Wer hat schon alles den Kontakt zu seinen Eltern abgebrochen?

Mich würden mal Geschichten von Usern interessieren, die schon einmal den Kontakt zu ihren Eltern oder einzelnen Elternteilen abgebrochen haben?

Was hat zu dem Abbruch geführt?
Wie lange hat der Prozess bis zur Entscheidung gedauert?
Wie wurde der Abbruch gehandhabt?
Wie ging es euch vorher und nachher (kurz- und langfristig)?
Hättet ihr irgendetwas an der Entscheidung nachträglich anders gemacht?
Kam es später noch einmal zu einer Annäherung?
...

So ganz ohne konkreten Anlass ist die Umfrage natürlich nicht. Ein ziemlich langer roter Faden an Enttäuschungen mit meinem Vater hat mich bis kurz vor diesen Entschluss geführt. Der letzte berühmte Tropfen zum Überlaufen: mein Vater ist Zeit seines Lebens sehr begeistert für eine bestimmte Sportart, er war darin sowohl selbst als auch im Management ziemlich erfolgreich. Seit gut 2-3 Jahren ist auch sein Enkel in dieser Sportart aktiv, nur interessiert sich der Großvater so gut wie gar nicht dafür. Zwar wohnt er gute 200km entfernt, hat es aber seit über einem halben Jahr nicht einmal geschafft, sich ein Spiel seines Enkels anzuschauen. Vor ca. 2-3 Wochen wurde es mir dann zu viel und ich habe erst telefonisch und dann schriftlich meinen Unmut darüber insofern bekundet, daß es mir für meinen Sohn persönlich leid tut daß sein Großvater offensichtlich kein Interesse daran hat. Mündlich hieß es dann erst, der sei ja schließlich kein Bundesligaspieler; schriftlich hieß es dann, meine Kritik sei anmaßend. Das hat mich dann insgesamt sehr verletzt, erst die Gleichgültigkeit und dann die typische Art, mit Kritik (auch wenn sie sachlich ist) umzugehen - nämlich erst einmal auf Gegenangriff zu schalten. Der rote Faden ist deshalb so lang, weil das Desinteresse schon in meiner eigenen Jugend anfing und sich jetzt mit meinem Sohn fortsetzt, dabei hatte ich wirklich gehofft daß mein Vater mit der Geburt seines Enkels einige Versäumnisse von früher wettmachen würde - das ist leider nicht eingetreten.

Auffällig ist momentan, daß Ärger und Enttäuschung nachhaltig weiter wirken und sich das nicht abschwächt. Ich frage mich, ob wirklich mal eine Pause oder gar mehr notwendig sind um hier Abstand zu gewinnen. Denn auf der einen Seite machen die Großeltern nicht den Eindruck daß ihnen eine Kontaktpause groß etwas ausmachen würde und auf der anderen Seite ist gerade mein Vater extrem beratungsresistent, lässt nur seine eigene Meinung zu, hält sich selbst für den Größten und steht für ein ziemlich veraltetes Bild der Gesellschaft. Ich habe mir schon einige Male Gedanken gemacht, den Kontakt zu pausieren oder abzubrechen, aber man kennt das ja: das wirkt immer wie eine hohe Hürde bzw. eine übertriebene Maßnahme.

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Ich kann deine Gefühle sehr gut nachvollziehen.

Auch wenn ein Kontaktabbruch hier "anscheinend" sehr erholend für deine Seele wirken würde, kann ich dir ans Herz legen, es nicht zu tun.

Und das schreibe ich dir, weil ich selbst Erfahrungen (bezüglich meines Vaters) gemacht habe.


Ersteinmal bewirkt ein Kontaktabbruch eine große seelische Wunde, die dich immer wieder berührt und wieder aufreißt. Es scheint eine Lösung. Ist aber nur eine Promblematik an sich, die dich andauernd weiter beschäftigen wird, genauso wie diese passierten Ereignisse. Denn vieles wird unausgesprochen bleiben und wirst du auch nie deinen Grundsatz, der dir so wichtig ist, bei deinem Vater klarmachen können. Du hast deinen, er seinen und es wird immer so ausgelegt werden, als ob du den Kontaktabbruch ganz ohne Grund herbei geführt hättest. Das heisst, du wirst als die sensible hingestellt, die wahrscheindlich irgendein psychisches Problem oder sonst was für Probleme hat. Dein Vater wird es nie einsehen.

Ich sag dir, was wirklich hilft.

Kompletten emotionalen Abstand, keine Erwartungen mehr in jeglicher Hinsicht, kein Ankommen lassen der negativen Gefühle, wenn mal wieder die Generationskeule geschwungen wird (womit ja sehr viele in unserer Generation nur sehr schwer mit umgehen können, es ist wahrlich nicht leicht. Nicht nur für dich).

Lass dein Vater dein Vater sein und beschränke den Kontakt auf ein Minimum, ohne Erwartungen. Lass die Gespräche oberflächlich nett sein und ihn wieder gehen. Du musst für dich akzeptieren, das dein Vater die Gefühle für dich oder deinen Sohn nicht in der Hinsicht wiedergeben kann, wie du es dir so schön ausmalst. Lass ihn sein und lass den Vater deiner Träume gehen.

Er ist dein Vater, du bist aus ihm entstanden und für ihn wird sicherlich seine Art von Liebe für Euch da sein, die er nur so zeigen kann, wie er sie zeigt.

Arbeite quasi einfach an deiner "Einstellung". Quasi Gehirn - links - unten - Einstellungen - Erwartungen - Vater ... auf Null herunter fahren.

Bearbeitet von Jefour
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Hallo Jefour,

vielen Dank für die offenen Worte, da war einiges dabei das zum Nachdenken angeregt hat. Vor allem die Sache mit dem emotionalen Abstand liegt für mich nahe an der eigenen Realität, das ist wahrscheinlich die angemessenste Herangehensweise. Es hat in der langen gemeinsamen Zeit schon zu viele Enttäuschungen gegeben (vielleicht ja auch beidseitig) die vielleicht so gar nicht mehr zu kitten sind. Am Ende ist ja jeder wie er ist und man sollte vielleicht auch nicht versuchen, den Gegenüber zu seinem Ideal umzubauen, das kann ja gar nicht gut gehen. Die vielen Antworten hier im Beitrag haben mir jedenfalls gezeigt, daß es dieses Thema in unterschiedlichster Ausprägung gibt und jeder musste seinen eigenen Weg finden, dem zu begegnen. Immerhin kann ich sagen, daß der gemeinsame Erfahrungsaustausch eine wertvolle Unterstützung dabei ist, seinen eigenen Weg zu finden.

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Abgebrochen nicht, aber vor Jahren reduziert, da meine Mutter, und jetzt nehme ich das modewort her weil es wirklich passt, übergriffig war.


Telefonate waren seltener und kürzer, was ihr nicht passte.

Höhepunkt waren ca 10 anrufe /Tag da sie es nicht verstand dass ich noch zurück zog.

Ich stand das durch, sie litt, mir ging es irgendwann besser. Es gab keinen offenen Streit, keine Aussprache. Unser Verhältnis ist dennoch gut, sie kümmerte sich grandios um ihren enkel.

Heute haben wir ein harmonisches Verhältnis, ich kann mit Sorgen zu ihr kommen.

Bei dir habe ich den Eindruck ein Kontakt Abbruch würde dir mehr wehtun als ihm.

200 km sind auch eine ganz schöne Entfernung und ein halbes Jahr empfinde ich da jetzt nicht als soo lange.

Anstatt Kritik hätte ich ihm Videos eines Spieles geschickt, kann aber gut sein dass du da auch enttäuscht bist weil er z. B. Fehler sieht und kritischer ist da er von dieser Sportart viel versteht.

🙈 Hab ich selbst Eltern erlebt wo der Schiedsrichter damit beschäftigt war die in die Schrank zu weisen weil sie sich am Spielfeld Rand unmöglich benahmen.

Wenn mich jemand zu etwas drängen würde würde ich mich auch wehren.

Akzeptiere einfach die Situation so wie sie ist, deinen Unmut hast du kund getan, lass vor allem deinen Sohn da raus, und es ihm nicht merken was du denkst.

Wenn du den Kontakt abbrichst, dann kappst du auch seine zum Opa.

Insgesamt finde ich es auch als nicht Grund genug nur weil er es ein halbes Jahr nicht schaffte zu einem Spiel zu kommen.

Alles gute dir

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Vielen Dank für die Einblicke auch an dich

>Bei dir habe ich den Eindruck ein Kontakt Abbruch würde dir mehr wehtun als ihm.

Das kann ich kaum beurteilen, ich merke aber auch daß es mir nicht gut tut, mich ständig aufzuregen und zu ärgern. Das passte schon die erste Antwort hier, emotional herunterzufahren, als Empfehlung ganz gut.

> 200 km sind auch eine ganz schöne Entfernung und ein halbes Jahr empfinde ich da jetzt nicht als soo lange.

Wenn man als Großeltern keinerlei Verpflichtungen hat (nicht mal mehr das Haustier), verstehe ich einfach nicht, wieso man kein allzu großes Interesse an seinen Enkelkindern zeigt. Das ist im Übrigen bei den beiden meines Bruders ähnlich und die wohnen ähnlich weit weg.

>Anstatt Kritik hätte ich ihm Videos eines Spieles geschickt, kann aber gut sein dass du da auch enttäuscht bist >weil er z. B. Fehler sieht und kritischer ist da er von dieser Sportart viel versteht.!

Interessanter Ansatz, ich vermute aber daß ich das gar nicht so ohne weiteres hätte machen dürfen wegen Datenschutz der anderen Kinder... Meine Vermutung ist aber eher, daß das gar nicht großartig kommentiert worden wäre.

>Wenn mich jemand zu etwas drängen würde würde ich mich auch wehren.

Von Drängen war auch keine Rede, ich habe vielmehr meine Enttäuschung darüber geäußert daß ihn das anscheinend wenig bis gar nicht interessiert.

>Insgesamt finde ich es auch als nicht Grund genug nur weil er es ein halbes Jahr nicht schaffte zu einem Spiel zu >kommen.

Das wäre in der Tat etwas drüber. Es geht hier aber insgesamt um das kaum vorhandene Interesse.

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Ich habe mittlerweile das zweite mal den Kontakt zu meiner Mutter komplett eingestellt. Unser Verhältnis war schon immer schwierig, sie war immer total übergriffig oder völlig desinteressiert, schon in meiner Jugend.

Das erste mal war sie mit meiner Partnerwahl nicht konform und hat es mir deutlich zu verstehen gegeben. Nach einigen unschönen Diskussionen und Beleidigungen ihrerseits (der Partner war körperlich behindert) habe ich den Kontakt eingestellt. Sie kam nach einem Jahr wieder angekrochen. Da war ich ca 28/30. das zweite mal war sie mit meinem Lebensstil nicht einverstanden, ich wohnte bei ihr im Haus in einer separaten Wohnung. Die fand ich Dusche zu oft, zu lang, ich habe den falschen Job, warum ich den Partner verlassen habe verstand sie nicht (man ist als Frau nicht Single), sie beleidigte mich aufs äußerste (ich sei eine dumme nu***e) und warf mich aus der Wohnung. Wohlgemerkt war ich Single, ohne Männer Bekanntschaften, mit einem soliden Job (aber nicht was ich gelernt habe). Ich habe hauptsächlich im Home Office gearbeitet und war eigentlich nur zuhause. Jedenfalls ist seit dem Funkstille, außer zu weihnachten, Silvester, Geburtstagen und wenn was besonderes ist gibt’s ne kotze emotionslose Mail.
Und ES GEHT MIR SUPER DAMIT!!! Nicht eine Minute hab ich sie vermisst. Nicht beim ersten Mal, und jetzt auch nicht. Im Gegenteil, für mich ist es eine Erleichterung mich nicht verstellen zu müssen weil sie irgendwas nicht mag an mir, nicht zu ihr zu müssen obwohl ich nicht will, ihre Launen nicht ertragen zu müssen. Mutter geht für mich anders. Sie ist blockiert und darf gern eine Mail schreiben wenn sie denk was los werden zu müssen. Manchmal versucht sie noch emotional zu erpressen (können wir besprechen was nach meinem Tod passiert), juckt mich nicht mehr. Ich blocke dankend ab.

Aber ich bin auch generell rigoros geworden mit Menschen die mir nicht gut tun, ob Mutter, Vater, Tante Onkel Freund oder Sohn, wer nicht will darf aus meinem Leben gehen.

Bearbeitet von Inaktiv
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Ich muss allerdings sagen, hier ist ein Kontaktabbruch aber auch wirklich angebracht!

Deine Mutter zeigte ganz andere Verhaltensmuster als zum Beispiel nun der Vater der TE.



Man kann nicht alle zwischenmenschlichen elterlichen Beziehungen über einen Kamm scheren. Jede ist individuell zu beurteilen.

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Hier wurde nach Kontakt Abbruch gefragt. Ich habe berichtet. Und die Gründe können sehr individuell sein. Wenn was nicht passt dann muss man gehen.

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Hi…
Ich selber habe vor vielen Jahren den Kontakt zu meiner psychisch „gestörten“ Mutter abgebrochen, weil sie manipuliert, Gift verstreut und Menschen gegeneinander ausgespielt. Lügen ohne Ende und niemals eine Einsicht oder Reue.
Der letzte Stoß ist entstanden als sie damals plötzlich Kontakt zu meinem Exmann aufnahm und ihm erzählte wir schlagen die Kinder und ähnliche Sachen.
Mein Exmann und ich hatten glücklicherweise eine gute Verbindung und so erzählte er mir das direkt (er kannte sie schließlich auch).
Im Anschluss habe ich sie mit ihren Äußerungen konfrontiert, am Ende stellte sie uns alle als Lügner dar und auch meine Kinder sollten krankhafte Lügner sein.
Das war dann der Moment an dem ich erkannte wie schlimm das alles wirklich ist und bin nach einer letzten heftigen Auseinandersetzung gegangen.
Danach hatten wir lange keinen Kontakt und ich musste mich von dieser Eskapade lange Zeit erholen, meine Wunden aus der Kindheit heilen lassen und das alles verarbeiten.
Mittlerweile habe ich wieder Kontakt zu ihr, aber wohldosiert und von MIR gesteuert.
Ich halte sie soweit auf Abstand, dass sie mir nicht mehr gefährlich werden kann.
Sie ist weder an Geburtstagen noch zu Weihnachten hier eingeladen.
Unsere Jüngste (2,5) kennt sie kaum.

Ich habe wirklich sehr viele Tränen vergossen in diesem ganzen Prozess, aber ich habe vor allem MICH gefunden.
Eine gewisse Ablösung vom Elternhaus ist wichtig für jeden, ABER……..
Zu Deiner Situation:
Deine Enttäuschung ist okay und die zu äußern sollte erlaubt sein. Allerdings sind auch die (Groß)Eltern niemals in irgendeiner Verpflichtung uns und unseren Kindern gegenüber!
Was Du Dir wünschst ist die eine Sache, was Dein Papa geben kann und möchte, ist die andere Seite.
Und kompensieren was Dir in der eigenen Kindheit gefehlt hat, kann man wirklich nicht!
Das kannst nur Du für Dich aufarbeiten und Dir am Ende die Zuwendung schenken, Die Du brauchst.

Alles Gute 🍀

Bearbeitet von Toffiefee
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So ähnlich war es bei mir und auch.
Ich wusste ja, zu welcher Gehässigkeit meine Mutter fähig ist (ständig über alles und jeden lästern, gegen einander ausspielen etc pp), aber sie hat auch eine ähnliche Aktion gebracht und das ist für mich an Boshaftigkeit nicht zu übertreffen.
Das hat eine Versöhnung leider unmöglich gemacht, auch wenn mich das sehr traurig macht.

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Ich habe keinen Kontakt mehr zu meiner Mutter. Es ging nicht von mir aus, aber ganz ehrlich, ich würde NIE wegen Desinteresse den Kontakt abbrechen. Einschlafen lassen, ok, aber nicht abbrechen.
Es ist manchmal das kleinste Übel abzubrechen, aber es bleibt ein Übel und häufig mit dem was passiert ist zusammen ein lebenslanges Trauma.
Ich musste mich gerade gestern, in unserem absoluten Traumurlaub, Abends nach einer Panikattacke übergeben, weil mich ein Essen was wir serviert bekamen so an sie erinnert hat.

Was hat zu dem Abbruch geführt?

Sie hat den Kontakt abgebrochen, ist 10 Stunden Flugzeit weggezogen und hat mich überall blockiert. Der Hauptgrund war vermutlich eine (undiagnostizierte) psychische Erkrankung, der Anschluss an eine Sekte und das Auffliegen eines Familiengeheimnisses (ich war ein Kuckukskind und niemand wusste dass sie zweigleisig fuhr und mit dem anderen ein Kind gezeugt hatte (mich) was sie mit meinem Vater großzog). Hätte sie nicht den Kontakt abgebrochen, hätte sie auf dieses Wissen reagieren müssen und irgendwie sich meinen Fragen stellen stellen.

Wie lange hat der Prozess bis zur Entscheidung gedauert?

Das weiß ich nicht. Von meiner Seite aus gab es vorher schonmal kurzzeitig Funkstille (6 Wochen ca.) als es mit ihren Verschwörungstheorien zu Coronabeginn ganz fürchterlich würde. Das war wohl innerhalb von 6 Monate so würde ich sagen.

Wie wurde der Abbruch gehandhabt?

Wie gesagt, 10 Stunden weggeflogen und überall blockiert.

Wie ging es euch vorher und nachher (kurz- und langfristig)?

Vermutlich deutlich besser als ohne. Das heißt aber nicht, dass das nicht schmerzt. Das erste Jahr, der erste Geburtstag von mir, von mir, von meinem Kind, dem ersten "Großelternnachmittag" in der Kita, das erste Weihnachten etc. war am schlimmsten. Ich war auch teilweise arbeitsunfähig, weil ich unter solchen Panikattacken aufgrund der Gesamtsituation litt. Irgendwann wurde es dann aber besser. Wenn die Gedanken kommen, ist es Übel, aber sie kommen immer seltener und ich kann immer besser damit umgehen und die Panikattacken/das Trauern geht immer schneller wieder vorbei.


Hättet ihr irgendetwas an der Entscheidung nachträglich anders gemacht?

Ich wüsste nicht was. Ich habe mein Leben wieder. Es ist anders als mit meiner Mutter, aber es ist MEIN Leben. Wenn sie jetzt vor der Tür stehen würde, würde ich sie wegschicken (oder meinen Mann beauftragen das zu tun). Sie hat keinen Platz mehr darin. Es ist wieder Ruhe eingekehrt. Weiterer Kontakt hätte mich psychisch noch mehr zerstört.

Kam es später noch einmal zu einer Annäherung?

Nein.

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Ich habe den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen und kann Jefour so gar nicht zustimmen - ich kann erst so richtig leben und mich um mich selbst kümmern und mit allem, was in meiner Kindheit/Jugend vorgefallen ist, auseinander setzen, seitdem ich den Kopf dafür frei habe.

Für mich war das eine der besten Entscheidungen meines Lebens und mir geht es seitdem so viel besser.

Allerdings, und das finde ich einen wichtigen Punkt, waren die Gründe für den Kontaktabbruch "gewichtiger" als bei dir. Da klingt doof und so meine ich es nicht, aber was du beschreibst, lässt mich eher zweifeln, ob ein kompletter Kontaktabbruch bei dir das Richtige wäre.

Das kannst natürlich nur du entscheiden, aber ich würde hier wohl eher den Kontakt auf ein für mich erträgliches Maß eindampfen und mich emotional abschotten.

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Da stimme ich dir zu und so beschrieb ich es auch schon in einer anderen Antwort zum Beispiel.

Alle zwischenmenschlichen elterlichen Beziehungen sind individuell zu sehen und zu beurteilen. Bei drastischeren Erfahrungen macht ein Kontaktabbruch natürlich sehr viel mehr Sinn.

Bearbeitet von Jefour
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Ich finde, „drastische Erfahrung“ kann extrem individuell sein. Wenn „Desinteresse“ für den TE schlimm genug ist ist es nunmal so, auch wenn es für jm anderen nicht gewichtig genug wäre.

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Liebe Paimutan,

Ich habe keine Geschichte mit Kontaktabbruch, vielleicht maximal mit zeitweise eingeschränkterem Kontakt bzw meinerseits dem Bedürfnis von etwas größerer Distanz gehabt.

Was mir auffällt oder ich rauzulesen glaube: auf Grund deiner Verletzung/ Enttäuschung darüber, dass dein Papa schon für dich zu wenig da war oder gewisse Dinge verabsäumt hat, hättest du dir gewünscht, dass er es am Enkel gutmachen kann. Das an und für sich ist eine nachvollziehbare Hoffnung, gerade wenn man irgendwelche Gefühle dieser Art herumträgt, es ist aber eigentlich von außen betrachtet gar nicht so realistisch, dass jemand, der für sein eigenes Kind (das einem ja naturgemäß näher stehen sollte) zu wenig Zeit, Zuwendung und Zärtlichkeit oder Anerkennung übrig hatte, selbiges dann dafür aber umso mehr für den Enkel (der ja dann 'nur' das Kind vom mittlerweile erwachsenen Kind ist) aufbringt. Weißt du was ich meine? Das hilft jetzt natürlich nicht viel, weil man vergleicht dann ja auch mit anderen Großeltern, die insgesamt interessierter erscheinen und fragt sich, warum das auf die in der eigenen Familie nicht zutrifft.

Ich glaube aber, dass ich den Punkt mit dem Fußball (?) gar nicht unbedingt so schlimm einordnen würde. Ist dein Kind da sehr enttäuscht? Dann natürlich würde ich auch daran knabbern. Aber auch hinterfragen, ob ich da nicht sehr viel eigene Erwartungshaltung hineinlege, hineingelegt habe, und es vielleicht gar nicht so sehr ursprünglich das Bedürfnis von meinem Kind ist, sondern vielmehr mein eigenes, ein Stück weit heilen zu wollen. Ich meine damit die Thematik, dass der Papa als Opa wieder einiges gut machen hätte können. Daher auch mal so ein weiterer Gedankengang: Sind denn bei den Spielen vom Kind andere Großeltern prozentuell gesehen häufiger dabei als nicht dabei? Vielleicht sind es auch eher jene, die ohnehin in der Nähe wohnen, sich daher häufiger auch um die Kinder kümmern (ich weiß jetzt nicht, wie alt die Kinder sind) und daher ohnehin in das Leben der Enkelfamilie integrierter sind? Mein Gedankengang soll helfen, vielleicht die eigenen Verletztheiten, die dann eine größere Erwartungshaltung schaffen, auch vielleicht aufzudecken und für sich zu hinterfragen. Auch die Begründung, dass der eigene Papa bzw Opa des Enkels doch eigentlich ein größeres Interesse haben sollte, weil es ja auch sein eigener Sport war und ist, in dem er sogar beruflich tätig war, erscheint natürlich im ersten Moment schlüssig. Gleichzeitig bin ich dennoch genau darüber gestolpert. Wenn jemand wirklich beruflich im Sport im Management ist (also auf Bundesliga-Ebene tätig war), dann ist natürlich ein Hobbyverein jetzt wirklich nicht so spannend, das klingt natürlich verletzend und ich denke gerade nach, wie man es veranschaulichen kann, ohne dass es verletzend sein muss. Wäre der Onkel Schriftsteller, sammelt man vermutlich nicht die ersten Aufsätze vom eigenen Kind für ihn, wen man es aber tut, dann vielleicht, weil man in der Zugewandtheit zum eigenen Kind, respektive elterlichem Stolz, eine Korrelation sieht, die gar nicht so sehr da ist, wie man vielleicht selbst annimmt? Nicht aus jedem Kind wird ein Schriftsteller, auch wenn die Aufsätze vielleicht wirklich gut sind. Und natürlich: dem Onkel fällt eigentlich kein Zacken aus der Krone, sich mal den Aufsätzen des Kindes anzunehmen, aber gibt es wirklich einen Mehrwert gegenüber dem, wenn es jemand anders macht? Mit dem jemand anders meine ich, dich, deinen Mann - ihr werdet eurem Sohn mit Sicherheit viel Zuspruch Lob und Anerkennung geben, es muss nicht ausgerechnet der Opa sein.

Zu der Frage mit dem Kontaktabbruch: ich glaube, dass damit bei dir eventuell die fortgesetzte Hoffnung verknüpft wäre, endlich mal eine Reaktion in Form von Bemühen zu bekommen (das, was dir eben fehlt) und ich glaube tragischerweise, dass das nicht dadurch passieren wird, sowie ich den Vater nach deiner Erzählung jetzt einschätze, daher rate ich um deinetwillen sehr davon ab, die Lösung im Kontaktabbruch zu suchen. Ich würde vielmehr tatsächlich mal darüber nachdenken, ohne Angriff zu versuchen, ihm gegenüber zu formulieren, dass du für dich selbst glaubst, irgendwie herausgefunden zu haben, dass dir als Kind etwas gefehlt hat, und dass du das wohl in deine Erwartungshaltung ihm gegenüber bezüglich deinem Sohn hineingelegt hast, dass du dir dadurch soviel gewünscht hast, wünschen würdest für euch (öfter mal dies, öfter mal das...), ob er da nicht doch eine Möglichkeit sieht, sich mehr einzubringen? Dass er dir sehr am Herzen liegt als Papa / Opa und du dasselbe Feedback eigentlich brauchen würdest. Das wäre absolut offene Kommunikation. Ich hab natürlich keine Ahnung, ob dein Papa sowas hinbekommt, ob man ihn auf einer emotionalen Ebene abholen kann, oder nicht. Bei meinem ja. Ist aber wieder ganz anders mit anderen Fehlern und Lasten für mich.

Bearbeitet von apfelsaftnaturtrueb
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Hallo,

vielen Dank auch an dich für deine Einschätzung!

>Was mir auffällt oder ich rauzulesen glaube: auf Grund deiner Verletzung/ Enttäuschung darüber, dass dein Papa >schon für dich zu wenig da war oder gewisse Dinge verabsäumt hat, hättest du dir gewünscht, dass er es am Enkel >gutmachen kann.

Das trifft es schon ganz gut. Da habe ich wohl einiges hinein projiziert, denn wenn ich selbst Enkelkinder hätte, würde ich mich um ein gesundes Maß an Interesse und Distanz bemühen. Bei uns ist es aber im Grunde nur Distanz bzw. Desinteresse.

>Ich glaube aber, dass ich den Punkt mit dem Fußball (?) gar nicht unbedingt so schlimm einordnen würde. Ist dein >Kind da sehr enttäuscht?

Nein, kein Fußball. Mein Kind sagt jetzt selbst nichts dazu, es macht seine Gefühlswelt aber generell viel mit sich selbst aus. Der springende Punkt ist denke ich daß ich den Sport selbst auch ausgeübt habe und schon bei mir trotz der geografischen Nähe (man hat noch unter einem Dach gelebt) kein Interesse da war. Und wenn jemand selbst so sehr in diesem Sport zu Hause ist/war, finde ich es halt mega schade daß da kein Interesse da ist.

>Wenn jemand wirklich beruflich im Sport im Management ist (also auf Bundesliga-Ebene tätig war), dann ist >natürlich ein Hobbyverein jetzt wirklich nicht so spannend, das klingt natürlich verletzend.

Genau so ist es! Ein Kommentar, der das Fass jetzt hat überlaufen lassen, war daß das Kind ja kein Bundesligaspieler sei. Das hat mich im ersten Moment erstmal sprachlos zurückgelassen. Es hat ja keiner die Erwartung daß hier ein Profi heranwächst und es erwartet auch keiner daß der Opa jede Woche am Seitenrand anfeuert, aber dieses komplette Desinteresse tut mir schon weh.

>Zu der Frage mit dem Kontaktabbruch: ich glaube, dass damit bei dir eventuell die fortgesetzte Hoffnung verknüpft >wäre, endlich mal eine Reaktion in Form von Bemühen zu bekommen

Nein, das ist nicht so. Es wäre wenn nur eine Maßnahme, sich vor weiteren Verletzungen zu schützen, denn diese Kränkungen haben nicht gut getan. Diese Nachhaltigkeit, mit der sich die Enttäuschung breitgemacht hat, hat mich selbst erstaunt, das kannte ich bisher so nicht. Wie schon Jefour schrieb, wäre eine emotionale Distanzierung vermutlich das beste Rezept.

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Es tut mir sehr, sehr leid, das muss echt unschön sein, sich soviel mehr Zuwendung und Interesse immer gewünscht zu haben und sie einfach nicht zu bekommen. Wenn du glaubst, dass dich ein Kontaktabbruch tatsächlich schützen kann und es nicht versteckt mit einer tiefsitzenden Hoffnung verknüpft ist, dann endlich das große Bemühen zu bekommen, dann ist das natürlich eine Entscheidung, die zu respektieren ist. Da musst du dir nur sehr sehr sicher sein, um dir nicht selbst noch mehr weh zu tun. Ich gehe da aber vermutlich von mir aus, ich würde mir eben nach so vielen Verletzungen durch fehlende Beachtung eine Reaktion, mal eine Bestätigung, dass ich wichtig bin, geliebt werde, wünschen, und ein Kontaktabbruch führt seltenst dazu. Daher hätte ich eher Offenheit und Versuch einer emotionalen Abholung empfohlen. Ich wünsche dir alles Liebe für dich und deine Familie, von ganzem Herzen!!

Bearbeitet von apfelsaftnaturtrueb
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Hallo,

ich habe den Kontakt zu meinen Eltern abgebrochen, als ich 18 war. Sie wollten mir vorschreiben, wie ich zu leben habe ("solange Deine Füße unter unserem Tisch stehen..."). Tja, nicht mit mir ;-).

Nach etwa sieben Jahren haben mein damaliger Freund und jetziger Mann beschlossen, zu heiraten. Das war für mich der Grund, den Kontakt zu meinen Eltern wieder aufleben zu lassen. Ich habe mich bei Ihnen gemeldet und sie besucht. Geredet haben wir nicht wirklich darüber. Liegt aber in der Familie, da werden Probleme totgeschwiegen und über Verletzungen nicht gesprochen. Mein Vater hat z.B. zu seinem Zwillingsbruder seit Jahrzehnten keinen Kontakt mehr, obwohl sie in der selben Stadt wohnen.

Wie auch immer, durch meine Kindheitsgeschichte (ich lebte von etwa 3-7 Jahren in einem anderen Land bei meiner Oma und bin danach zu meinem Vater und seiner, mir damals unbekannten Frau = meine (Stief)Mutter) gezogen) und dadurch entstandenen Umstände war ich noch nie eng mit meinen Eltern. Das hat sich bis heute nicht geändert. Wir sehen uns dann und wann, allerdings habe ich den Kontakt in den letzten Jahren etwas intensiviert. Sie sind halt schon alt (Ende 70 und Ende 80), ich bin milder geworden.

Rückblickend sehe ich natürlich, dass ich damals stur und bockig war. Mit dem Wissen von heute und meiner Entwicklung, die ich inzwischen durchgemacht habe, würde ich natürlich versuchen, die Probleme, die ich hatte, anders zu lösen, als ich es gemacht habe. Aber ich (oder meine Eltern) konnten es damals noch nicht.

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Am schönste und zufriedensten lebt es sich doch einfach, wenn man keine Erwartungen an andere hat...

Dein Vater hat ein Interessengebiet für das er brennt. Okay. Es klingt so, als hättest Du das Gefühl, dass er sich deswegen in Deiner Jugend nicht für Dich interessiert hätte? Hast Du ihn dazu mal wirklich gefragt, habt ihr darüber geredet oder hast Du hier einfach nen Eindruck und unterstellst, er interessiert sich nicht?

Dass er 200km nicht mal eben überbrückt um das Spiel Deines Sohnes anzuschauen, finde ich überhaupt nicht verwerflich. Meine Eltern leben 40 Min. entfernt und ich wüsste nicht, wann sie jemals Spiele meiner Söhne angeschaut hätten...einmal vielleicht, weil ich sie explizit dazu eingeladen habe. Die Tatsache stört aber weder mich noch meine Söhne. Wir erwarten das auch einfach nicht.... es ist schön, wenn sie kommen, wenn nicht, dann nicht.

Du überträgst jetzt Dein Gefühl auf Deinen Sohn. Ich persönlich emfinde es als völlig irre, wegen sowas den Kontakt abzubrechen. Dein Vater "steht für ein ziemlich veraltetes Bild der Gesellschaft"? AHA, liegt das vielleicht daran, dass er so groß geworden ist, dass er eine entsprechende Prägung seitens seiner Eltern bekommen hat...und nicht daran, dass er Dir oder Euch unbedingt was Böses tun will? Du bist ja auch so wie Du bist, aufgrund Deiner Prägung...das wirkt ja ganz offensichtlich sehr nachhaltig nach. Ich seh das eh auch noch ganz anders hart: Ein Kind zu bekommen, war Deine Entscheidung. Ich gehe nicht davon aus, dass Dein Vater bestimmt hat, dass und wann es Zeit für Enkel ist. In meinen Augen haben Großeltern nicht zwangsläufig Verpflichtungen. Er muss an seinem Enkel keine Versäumnisse wettmachen, mal davon abgesehen, dass ihm selbst diese Versäumnisse ggf. gar nicht klar sind. Freilich ist es immer schade, wenn Großeltern eher desinteressiert sind...und wahrscheinlich ist das auch nicht unbedingt normal...aber Interesse und große Begeisterung ist halt auch nichts, was man zwangsläufig erwarten und voraussetzen sollte...

Dein Vater darf sich aufgrund deines anmaßendes Briefes nicht verletzt fühlen, aber du darfst verletzt sein, wenn er dieses Schreiben als anmaßend empfindet und auch so benennt? Vielleicht hilft es, wenn Du mit Deinem Vater mal Dein Kindheitstrauma besprichst....oder wenn Du es mit einer Therapie versuchst zu heilen....vielleicht ist es auch hilfreich mal zu hitnerfragen, warum Dein Vater so ist, wie er ist....ich schätze, da wird schon die ein oder andere Erkenntnis nach oben gespült.

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>Hast Du ihn dazu mal wirklich gefragt, habt ihr darüber geredet oder hast Du hier einfach nen Eindruck und >unterstellst, er interessiert sich nicht?

Das brauche ich nicht zu unterstellen, das ist einfach so.

>Dass er 200km nicht mal eben überbrückt um das Spiel Deines Sohnes anzuschauen, finde ich überhaupt nicht >verwerflich.

Mal eben...so ist das auch nicht gemeint. Er hat noch nie auch nur irgendwas angeschaut.

>Du überträgst jetzt Dein Gefühl auf Deinen Sohn. Ich persönlich emfinde es als völlig irre, wegen sowas den >Kontakt abzubrechen.

Das wäre ja auch nicht nur deswegen, das Ganze hat eine längere Geschichte. Nehmen wir es als den berühmten Tropfen im Fass...

>In meinen Augen haben Großeltern nicht zwangsläufig Verpflichtungen. Er muss an seinem Enkel keine >Versäumnisse wettmachen, mal davon abgesehen, dass ihm selbst diese Versäumnisse ggf. gar nicht klar sind.

Von Verpflichtungen war auch keine Rede, eher von Wünschen. Und daß ihm das bisher zumindest nicht klar war, glaube ich übrigens auch.

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Dein erster und Dein letzter Satz sagen viel mehr aus, als Dir wahrscheinlich lieb ist.

Ich schätze also, Du hast noch nie wirklich mal ausgiebig mit Deinem Vater zu Deinen Empfindungen gesprochen. Du gehst davon aus, er interessiert sich nicht für Dich und gut. Du schreibst ja selbst, dass Du auch glaubst, dass ihm seine Versäumnisse nicht klar sind...wie auch, wenn man nicht darauf hingewiesen wird.

Wünschen kannst Du Dir viel, Du kannst aber Deinen Eltern oder Deinem Vater nicht zum Vorwurf machen, wenn Deine Erwartungen nicht erfüllt werden. Das ist einfach schräg.

200km sind für mich eine zu weite Entfernung, um auf ein Spiel vorbei zu kommen. Hast Du Deine Eltern mal bewusst eingeladen für ein WOchenende, an dem ein Spiel stattfindet? Ggf. direkt mit dem Angebot zu übernachten? Ich würde mich keine 4h ins AUto setzen um 90 Min. Spiel anzuschauen, einfach mal so.

Ich habe den EIndruck, dass Du schon sehr in Deiner Erwartung festhängst und nicht wirklich in der Lage bist, auf die andere Seite zuzugehen.

Wenn Deine Eltern so schlimm sind, dass dies nur der berühmte Tropfen ist, warum möchtest Du Deinen Sohn dann diesen Leuten aussetzen? Dann wäre ein geringer Kontakt doch eigentlich gar nicht so schlimm? Mein Eindruck: Dein Vater ist nicht die einzige schwierige Person in dieser Konstellation ;-)