Überfordert mit Kind, Familiensegen hängt schief

Hallo,

wir sind eine Familie mit zwei Jungs (2 und 4) und im Moment bin ich schwanger mit unserem dritten Sohn.

Doch uns fehlt es leider an Harmonie in der Familie wegen unserem älteren Sohn.

Er ist ein sehr lieber, intelligenter Junge, hat eine super schnelle Auffassungsgabe, ist neugierig und will alles selber machen. Doch leider ist er auch sehr emotional, hat sehr viel Wut und Energie in sich.

Ich fühle mich so oft überfordert und weiß nicht wie ich mich verhalten soll. Auch die Erzieher in der Kita erkennen, dass sie oft an ihre Grenzen mit ihm kommen.

Ich gebe euch einige Beispiele, damit ihr euch ein Bild davon machen könnt:

- Er spielt und rennt mit seinem kleinen Bruder und fängt aus dem Nichts an ihn plötzlich zu schlagen (oft auch sich selber schlagen)
- ich frage ihn was wir zum Frühstück machen sollen, er sagt zB Pancakes. Ich mache es ihm und dann heißt es ganz laut nein, er will nichts und fängt an zu streiten
- wenn ich ihm etwas verbiete, dann wird auch geschrieen und Sachen geworfen. Er schlägt mich, tretet und schreit. Nach 5 Minuten beruhigt er sich, entschuldigt sich bei mir und macht 15 Minuten später wieder weiter.
- wenn ich ihn zu etwas auffordere, zB wir gehen jetzt raus, zieh deine Schuhe an, heißt es erstmal immer nein. Immer. Er ist nie mit etwas einverstanden. Noch nie hat er "OK Mama" gesagt.
- mit seinem Papa kommen die noch weniger klar, die geraten so oft einander.
- er kann sich kaum alleine beschäftigen, rennt eigentlich fast nur seinem Bruder hinterher und lässt diesem keine Luft zum Atmen (der kleine himmelt ihn trotzdem an)
- er findet keine Anschluss zu anderen Kindern in der Kita, weil er immer will dass sie das machen, was er selbst will
- wenn er sehr wütend ist dann schlägt er seinen Kopf auf den Boden

Ich glaube nicht, dass ich es hier schaffe ein komplettes Bild wiederzugeben. Aber es ist einfach super anstrengend. Ich hab immer gedacht "Kinder sind so, sie sind nunmal anstrengend etc". Aber jetzt ist der kleine da, ich sehe die anderen Kinder in der Familie und bei Freunden. Und kein Kind ist so wie er, oder sie sind es nur hinter verschlossenen Türen. Keine Ahnung. Diese Energie, Wut. Diese extremen Gefühlsschwankungen. Seit er 1 ist hat er die und ich hatte die Hoffnung dass es besser wird aber das tut es nicht.

Ich versuche auch immer ihn auszupowern, gehe auf Augenhöhe, erkläre unheimlich viel, Versuche Kompromisse zu schaffen. Er ist so intelligent, versucht bereits zu rechnen, will dass ich ihm beibringe wie man liest etc. Aber sowas klappt nicht, weil er ja auch nicht mal still sitzen kann.

Aber es bringt auch nichts und ich bin so am Ende meiner Kräfte, ich weine so oft deswegen. Wir streiten mit meinem Mann fast jeden Tag wegen der Situation. Ich kann mich kaum um den kleinen kümmern.

Nächste Woche haben wir die 4 Jahre U-Untersuchung. Ich überlege den Kinderarzt darauf anzusprechen, aber keine Ahnung was ich da sagen soll. Ob man mich überhaupt ernst nimmt. Und wenn ja, was man dann macht.

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Mein Kind ist ähnlich. Das Leben ist sehr anstrengend mit so einem Kind, das glaube ich dir sofort.
Ich würde beim Ki-Arzt das Verhalten auf jeden Fall beschreiben und dass er auch in der Kita im sozial-emitionalen Bereich auffällig ist und darum bitten, euch in ein SPZ/KJP zu überweisen. Dort könnte man ggf auf ADHS, Hochbegabung etc testen lassen. Die meisten testen noch nicht mit 4, aber man kann jetzt schon loslegen, weil man eh lange auf einen Termin warten muss.
Vielleicht hilft auch Ergotherapie.
Ansonsten hilft bei uns etwas: klare Strukturen, sehr geregelter Tagesablauf, Ruhephasen (zB nach der Kita 30 min spazieren gehen/ schaukeln), wenig Medien, Pausen für alle Beteiligten (Papa übernimmt, wenn Mama gerade die 4. Diskussion knapp überlebt hat und frische Luft braucht), den Kindern auch Pause voneinander geben und zB einzeln was unternehmen: Papa geht mit dem Kleinen zum Spielplatz, Mama mit dem Großen in den Wald.

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Sehe ich auch so. SPZ/KJA und/oder Ergo können schon mal helfen.

Oft ist das gerade bei den schlauen Kids so, dass sie eigentlich schon mehr wollen und ja auch können als ihre Altersgenossen und sie trotzdem sozial - emotional nicht hinterherkommen.

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Danke, so eine Antwort hatte ich mir erhofft. Ich werde es ansprechen und hoffe, dass wir endlich die passende Hilfe bekommen und ich endlich verstehe, was in seinem Köpfchen vor sich geht.

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Ich fasse mal zusammen:
- Ihr seid generell überfordert mit eurem größeren Kind
- Das grosse Kind ist sicher auf der anspruchsvolleren Seite, viele Dinge klingen aber auch komplett im normalen Spektrum die du hier aufzählst
- Alle Situationen die du hier aufzählst wären von einem entspannten und nicht überlasteten Elternteil in den meisten Fällen ohne zu grossen Stress handlebar. Ungünstig ist hier ein jüngeres Geschwisterkind mit so engem Altersabstand, das braucht extrem extrem gute Nerven, die weder du noch dein Mann zu haben scheint.
- Dein Mann kommt mit keinem der Kinder klar (laut dir)
- Du bist erschöpft, ausgebrannt und fühlst dich alleingelassen

Welche Gedanken habt ihr euch gemacht als ihr euch für ein zweites und jetzt sogar noch für ein drittes Kind entschieden habt? Warum mit so geringem Altersabstand? Wo habt ihr euch überlegt, dass noch Kapazität vorhanden sein soll??

Lösungsansätze:
- Familienberatung/Erziehungsberatung UNBEDINGT mit dem Vater
- Kinderärztin drauf ansprechen (ich glaube jedoch das Hauptproblem liegt hier nicht beim anspruchsvollen Kind sondern bei einer völlig überlasteten Familiensituation)
- evtl Ergotherapie mit dem Grossen?
- Gute Kita suchen und unbedingt Betreuung in Anspruch nehmen damit du mal Pause hast
- Priorisieren, dass Kind 2 unbedingt auch genügend 1:1 Aufmerksamkeit bekommt. Insbesondere wenn das Baby da ist
- Wo könnt ihr Unterstützung bekommen? Freunde? Paten? Grosseltern?

Bearbeitet von Mandala95
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Sehe ich alles genau so. Das Kind ist nicht auffällig, aber von der anstrengenden Sorte und ja, er reagiert auch (nicht nur) auf die Gesamtsituation (Geschwister, Überlastung, Stress).

Bearbeitet von scharada
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Genau meine Gedanken.
Der Große tut mir wirklich leid, weil er durch das dritte Kind vermutlich noch auffälliger wird. Dabei müssten die Erwachsenen an sich selbst arbeiten, anstatt einem Vierjährigen die Verantwortung für den Familiensegen zu geben.
Ich hoffe so sehr für das Kind (eigentlich für alle drei), dass sie sich professionelle Unterstützung suchen.

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Mit dem Kinderarzt zu reden ist schon mal ein Weg.

Vielleicht helfen deinem Sohn ganz klare und kurze Informationen.
Z.B.
" Willst du zum Frühstück Müsli ODER Pancakes?"
Bleib dabei, dass nur die zwei Optionen gibt.

Z.B.
Wenn der Wecker klingelt beginnen wir mit dem Frühstück. Ich rufe dich kurz vorher.

Wenn er nach jemanden schlägt, sagt bitte STOP!!!

In den Wutmomenten bitte keine Erklärungen oder Diskussionen auch keine Fragen!
Nimm ihn oder das andere Kind oder dich aus der Schusslinie.
Frage nachdem sich dein Sohn beruhigt hat, was ihn so wütend gemacht hat.
Wenn er schreit sag ruhig und sachlich: " wenn du so laut schreibst kann ich nicht hören was du sagst "

Ich denke ihr habt schon viel probiert und seid mit einigem gescheitert.
Ob mein Rat euch weiterhelfen kann, weiß ich auch nicht, aber ich hätte es so bei meinen Kind probiert.

Da Kinder Stimmungen intuitiv wahrnehmen hilft es vielleicht wenn du dich an eine besonders schöne Situation mit ihm erinnerst und diese Stimmung wie Freude, soll sein auf ihn oä nochmal richtig nachfühlst, bevor du auf sein Tun reagierst.
Dann reagiert er vielleicht anders als bisher, weil sich deine Grundstimmung geändert hat.

Ich wünsche dir noch viele weitere Ideen und Rat.
Alles Gute für euch und viel Kraft!

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Ich würde es unbedingt beim Kinderarzt ansprechen. Was sagen denn die Erzieher dazu? Erkennen sie medizinische Auffälligkeiten, die man behandeln sollte?

Habt ihr familiäre Unterstützung? Das ist auch ein Punkt, an dem ich ansetzen würde. Schafft euch Entlastung, denn mit dem 3. Kind wird es nicht einfacher. Um ehrlich zu sein, hätte ich in dieser Situation kein 3. Kind bekommen, aber für diese Überlegung ist es nun zu spät (für diesen Satz werde ich bestimmt gelyncht, aber es ist doch so).
Nun ist es zu spät, deswegen holt euch alle Unterstützung, die ihr könnt.

Edit: oder habt ihr mal an eine Erzieherunfsberatung gedacht. Ich meine nicht, dass ihr in der Erziehung etwas falsch macht, aber eine Katja Saalfrank würden sich wohl viele manchmal im Ohr wünschen.

Bearbeitet von ella838
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Danke. Ich werde es beim Kinderarzt ansprechen. Familiäre Unterstützung haben wir mehr als genug, deswegen gehen auch keine Kinder bei uns unter.

Bearbeitet von WasKannIchTun
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Beim Frühstück könntest du weniger Alternativen bieten und immer mal wieder betonen, was es gibt. "Gleich sind die Pancakes fertig! Was möchtest du denn zu den Pancakes trinken, Wasser oder Milch?"
Oder ihn helfen lassen bei der Zubereitung, beim Tischdecken etc. - also ihn dadurch an die Auswahl erinnern. Wenn er dann schreit, zeige kurz - wenn möglich - die Alternativen auf: "Du möchtest keine Pancakes. Okay. Wir haben noch Quark und Obst (also Toppings für die Pancakes), davon kannst du dir nehmen."

Rausgehen: Probiere es mal umgekehrt: "Du möchtest doch bestimmt heute drinnen bleiben, oder? Nein? Dann mache dich fertig, wir gehen raus!" Und ruhig auch mal warten. Mal einen Tag drinnen bleiben, ihm seine Entscheidung lassen, ihm demonstrieren, dass das langweiliger ist als Rausgehen.

Er möchte im Kindergarten bestimmen: Wann kann er denn bei euch bestimmen? Wechselt ihr euch ab, so dass jeder Kind mal bestimmte Dinge für die Familie bestimmen kann? Was spielen wir zusammen, auf welchen Spielplatz gehen wir, welches Obst kaufen wir etc. (im Rahmen natürlich, bspw. eine Obstsorte darf jeder abwechselnd für die Familie aussuchen.)

Also, hat er einen Grund, dass er im Kindergarten bestimmen muss?

Es gibt doch bestimmt Spielzeugbuchstaben aus Plastik oder so. Wäre das eine Alternative? Damit kann er spielen, du kannst den Laut sagen, ihr könntet später einfache Worte legen (seinen Namen, Mama etc.). Damit könnte er etwas Lesen lernen, wäre aber gleichzeitig in Bewegung und aktiv. Könnte die Buchstaben wörtlich be-greifen.

Du darfst und solltest aber auch DEINE Grenzen definieren und einhalten: Wenn du merkst, dass du nicht mehr kannst, kündigst du das an und machst etwas für dich. Also, du sagst bspw., dass du eine Sache jetzt einmal erklärst und danach das Essen machst oder so.

Vielleicht ist ER auch einfach überfordert mit zu vielen Entscheidungen, die er noch nicht überblicken kann. Du könntest z.B. einen Wochenplan aufhängen für die jeweilige Woche mit bspw. Frühstücksoptionen pro Tag. Vielleicht gibt es dafür Symbolzeichnungen online, die man ausdrucken kann. Dann erklärst du ihm den Wochenplan - was essen wir heute, was morgen, was am Mittwoch - und wenn es ihm nicht schmeckt, kann er die üblichen Alternativen nehme (ihr werdet ja vermutlich mehr als eine Auswahl zum Frühstück haben) oder bis zum entsprechenden Tag warten.

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Unser Kind (inzwischen fast 6) war auch sehr ähnlich.
Mit knapp über 1 begannen die Wutanfälle, mit etwas über 4 war es am schlimmsten, dann ist es sehr plötzlich besser geworden.
Einfach ist es immer noch nicht und definitiv viel anstrengender als mit einem einfachen Kind.

Wir waren da einige Zeit in einer Elternberatung, die uns va geholfen hat, uns selbst besser zu entspannen und auch Erziehungspotentiale zu erkennen. Auf ihr Anraten waren wir auch bei einer Psychologin (nach Gespräch mit dem Kinderarzt).

Ich kann es wirklich nur empfehlen, dass ihr zum Kinderarzt geht und es ansprecht! Uns hat es insgesamt sehr weitergeholfen.

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das sind Teichen , dass dein Kind nach Aufmerksamkeit schreit! du bist jetzt schon überfordert und dann kommt ein 3.Kind, wie soll das klappen.
EIn Kind ist übrigens nie schuld, an dem wie es ist, die Umgebung formt ihn, er verhält sich, wie ein SPiegel von euch

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Das stimmt so auch nicht, dass die Eltern schuld sind an einem anstrengenden Kind.
Eins unserer Kinder ist von Geburt an das anstrengendste Kind. Und mit von Geburt an meine ich von Geburt an.
Sie ist ganz anders als ihre Geschwister

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Was für ein unqualifizierter Kommentar. Jeder, der mehrere Kinder oder Geschwister hat, weiß, dass das nicht stimmt. Ist außerdem längst wissenschaftlich widerlegt (Zwillingsstudien und so). Zudem spricht man Kindern damit ihre Individualität ab, wenn sie lediglich leere Gefäße sind, die das Umfeld füllt, das finde ich falsch.

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Ich kann dir das Buch „So viel Freude, so viel Wut“ von Nora Imlau.

Meine Große klingt deinem sehr ähnlich - ich bin ehrlich, meine Kräfte haben da nicht für einen kurzen Abstand gereicht oder für sogar 3 Kinder 😅

Meine 2 sind fast 4 Jahre auseinander und so schaffe ich es meist ganz gut. Die Große hat auch noch mal ne enorme Entwicklung hingelegt im letzten Jahr (sie ist jetzt 5). Also die Zeit hilft euch auch.

Aber jedes Geschwister ändert eben auch das Familiengefüge, schafft evtl. Unsicherheiten und braucht Führung und Begleitung. Dein Kind wird vielleicht auch durch deine Schwangerschaft noch mal aus dem „Gleichgewicht“ geraten sein. Jetzt macht er sich da auch ganz andere Sorgen, als vor 2 Jahren noch. Weil er viel mehr versteht!

Er braucht eben viel Führung und Energie. Und Akzeptanz (nicht für sein Verhalten, sondern für ihn als Charakter). Ich wünsche euch, dass ihr das schafft und trotzdem genug Energie für alle Familienmitglieder habt (erwachsene und Kinder).

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Geh zu einem guten Kinder- und Jugendpsychiater, denn ich hab hier einen Verdacht, bin aber keine Fachfrau.
Denn er richtet seinen Frust gegen sich selbst, hat ne niedrige Frustrationstoleranz.....
Da kann man euch sicherlich helfen und genaueres herausfinden. Ich hab übrigens auch ein Kind das etwas anders ist.

Ela

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Nicht jedes Kind, das wilder und leichter frustriert ist, hat gleich ADHS. Auf unserem trifft das jedenfalls nicht zu, der viele Ähnlichkeiten zu dem Sohn der TE hat (gleiches Alter).