Hallo,
lest meinen Text nicht, wenn ihr einen unerfüllten Kinderwunsch habt.
Ich wollte nach dem Abi ein Freiwilliges Ökologisches Jahr am Wattenmeer machen. Oder als Au Pair ins Ausland gehen. Damals war ich sehr jung und hab mir das von meinen Eltern ausreden lassen, die meinten, ich solle erst mal ein Studium anfangen und könne ja über ein Auslandssemester nachdenken oder in den Semesterferien bei irgendwelchen Projekten mitmachen, ohne direkt "ein ganzes Jahr zu verschwenden".
Inzwischen weiß ich natürlich, dass das keine Verschwendung gewesen wäre. Aber mit achtzehn, neunzehn habe ich auf sie gehört.
Ich hab bewusst einen Studiengang gewählt, für den ich wegziehen musste. Ich wollte nicht mehr zuhause bleiben und brauchte eine Rechtfertigung. Hätte ich in der Nachbarstadt Heilpädagogik oder Soziale Arbeit studiert (meine ursprünglichen Überlegungen), hätten meine Eltern von mir erwartet, zu pendeln.
Also habe ich eine Nischenwissenschaft angefangen. Zwischendurch fand ich es ganz interessant, hatte aber auch immer wieder Zweifel.
In den Semesterferien (oder in der vorlesungsfreien Zeit, denn wirklich Ferien sind es ja nicht) habe ich zwei mal für ein paar Wochen auf Bauernhöfen in Frankreich gearbeitet (vielleicht sagt euch WWOOF was). Das war die absolut schönste Zeit in meinem Leben.
Bei dem zweiten Aufenthalt bin ich ungeplant schwanger geworden. Wir hatten keine Beziehung und haben nur mit Kondom verhütet. Wir haben nicht mal gemerkt, dass es gerissen wäre oder ein Loch hatte. Er sagte, ich solle "es" wegmachen lassen. Das hab ich aber nicht geschafft.
Seine Eltern zahlen Unterhalt für unser Kind, aber weder sie noch er wollten meinen Sohn kennenlernen. Er wird jetzt zwei Jahre alt.
Ich liebe mein Kind sehr. Und manche Aspekte mag ich am Muttersein. Aber mein Studium war anstrengend und ich hab nur das Allernötigste gemacht und nicht so viel Vor allem da er immer von mir betreut wurde. Letztes Jahr sollte er in eine Kindertagespflege gehen, was wir nach drei Monaten missglückter Eingewöhnung abgebrochen haben. Ich hab trotzdem mein Studium beendet und vor wenigen Tagen die Masterarbeit abgegeben.
Im August wird mein Sohn in die Kita kommen und dieses Mal muss es einfach funktionieren, damit ich arbeiten kann. Allerdings hab ich Bedenken. Er war jetzt immer bei mir. Ich schaue nach Stellen. Am naheliegensten wäre ein Volontariat, aber das geht nur in Vollzeit. Niemand will eine Teilzeit-Volontärin mit Kind, wenn sich auf die selbe Stelle zahlreiche Vollzeit-Volontäre ohne Kind bewerben. Ich hab seit dem Pflichtpraktikum im Bachelor keine weiteren Praktika gemacht und dadurch (anders als Kommilitonen) keine Beziehungen geknüpft, die mir jetzt helfen, einen Job in meinem Bereich zu finden. Heute hatte ich ein Bewerbungsgespräch, das zuerst ganz gut gelaufen ist, bis sie mir gesagt haben, dass das Einstiegsgehalt der Mindestlohn ist. Nach mehreren Jahren Studium erscheint mir das nicht angemessen.
Ich hab zu den meisten Freundinnen den Kontakt verloren, denn wenn ich nicht studiert habe, hing ich meistens auf Spielplätzen rum. Da hab ich andere Freundinnen kennengelernt oder zumindest Bekanntschaften geschlossen, mit denen ich eigentlich kaum Gemeinsamkeiten habe außer Kinder im selben Alter.
Ich wäre gerne zehn Jahre später Mutter geworden. Wenn ich eine Zeit lang im Ausland war, wenn ich in einer guten beruflichen und finanziellen Situation bin, mit einem Partner, der sich einbringt. Aber dieser Zug ist natürlich abgefahren und an Tagen wie heute frustriert mich das. Ich liebe mein Kind sehr, aber die Situation belastet mich. Wie komme ich besser damit zurecht?
Ich wäre gerne zehn Jahre später Mutter geworden.
Hallo Karibu,
Ich kann dich ein bisschen verstehen. Das Leben mit Kind wird nicht leichter. Ich habe mein Kind noch vor dem Studium bekommen. Es ist halt kein typisches Studentenleben, ich habe dort keine Freundschaften geschlossen weil ich eben nicht mit auf Partys gehen konnte. Ich habe soziale Arbeit studiert und bis mein Kind 15 war, war in jedem Vorstellungsgespräch von ihr und Betreuung die Rede. Mir wurde sogar mal gesagt, dass wenn es nach der Bereichsleitung alleine gegangen wäre ich nicht eingestellt worden wäre. Der soziale Bereich ist nicht so sozial zu Angestellten.
Naja aber ich bin jetzt immernoch jung und kann alles machen und mein Kind ist groß. Wir verstehen uns super, auch wegen des geringen Altersabstands zueinander. Arbeit ist eben nicht alles im Leben. Genieße die Vorteile deiner jungen Mutterschaft. Fachkräfte werden überall gesucht lass dich nicht ausnutzen. Als Mutter hast du andere Qualitäten wie Organisationstalent.
Alles Gute
Danke, vor allem für den letzten Absatz.
Liebe Karibu,
ertsmal ziehe ich den Hut vor dir, dass du dein Masterstudium abgeschlossen hast. Das als Alleinerziehende zu schaffen ist wirklich eine starke Leistung.
Vielleich hältst du dir vor Augen wie jung du noch bist. Ich bin 45 und denke pausenlos über meine berufliche Weiterentwicklungen nach. Und nein, ich brauche noch keinen Rollator und keinen Pflegedienst (kleiner Spaß).
In 15 Jahren (und die gehen schneller vorbei, als man glaubt) bist du noch jung genug, alles zu tun, was du möchtest. Dann steht dein Kind vielleicht schon auf eigenen Beinen.
Ich bin bei "hätte-wenn-Überlegungen" immer recht pragmatisch. Ich hätte im Nachgang mit dem Wissen heute auch manches anders gemacht, aber diese Erfahrungen haben mich auch zu der gemacht, die ich bin. Ich lebe nicht in "Wünsch-dir-was" sondern in "so isses". Was hilft es, der Vergangenheit nachzutrauern? Ändert das etwas an der Gegenwart und Zukunft?
Als ich Soziale Arbeit studiert hab, haben mich alle ausgelacht:" Du findest eh nie einen Job." oder "Am besten machst du den Taxischein gleich mit." Inzwischen kann ich mich vor Jobangeboten nicht retten. Vielleicht ist dein Nischenfach der heiße Scheiß von morgen.
Alles Gute,
Lexi
Ja, du hast Recht. Es ist so, wie es ist. Trotzdem ist der Gedanke halt manchmal da, dass es anders leichter wäre. Sich in diesem Gedanken zu verlieren, bringt natürlich nichts.
Ich bin teilweise in einer ähnlichen Situation. Ich hab meinen Sohn auch im Studium bekommen. Er konnte währenddessen aus gesundheitlichen Gründen nicht in die Kita gehen.
Ein richtiges Studentenleben ist da natürlich nicht möglich.
Dass du alleinerziehend bist, ist eine zusätzliche Herausforderung. Trotzdem hast du dein Studium geschafft. Hut ab.
Ich verstehe, dass die berufliche Situation frustrierend ist. Das empfinde ich gerade ganz genau so. Ich hab allerdings online noch eine Weiterbildung gemacht, um bessere Chancen zu haben. Hab zwar keine Nischenwissenschaft studiert, aber eine Geisteswissenschaft mit Stellenmangel. Alternativ wäre vielleicht eine Promotion eine Möglichkeit? Da ist man immerhin flexibel. Der Zeitaufwand hängt stark vom Studienfach und vom Thema ab.
Wenn dein Sohn älter ist, hast du wieder mehr Zeit für dich. Und dann bist du immer noch nicht besonders alt.
Vielleicht kannst du auch mit Kind auf einem Bauernhof in Frankreich arbeiten?
Und ich denke, wenn dein Sohn in die Kita kommt, wirst du mehr Eltern kennenlernen, mit denen du vielleicht teilweise mehr Gemeinsamkeiten hast als mit den Spielplatzbekanntschaften (darauf hoffe ich gerade).
Schreib mir gerne ein PN. Username ordinary.
Darf ich frage, was du für eine Weiterbildung gemacht hast?
Und wieso schreibst du in grau, aber in deinem Text den richtigen Benutzernamen? (Sorry, erschien mir nur paradox.)
Ich hab bei der WWOOF-Arbeit niemanden mit Kind gesehen, stelle ich mir aktuell auch zu schwierig vor, aber vielleicht in ein paar Jahren. Danke für die Anregung.
Ich kann jetzt Deutsch als Fremdsprache unterrichten und Integrationskurse geben. Ich hab die Weiterbildung beim Goethe Institut gemacht.
Ich kann in diesem Forum nur in grau schreiben. Ich bekomme immer angezeigt, mein Username sei schon vergeben, wenn ich den Beitrag abschicken möchte.
Ich hab als Kind gerne mit meiner Mama im Garten gearbeitet. Ich weiß natürlich nicht, wie viel man auf so einem Bauernhof arbeitet und wie viel Freizeit man hat, aber ich kann mir vorstellen, dass das vielen Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter gefällt. Man kann auch mit Kindern tolle Aktionen machen.
"Ich wäre gerne zehn Jahre später Mutter geworden."
Joah, ich lieber 10 Jahre früher.....das Leben hat halt andere Pläne parat gehabt. Von daher...hätte, würde, könnte...alles Zeitverschwendung darüber nachzudenken, macht nur Knoten im Gehirn, man kann es ja nicht ändern und genau das sollte man eben annehmen können und müssen.
Es ist eben, wie es ist udn wäre es anders gelaufen, dann hat man ja auch keine Garantien, das alles so läuft, wie man sich das so vorgestellt hat.
Zum Gehalt kann ich nicht viel sagen, aber ein Studium (oder eine Ausbildung) alleine bringen einen eben nicht weiter. Die Berufserfahrung selber spült das Geld in die Kasse und da ist dann jetzt der Zeitpunkt gekommen, diese zu sammeln. Du hast doch trotz Kind deinen Abschluß gemacht....dann kommt jetzt Schritt für Schritt der Rest udnd as hat nichst mit dem Kind zu tun.
Ich bin auch jung - manche würde sagen zu jung- im Studium Mama geworden und es war das absolut beste was mir jemals passiert ist.
Das hilft dir jetzt natürlich aber nicht weiter, deswegen lasse ich meine persönliche Lebensstory mal weg :D
Für mich hört so an, als würde dir vorallem Unterstützung fehlen. Ein Partner, liebevolle und unterstützende Großeltern, Freundschaften. Du bist irgendwo einsam trotz Kind und das ist verständlich.
Ich kenne mich mit Volontoriaten nicht aus, aber ich meine dass da Mindestlohn ziemlich angemessen ist? Du bist ja nicht ausgelernt, sondern das gehört zu deiner Ausbildung dazu. (Beispiel: Im Studium habe ich 0€ bekommen, im Referendariat knapp über Mindestlohn (1600€), Mitreffis ohne Kind sogar weit darunter, nach dem Ref 3600€ netto). Du musst dich also einfach noch ein bisschen durchbeißen. Ohne Ref würde ich erstens kaum ne Anstellung finden und zweitens deutlich weniger verdienen. Ich fand den Berufseinstieg deutlich schwieriger als das Studium, danach wird es dann aber wieder irgendwann einfacher 😊
Dann würde ich versuchen, mir irgendwie ein Netzwerk zu schaffen. Du kannst nicht viel geben (kein Geld, keine Zeit) aber möchtest trotzdem verlässliche Menschen. Das ist schwierig, aber nicht unmöglich. Ansonsten gibt es auch die Telefonseelsorge - dort kannst du einfach mal abends um 9 anrufen wenn Junior schlummert und deinen Frust von der Seele quatschen. Dort gibt es auf deine Situation zugeschnitten dann vielleicht Lösungen, die du selbst gar nicht siehst und es ist jemand da, der dich (und nicht die Studentin oder Mama, sondern dich als Menschen) wahrnimmt und sieht. Alles Gute dir
Mindestlohn war in einem anderen Job. Ich glaub nicht, dass ich ein Volontariat machen kann. Ich hab bei denen, die in Frage kommen, angefragt, ob das auch in Teilzeit geht. Aber nein, leider nicht. Und Vollzeit kann ich mir mit Kind einfach nicht vorstellen. Vor allem da die Eingewöhnung in der Kindertagespflege überhaupt nicht geklappt hat und ich denke, ihn direkt Vollzeit in die Kita zu stecken, ist zu viel. Außerdem fangen sie im August an, genau so wie die Eingewöhnung. Das klappt natürlich nicht. Falls ich eins mache, dann nächstes Jahr.
Volontariate werden nicht gut bezahlt, dafür gehört das zur Ausbildung, das stimmt. Das andere wäre ein "richtiger" Beruf gewesen. Ich gehe nicht davon aus, dass das Gehalt viel besser wird.
Ja, das stimmt. Mit Unterstützung wäre es einfacher. Bisher bin halt ich alleine zuständig.
Doch, es wird deutlich einfacher wenn du erstmal im Job bist. Du sagst ja selbst dass deine Mitstudenten es einfacher haben weil sie freiwillige Praktikas gemacht haben.
Deine theoretische Ausbildung ist für Unternehmen weitgehend wertlos. Was wichtig ist, ist deine Berufserfahrung in dem Bereich. Wenn du dort gut bist, kommst du automatisch weiter. Es ist aber schwer gut zu sein, wenn du kein verlässliches Netz hast. Und ein verlässliches Netz ist keine Kita - dort sind die Kinder die ersten Jahre zumindest im Winter wegen Krankheit eh nicht anwesend. Du brauchst Menschen, die flexibel dein krankes Kind betreuen. Ohne wirst du in der Kitazeit nicht verlässlich einen Beruf ausüben können, so sch... das auch ist.
Oh lala, diese Französischen Sommeraufenthalte😁
Auch ich wäre so gern 10 Jahre früher Mama geworden, hätte es einfacher gehabt, mit anderen Mamas in Kontakt zu kommen, biologisch noch genug Zeit für mehr Kinder und auch wenn du es grad frustrierend findest: Dein Kind ist dann in der Altersspanne wo es relevant ist für deine Karriere durchzuziehen schon gut versorgt und du kannst theoretisch deswegen weite Würfe landen. Solang du halt gut bist. 😉
Ich musste mich bei meinem Kind entscheiden, internationale Führungsposition weiterspinnen und den relevanten grossen Schritt zur richtig coolen Karriere machen, oder eben das lang ersehnte Kind bekommen und Glück im Herzen haben.
Wenn ich zurückkomme ist der grosse Führungsposten wahrscheinlich nicht mehr drin, weil ich zu alt sein werde nach ein paar Jahren wieder reinkommen und Teilzeitarbeit. Will ich aber auch nicht mehr.
Diese Dienstreisen, seelenlose Kongresse, einsame Langstreckenflüge, oberflächliche Gespräche, leere Hotelzimmer… das war alles cool, als es nichts gab, zu dem ich abends gerne heimkommen wollte.
Jetzt wäre es Höchststrafe, das Wertvollste in meinem Leben ist zuhause und strahlt, wenn ich reinkomme.
Das weiss ich aber auch nur, weil ich vorher lange unfreiwillig in meinem Saft schmoren musste.
Ich weiss, du verpasst aktuell viel, aber du kannst später durchstarten, wenn andere grad viel verpassen.
Und seien wir mal ehrlich, wenn du dein Baby nicht abtreiben konntest weisst du ja, wie es dir ginge, hättest du es doch getan. Also ist doch das Sehnen nach einem anderen Leben irgendwie nicht so hilfreich für dein Glück.
Wie du selbst schreibst, sind deine Jobaussichten alles andere als rosig, deswegen würde ich erstmal den Job zum Mindestlohn annehmen und mich aus diesem Arbeitsverhältnis heraus wegbewerben. Aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis bewirbt es sich nämlich immer leichter als als (Langzeit)sarbeitslose. Je länger du nämlich arbeitslos bist, umso schwerer bist du vermittelbar.
Ich habe nach meinem Studium einen schlecht bezahlten Job angenommen, weil ich nicht zu lange arbeitslos sein wollte und mir nach ein paar Wochen die Decke auf den Kopf fiel. Wirklich mies bezahlt und ich musste viele unbezahlte Überstunden machen. Mein Chef war ein Choleriker. Und trotzdem hat sich dieser Job zumindest beruflich gelohnt. Ich konnte mich dadurch spezialisieren, den roten Faden in meinem Lebenslauf weiterspinnen und wurde mit steigender Berufserfahrung attraktiver für andere Arbeitgeber. Nach 1 1/2 Jahren hatte ich einen neuen, deutlich besser bezahlten Job. Letztes Jahr nach Rückkehr aus meiner Elternzeit habe ich mich erneut beworben und wieder eine deutliche Verbesserung hingelegt. Mein Gehalt liegt jetzt innerhalb der oberen 10% der Gehälter in Deutschland. Wie du siehst hat mir der Job nicht geschadet, sondern mir den weiteren Weg geebnet.
Dein Kind ist jetzt nun einmal da. Daran kannst du nichts ändern. Du kannst aber versuchen, beruflich etwas zu erreichen. Es ist normal, dass einem Berufseinsteiger nicht sofort der rote Teppich ausgerollt wird. Die wenigsten fangen direkt ganz oben in der Hierarchie an. Sei dir bitte also nicht zu schade für diesen Job, nur weil er nicht gut bezahlt ist. Wie gesagt, schon nach kurzer Zeit kannst du daran etwas ändern. Du brauchst jedoch erstmal einen Einstieg um an diesen Punkt zu kommen.
Was dir nun als Nachteil erscheint, wird sich zum Vorteil wenden. Denn wenn Leute in deinem Alter in 10 Jahren Kinder bekommen, bist du ganz gewaltig im Vorteil, denn dein Kind ist dann schon groß. Genieße die Zeit. Es wird sich gibt bestimmt alles fügen ❤