Mir fehlt die Empathie für eigene Schwester

Heute schreibe ich mal Anonym hier.
Mir ist jetzt schon bewusst, dass einige vorwurfsvolle Beiträge kommen werden, aber ich möchte trotzdem gerne meinen seelischen Ballast versuchen in Worten niederzuschreiben.

Bei mir ist einfach ein Punkt erreicht, wo ich mich „Auskotzen“ möchte, aber es im außerhalb der online Welt nicht kann.
Warum…? Weil es mir gesellschaftlich nicht zusteht, mich zu beklagen und trotzdem lastet es mir schwer auf der Seele.

Ich habe eine jüngere Schwester.
Uns trennen 4 Jahre.
Sie ist so ganz anders als ich.
Von Kindheit an. Trotzdem verstehen wir uns eigentlich gut.

Nun das ABER: Ihr wurde im Leben gefühlt so vieles geschenkt, für das ich kämpfen musste.
Als Kind, weil ich ja die Große war, die mit der Vorbild-Funktion, die die oft Rücksicht nehmen musste auf die Kleine.
Dann junge Erwachsene. Ich bin ausgezogen hab mich selbst versorgt und auch müssen.
Meine Schwester hat lange bei den Eltern gewohnt. Weit ins erwachsenen Alter. Natürlich ohne Nebenkosten oder Miete…nur Lebensmittel.
Ich habe eigentlich heute alles was ich mir gewünscht habe. Einen tollen Mann, zwei großartige Kinder, einen guten Job und Work-Life-Balance.
Geheiratet haben wir nach 10 Jahren und unser 1. Kind lies weitere 5 Jahre auf sich warten.

Nun hat meine Schwester geheiratet…nach knapp 1 Jahr Beziehung und Zack 3 Wochen später positiver schwanger Schwangerschaftstest.
Ich würde es ihr so gern gönnen. Ich kann es nicht von ganzem Herzen.
Heute…1 Tag nach positivem Test erzählt sie mir, dass ihr Arbeitgeber nun informiert ist und sie sich erstmal krank meldet wegen Übelkeit. Das stehe ihr ja zu während ihrer nun aktuellen Lebensphase.

Es ist meine Schwester, es ist Familie…aber ich krieg kann mich nicht positiv einfühlen. Immer mehr denke ich…echt jetzt…muss das Leben so sein…?

Wie gesagt, ich weiß mir geht es gut. Ich bin gesegnet mit meinem Leben. Aber ich fühle immer mehr Missgunst aufkommen und wollte es mir einfach einmal von der Seele schreiben.
Vielleicht ein bisschen in der Hoffnung, keinen ShirtStorm zu ernten, sondern das es Jemand in dieser Welt ein bisschen nachvollziehen kann.

Danke fürs Lesen (und vielleicht Schreiben)

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Ich hab auch zwei jüngere Geschwister und auch kommt hin und wieder ein Anflug von Missgunst durch bei Themen, wo ich sehr kämpfen musste und bei denen es so leicht ging.

ABER: Ich kann nur die Fassade sehen. Welche Probleme und Schwierigkeiten meine Geschwister haben weiß ich sicherlich nicht. Hab mal bisschen was per Zufall mitbekommen und ja, es kochen halt alle nur mit Wasser.

Und wenn die sich frech meinen sich was rausnehmen zu müssen, joa, muss ja nicht ich verantworten.

Ich rate dir also dir diesen Schuh nicht anzuziehen. Sie hat schnell geheiratet und ist schwanger, du hast bis zur Heirat viele Erinnerungen mit deinem Mann gesammelt und ihn richtig gut kennen gelernt. Bei euch hats mit Baby gedauert aber es ist da, da kann man halt nichts dafür.

Alles ist gut, zerbrich dir nicht ihren Kopf :)

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Ich kann deine Frust verstehen auch wenn ich keine Geschwister habe. Aber das sie beispielsweise schneller eine positiven Test hat ist einfach so, darauf hat man in der Regel nicht wirklich Einfluß. Aber worauf es mir ankäme: Wie haben die Eltern euch behandelt?
Sicherlich könnte sie theoretisch ein Typ sein der mehr Unterstützung brauchte und sie daher auch bekommen hat, während du im Leben selbstständiger warst. Dann hat sie die Hilfe im Gegensatz zu dir eben gebraucht. Doch hat man dir vermittelt dich dennoch gleich zu behandeln oder hattest du auch das Gefühl deine Schwester wurde mehr geliebt?
Ela

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Dankeschön für deine Worte.
Nein tatsächlich hatte ich nie das Gefühl das unsere Eltern mich aktiv benachteiligt hätten. Gar nicht.
Ich hatte eigentlich bis auf wenige Ausnahmen (wie eben das kostenfreie wohnen für mehrere Jahre) nie das Gefühl hinten angestanden zu haben.
Meine Eltern haben es immer versucht fair zu halten.
Mich ärgert (leider) immer mehr diese „Selbstverständlichkeit“ von meiner Schwester für alles. Ich finde dieses Charakterzug von mir selbst nicht gut. Ich dachte eigentlich immer ich wäre kein missgünstiger Mensch und könnte mich recht gut in andere einfühlen. Aber scheinbar bin ich das doch nicht so wie ich dachte.
Um so älter wir werden und um so eher ihr (zumindest gefühlt) alles so leicht zufällt, bzw. Sie sehr viel als ihr „persönliches Recht“ ansieht…umso schwieriger fällt es mir leider. 😮‍💨

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Ok das ist immerhin schonmal was wenn du früher zumindest nicht das Gefühl hattest benachteiligt zu werden.
Glaubst du denn selbst das deine Schwester mehr Unterstützung braucht oder schlichtweg unselbstständiger ist?
Deine Schwester sieht vieles sicherlich als zu selbstverständlich an und gut finde ich diese Charakterzug auch nicht, dennoch können Eltern eben hier auch einiges prägen. Wie hat sie sich früher verhalten?
Es muss auch nicht sein das du gleich missgünstig bist, aber du darfst auch mit guten Recht etwas als ungerecht empfinden und persönlich damit unzufrieden sein. :Ist nur die Frage was man eben daraus macht? Kann man Einfluß nehmen? Kann man es ändern? Muss man es akzeptieren, auch wenn man es nicht verstehen kann?

Ela

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Ich denke, dass jeder das Gefühl kennt - jeder, der mehr investieren musste als jemand anderes. Es fühlt sich ungerecht an, und das ist es objektiv gesehen ja auch. Manche Leute haben an gewissen Punkten (oder auch an sehr vielen) viel Glück, denen wird das Leben leicht gemacht...und wenn dann noch sowas kommt wie "Ich bin schwanger, ich melde mich jetzt erstmal krank, steht mir zu", denkt man "Echt jetzt...?"

Letztlich kann man da nicht viel machen außer zu versuchen, nicht mehr zu vergleichen. Alles andere hilft wenig, denn faktisch wird es nun mal immer Ungerechtigkeiten geben. Egal, wie gut es einem geht - anderen geht es mit weniger Aufwand, Mühe oder Verlusten gleich gut oder gar besser. Das kann man doch gar nicht wegdiskutieren. Insofern hilft eigentlich meist nur: Bei sich bleiben. Nicht zu viel drüber nachdenken. Sich über das Ergebnis freuen und dem Weg dahin nicht so viel Beachtung schenken. Und sich selber auch mal loben für das, was man erreicht hat.

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Wenn du unter Deiner Missgunst sehr leidest, mache eine Therapie.

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Liebe Anonym,

auf der anderen Seite scheint das Gras immer viel grüner zu sein...
Auch wenn es offensichtlich so schein als würde Deiner Schwester das Glück auch nur so zufliegen hat auch sie ganz bestimmt Punkte im Leben, die für sie nicht einfach sind. Jeder hat sein Päckchen zu tragen.

Ich denke es fehlt Dir evtl etwas Leichtigkeit im Leben - zumindest scheint es so in Deinen wenigen Zeilen. Diese scheint Deiner Schwester immer leicht zu fallen. Warum auch immer. Man muss sich selbst akzeptieren wie man ist. Es ist ein bisschen wie Social Media mit all diesen gefakten Bildern - nur dass Deine Bilder manchmal in Form der Momentaufnahmen bei Deiner Schwester erscheinen.

Vielleicht hilft auch die Arbeit am inneren Kind, Deinen Frieden damit zu schließen? Kann ich nur empfehlen, zB Das Kind in dir muss Heimat finden von Stefanie Stahl.

Alles Liebe Dir!
LG shealove

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Bei dir klingt es, als würdest du eigentlich die Situationen doof finden, lässt aber deinen Frust an deiner Schwester aus. Als würdest du es doof finden, dass du früh ausgezogen bist, dass du dich krank zur Arbeit geschleppt hast, dass du dir selbst Nachteile ausgesucht hast oder sie dir aufgezwungen wurden.
Warum kreidest du das deiner Schwester an? Sie hat deine Entscheidungen nicht getroffen, das warst du. Und sie hat auch nicht Einfluss darauf gehabt, wann du heiratest oder schwanger wirst.
Was wurmt dich daran, dass sie nach einem Jahr Beziehung heiratet? Hast du dadurch Nachteile? Welche?

Ich finde schon, dass ein bisschen Neid ganz normal sein kann und auch, dass man es unfair und frustrierend findet, wenn man es im Leben sehr schwer hatte. Missgunst ist allerdings eine Charakterfrage.

Bearbeitet von Inaktiv
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Also ich bin ja so eine kleine Schwester. Dazu noch das gemeinsame Kind in der Patchworkfamilie, in jeder Hinsicht privilegiert. Ich habe mich ins gemachte Nest gesetzt, wurde in die heile Familie hineingeboren. Meine eine Schwester empfand auch Missgunst mir gegenüber. Das hat sie mich als Kind auch ordentlich spüren lassen.
Ich musste nichts durchboxen. Dafür war ich immer die Kleine, die wegen des Alters weniger konnte, weniger durfte, ständig zu hören bekam: "Nimm dir ein Beispiel an deinen großen Schwestern." So geht es wahrscheinlich jedem kleinen Geschwisterkind.
Ich bin übrigens, genau wie meine Schwestern, zum Studium ausgezogen. Jeder von uns hätte aber auch noch länger zuhause wohnen können.

Musstest du als Erwachsene ausziehen oder wolltest du das?

Und die spätere Familienplanung hat doch gar nichts damit zu tun, dass ihr ältere und jüngere Schwester seid, das ist dir ja auch klar.

Du hast diese Gefühle, das ist in Ordnung so. Du musst dich nicht für sie freuen. Die Empathie kann man nicht erzwingen, solange du im Hinterkopf hast, dass die Ursache bei dir und nicht bei ihr oder euren Eltern liegt.

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Ach ich denke es ist normal, dass man manchmal etwas neidisch ist 😅 gesteh dir das in gewissem Maße zu.

Und dann fokussiere dich auf das Positive: du hast ne gefestigte Beziehung, tolle Kinder und das alles ganz selbst erreicht. Klopfe dir dafür auf die Schulter!

Und ich wette, deine Schwester würde alles ganz anders sehen und ist sicher auf manche Dinge bei dir neidisch, das ist ganz normal! 😊

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Also mir wäre da eher Angst und Bang um meinen Schwester. Nach 1 Jahr quasi von einem fast Fremden geschwängert ist ja keine Hochleistung sondern für viele der pure Alptraum.

Warum soll man da missgünstig sein? Man kann der armen doch nur die Daumen drücken, dass das halbwegs gut geht und nicht im Drama und Chaos endet.

Klar hast du länger auf den Kinderwunsch warten müssen aber da war sie Beziehung wenigstens schon gut gefestigt und keine Hackruck Aktion.

Sieh die positiven Dinge. Erde dich ein bisschen.

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Flüster: Das kann auch gut gehen. Ich war nach 2 Wochen schwanger. Wir sind heute 9 Jahre verheiratet ;-)

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War ebenfalls nach wenigen Wochen schwanger und bin nun seit Jahren mit meinem Mann verheiratet 😊 Glücklich, sollte ich hinzufügen 😉