Liebe Urbia-leser,
Eigentlich ist es immer ein sehr schwieriges Thema: die Umgangsweise und die Erziehungsmethoden anderer zu kommentieren. Mache ich nie, einfach weil man sich super schnell angegriffen fühlt und es auch nicht meine Baustelle ist (eigentlich).
Nun habe ich den Sohn meiner Schwester kennengelernt, er ist fast sechs Jahre alt. Wir sind getrennt aufgewachsen, meine Schwester hatte im Gegensatz zu mir eine schlimme Kindheit. Das Jugendamt ist bei ihr auch schon lange aufmerksam geworden.
Sie hat einen total abwertenden Umgang mit ihrem Sohn, der mir massiv aufgefallen ist. Ich habe mich bei ihren Worten nicht geäußert, habe mich aus den Konflikten mit ihrem Sohn rausgehalten.
Aber war das richtig?
Es fielen Sätze wie: „Du Klugscheißer, niemand hat Lust auf deine schlechte Laune.“ „Du bist heute richtig eklig vom Verhalten her, du hörst gar nicht.“ „Morgen kannst du alleine in deinem Zimmer sitze, da mache ich nichts mehr mit dir.“ „Du bist so ein Baby, warum zickst du nur rum? Dann verkaufe ich dein Tablet.“
Schlimme, harte Worte die natürlich so ein Kinderherz brechen, gerade wenn es immer zu hören bekommt wie „ekelhaft“ es ist. Ihr Sohn hat immer mehr Wutausbrüche bekommen, sobald er sich beruhigt hatte fing meine Schwester wieder an mit ihren Drohungen. Dann wiederholte sich alles, sie kriegte gar nicht mit das sie ihn quasi provozierte und sein ganzer Frust verdreifacht wurde.
Ich bin irgendwann dazwischen, bei mir war er dann zugewandter obwohl wir uns gar nicht kennen.
Ich vermute meine Schwester möchte besonders „konsequent“ auftreten, ist überfordert und hat auch keine Ahnung was sie falsch macht. All die abwertenden Dinge die sie sagt, sind vermutlich Sachen die sie selber als Kind immer gehört hat. Ich weiß auch das die Bindung der beiden schwierig ist, sie anfängt gehässig zu werden und ihn auszulachen anstatt als erwachsene Bezugsperson sich selbst in seinem Frust zu regulieren und dann respektvoll auf das Kind einzugehen..
Ich fühle mich schlecht weil ich nicht mit ihr gesprochen habe, denn das ist absolut nicht ok. Aber ich habe Angst, denn wir nähern uns gerade an und sie fühlt sich quasi in allem Bereichen mir gegenüber unterlegen. Noch dazu fällt es ihr schwer über Gefühle, tiefgehendes usw. zu sprechen und zu reflektieren.
Was kann man da machen?
Ps. Ich habe ihren Sohn auch so spät kennen gelernt, weil ich meine Schwester damals verurteilt habe dafür das sie schwanger wurde. Sie war damals in einer unmöglichen Situation, ich wusste unsere Geschichte wiederholt sich und bis jetzt hatte ihr Sohn ebenfalls eine ziemlich schwierige Kindheit. Ich habe mich damals deswegen distanziert.
Hätte ich etwa sagen sollen? (Erziehung meiner Schwester)
Hallo,
oben schrieben ja schon einige, dass du aufgrund der Vorgeschichte nicht die Vertrauensperson bist, von der deine Schwester Erklärungen oder gar Aufforderungen annehmen kann.
Insofern: erstmal alles richtig gemacht, du hast dich zurückgehalten.
Was du aber, meiner Meinung nach, auch richtig gemacht hast:
Du hast dich mit dem Kind beschäftigt. Auf deine Art, wertschätzend und wohl einigermaßen erfolgreich, wenn das Kind dabei ruhiger wurde.
Wenn du es schaffst, selbst keine Wertung abzugeben,
wenn du es schaffst, selbst Neutralität zu wahren,
dann würde ich genau dabei bleiben.
Es könnte deiner Schwester und deinem Neffen gut tun, wenn sie dich und deine normale Art immer wieder mal erleben. So ganz selbstverständlich und nebenbei.
Das wird für dich nicht einfach, weil dir ihre Art des Umgangs widerstrebt. Da musst du dir sicher oft auf die Zunge beißen und brauchst hinterher selbst Zeit, das zu verarbeiten.
Dir muss klar sein, dass Fortschritte auf diese Art nur sehr, sehr langsam entstehen. Und dass deine Schwester natürlich von ihrer eigenen Kindheit immer stärker geprägt sein wird als von den kurzen Begegnungen mit dir jetzt.
Es bleibt ein kleiner Tropfen - aber wenn du damit zufrieden sein kannst, ein kleiner Tropfen zu sein, ist das sicher viel wert.
Danke, dein Text ist sehr viel wert und nehme ich mir zu Herzen 🙏🏼
PS
Vielleicht hilft es dir ja, dir die Aufgabenverteilung öfter mal vor Augen zu halten:
Für gute Ratschläge und Tipps ist das Jugendamt zuständig. Das ist deren Job.
Dein Job ist es, genau das NICHT zu tun (denn wie viele gute Ratschläge verträgt ein Mensch...?) sondern einfach nur da zu sein und ein gesundes Umfeld zu bieten.
Manchmal ist es schwer, etwas einfach nur auszuhalten. Aber soooo wichtig - denn wenn sich deine Schwester mit ihrer Vorgeschichte nun Freunde und Bekannte sucht, die in Beziehung auf Kindererziehung ähnlich ticken wie sie, wird die Welt garantiert nicht besser...
Nein, hättest du nicht. Du scheinst kaum eine Beziehung zu ihr zu haben und in der Schwangerschaft mit dem kleinen alleingelassen. Du bist in keiner Position, ihr Vorschriften zu machen oder zu kritisieren. Das geht nur wenn man sich nahe steht oder sich auf einer professionellen Ebene befindet, nicht bei losem Kontakt.
Ja das stimmt, ich denke professionelle Hilfe wäre da angebrachter. Vorschriften und Kritik wären nicht mein Ziel, eher zu helfen.
Alleine gelassen ist jetzt sehr bewertend.
Ich habe den Kontakt reduziert, aus Selbstschutz.
Du gehst zwar nicht näher darauf ein, aber ich vermute, dass die Umstände, die dazu geführt haben, dass deine Schwester von dir getrennt und in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen ist, haben sich auch auf dein Leben ausgewirkt.
Dass du deine Schwester dafür verurteilt hast, dass sie schwanger wurde und du das Gefühl hattest, dich distanzieren zu müssen, sagt mir zwei Dinge:
1. ich glaube nicht, dass das Vertrauensverhältnis zwischen euch gut genug ist, dass sie Kritik von dir annehmen kann.
2. ich glaube, du solltest besser weiter auf Distanz bleiben.
Ich schätze, deine Schwester ist völlig überfordert und merkt gar nicht mehr, was sie eigentlich anrichtet. Vielleicht hält sie es auch für normal.
Gibt es eine dritte Person (Familie, gemeinsame Freunde), die einen guten Kontakt zu ihr hat? Dann versuche sie ins Boot zu holen. Bitte versuche, nicht allzu wertend über deine Schwester zu sprechen, das könnte die Situation verschlimmern.
Eins ist sicher: dein Neffe hat etwas besseres verdient.
Danke! 🙏🏼
Ich denke definitiv das es stimmt, von mir würde sie keine Ratschläge annehmen bzw. weiß ich das sie sich schämen und schlecht fühlen würde. Das will ich auf keinen Fall. Es gibt weitere Familienmitglieder, aber auch da eher niemand der Ratschläge geben könnte/würde..
Dann wahre ich lieber etwas Distanz.
Du hast das Kind erst jetzt, nach 6 Jahren gesehen. Wirst du es denn in Zukunft noch öfter sehen? Ich vermute mal nicht.
Du hast keine Bindung zum Kind. Keine Bindung zur Schwester. Eigentlich auch keine Ahnung von deren Leben, oder?
Was soll es denn was bringen, wenn du sagst was du für richtig hältst? Rein gar nichts.
Du kannst nichts tun. Klar kannst du was sagen, wenn es dir damit besser gehen, aber es wird nichts ändern.
Die aufgezählten Dinge sind auch nicht so dramatisch, als das man handeln muss. Da wird auch kein Jugendamt was tun, weil Handlungsbedarf besteht.
Das Jugendamt ist schon involviert, seit Jahren. Und zwar aus mehreren Gründen.
Aber wieso glaubst du wenn das Jugendamt nicht hilft, dass dann deine Kritik helfen könnte?
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Das wirkt schon sehr von oben herab und würde alles andere als hilfreich oder förderlich sein.
Ihr habt 6 Jahre keinen Kontakt, weil du ihre Schwangerschaft schon verurteilt hast. Deine Position ist also alles andere als lobenswert. Wenn du wirklich eine Hilfe sein wolltest, hättest du sie nicht so weggestoßen in einem Moment in dem sie dich gebraucht hätte.
Wenn du damit nicht kannst, solltest du eher wieder auf Distanz gehen, denn wieso sollte sie ausgerechnet deine Meinung annehmen?
So dramatisch finde ich die Aussagen nun auch nicht. Und wie sie vielleicht sonst miteinander umgehen, weißt du doch auch nicht. Vielleicht wollte sie vor dir besonders posen (hat nicht geklappt), weil sie alles richtig machen wollte bevor Schwesterlein wieder urteilt?!
Letztlich denke ich, egal ob du was sagst oder nicht, deine Schwester wird ihre Meinung nicht ändern. Und so oder so führt es zu keiner Änderung für den Jungen. Maximal wieder zu schlechtem Kontakt.
Ohje, du bewertest da ja auch alles sehr massiv. Ich habe etliche Details nicht erwähnt, aber ich versichere dir „alleine gelassen“ habe ich sie nicht.
& von oben herab, dass ist nicht meine Intention und auch nichts was ich verkörpern will, ich habe lediglich wiedergegeben was passiert ist und welche Worte gefallen sind.
Ich frage hier im Forum nach, weil es mich besorgt und ich hoffe es könnte einen Weg geben wie ich vllt. mit ihr ins Gespräch kommen könnte.
Im Gegensatz zur TE, verurteilst du hier von oben herab, wie du so schön geschrieben hast.
Und die Aussagen, die die Schwester tätigt, sind dramatisch! Das ist Quälerei und Mobbing gegen das eigene Kind. Sie ist nicht fähig, ihr Kind, liebevoll zu erziehen. Ich verstehe, sie hatte eine schwere Kindheit. Sie hat es nicht anders gelernt. Aber sie gibt ihre eigene schwere Kindheit, an ihren Sohn weiter. Nicht nur der Sohn braucht Hilfe, sondern auch die Schwester. Sie muss unbedingt, aus dieser Spirale, von Gewalt und Abwertung, gegenüber ihrem Sohn, rauskommen. Sonst endet es Schlimm und der Sohn wird, wie seine Mutter und gibt dieses Verhalten an seine Kinder weiter.
Nachtrag: Wenn du schon eine solch verurteilende Aussage gegenüber der TE schreibst, sollte sie auch die Möglichkeit haben, zu wissen, wer dahinter steckt. Vielleicht das nächste Mal nicht in schwarz schreiben, das wäre ehrlicher.
Liebe Yogini,
viel Richtiges ist hier schon geschrieben worden. Ich denke, wenn du helfen möchtest, dann sein eine gute Tante sowie verlässliche Schwester und baue diese Beziehungen auf. Nur durch gute und verlässliche Beziehungen und Bindungen kann man etwas lernen und erreichen. Jemandem Ratschläge zu geben, den man kaum kennt und wo die Beziehung eh belastet ist, ist meist nicht sehr hilfreich. Wenn dann hilft eher Lob. Wenn deine Schwester was gut macht, dann vorsichtig spiegeln... "schau, ist ja interessant, dass er auf dem Spielplatz so viel entspannter ist, als in der Wohnung" z.B. usw.
Alles Liebe
Danke dir für deinen tollen Ratschlag 🙏🏼
Ich denke das ist wirklich der Knackpunkt: unsere distanzierte Beziehung.
Es wird gerade ganz viel dazu geschrieben 😅
Eine verlässliche, intensive Beziehung zwischen uns war nie wirklich da. Ich habe sie erst „spät“ kennengelernt, wir sind in unterschiedlichen Städten wohnhaft und unser gemeinsamer, familiärer Hintergrund ist sehr stark negativ geprägt. Ich sehe auch, dass sich bei ihr einfach vieles „wiederholt“, da sie selbst nie die Hilfe bekommen hat die sie braucht.
Ich denke ich nehme mich weiterhin zurück, bin erstmal vorsichtig..
Hi,
wie nah beieinander wohnt ihr?
Kannst du den beiden Entlastung anbieten? Regelmäßig etwas mit deinem Neffen unternehmen? Ihm zeigen das es auch anders geht? Und dann ggf. auch mal mit deiner Schwester sprechen.
Deine Schwester hat es vermutlich nicht besser gelernt oder denkt sie muss so sein um dir zu zeigen, dass sie der Chef ist. Sag ihr was gut an ihren Kind ist, vielleicht reicht das schon um ihren Blick etwas zu verändern.
Gar nichts tun oder sagen würde ich nicht, damit ist dem Kind in keinem Fall geholfen. Wer ist der gemeinsame Elternteil bei euch, kann er/ sie positiv unterstützen? Wodurch seid ihr so unterschiedlich aufgewachsen?
Ich finde es richtig, dass du nichts gesagt hast. Das Jugendamt ist ja bereits involviert. Wenn du das Kind unterstützen möchtest, dann sag nichts, halte den Kontakt und ermögliche dem Kind schöne Zeiten.
Wenn du deiner Schwester ein schlechtes Gefühl gibst, wird der Kontakt wieder vorbei sein.