Ich möchte keinen Kontakt zu meiner Mutter (39ssw)

Hallo liebe Community,
das ist mein erster Beitrag und ich freue mich auf einen regen Austausch und eure Meinungen.
Ich erwarte in wenigen Tagen mein erstes Kind und ich überdenke seit der Schwangerschaft die Beziehung zu meiner Mutter und ob es das richtige ist, den Kontakt aufrecht zu erhalten.
Als Kind wurde ich emotional missbraucht, meine Mutter litt damals (vllt sogar auch noch heute) an einer PTBS/Depression und laut ihrer Aussage auch an BPS. Ich selber wurde aufgrund meiner Kindheit ebenfalls mit BPS diagnostiziert und als ich damals vor Jahren eine Therapie gemacht habe, wurde auch eine Parentifizierung zu meiner Mutter festgestellt. Heißt, ich habe mich schon immer für sie verantwortlich gefühlt und mich bereits als Kind um ihr Wohl gekümmert. Als ich sie vor ein paar Jahren auf diese Missstände aufmerksam machen wollte, entgegnete sie mir nur: "wenn deine Kindheit so schlecht gewesen wäre, dann würdest du heute nicht mehr leben."
Ich konnte mich trotz dieser schmerzhaften Aussage nicht von ihr lösen und habe dennoch die Nähe zu ihr gesucht. Bis zu dem Zeitpunkt wo ich schwanger wurde und im 8. Monat mit ihr zusammen nach Nordzypern gefahren bin.
Die Unterkunft war furchtbar. Wir hatten kein warmes Wasser, Ungeziefer (ich bin morgens aufgestanden und hatte unter mir Ameisen) und allgemein war das Zimmer nicht im besten Zustand. Meine Mutter wollte erst keine neue Unterkunft suchen, weil sie der Vermieterin keine Umstände machen wollte und sie selber kein Problem mit den Umständen hatte. Nur mit Hilfe von meinem Bruder und meinem Partner konnten wir sie überreden. Sie war dazu auch noch erkältet, wollte das aber nicht zugeben, hat fleißig weiter geraucht. Sie war der Meinung, dass man sich nicht darauf einlassen darf. Ich habe sie trotzdem umsorgt, Tee gemacht sie zum Essen animiert bis ich mich dann selbst angesteckt habe. Ich lag den ganzen Tag im Bett, Nebenhöhlen waren zu und bei der Hitze unerträglich auszuhalten. Meine Mutter hat sich nicht um mich gekümmert. Ich wollte nur noch nach Hause. Mir wurde bewusst, dass ich selbst in diesem Zustand, niemals die Liebe und Nähe von meiner Mutter erhalten werde, die mein inneres Kind braucht und es an der Zeit ist, mich um mich selbst zu kümmern.
Seit dem wir zurück in Deutschland sind rufe ich sie nicht mehr an. Der sonst tägliche Kontakt ist fast komplett eingestellt.
Dann habe ich vor ein paar Tagen an all unsere Verwandten ein kleines "Regelwerk"für den Umgang mit dem Baby und uns im Wochenbett geschrieben (z.B. kein unangekündigter Besuch, Hände waschen bevor man das Baby halten will usw...)
Ein Punkt bezog sich auf die Raucher*innen, wir möchten nämlich nicht, dass diese in der Anfangszeit unser Baby halten. (Wir haben vom Kinderarzt, Geburtsvorbereitungskurs und SDIS-Kurs erfahren, wie schnell Nikotin durch Kleidung und Hautkontakt auf das Baby übertragen werden kann) Meine Mutter rief mich dann an und meinte, dass wir dem Kind mit Impfungen viel mehr schaden würden (sie ist Impfgegnerin und durchgedreht als mein Partner und ich uns gegen Corona geimpft haben) und das Kind Liebe braucht. Wir würden uns nur verrückt machen und das wäre schädlich fürs Baby. Eine Stunde haben meine Mutter und ich diskutiert, an Forschungen und Studien glaubt sie generell nicht. Sie lebt in ihrer Schwurbler-Blase und lässt keine andere Meinung mehr zu.

Was soll ich sagen, ich bin fertig mit den Nerven. Einerseits möchte ich, dass mein Kind Kontakt zu seiner/ihrer Oma hat, andererseits dreht sich mir bei dem Gedanken mit meiner Mutter Kontakt zu halten, der Magen um. Sie ist und war keine sonderlich gute Mutter aber eine bestimmt sehr liebende Oma. Und das was zwischen uns steht, sollte nichts mit der Beziehung zu ihr und unserem Kind zu tun haben. Ich bin total überfragt...

Tut mir leid für den wahnsinnig langen Text, vllt ging es jemanden genauso. Ich freue mich auf eure Antworten.

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Mir ging es besser, als ich den Kontakt zu einem schwierigen Elternteil komplett abgebrochen habe. Habe nicht einmal mehr darüber nachgedacht später. Es war die beste Entscheidung meines Lebens

Nun sind wir wieder wegen der Familie in Kontakt leider. Das stresst mich, ich drehe einen Tag vorher schon durch. Nix hat sich geändert.

Also daher von mir ein klares "ja" Brich den Kontakt ab, wenn er dir nicht gut tut.
Du bist jetzt selbst Mama und darfst all deine Energie nutzen, um für das kleine da zu sein.
Du bist nicht mehr Ersatzmama für deine eigene Mutter.

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Danke für deine Beitrag! Und es tut mir leid, dass du dich den Problemen wieder stellen musst und sich seit dem Kontaktabbruch nichts geändert hat.
Wie hat denn der Elternteil generell auf den Kontaktabbruch reagiert? Und wie hast du das im Vorfeld kommuniziert? LG

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Wie geht es dir denn in der Zeit, wenn du keinen Kontakt zu deiner Mutter hast?

Es ist schön für ein Kind, wenn es auch andere Bezugspersonen hat. Das muss aber nicht die Oma sein.

Dass ein Baby Liebe braucht stimmt. Die bekommt es aber in erster Linie von euch, den Eltern.

Ich würde niemals einen Raucher in die Nähe meines Neugeborenen lassen. Bei meinen Kleinkindern auch nicht gern. Schwanger hab ich mich auch möglichst fern gehalten.

Ich finde, wenn du dich besser/wohler fühlst, wenn du dich von deiner Mutter fern hältst, dann ist das auch der richtige Weg. Gerade in der Schwangerschaft und eine gute Zeit nach der Geburt. Es spricht auch nichts dagegen den Kontakt später wieder aufzunehmen, falls du das wünschst.

Ich finde es ist sehr verantwortungsvoll von dir, dass du dir bereits Gedanken machst, wie du dein Baby schützen kannst. Toll, dass du das Selbstbewusstsein dazu hast. Bleib dabei und handele nach deinen Gefühlen. Nahestehende Personen unterstützen dich dabei oder akzeptieren deine Entscheidungen zumindest.

Bearbeitet von Sora2
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Liebe Sora2,
danke für deine Antwort und deine lieben Worte.

Tatsächlich geht es mir, seit ich den Kontakt eingeschränkt habe, sehr viel besser. Zu Anfang hatte ich die Befürchtung, dass es mir schwerer fallen könnte. Man muss dazu sagen, dass ich eine sehr schöne entspannte Schwangerschaft habe und lediglich der Austausch mit meiner Mutter zu Stress geführt hat.

Wir haben zum Glück eine sehr große, liebende Familie (auf beiden Seiten) und alle haben Verständnis für unsere Wünsche.

Ich möchte meine Mutter nicht verletzen, es würde ihr das Herz brechen, wenn ich den Kontakt komplett einstelle und sie dadurch das Kind nicht sehen darf. Aber ich finde deine Anmerkung gut, vllt nehme ich den Kontakt etwas später auf und dann muss man schauen, ob es so für uns funktioniert.
Ich muss mir mal Gedanken machen, wie ich ihr das am Besten erkläre.

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Ich verstehe deine Gefühle deiner Mutter gegenüber. Doch du bist nicht für ihre Gefühle und ihr Wohlbefinden verantwortlich.
Wenn der Kontaktabbruch für dich das Richtige ist, dann halte keinen Kontakt um ihrer Willen.

Eine Beziehung zwischen 2 Menschen wird nicht nur von einer Seite geführt. Wenn sie also nicht bereit ist auch etwas in eure Beziehung zu investieren (Verständnis, Akzeptanz, Respekt...) ist es für dein Seelenheil vielleicht besser keinen Kontakt zu haben.

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Aus eigener Erfahrung kann ich verstehen, dass du willst, dass dein Kind eine Oma hat. Aber um jeden Preis ist das auch nicht wünschenswert.

Meine Mutter war immer depressiv mit stark narzisstischen Zügen. Das hat sie komplett an mir ausgelassen. Mein Bruder war und ist ihr „goldenes Kind“. Ich habe gesehen, wie toll sie ihn mit seinen Söhnen unterstützt hat und hatte mir das gleiche für unsere Tochter erhofft.
Kurzfassung: sie hat bei meiner Tochter genau das gemacht, was sie auch mit mir gemacht hat. Und mir wurde schnell klar, dass ich mein Kind vor ihr schützen muss. Ich will auf keinen Fall, dass mein Kind das gleich wie ich durchmachen muss.
Ja, die Erkenntnis, dass sie nie die Oma sein wird, die ich mir für mein Kind wünsche und die sie für meine Neffen auch war, war hart. Aber so bin ich entspannter und das ist auch besser für mein Kind.

Eine gute Freundin von mir hat die Rolle der Ersatzoma angenommen und gibt ihr genau das was man von einer Oma erwartet: positive Bestätigung, Zuwendung und ganz viel Raum sie selbst zu sein. Ohne ständige Kritik, ohne schlechtes Gewissen zu machen.
So jemand, wenn auch nicht blutsverwandt, ist für ein Kind wesentlich wertvoller.

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Ich danke dir für deinen Beitrag und tatsächlich ist es bei mir ähnlich, mein jüngerer Bruder hat eine ganz andere Bindung zu meiner Mutter und war schon immer ihr Liebling. Wenn er sich mal ein paar Tage nicht bei ihr gemeldet hat, hat sie mich angerufen und sich Sorgen gemacht: "Hast du was von deinem Bruder gehört? Wie geht es ihm?"
Dabei wollte er meist nur seine Ruhe haben.

Spätestens dann wenn sie mir unserem Kind so umgehen würde wie mit mir, würde ich rot sehen und den Kontakt endgültig abbrechen.

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Ich würde das nicht vom Baby abhängig machen, sondern ganz allein davon, wie es dir mit bzw. ohne den Kontakt zu deiner Mutter geht. Ein Baby braucht sehr lange keinen weiteren Kontakt und ist wunschlos glücklich mit seinen Eltern. Und wie schon andere sagten, es können auch alle anderen beliebigen Personen Bezugspunkte werden.
Ich halte es auch für problematisch, wenn man sich Kindern wegen "zusammenreißt" und vor ihnen so tut, als wäre alles eitler Sonnenschein. Kinder merken, wenn auf zwischenmenschlicher Ebene etwas nicht stimmt und das ist meiner Meinung nach in manchen Fällen dann viel problematischer, als wenn einfach kein Kontakt bestehen würde. Hätte ich eine Mutter, die emotional hochmanipulativ agiert, dann hätte ich auch ein ziemliches Problem damit, dass sie viel Zeit mit meinem Kind verbringt. Solche Muster verfliegen ja nicht einfach, nur weil es sich jetzt um ein Enkelkind handelt.
Ich würde wahrscheinlich so an die Sache herangehen, dass ich meiner Mutter das erklären würde und wenn ich zweifeln würde und sie ebenfalls Interesse daran bekundet, dass ihr weiterhin eine Beziehung habt, dann würde ich es nur unter der Bedingung machen, dass ihr gemeinsam eine Therapie macht.
Ist allerdings fraglich, ob das zeitlich umzusetzen ist, wenn das Baby erstmal da ist.

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Vielen Dank für deine Antwort!
Damals schlug meine Therapeutin vor, dass meine Mutter ein paar Sitzungen mitmacht um ein paar dieser Themen zu besprechen. Sie hat sich dagegen entschieden und ist auch generell der Meinung, dass man keine Therapie braucht sondern alles selbst auflösen kann...

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Dachte ich mir schon.

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"Dann habe ich vor ein paar Tagen an all unsere Verwandten ein kleines "Regelwerk"für den Umgang mit dem Baby und uns im Wochenbett geschrieben (z.B. kein unangekündigter Besuch, Hände waschen bevor man das Baby halten will usw...)"

Ganz ehrlich, das mit deiner Mutter kann ich komplett nachvollziehen. Aber wenn mir jemand so ein Regelwerk schicken würde, hätte ich erst mal keine Lust mehr auf einen Besuch. Traut ihr euch nicht, direkt in der Situation zu reagieren? Ich hab einfach die Tür nicht aufgemacht, wenn ich niemanden erwartet habe. Das mache ich heute noch so, man ist ja nicht in jeder Lebenslage (Maske im Gesicht?) bereit, Besuch zu empfangen. Wer unangekündigt klingelt, muss damit rechnen und lernt es vielleicht auf die harte Tour. Genauso mit dem Halten vom Baby. Klar, gewaschene Hände sollen es sein. Ich hab dann gleich am Anfang gesagt "du willst dir ja sicher noch die Hände waschen, ich hab frische Handtücher hingelegt". Da hat keiner "will ich nicht" gesagt, ansonsten hätte ich gesagt "aber ich".

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Danke für deine Antwort.
Wie haben uns entschieden vorher allen bescheid zu geben, damit wir uns nicht dauernd wiederholen müssen und wir in der ersten Woche unsere Ruhe haben. Die Eltern von meinem Partner würden nämlich am liebsten mitkommen, wenn die Geburt losgeht und stehen auch gerne mal unangekündigt vor der Tür. So haben wir uns schon mal abgesichert und alle wissen Bescheid. Wir haben dazu auch nur positives Feedback und Verständnis bekommen, bis auf die Auseinandersetzung mit meiner Mum natürlich. Aus unserer Sicht haben wir alles richtig gemacht und können nun entspannt ins Wochenbett starten.

Bearbeitet von Ja9-
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Sehe ich wie du. Beim "Regelwerk" war ich raus.

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Ich finde du solltest dir noch ein wenig Zeit nehmen und ganz tief in dich reinhören was du für dich in Zukunft möchtest. Ich kann absolut verstehen, wenn du keinen Kontakt mehr möchtest, da deine Mutter dir wohl häufiger keine gute Mutter war und dich heute noch verletzt mit ihrer Art. Andererseits verstehe ich auch total, dass du deinem Kind die Oma nicht nehmen willst. Dennoch finde ich, dass das kein Grund sein sollte den Kontakt zu halten, wenn es dir ohne sie viel besser geht! Andere Bezugspersonen für dein Baby sind natürlich wichtig aber das muss nicht zwingend die Oma sein. Hast du ihr denn schonmal ganz offen kommuniziert wie du dich im Moment fühlst? Falls nein, wäre das vielleicht noch ein Versuch wert. Anhand ihrer Reaktion auf das Gespräch und deine Gefühle kannst du deine Entscheidung bestimmt auch leichter treffen. Ich wünsche euch alles Gute und hoffe alles wird gut!

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Vielen lieben Dank für deine Antwort und deine lieben Worte 🙏
Ich glaube so offen habe ich ihr meine Gefühle nie kommuniziert. Es wäre ein Versuch wert <3

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Ich wünsche dir noch alles Gute für die Geburt und ein erholsames Wochenbett

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Vielen lieben Dank! 🥰