Bruder im Maßregelvollzug besuchen?

Ich habe einen älteren Bruder und zu diesem seit bestimmt elf Jahren keinen Kontakt.
Ausschlaggebend dafür, war seine schwere Drogensucht und das er dadurch Kriminell geworden ist. Es sind auch noch andere Sachen vorgefallen, eher Kleinigkeiten, aber in der Summe des Ganzen, waren das meine Gründe.
Meinen Ältesten (16) kennt er, weil er mal einige Zeit bei meiner Mutter gelebt hatte (K1 war zu diesem Zeitpunkt 5-6 Jahre) und wenn sie K1 hatte, trafen die Beiden eben aufeinander.
Zu dieser Zeit war mein Bruder allerdings auch aus einem Entzug und Clean, weswegen ich den Kontakt da zugelassen hatte.
Er liebt seinen Neffen über alles. Laut meiner Mutter, waren die Beiden ein Herz und eine Seele. Auch K1 fragt öfters nach seinem Onkel.
Nachdem mein Bruder wieder rückfällig wurde und meine Mutter ihn rausgeworfen hatte, habe ich den Kontakt komplett eingestellt und meinem Bruder den Umgang mit K1 untersagt.
Das ist nun zehn Jahre her.
K2 und K3 kennt er gar nicht. Nur von Fotos, die ihm meine Mutter zeigt.

Aktuell sitzt mein Bruder eine zwei Jährige Haftstrafe ab. Allerdings in einem Maßregelvollzug. Dort macht er auch einen Entzug.
Meine Mutter hat weiterhin Kontakt, besucht ihn dort auch. Laut ihr, macht er sich super. Ist Clean und hat schon einige Hafterleichterungen bekommen. So wurde er auf eine andere Station verlegt und darf nun auch Besuch außerhalb des Hauses, also im Garten empfangen.

Mein Bruder fragt wohl regelmäßig nach mir und auch den Kindern. Ihm tut es wohl unglaublich leid, wie er auch mich behandelt hat und will vergangenes wieder gut machen.
Außerdem würde er gerne seine Neffen und seine Nichte wiedersehen bzw. kennenlernen.
für K2 und K3 habe ich das abgelehnt. Sie sind viel zu jung, um das zu verstehen.
K1 ist da etwas anderes. Er wird 17 und fragt immer wieder mal nach seinem Onkel und erinnert sich auch gut an ihm. Mein Bruder hat nun den Wunsch bei meiner Mutter geäußert (es läuft über meine Mutter, weil er kein eigenes Handy haben darf und er nur über ein Station Telefon telefonieren kann), ob ich ihn nicht zumindest mit K1 besuchen kann.

Ich bin zwiegespalten. Einerseits würde ich ihn gerne auf seinen weiteren Lebensweg unterstützen und ich habe auch die Hoffnung, weil es aktuell so gut läuft, dass er nun endlich sein Leben in den Griff bekommt.
Anderseits hatte er schon einige Entzüge und ist jedes Mal rückfällig geworden.
Ich weiß nicht, ob ich das mir und vor allem meinem Sohn antun will.
Es würde aber auch mir gut tun, wenn man vergangenes mal ansprechen und eventuell auch klären kann. Es sind viele Verletzende Dinge vorgefallen und gesagt wurden, von seiner Seite aus.

Ich bin echt zwiegespalten.
Wie würdet ihr handeln?

1

Dein Soh ist 17. Er kennt die ganze Familiengeschichte und ist in einem Alter, in dem er selber beurteilen kann, ob er den Onkel besuchen möchte, oder nicht.

Ich würde es unterstützen.

LG

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Ich persönlich sehe da kein Problem, dein Sohn kennt ihn und aus deinem Text kann ich nichts auslesen das er ihn jemals irgendwie gefährdet hat. Warum also nicht wenn dein Sohn das auch möchte.

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wenn dein Großer es wünscht, kann er sich ein eigenes Bild machen.
ebenso entscheidest du über dich und über die Kleinen.
es gehört zum Vollzug, sich unterzuordnen, eigene Wünsche hinten anzustellen. er muss sich nicht nur geläutert zeigen, sondern auch akzeptieren das nicht alle alles verzeihen können.
eure Mum, hat schon genug mit dem ganzen zu kämpfen, wenn Kontakt dann auch nur mit ihr, sie möchte die Familie vereint sehen wollen, so wie sie früher mal war..
aber Zeiten und Menschen ändern sich und eine zweite Chance oder dritte hierzu, es kostet mehr als nur seine Kraft...
ein wirkliches Zurück, manchmal nur zu mehr Leid führen kann.
buddl1,

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Ich persönlich, ganz persönlich, würde warten bis der Bruder sozial und suchttechnisch stabil ist.
Also Entzug durch, draussen, integriert, clean. Und das würde ich ihm genauso mitteilen.
Worst Case: die beiden bauen wieder eine Beziehung auf, dein Bruder kommt raus und kippt wieder.

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Dem schließe ich mich an.

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Wenn dein Sohn nicht sehr labil ist und es gerne will, würde ich es wohl machen. Ich würde mit ihm darüber sprechen, dass der Onkel jetzt eine Therapie macht und es aktuell ganz gut aussieht. Dass man es aber nie weiß, weil einfach viele Leute wieder anfangen.

Ja, man weiß nie, wie es sich entwickelt. Das kannst du deinem Sohn so sagen. Aber ich denke, dein Sohn ist zu alt, un da jetzt bei einem Besuch (und vielleicht - vielleicht auch nicht) bei einem zweiten im nächsten oder übernächsten Monat, eine total intensive Beziehung aufzubauen. Vielleicht möchte er es auch einfach Mal sehen, un es besser begreifen zu können. Ich stelle mir da für ihn den Zwiespalt aktuell schwierig vor. Er hat eine vielleicht kindlich-verklärte Erinnerung an seinen Onkel und an schöne Momente mit ihm und dann ein (Halb?-)Wissen über seine Drogenprobleme. Könnte mir vorstellen, dass es für ihn wichtig ist, das beides zusammen zu bringen.

Und btw. Ein besseres Beispiel, warum man keine Drogen nehmen sollten, werdet ihr wohl nicht mehr finden.

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Dein Sohn weiß von dem Wunsch des Onkels? Ich lese das jetzt nicht raus.

Für mich klingt es so, als wenn der Wunsch nur an dich rangetragen wurde und dein Sohn aus eigenem Antrieb nach seinem Onkel fragt.

Es ist wahnsinnig viel Zeit vergangen. Mir wären jetzt zwei Punkte wichtig....dein Sohn sollte selber entscheiden entscheiden können, er ist alt genug und man kann mit ihm ja auch alles thematisieren. Über seinen Kopf hinweg entscheiden, aus dem Alter ist er wirklich hinaus.

Der zweite Punkt, da ich weiß wie sich ein Besuch in einem Gefängnis anfühlt, würde ich dem Sohn eindringlich dazu raten, das Treffen (dem du ja nicht mehr im Weg stehst) auf die Zeit nach der Haft zu verlegen...einfach weil man sich dann wirklich kennenlernen kann, auf neutralem (!) Boden.
Für die Haftzeit könnten die beiden schriftlich oder telefonisch schon langsam Kontakt aufnehmen.
Und ich, als Mutter, würde meinem Bruder deutlich machen, das ich nicht im Wege stehen werde, aber an ihn appelieren von einem Treffenswunsch in der Haftzeit abzusehen. Ihm müsste eigentlich klar sein, warum....das er das nicht selber so sieht, fällt mir als einziger (egoistischer) Punkt negativ auf.

Wie du für dich persönlich entscheidest, das ist alleine dein Ding...aber über deinen fast volljährigen Sohn darfst du aus meiner Sicht da nicht mehr bestimmen.

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Hi,

ich würde mit deinem Sohn darüber sprechen und ihm klar machen, dass es keine Garantie gibt, dass dein Bruder nicht wieder rückfällig wird und ob er trotzdem dort hin will.

Ein Besuch im Gefängnis ist gar nicht so verkehrt für Jugendliche finde ich grundsätzlich. Ich war schon ein paar Mal in der JVA bei uns, da die dort auch eine Tischtennismannschaft haben und wir in der Verbandsliga dort spielen. Logischerweise hatten die kein Auswärtsspiele. :D Es war immer seltsam. Erstmal alles abgeben, dann muss jede Tür aufgeschlossen werden, wieder hinter uns zugeschlossen werden. Wir hatten ein Mal auch einen 16 jährigen dabei, der war sichtlich "beeindruckt". So als kleine zusätzliche Abschreckung, das mal zu erleben, ist gar nicht verkehrt.
Und dann erzählt dir dein Gegner nebenbei , dass er 15 Jahre sitzt, wegen Mord. Es war schon etwas seltsam, obwohl die Insassen, die gespielt haben sehr nett und freundlich waren und auch die Wärter sehr nett.

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Ich würde bisschen auf die Umstände schauen: Ist dein Sohn da abgeklärt, weiß er, dass dein Onkel Mist gebaut hat mit Sucht und Kriminalität, oder neigt er eher zum Bewundern? Im zweiten Fall ist Kontakt gefährlicher, man rutscht oft über das Umfeld in Sucht und Kriminalität rein. Dann solltest du noch berücksichtigen, dass dein Sohn in einigen Monaten 18 wird. Dann kannst du ihm sowieso gar nichts mehr verbieten.

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Ich würde ihn dort nicht mit deinem Sohn besuchen, sondern abwarten, wie es sich nach der Haft entwickelt. Erst dann wird sich zeigen, ob er wirklich von dem Zeug weg kommt und sich im Leben etwas aufbauen möchte oder ob er erneut in alte Muster verfällt und wieder abstürzt.
Draußen sieht die Welt doch nochmal anders aus als im Vollzug und die Freiheit bringt einige Tücken mit sich.

Für dich selber (also alleine als Schwester) musst du entscheiden, wie sich der Gedanke des Kontakts für dich anfühlt.
Ich würde meinen Bruder vermutlich besuchen, wenn ich ihm verziehen hätte. Da es bei euch aber mehrere geschädigte oder nicht ganz einfache Beziehungen innerhalb der Familie (mit ihm) gibt, würde ich die Kinder vorerst außen vor lassen, bis sich eins nach dem anderen geordnet und stabilisiert hat.
Du musst ja vermutlich auch erstmal für dich selber herausfinden, wie es dir mit einer erneuten Kontaktaufnahme geht.