Hallo,
meine beste Freundin und ich kennen uns schon seit über 40 Jahren. Wir haben uns immer alles erzählt, waren immer ehrlich und offen zueinander und waren eigentlich wie Geschwister. Daher habe ich sie auch zur Patentante meines Kindes gemacht (daher auch die Kategorie Familienlieben).
Seit sie mit ihrem Mann verheiratet ist (15 Jahre) ist sie anders. Da wir uns nicht mehr so oft sehen, telefonieren wir alle paar Wochen miteinander. Die Telefonate laufen immer gleich ab. Ich erzähle was bei uns so passiert ist, was mich beschäftigt, schöne Dinge die passiert sind, aber auch die Negativen.
Wenn ich sie dagegen etwas frage, bekomme ich nur ausweichende Antworten oder aber Lügen aufgetischt. Das letzte mal haben wir am Zeugniswochenende telefoniert und ich habe ganz banal gefragt, wie das Zeugnis der Tochter (9 Jahre) ausgefallen ist. Daraufhin meinte sie nur, sie hätte es noch gar nicht gesehen, es wäre noch im Schulranzen (2 Tage lang)... Dann musste ihr Mann den Bauernhof aus finanziellen Gründen aufgeben und hat einen anderen Job angenommen. Das hab ich auch nur durch Dritte erfahren. Sie selber hat mir es bis heute nie erzählt (und das ist 2 Jahre her). So gibt es noch 1000te Beispiele. Sie will immer alles von mir hören, aber selbst erzählt sie mir nichts und bei ihr ist immer Friede, Freude, Sonnenschein. Das ärgert mich so, da ich weiß es dem nicht so ist.
Von meiner Arbeit weiß ich, dass ihr Mann sehr, sehr hoch verschuldet ist (mehrere 100.000€), alle Konten sowie der Lohn seit mehreren Monaten gepfändet ist und er steht kurz vor der Inso. Früher oder später wird die Bank nun wohl den Haus und Hof versteigern. Darauf habe ich sie selbstverständlich nicht angesprochen, aber ich bin ehrlich gesagt sehr traurig warum sie mit mir nicht darüber spricht. Ich bin ja keine Fremde.
Mittlerweile habe ich gar keine Lust mehr auf Besuche oder aber Telefonate.
Wie würdet Ihr Euch verhalten?
VGe
Warum verhält man sich so?
Ich weiß ja nicht, was du Ihr so alles erzählst, aber würdest du jemanden der bei dir von seinem schönen Leben erzählt sagen, dass du hoch verschuldet bist, dein Mann kurz vor der Privatinzolvenz steht und generell alles den Bach runtergeht? Ich würde es nicht tun. Das sind Sachen, die man anderen eben nicht gerne auf die Nase bindet, egal ob Freunden oder Fremden.
Auch finde ich die Frage nach dem Zeugnis schwierig, denn auch da erzählt nicht gerne jeder drüber, wenn das Kind vielleicht Probleme in der Schule hat. Geht andere im Grunde auch nichts an.
Deine Freundin wird vermutlich gerade einfach andere Probleme haben, als du Sie hast. Warum genau willst du also jetzt den Kontakt weiter einschränken? Nur, weil Sie dir gerade nicht gerne Ihre Probleme auf dem Silbertablett präsentiert?
Wie gesagt, ich erzähle ihr ALLES was mich beschäftigt. Auch damals als ich getrennt habe, habe es ihr als Erstes erzählt. Dafür sind meines Erachtens nach Freunde da, um mit ihnen durch dick und dünn zu gehen und denen man alles erzählen kann.
Die Sache mit dem Zeugnis finde ich albern. Selbst wenn das Kind in der Schule Probleme hat, kann man da unter Freunden doch drüber sprechen. Meine Große hat dieses Jahr im Zeugnis auch vier 4en. Das kann man doch erzählen. Dafür schäme ich mich doch nicht. Warum auch? Die Tochter meiner anderen Freundin ist schon 2x sitzen geblieben, das hat sie mir auch erzählt. Aber sowas würde meine "beste" Freundin nieeee erzählen.
Warum ich den Kontakt einschränken will? Weil sie NIE was erzählt und immer nur mich aushorchen will.
Aber nur, weil du immer alles erzählst, müssen das andere doch nicht auch machen.
Meine Mutter war früher so wie du. Es musste alles in der Familie erzählt werden, egal was es war. Ob ich das Studium beendet haben, ob ich mal schlechte Noten hatte oder auch als ich meinen Job mal verloren hatte..die Familie wusste nach 1-2 Tagen über alles Bescheid.
Das hat sich erst geändert, als es mal eine ordentliche Ansage von mir gab, weil das MEIN Leben ist und ICH entscheide, wem was erzählt wird. Wenn ich einen Pressesprecher brauche, dann gebe ich das frühzeitig bekannt.
Von daher ist mir deine Freundin sehr sympathisch, denn man muss nicht immer allen von seinen Problemen oder von seinem Glück berichten. Wenn Sie darüber reden möchte, dann wird Sie das schon tun, aber deswegen den Kontakt einzuschränken oder abzubrechen ist mir persönlich einfach zu viel des Guten.
Auch bei besten Freunden gibt es Dinge, die diese nichts angehen, oder wo ich nur sehr wenig erzählen würde.
Dazu zählen intime Dinge wie Finanzen, besonders Schulden, familiäres was andere als mich angeht und der Person peinlich sein könnte.
Der Mann will sicher nicht, dass alle Welt von seiner Insolvenz erfährt.
Das du da anders bist ist so lange OK wie es für dein Umfeld OK ist (weiss nicht wie dein Mann findet, dass du wirklich alles draußen erzählst).
Aber du kannst es eben nicht von anderen erwarten.
Vielleicht erzählst du zuviel über euch und die kommt gar nicht dazu über sich zu reden sondern ist immer der Zuhörer in eurem Dialog. Vielleicht solltest du euer nächstes Gespräch anders beginnen
Meine beste Freundin ist seit über 30 Jahren an meiner Seite.....ich eher so der labernde Wasserfall, der jeden frischen Pfurz breitreten muß.....sie eher von der ruhigeren Sorte, sie erträgt mich wirklich ganz tapfer.
Wenn sie sich allerdings zurückzieht, kaum noch berichtet und oberflächlich im Gespräch bleibt, dann weiß ich das bei ihr die Kacke richtig dampft. In dieser Phase redet sie wirklich nicht viel, keine Details....nur ganz leicht vernimmt man es in Form von "Alles doof gerade.". Aber, sie berichtet ausführlich, wenn sie aus dem Schlamassel wieder raus ist....sie braucht es für sich selber einfach, das sie die neuen Wege und Lösungen mitteilen kann.
Da kommt dann wirklich manchmal ne Menge zusammen, wo ich dann mal stundenlang keinen Ton sage, weil ich ihr zuhöre. Niemals, wirklich niemals, würde sie das alles am Telefon erzählen. Während der Kontakt in der Phase davor eher ihre Ablenkung ist.
Was wäre ich für eine Freundin, die sich enttäuscht zurückzieht, nur weil sie nicht so tickt, wie ich? Was würde ich von dieser Freundschaft erwarten, wenn ich sie nur mögen würde, wenn sie so handelt wie ich?
Ich weiß und merke an ihrer Art, das es ihr nicht gut geht....sie kommt schon, wenn sie soweit ist....bis dahin gilt das, was seit über 30 Jahren gilt....wenn wir uns wirklich brauchen, dann sind wir füreinander da....ohne viele Worte.
Wenn die Gerüchteküche brodelt, dann erstatte ich ihr darüber natürlich Bericht...aber das bedeutet nicht, das sie mir dann Rechenschaft schuldig ist oder ich dann die große Beichte erwarte.
Wenn du also (woher auch immer) weißt, das bei ihr die Hütte brennt....dann ist ein Zeugnis eines Grundschulkindes wirklich banal...das interessiert niemanden.
Ich finde deine Erwartungshaltung an eine so langjährige Freundin echt schräg.
Kann sie sich eigentlich denken,d as du so viele Informationen längst hast?
Absolut perfekter Beitrag! 👌🏻Bei mir und meiner besten Freundin ist es genau so, wie du beschreibst!
Aus der Sicht von jemanden, der durch eine gescheiterte Selbstständigkeit verschuldet ist (nicht so hoch wie die familie deiner freundin) :
Man scheitert nun mal nicht gerne. Scheitern ist in unserer Gesellschaft nun mal nicht anerkannt. Schulden ebenfalls. Da ist es häufig egal, warum man gescheitert und verschuldet ist.
Und wenn alle anderen von ihrem tollen Leben erzählen, Urlaube, Haus und man selber schauen muss, das am Ende des Monats noch genug Geld für das Lebensnotwendige da ist, dann sind das keine schönen Themen. Dann macht man das eben lieber selber mit sich aus.
Dagegen sind die Probleme anderer häufig nichts. Deine Freundin würde sich über manche Probleme wahrscheinlich freuen, wenn dafür ihre vergessen wären...
Sie wird viele schlaflose Nächte hinter sich haben. Diskussionen und Streit. Vielleicht ist da auch einfach keine Kraft mehr, darüber zu reden und möchte einfach nur ein wenig von dir abgelenkt werden.
Hinzu kommt, dass viele andere dann oft noch so tolle Vorschläge haben. Kann niemand in dieser Situation gebrauchen. Mitleid erst recht nicht.
Du hast zwei Möglichkeiten: sprich sie an, bitte ihr ein ernsthaftes offenes Ohr an.
Oder lass es einschlafen.
Bist du dir wirklich sicher, das du noch ihre beste Freundin bist, wenn du solch intimen privaten Dinge aus 3. Hand erfährst?
Woher WEISST DU DAS eigentlich alles?
Ich denke Du bist für sie keine "beste Freundin" mehr, wie du es vielleicht einmal warst.
Mit der Verschuldung habe ich nicht durch 3. Hand erfahren, das habe ich aufgrund meiner beruflichen Position erfahren.
Die bisherigen Antworten sind doch eher typisch Deutsch. Typ Einsiedler halt, niemand soll angehen, was hinter der Fassade los ist.
Dabei kann ich dich sehr gut verstehen. Ich habe da auch so eine Freundin, aber sie ist weit von der besten Freundin abgerutscht. Wir haben Kontakt, aber nur sporadisch. Genauso nervig wie andauernd schlecht gelaunte Menschen sind, genauso sind auch Menschen nervig, bei welchen immer alles gut und schön ist. Insbesondere bei guten Freunden. Denn wozu sonst eine Freundschaft, wenn man nur oberflächlichen Smalltalk führt? Zudem verbinden Ähnlichkeiten. Wenn das Leben deiner Freundin immer perfekt ist, fühlt man sich mit seinen Problemen doch sehr einsam. Und dann fühlt man sich auch veräppelt. Denn das Leben ist nicht so sauber. Von irgendwelchen Dritten Bekannten Dinge zu erfahren von der vermeintlich besten Freundin macht es nicht besser.
Manche Antworten finde ich auch voll drüber, wenn sie Tratsch mit dem Austausch innerhalb einer Freundschaft gleichsetzen. Weder ich trete die Probleme meiner Freunde breit, noch umgekehrt. Es tut mir einfach gut mal zu sagen, dass ich in der Erziehung/Beziehung/Haushalt/etc ein Problem habe und zu hören, dass ich nicht die einzige bin.
Ich würde den Kontakt daher reduzieren. Und ich schätze, du bist nicht die einzige in ihrem Leben, die auf sowas wenig Lust hat. Vielleicht merkt sie es noch. Oder aber sie möchte von ihrem Konstrukt nicht abweichen. Du musst es so oder so akzeptieren. Allerdings würde ich dann an der Freundschaft nur so lange festhalten, so lange sie dir noch gut tut.
Danke für Deine liebe Antwort. Und endlich mal einer der mich versteht und mir nicht den schwarzen Peter zuschiebt.
Wie du schon schreibst, es hat nichts mit Traschen oder alles Wissen wollen zu tun, sondern mit Vertrauen. Und das ist hier halt anscheinend nicht mehr gegeben. Wenn man sich gegenüber jemanden anderen öffnet und es kommt nichts zurück, ist es mit der Freundschaft wohl nicht weit her.
Hmmm... Ich selbst bin eher die Freundin, die ihre Probleme nicht weiter erzählt. Der Grund ist der, dass meine Freundin zwar intensiv ihre eigenen Sorgen diskutiert, aber wenn ich mal welche habe, reagiert due mit "Hm" oder "Ach, du Arme". Und dann erzählt sie wieder von sich.
Das ist keine Unterstellung, aber hat sie vielleicht auch den Eindruck, du hörst ihr nicht richtig zu, reagierst vielleicht anders als sie es gerne hätte (zb Mitleid statt auch mal einen guten Rat) oder genießt die Spannung "bei Cola und Popcorn"?