Hallo,
normalerweise lese ich nur still hier mit aus Interesse, heute bin ich aber so ratlos dass ich mir hier Impulse erhoffe.
Es geht um die Beziehung zu meiner Mutter. Kurz zur Familiengeschichte, meine Eltern trennten sich als ich 14 war und meine Mutter zog aus und relativ schnell mit ihrem neuen Partner zusammen. Gefühlt haben wir seit diesem Zeitpunkt nicht mehr richtig miteinander geredet (ich bin jetzt Mitte 30).
Der Trennung gingen schon Jahre vorher in denen die Beziehung meiner Eltern auseinander ging, offen kommuniziert wurde mit mir oder meiner ältesten Schwester jedoch nie, wir fanden selbst auf oft unschöne Art und Weise heraus was da los war.
Als ich erwachsen wurde war das Verhältnis ganz in Ordnung und mir ging es im Studium und WG Leben gut, das Thema Familie trieb mich nicht so um und ich hatte andere Themen.
Nun hat es sich so entwickelt, dass seit ich selbst Kinder (Kinder sind 8, 6 und 3) habe, ich vieles sehr kritisch sehe, ich Angst habe mit meinen später erwachsenen Kindern auch so ein oberflächliches Verhältnis zu haben, ich mich wahnsinnig unter Druck setze, es irgendwie besser machen zu wollen als meine Eltern und ich auch darunter leide, dass niemand aus meiner Familie an einer offenen Aussprache Interesse hat, so wie ich sie bräuchte, um mit der Vergangenheit abzuschließen und loslassen.
Mir ist klar dass ich das Thema hauptsächlich selbst bearbeiten muss und ich andere nicht ändern kann, jedoch ist die Anspannung so groß, dass meine Mutter und ich gar nicht mehr normal miteinander sprechen können.
Ich empfinde sie als übergriffig und wenig reflektiert, sie mich als überempfindlich und zu kompliziert. Sie wünscht sich ein entspanntes Verhältnis und fragt mich was ich von ihr will. Das kann ich selbst gar nicht so benennen, aber ihre Art, die so unsicher, anderen gegenüber unterwürfig und dann wieder so wenig reflektiert ist, mit dieser Art tue ich mich immer schwerer.
Das ganze Thema mit einer Therapeutin zu besprechen, das habe ich in Aussicht aber ich warte schon seit Monaten auf einen Platz und brauche noch etwas Geduld.
Diese ganzen insgesamt ungeklärten Themen belasten auch die Beziehung zu meiner Schwester.
In meiner eigenen Familie geht es mir gut, darüber bin ich auch froh und dankbar, mir ist es einfach wichtig dass ich mit meinen Kindern nicht so auseinander drifte wie ich mit meinen Eltern. Natürlich weiß ich dass ich das nicht alles in der Hand habe, aber ich möchte immerhin alles dafür tun.
Meine Mutter versteht überhaupt nicht, warum ich jetzt nach 20 Jahren so in der Vergangenheit krame und findet es glaube ich auch unfair, dass ich die Antworten eher bei ihr suche als bei meinem Vater. Mit dem habe ich aber früher zusammen gewohnt und kenne sozusagen seine Geschichte. Mit ihm hatte ich auch bereits Konflikte, es ist auch nicht leicht aber anders.
Meine Mutter und ich wünschen uns beide mehr Nähe und echte Kommunikation, bekommen es aber einfach nicht hin.
Sie hört bei mir nur Vorwürfe heraus und fühlt sich angegriffen, obwohl ich nur versuche, auch nach mir zu gucken und für meine Grenzen einzustehen (das ist neu für meine Familie dass ich auch sagen was ich möchte....)
Vielen Dank an alle die sich die Zeit genommen haben diesen Text zu lesen und ich bin dankbar für alle Anregungen!!
Wie kann ich in Zukunft mit meiner Mutter umgehen?
Ich verstehe dich! Wenn man selbst Mutter wird, kommen viele Dinge in einem hoch, die das Verhältnis zu den eigenen Eltern betreffen.
Mir ging es ähnlich, in Bezug zu meinem Vater. Er ist gestorben, da war ich 16 Jahre alt. Ich wusste ganz genau, das ich spätestens als Erwachsene den Kontakt zu ihm abgebrochen hätte, wenn er dann noch gelebt hätte. Er war kein guter Vater. Näher möchte ich das jetzt nicht erläutern. Aber als ich Mutter wurde, kamen nochmal sehr intensiv viele negative Sachen, in Bezug auf meinem Vater, in mir hoch. Ich konnte nicht begreifen, warum er so ein schlechter Vater war, das ich ihn gehasst habe. Aber diese Erinnerungen haben mich auch von ihm befreit. Ich konnte mich lösen. Und ich habe noch deutlicher gespürt, wie dankbar ich meiner Mutter bin. Was sie alles getan hat, um mich zu schützen. Damit der Ärger meines Vaters, von mir, auf sie übersprang. Leider hat sie sich nicht getrennt. Damals machte man das nicht. Ehefrauen haben viel zu viel ausgehalten. Ich habe, aber ihr dies nie zum Vorwurf gemacht. Das habe ich vollkommen verstanden.
Ich glaube nicht, dass deine Kinder mal genauso über dich denken, wie du über deine Mutter. Du denkst ja über das Verhalten deiner Mutter nach und reflektierst und du versuchst dir Hilfe zu holen. Es ist schon mal viel Wert, das ihr beide versucht ein gutes Verhältnis zueinander zu haben. Sprecht weiter miteinander, mach ihr aber nicht zu viele Vorwürfe. Vielleicht kann sie dann irgendwann besser verstehen, warum du dich so fühlst. Und ihr könnt euch endlich aussprechen. Ich weiß ja nicht, was noch so alles in deiner Kindheit passiert ist und wie deine Eltern waren. Aber sie wussten es vielleicht nicht besser, wie sie mit euch umgegangen sind. Und du hast ja auch noch die Aussicht, es professionell aufzuarbeiten. Mach dich darauf gefasst, das nicht nur die Konflikte mit deiner Mutter in dir hochkommen werden, sondern auch die Konflikte mit deinem Vater. Weil sie damals, als Eltern gehandelt haben. Und deine Mutter kannst du nicht, ohne deinen Vater betrachten. Vielleicht kommen auch Erinnerungen mit deiner Schwester ans Tageslicht, die jetzt noch in dir verborgen sind. Das war bei mir genauso, meine Schwestern haben in den Erinnerungen an meinen Vater, auch eine Rolle gespielt. Leider keine guten Erinnerungen!
Alles Gute für dich!
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort und dein Verständnis. Es tut schon gut, zu wissen dass man nicht alleine ist mit diesen Themen....
Hallo,
also aus Erfahrung kann ich dir sagen, dass viele Eltern die Vergangenheit ganz anders wahrnehmen, als du und auch, wegen einem Genrationsunterschied, es auch ungern groß aufgewirbelt wird und kommuniziert wird. Ich denke, wir werden da vielleicht später mal etwas offener sein, wenn unsere Kinder mal Fragen haben, wieso Dinge so gelaufen sind, wie sie gelaufen sind.
Auch wenn es schwer ist, ich würde es tatsächlich ruhen lassen und es selbst mit einem Therapeuten aufarbeiten. Der wird dir nämlich auch gute Sichtweisen aufzeigen können, warum deine Mutter eventuell so gehandelt hat.
Ich kenn das total, wenn man einfach noch Fragen hat, es aber kritisch gesehen wird und man als überempfindlich abgestempelt wird. Das tut echt weh und man wird auch wütend.
Noch dazu (und das finde ich auch total schlimm) nehmen unsere Eltern die Vergangenheit irgendwie ganz anders war, als wir oder meinen, das Dinge nicht so waren. Finde ich immer unterste Kanone.
Ich selbst habe mal an sowas wie eine Familientherapie gedacht. Ich bin mir nicht sicher, ob es soetwas gibt. Denn es gibt ja die Paartherapie. Dann gibt es bestimmt auch soetwas für Eltern und (erwachsenes) Kind. Denn da muss deine Mutter sich mit den Fragen konfrontiert sehen. Die Voraussetzung ist natürlich, dass sie das ganze auch möchte.
Da hast du gute Ideen genannt, vielen Dank! Wir haben auch schon darüber nachgedacht mit einer Art Mediator*in zusammen zu sprechen... Da wir aber ein paar Stunden voneinander entfernt wohnen, gestaltet sich das nicht ganz so einfach.
Sie selbst hat vor Monaten eine Therapie angefangen (was mich sehr erstaunt hat), mir aber gestern gesagt, dass sie damit wieder aufhören werde, da ihr das ganze in Bezug auf mich und unser Verhältnis nichts bringe...
Sie spricht auch immer wieder davon, meinen Vater und meine Schwester mit ins Boot zu holen, ich spüre aber, dass keiner von den dreien wirklich das Bedürfnis hat über die Vergangenheit zu sprechen....
Daher kommt ich vermutlich weiter wenn ich schaue dass ich es einzeln besprechen kann...
Wenn deine Mutter wenig reflektiert ist, wird bei ihr keine Einsicht kommen und vermutlich kein Verständnis.
Dann könntest du, wenn du wirklich ein intensiveres Verhältnis zu ihr willst, einen Cut machen und die Vergangenheit ruhen lassen und jetzt „neu starten“ mit ihr. Deine Grenzen wahrst du natürlich trotzdem ;)
Ich könnte das aber vermutlich nicht. Mir würde eher liegen, zu akzeptieren, dass ihr es unterschiedlich seht und es zwischen euch (grade) einfach nicht passt. Wärt ihr nicht verwandt, würde vermutlich kein Kontakt bestehen, da ihr so unterschiedlich seid. Ihr seid aber verwandt, sogar sehr eng. Daher würde ich losen Kontakt wohl halten, aber eben auch ne gewisse (emotionale) Distanz wahren und akzeptieren, dass es einfach nicht zwischen euch „matched“.
Eure Erwartungen an den anderen sind zu unterschiedlich. Keiner wird je die Erwartung des anderen erfüllen können! Es wird schlicht nicht möglich sein. Das kann man so annehmen. Und das Beste draus machen.
Hallo esistjuli,
vielen Dank für deine Worte! Ja, vielleicht ist es genau so, dass es gerade einfach nicht so passt. Irgendwie ist ein loser, distanzierter Kontakt zu ihr allerdings auch schwierig, da sie sich durchaus Nähe wünscht, und auch darunter leidet wenn wir uns selten sehen und hören.
Sie ist interessanterweise auch der Meinung, dass wir uns sehr ähnlich wären und vielleicht umso mehr vor den Kopf gestoßen dass ich mich gerade innerlich von ihr entferne und öfter sage ich denke.
In meiner Familie gibt es auch einfach keine Streitkultur, man ist eher beleidigt aber keiner packt die Sachen sozusagen Mal auf den Tisch.
Ich werde versuchen den Zustand aktuell so zu akzeptieren und es in meiner eigenen Familie anders zu handhaben.... Ein Anspruch, der mich immer wieder viel Kraft kostet.
Danke für deine Zeit und alles Gute für dich!
Und du leidest grade unter zu engem Kontakt. Wünschen kann deine Mutter sich viel, sie ist nur scheinbar nicht bereit, Kompromisse einzugehen oder was zu ändern.
Dann ergeben sich einfach Konsequenzen und ihr „Leid“ ist selbstgewählt und nicht deine Verantwortung.