt, die das weitere Leben beeinflussen. Aber wenn dies nicht zu tramatisch war, ist man doch selber seines Glückes Schmied. Man kann aus Fehlern lernen und versuchen es besser zu machen. Alternativ sollte man sich Hilfe suchen, wenn die Vergangenheit belastet. Manchmal hilft aber schon die Erkenntnis, daß nichts mit böser Absicht geschah.

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Hey,
Ich kann dir da die Geschichte von meinem Exfreund erzählen- wir waren bis letztes Jahr 13 Jahre zusammen. Er ist auch so ähnlich aufgewachsen wie du es erzählst. Der Vater hat früher getrunken und dann auch Randaliert etc. Beide Eltern sagen, dass sie sich eigentlich nicht lieben, leben nur nebeneinander her. Aber um so schlimmer es gerade innerlich ist, um so sauberer ist es nach Aussen. Du wirst dort nie ein Staubkrumen finden, die Wohnung wird alle halbe Jahre komplett neu gestrichen, in jeden sofakissen ist die kante genau in der Mitte.
Ich bin ganz anders aufgewachsen- im Gegenzug dazu echt etwas chaotischer aber dafür liebevoll und Lustig und so leb ich auch weiter. Wie gesagt, vor ca einen halben Jahr ist mein Partner ausgezogen. Grund war, dass er das Chaos mit mir und unseren Kindern nicht mehr ertragen konnte und er nicht Lust hätte, jedesmal nach den Salzstreuer zu suchen. Das hat mich natürlich echt fertig gemacht, aber inzwischen bin ich soweit, dass ich weiß, er hat wahrscheinlich eher ein Problem mit sich selbst, als mit uns und ist wirklich von seiner Kindheit falsch geprägt worden. Jetzt sitzt er alleine in seiner makellosen Wohnung und ist auch nicht glücklich. Ich weiß, daß ist Auxh wirklich ein extrem beispiel. Er konnte übrigens nie über das reden, was ihm stört ( hat er ja auch nie gelernt) und ist ohne Vorwarnung ausgezogen.
Seitdem hab ich viel darüber nachgedacht, was man als Eltern seinen Kindern so vorlebt und was das auch Jahre später für Konsequenzen haben kann.

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Mein Bruder und ich sind auch grundverschieden. Ich steh voll im Leben, erfolgreich im Beruf, Familie.,
Haus... er stolpert orientierungslos durchs Leben. Jahrelang behauptete er er habe wegen meinen Eltern Depressionen, rannte von Therapeuten zu Therapeuten. Ich konnte es nie verstehen ich fand wir hatten ein gutes Elternhaus, ich eine glückliche Kindheit. Mit 40 dann der Knüller, geschlossene Psychiatrie wegen akuter Suizidgefährdung. Und da kam raus dass er ADHS mit einer Spur ASS hat. Also ja seine Kindheit hatte dazu beigetragen aber meine Eltern waren mit ihm bei diversen hilfsangeboten, nur dass halt damals sein ADHS das halt eher untypisch war und nicht erkannt wurde ubd unerkannt ADHS ist eben oft der Grund für spätere Depressionen.
Also ob dein Elternhaus Schuld ist ist von vielen Fakt abhängig.

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Ich sag nur soviel unter jedem Dach ein „ach“

Glaube in jeder Familie gibt es mehr oder weniger Probleme ! Viele zeigen es nicht wollen nach außen die perfekte Familie sein!

Ich habe mich von meinen Eltern mit 30 Jahren gelöst , als mein Vater meinte seine Tochter muss den Mann verlassen und sich einen besseren suchen ( unsere 3 Tochter war ein paar Monate alt )
Für manche Eltern ist es schwer loszulassen , andere verstecken sich hinter perfekten Gardinen , perfekt nach Katalog eingerichteten Häusern etc.

Ich glaube als Kind sieht man gewisse Dinge nicht , es sind die Eltern die sich kümmern die „perfekt „ sind ! Als erwachsene und dann meist mit eigenen Kindern wird einem bewusst in welcher Fassade man gelebt hat !

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Ja aus dem Fernsehen.. Big little lies 🙏..

Real kenne ich keine Familie deren Verhalten so Stereotyp verläuft.

Wie ist dein Verhältnis zu deiner Mom? War sie liebevoll euch gegenüber? Hat sie euch ein Nest geschaffen oder war das auch nur Farce?

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Bis ich ne Therapie begonnen habe, habe ich mir nie Gedanken dazu gemacht, was bei uns in der Kernfamilie so lief...für mich war bis dato alles fein gewesen, außer, dass es mir auf einmal mit Anfang 30 sehr, sehr schlecht ging.
Ich trag mal kurz das zusammen, was mir in der Therapie bewusst wurde:
Vati Schwerstalki, schlagend, tablettenabhängig, spielsüchtig, ist abgehauen als ich 5 war
Mutti schwer traumatisiert (erster Mann tödlich verunfallt, mein jüngster Bruder ist als Kind an Krebs verstorben)
Bruder Alki, körperlich übergriffig in alle Richtungen, bipolar
Schwester mittlerweile halbwegs fit, hat 10 Jahre Therapie gebraucht, um auf uns klarzukommen
Ich Nachzüglerin, harmoniesüchtig, von allen geliebt, vor allem aber, weil ich als Sonnenschein den Neuanfang symbolisierte...um mich ging es dabei nie so richtig...

Keine Ahnung, ob es sich lohnt, hinzuschauen. Wir sind auch so ne Fassaden-Familie: Schickes Haus, schicker Garten... Der Horror sitzt im Gewebe dieser Familie...Für mich ist das sehr schmerzhaft, mich damit auseinanderzusetzen, Verdrängung finde ich auch legitim... so lange man damit glücklich ist. Und ich war´s mit dem Moment nicht mehr, wo ich Mutter wurde. Ich konnte das aber nicht einordnen. Mir ging´s einfach nur noch mies.

Bearbeitet von Inaktiv
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Also ich denke es ist zu kurz gedacht den Eltern die alleinige Schuld für die Alkoholabhängigkeit zu geben. Ihr seid in einem Abnabelungsprozess und dazu gehört auch das erlebte zu reflektieren.

Eltern können viel kaputt machen, soviel steht fest. Und dabei ist es völlig egal wie teuer die Gardinen sind.
Ich komme aus einfachen Verhältnissen, bei uns lief viel mit emotionaler Erpressung und Liebesentzug. Ich war ein sehr angepasstes Kind, immer benommen, keinen Ärger gemacht, sehr gut in der Schule. Mir ist erst klar geworden was meine Eltern mir angetan haben als ich meine Tochter bekam. Sie haben jedwede Gefühle meinerseits im Keim erstickt,
Mit den Folgen kämpfe ich heute noch. Kein Umgang mit Gefühlen möglich. Bin zwar beruflich sehr erfolgreich, arbeite mich aber in der Hoffnung auf etwas Anerkennung und Wertschätzung halb tot (hab kein Selbstbewusstsein und bin daher auf externe Bedürfniserfüllung angewiesen). Ich hab Schwierigkeiten im Kontakt mit Freunden, ich will immer anderen alles recht machen und bleib selber auf der Strecke weil es für mich so unheimlich anstrengend ist. Daher hab ich keine Freunde weil es mich zu viel Kraft kostet.

Also Eltern können die Weichen schon sehr falsch stellen, aber es liegt in der eigenen Hand etwas dagegen zu tun. Mit Absicht haben sie es sicher nicht gemacht.